Anfragebeantwortung zu Jordanien: Status eines palästinensischen Vaters in Jordanien, gebürtig aus Gaza, vormals Aufenthaltstitel in Syrien; Staatsbürgerschaft der Kinder [a-10455]

15. Jänner 2018

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Status eines palästinensischen Vaters in Jordanien, gebürtig aus Gaza, vormals Aufenthaltstitel in Syrien

BADIL, eine unabhängige nichtprofitorientierte Organisation zum Schutz der Rechte von palästinensischen Flüchtlingen, schreibt in einer Übersicht über die rechtliche Lage von Palästinensern in verschiedenen Ländern vom November 2015, dass das jordanische Nationalitätsgesetz von 1954 den palästinensischen Flüchtlingen aus dem Jahr 1948 die jordanische Staatsbürgerschaft gewährt habe. Palästinenser, die 1967 nach Jordanien vertrieben worden seien, würden jedoch nur über einen zeitlich begrenzten Aufenthaltsstatus verfügen. Dieser zeitlich begrenzte Aufenthaltsstatus schränke die Bewegungsfreiheit ein, da er nicht das Recht beinhalte, nach Jordanien zurückzukehren:

„Legal Status: The 1954 Nationality Law granted 1948 Palestinian refugees citizenship while their rights and obligations became equal to those of Jordanian nationals. Palestinians displaced in 1967 did not enjoy this favorable treatment and only have a temporary residency status. […]

Travel: The temporary residency status of Palestinians displaced to Jordan in 1967 limits their freedom of movement since it does not entail a right to return to Jordan.“ (BADIL, 10. November 2015, S. 18-19)

BADIL veröffentlicht im Jahr 2010 ein Interview eines Mitarbeiters von BADIL mit Anis F. Kassim, einem Experten im Bereich Internationales Recht, der als Rechtsanwalt in Jordanien tätig sei. Laut Kassim gebe es derzeit in Jordanien für Palästinenser fünf verschiedene Aufenthaltstitel mit jeweils unterschiedlichen Ausweisdokumenten. Die ersten zwei Kategorien seien in den 1980er-Jahren entstanden, als man Palästinensern, die gewöhnlich im Westjordanland gelebt hätten, grüne Ausweisdokumente ausgestellt habe. Palästinenser, die in Jordanien gelebt aber familiäre oder materielle Beziehungen zum Westjordanland gehabt hätten, seien mit gelben Ausweisdokumenten ausgestattet worden. Als sich Jordanien 1988 offiziell vom Westjordanland losgesagt habe, seien die grünen und gelben Ausweispapiere ein Kriterium geworden, um die Staatsangehörigkeit von Palästinensern festzulegen. Besitzer einer grünen Karte hätten von nun an als „palästinensische Bürger“ gegolten, während Besitzer von gelben Karten zu jordanischen Staatsbürgern erklärt worden seien. Mehr als eineinhalb Millionen Palästinenser seien durch diese Maßnahme staatenlos geworden. Eine dritte Kategorie seien Palästinenser mit gelben Ausweispapieren, die zwar nach der Lossagung Jordaniens vom Westjordanland ihre jordanische Staatsbürgerschaft behalten hätten, die jedoch seit Kurzem von der Aufhebung ihrer jordanischen Staatsangehörigkeit und der mit ihr verbundenen Rechte betroffen seien. Die vierte Kategorie seien Palästinenser mit blauen Ausweisdokumenten. Hierbei handle es sich um Palästinenser, die 1967 aus Gaza nach Jordanien geflohen seien und nie Staatsbürgerschaftsrechte erlangt hätten. Da sie nicht als Jordanier gelten würden, hätten sie keinen Zugang zu öffentlichen Schulen und zum Gesundheitssystem. Sie könnten keinen Führerschein erlangen, Bankkonten eröffnen oder Grundbesitz kaufen. Die meisten Gaza-Palästinenser würden in Flüchtlingslagern in der Gegend Dscherasch leben, insbesondere im „Gaza Refugee Camp“, welches als das Flüchtlingslager mit den schlechtesten Lebensumständen in Jordanien bekannt sei. Bei der fünften Kategorie handle es sich um Palästinenser, die ursprünglich in Jerusalem gelebt hätten:

HJ: When did the differentiation between Palestinian citizens of Jordan begin? AK: Today we can speak of five kinds of Palestinian citizens of Jordan. The first differentiation came in the early 1980s when the Jordanian government was concerned that Israeli policies and practices aimed to squeeze out the Palestinian inhabitants of the occupied West Bank; to empty out the Palestinian territories to replace them with Jewish settlers. The Jordanian government then created the first real differentiation between its Palestinian citizens by issuing differentiated cards. Those who lived habitually in the West Bank were issued green cards, while those who habitually lived in Jordan but had material and/or family connections in the West Bank were issued yellow cards. The sole purpose of these cards at the time was so that the Jordanian authorities at the King Hussein (Allenby) Bridge - the only crossing point between Jordan and the occupied West Bank - could monitor the movement of these card holders, enabling the Jordanian authorities to know how many Palