Conflict Exposure – ACLEDs neuer Indikator zur Beschreibung von Konflikten

Im Februar 2024 führte ACLED, das Armed Conflict Location & Event Data Project - einer der meistgenutzten Anbieter von Konfliktdaten im Bereich der COI – die „conflict exposure“ (Konfliktexponierung) als neuen Indikator ein.

Die Einführung dieses Indikators folgte auf die Ergänzung der Daten durch eine neue Variable namens "Vorfälle mit zivilen Zielen" im Jahr 2023. Beide Neuerungen bieten zusätzliche Möglichkeiten der Analyse und Interpretation von ACLED-Daten im Hinblick auf die Auswirkungen von Konflikten auf Zivilist·innen. Da dieser Aspekt in vielen COI-Produkten, die sich mit sicherheitsrelevanten Themen befassen, eine zentrale Rolle spielt, ist dieser methodologische Blogbeitrag der Diskussion des neuen Indikators „conflict exposure“ gewidmet. Er ist der erste in einer Reihe von methodologischen Blogbeiträgen, die sich allgemein mit der Frage befassen werden, wie man einen Konflikt im Kontext von COI am besten beschreibt.

ACLED hat den Indikator „conflict exposure“ in Zusammenarbeit mit WorldPop[1] entwickelt, um Auswirkungen von Konflikten auf die Zivilbevölkerung besser analysieren zu können. Die Schätzung der Auswirkungen auf die Bevölkerung erfolgt unter Verwendung feinkörniger Bevölkerungszahlen in Kombination mit vorfallsbezogenen, konfliktspezifischen Daten. Dabei werden die Nähe der Bevölkerung zu den Vorfällen, die Art der Ereignisse sowie die Zugehörigkeit bewaffneter Gruppen zu einer bestimmten Konfliktpartei berücksichtigt. Für die "conflict exposure" wird die Anzahl von Menschen geschätzt, die im Umkreis von 1, 2 und 5 Kilometern von Konfliktvorfällen leben. Ziel ist die Erlangung eines detaillierten Überblicks über die demografische und geografische Exponierung der Zivilbevölkerung durch Konflikte.

Die Auswertung statistischer Daten zur Exponierung der Bevölkerung erlaubt eine vertiefte Analyse traditioneller Indikatoren zu Konflikten. Dazu zählen die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle (die auf die Art eines Konflikts hinweisen), die Zahl der Todesopfer (die auf die Intensität hinweisen), sowie die von Konflikten betroffenen Gebiete (die auf die Konzentration eines Konflikts hinweisen). Der Begriff „Exponierung“ bezieht sich auf die durch Konflikte verursachten Auswirkungen und das Ausmaß des Schadens und wird durch Schätzung der Anzahl der betroffenen Menschen in einem bestimmten Gebiet über einen bestimmten Zeitraum quantifiziert. Gemäß der Definition von ACLED ist einem Konflikt ausgesetzt, wer „in einem von aktiven Unruhen oder Unfrieden betroffenen Gebiet“ lebt. ACLED führt aus, dass Menschen auf verschiedene Weise durch „conflict exposure“ geschädigt werden können: „they may be directly injured; they may find themselves in active conflict; they and their group may be targeted; or they may be affected by the destruction of their village, neighbourhood or town” (ACLED, ohne Datum).

Der neue Indikator von ACLED ermöglicht die Berechnung des Expositionsniveaus nach Ereignis, Ort, Zeit, Akteur und Akteurstyp, aber auch in aggregierter Form, um nationale und globale Entwicklungen zu beobachten. ACLED bietet eine „beste Schätzung“ auf der Grundlage der Standardwerte für den 1-, 2- oder 5-Kilometer-Radius eines Ereignisses, je nach Art des Ereignisses. Dabei wird für Kämpfe, Explosionen/Fernangriffe und Gewalt gegen Zivilpersonen mit mindestens einem gemeldeten Todesopfer ein Radius von 5 km herangezogen, während für Gewalt gegen Zivilipersonen ohne gemeldete Todesopfer und Unruhen ein Radius von 2 km als „beste Schätzung“ gilt. Der Indikator „conflict exposure“ kann über die ACLED-Dateien abgerufen werden, wo die verschiedenen Bevölkerungsspalten mit Daten zu den verschiedenen Puffergrößen (1 km, 2 km, 5 km, „beste Schätzung“) als zusätzliche Variablen hinzugefügt werden können, oder online über den „conflict exposure“-Rechner hier.

Ein genauerer Blick auf die Methodik hinter den Indikator „conflict exposure“ durch ACLED

Nicht berücksichtigte Migrations- und Flüchtlingsbewegungen

Die Bevölkerungszahlen für Gebiete, die von sicherheitsrelevanten Ereignissen betroffen sind, sind Näherungswerte, die auf bestimmten Annahmen über die Auswirkungen auf die Anwohner·innen beruhen. Die Schätzungen der „conflict exposure“ hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Ort des Ereignisses und den Methoden zur Schätzung der Bevölkerung. ACLED gibt an: „these data are extrapolations from census, remote sensing, and other information” (ACLED, ohne Datum). Trotz laufender Bemühungen werden die Bevölkerungsdaten derzeit nur einmal pro Jahr aktualisiert und spiegeln daher nicht die dynamischen Migrations- und Flüchtlingsströme oder die Bewegungen von Binnenvertriebenen wider, die in Konfliktgebieten häufig vorkommen. (Ausführlichere Informationen über die Methodik von WorldPop finden Sie hier.)

Kurz gesagt: Dynamische Veränderungen in der Bevölkerungszahl spiegeln sich nicht unmittelbar in den Bevölkerungszahlen wider und werden daher auch nicht in der Zahl der einem Konflikt ausgesetzten Personen berücksichtigt.

Bemühungen zur Vermeidung von Doppelzählungen

Der ACLED-Indikator „conflict exposure“ zielt darauf ab, eine Überzählung der betroffenen Personen zu vermeiden. Um eine doppelte Erfassung zu verhindern, wird bei mehreren sicherheitsrelevanten Vorfällen, die innerhalb eines Berichtszeitraums an ein und demselben Ort dokumentiert werden, die Zahl der Betroffenen nicht erhöht. Diese erhöht sich nur, wenn ein zusätzlicher Zeitraum oder Ort hinzugefügt wird. Das heißt, wenn beispielsweise 10.000 Menschen einem sicherheitsrelevanten Vorfall ausgesetzt sind, der für den Ort X dokumentiert wurde, und es im entsprechenden Berichtszeitraum 5 solcher Vorfälle an diesem Ort gibt, wird die exponierte Bevölkerung immer noch als 10.000 Menschen gezählt, nicht als 50.000 Menschen. Eine Person, die innerhalb eines Berichtszeitraums von mehreren Vorfällen in ihrer Nachbarschaft betroffen ist, wird also immer nur einmal für diesen Zeitraum gezählt.

Außerdem wird durch die Verwendung von Pufferzonen verhindert, dass Personen innerhalb des ausgewählten Radius mehrerer Vorfälle mehrfach gezählt werden. Das heißt, wenn ein Vorfall in unmittelbarer Nähe des Ortes aufgezeichnet wird, an dem im gleichen Zeitraum ein anderer Vorfall stattgefunden hat, werden die Pufferradien geändert, um zu verhindern, dass die Menschen mehr als einmal gezählt werden[2]. In Gebieten mit hoher Konfliktdichte können die Radien daher kleiner sein als angegeben, da die zu dokumentierende exponierte Bevölkerung aufgrund eines anderen sicherheitsrelevanten Vorfalls in der Nähe ohnehin gezählt wird. (Ausführlichere Informationen zu den modifizierten Pufferzonen, die auf der sogenannten Voronoi-Mosaiktechnik basieren, finden Sie hier.)

Kurz gesagt: Jede als exponiert in die Zählung aufgenommene Person wird nur einmal innerhalb eines bestimmten Zeitraums gezählt, unabhängig von der Intensität oder Häufigkeit der Exponierung.

Der Hinweis auf die geografische Genauigkeit

In den ACLED-Daten werden für jeden Vorfall genaue geographische Koordinaten angegeben. Da jedoch nicht für alle Vorfälle der exakte Ort bekannt ist oder berichtet wird, variiert die Genauigkeit der geografischen Daten in den ACLED-Daten von Vorfall zu Vorfall. In Fällen unvollständiger geografischer Informationen kann eine Stadt oder ein Dorf stellvertretend für eine Region verwendet werden. ACLED zeichnet den Präzisionsgrad zusammen mit den Ortsdaten auf, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der genaue Ort des Vorfalls möglicherweise nicht bekannt ist. Ein Präzisionsgrad von „3“ bedeutet zum Beispiel, dass die Provinzhauptstadt als Ort des Vorfalls erfasst wird, wenn nur die Provinz bekannt ist. Der höchste Genauigkeitsgrad von „1“ bedeutet, dass das genaue Dorf, die Ortschaft oder Stadt gemeldet und erfasst wird. Diese Methode der Handhabung ungenauer Daten kann sich auf verschiedene Weise auf den Indikator „conflict exposure“ auswirken:

  • Überschätzung: Verwaltungszentren wie Provinz- oder Bezirkshauptstädte sind in der Regel dichter besiedelt als abgelegene Orte. Wenn solche Zentren erfasst werden, weil nur die Provinz bekannt ist, wird die exponierte Bevölkerung auf der Grundlage der Bevölkerung dieses Zentrums berechnet. Der tatsächliche Ort des Vorfalls könnte eine geringere Bevölkerungszahl haben.
  • Unterschätzung: Wie oben erwähnt, wird bei der Berechnung der „conflict exposure“ die Bevölkerung jedes Ortes nur einmal für einen bestimmten Zeitraum gezählt. Bei der Betrachtung eines Jahres wird die Bevölkerung eines Gebiets beispielsweise nur einmal gezählt, selbst wenn es in demselben Gebiet in dem Jahr mehrere Vorfälle gibt. Der Mangel an präzisen Angaben zu den Orten der Vorfälle führt dazu, dass dieselben Orte (z.B. die Hauptstadt der Region) anstelle der tatsächlichen verschiedenen Orte erfasst werden. Anstatt die verschiedenen Bevölkerungsteile als exponiert zu zählen, wird also die Bevölkerung der Hauptstadt gezählt. Wenn mehrere Ereignisse an verschiedenen Orten in einer Provinz stattfinden, die genauen Orte aber nicht bekannt sind, wird die Hauptstadt mehrfach als Ort verwendet und ihre Bevölkerung nur einmal gezählt. Wäre die Berichterstattung präziser gewesen, wäre die Bevölkerung mehrerer Orte gezählt worden. (Jeweils innerhalb der entsprechenden Radien).

Wie bereits erwähnt, verwendet der Indikator „conflict exposure“ verschiedene Radien, um die betroffene Bevölkerung zu schätzen (z.B. 2 km für Unruhen, 5 km für Kämpfe). Bei einer geografischen Genauigkeit von 2 oder 3 ist die Entfernung zwischen dem tatsächlichen Ort eines Vorfalls und dem aufgezeichneten Ort jedoch oft viel größer als 5 km. Selbst bei der höchsten Präzisionsstufe 1 werden, wenn die Stadt oder das Dorf bekannt und erfasst ist, in der Regel die Geodaten des Stadtzentrums verwendet und nicht die des tatsächlichen Ortes des Ereignisses. Das bedeutet, dass selbst bei Daten mit hoher Genauigkeit der aufgezeichnete Ort um mehrere Kilometer vom tatsächlichen Ort abweichen kann.

Neben der geografischen Genauigkeit gibt es noch einen zweiten die Geodaten betreffenden Faktor mit potenziellen Auswirkungen auf den Indikator „conflict exposure“, nämlich die Vorgehensweise von ACLED bei der Erfassung von Vorfallsorten, die von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein kann:

„In ausgewählten Großstädten, in denen die Aktivitäten über viele Stadtteile verstreut sind, werden die Vorfallsorte zusätzlich auf vordefinierte Unterabschnitte innerhalb einer Stadt festgelegt, um eine übermäßige Häufung von Ereignissen an einem einzigen Ort zu verhindern. In solchen Fällen werden die Orte wie folgt aufgezeichnet: Stadtname - Stadtteilname (z.B. Mosul - Altstadt)“ (ACLED, 9. November 2023, S. 35, Arbeitsübersetzung ACCORD)

Wenn dieser Ansatz angewandt wird, wie z.B. in Aden, werden die Vorfälle in mehreren Stadtteilen erfasst. Infolgedessen werden die Zentren der Stadtteile und die sie umgebende Bevölkerung in den Indikator der „conflict exposure“ einbezogen. In Städten, in denen keine Unterabschnitte (bzw. Stadtteile) verwendet werden, wie z.B. Kabul, wird das Stadtzentrum für jeden Vorfall in dieser Stadt verwendet, und seine Bevölkerung wird nur einmal in den Indikator einbezogen. Eine höhere Genauigkeit bei der Lokalisierung von Vorfällen kann daher zu höheren Zahlen beim Indikator „conflict exposure“ führen.

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Abbildung 1: Illustration der erfassten Orte in Aden und Kabul (Kartenausschnitt). Datenquelle: ACLED Curated Data Files for Asia-Pacific and for Middle East (19. Juli 2024). Kartenquelle: © OpenStreetMap-Mitwirkende.

Die ACLED-Daten enthalten Datensätze für zahlreiche Unterabschnitte in Aden (Jemen), wie z.B. Aden - Al Maalla, Aden - Al Burayqah, Aden - At Tawahi usw., aber nur eine relativ kleine Anzahl von verschiedenen Orten in der Stadt Kabul (Afghanistan). Die überwiegende Mehrheit der Vorfälle in Kabul City wird an einem einzigen Ort im Zentrum von Kabul verzeichnet. Die obigen Karten veranschaulichen, wie sich unterschiedliche Aufzeichungsmethoden von Orten sicherheitsrelevanter Vorfälle auf die Bevölkerung, die ihnen schätzungsweise ausgesetzt ist, auswirken: Die Karte auf der linken Seite zeigt alle Orte, an denen ACLED in den letzten 6 Jahren Vorfälle in Aden aufgezeichnet hat, die als Explosionen/Fernangriffe kodiert wurden; die Karte auf der rechten Seite zeigt alle Orte, an denen ACLED in Kabul im gleichen Zeitraum Vorfälle aufgezeichnet hat, die als Explosionen/Fernangriffe kodiert wurden. Die Daten enthalten 157 solcher Vorfälle an 55 verschiedenen Orten in Aden, aber 516 solcher Vorfälle an nur 23 Orten in Kabul. Bei 372 Vorfällen ist der Ort „Kabul“ angegeben. Die größere Vielfalt bei der Aufzeichnung der Orte der gemeldeten Vorfälle in Aden bedeutet, dass mehr geografische Gebiete in die Berechnungen der Exponierung einbezogen werden, was zu höheren Schätzungen der exponierten Bevölkerung in einem bestimmten Zeitraum führen kann.

Kurz gesagt: Die Art und Weise, wie die Orte der Vorfälle mit unterschiedlicher Genauigkeit erfasst werden, wirkt sich auf den Indikator „conflict exposure“ aus.

Validität und Nützlichkeit des Indikators „conflict exposure“ im Kontext von COI

Wie bei allen (quantitativen) Daten ist es wichtig zu wissen, wie sie erhoben wurden und was sie tatsächlich messen. Im Fall der „conflict exposure“ ist die Tatsache, dass eine Person nur einmal pro Berichtszeitraum gezählt werden kann, auch wenn sie in diesem Zeitraum von mehreren verschiedenen Konfliktvorfällen betroffen ist, von zentraler Bedeutung für die Interpretation. Beim Vergleich zweier Länder im gleichen Zeitraum kann der gleiche Prozentsatz der Bevölkerung als konfliktexponiert identifiziert werden, obwohl die Häufigkeit der Ereignisse in Land A viel höher sein kann als in Land B, da der Indikator „conflict exposure“ die Häufigkeit der Ereignisse nicht berücksichtigt; dies ist jedoch ein Aspekt, der starke Auswirkungen auf die Situation einer exponierten Person hat. Ebenso gibt der Indikator „conflict exposure“ – sofern nicht durch die Auswahl bestimmter Ereignistypen oder Akteure anders spezifiziert – keinen Aufschluss über die Art des Konflikts, was bedeutet, dass es sich bei den für Land A erfassten Ereignissen hauptsächlich um Demonstrationen handeln kann, während die betroffene Bevölkerung in Land B möglicherweise Kämpfen, Explosionen usw. ausgesetzt ist. Darüber hinaus sind die Methoden und Unsicherheitsgrade bei der Schätzung der Bevölkerungszahlen von Land zu Land unterschiedlich, ebenso wie die Berichterstattung zu Vorfällen durch die von ACLED herangezogenen Quellen. All dies deutet darauf hin, dass ein Vergleich verschiedener Länder und verschiedener Konflikte allein auf der Grundlage des Prozentsatzes der exponierten Bevölkerung nicht unbedingt aussagekräftig ist und tatsächlich auch irreführend sein kann.

Um dies zu veranschaulichen, verwenden wir ACLEDs „conflict exposure“-Rechner, um die Exponierung der Bevölkerungen Pakistans und Österreichs im Jahr 2022 zu bestimmen (ohne Angabe eines spezifischen Ereignistyps oder Akteurs). Wir erhalten recht ähnliche Prozentsätze[3], wobei Österreich (35%) sogar einen etwas höheren Prozentsatz als Pakistan (33%) aufweist (siehe Abbildung 2).

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Abbildung 2: Konfliktexponierung zwischen dem 1. Jänner und 31. Dezember 2022 für Pakistan und Österreich, ohne Angabe von Ereignistypen oder Akteuren. Quelle: ACLED, Conflict Exposure Calculator, Stand: 29. Juli 2024, https://acleddata.com/conflict-exposure/#calculator

Ein ganz anderes Bild ergibt sich jedoch, wenn wir die Art des beschriebenen Konflikts unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten von Konfliktvorfällen näher betrachten. Wie aus Abbildung 3 hervorgeht, sinkt der Prozentsatz der exponierten Bevölkerung in Österreich im Jahr 2022 auf 0%, wenn man die Ereignisarten auf Kämpfe, Explosionen/Fernangriffe und Gewalt gegen Zivilpersonen spezifiziert:

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Abbildung 3: Konfliktexponierung zwischen dem 1. Jänner - 31. Dezember 2022 für Österreich, spezifiziert nach Art der Konfliktvorfälle: Kämpfe, Explosionen/Fernangriffe und Gewalt gegen Zivilpersonen. Quelle: ACLED, Conflict Exposure Calculator, Stand: 29. Juli 2024, https://acleddata.com/conflict-exposure/#calculator

Im Gegensatz zu einem Vergleich zwischen verschiedenen Ländern bietet der Vergleich äquivalenter Zeiträume für dasselbe Land, dieselbe Region oder Stadt einen viel aussagekräftigeren Einblick und illustriert die Entwicklung eines Konflikts (siehe Abbildung 4):

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Abbildung 4: Konfliktexponierung zwischen dem 1. Jänner - 31. Dezember 2022 und dem 1. Januar - 31. Dezember 2023 für Pakistan, ohne Angabe von Ereignistypen oder Akteuren. Quelle: ACLED, Conflict Exposure Calculator, Stand: 29. Juli 2024, https://acleddata.com/conflict-exposure/#calculator

Fazit

Während die Zahlen zu Vorfällen und Todesopfern verwendet werden können, um das Ausmaß und die Intensität von Konflikten zu beschreiben, kann der ACLED-Indikator „conflict exposure“ die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung zeigen, indem es Zahlen zur geschätzten Anzahl betroffener Personen bietet. Um als dem Konflikt ausgesetzt zu gelten, müssen Zivilist·innen dabei weder das eigentliche oder primäre Ziel eines Sicherheitsvorfalls sein, noch müssen sie bei einem solchen Vorfall verletzt oder getötet werden, da es auch andere, indirektere Formen der Exponierung gibt. Daher sind wir der Ansicht, dass der neue Indikator „conflict exposure“ eine wertvolle Ergänzung der ACLED-Zahlen über die Anzahl der Zwischenfälle, die Vorfälle mit zivilen Zielen und die allgemeinen (nicht nur zivilen) Todesopfer darstellt. Insbesondere im Zusammenhang mit quantitativen Beschreibungen der Sicherheitslage kann die „conflict exposure“ eine nützliche Ergänzung zu COI-Berichten über sicherheitsrelevante Themen darstellen, da sie ein besseres Verständnis der unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener Konfliktarten und Akteure auf die Zivilbevölkerung ermöglicht.

Im Zusammenhang mit der COI-Recherche empfehlen wir jedoch, die Grenzen dieses Indikators zu berücksichtigen. Dazu gehören, wie bereits erwähnt, die fehlende Berücksichtigung dynamischer Bevölkerungsbewegungen, die Auswirkungen der Bemühungen, Doppelzählungen zu vermeiden, und das Risiko einer Über- oder Unterschätzung aufgrund der unterschiedlichen geografischen Genauigkeit der Daten zu Konfliktvorfällen. In Bezug auf die Berücksichtigung der „conflict exposure“ in COI-Produkten empfehlen wir die Anwendung eines Ansatzes, bei dem äquivalente Zeiträume für denselben Ort bzw. dasselbe Gebiet miteinander verglichen werden.

Bei der quantitativen Beschreibung einer Sicherheitslage oder eines Konflikts müssen mehrere Indikatoren kombiniert werden, um ein differenzierteres Bild zu erhalten. In den kommenden Blogbeiträgen werden wir andere Indikatoren untersuchen, die von quantitativen Konfliktdatensammlungen angeboten werden. Der nächste Beitrag wird sich auf die ACLED-Variable „Vorfälle mit zivilen Zielen“ konzentrieren.


[1] WorldPop ist eine Forschungsgruppe, die subnationale Bevölkerungsdaten für alle UNO-Organisationen bereitstellt.

[2] Hinweis: Aus der aktuellen Beschreibung des Indikators geht nicht hervor, ab wann diese Pufferanpassungen wirksam werden. Bei der Verwendung des „conflict exposure“-Rechners bleiben die Bevölkerungszahlen für jeden Ort gleich, unabhängig davon, ob ein einzelner Ort für einen Tag abgefragt wird oder mehrere Orte und Tage mit Vorfällen in unmittelbarer Nähe zueinander. Dies deutet darauf hin, dass die Pufferzonen und Bevölkerungsdaten für jeden Ort einmal für einen längeren Zeitraum berechnet wurden (unter Berücksichtigung der nahegelegenen Vorfälle) und nicht speziell für jede Abfrage berechnet wurden. Für bestimmte Abfragen kann die exponierte Bevölkerung daher unterschätzt werden.

[3] Die in Abbildung 2 angeführten Zahlen lassen darauf schließen, dass ACLED zur Berechnung des Prozentsatzes der exponierten Bevölkerung den 5km-Radius als Basis heranzieht.

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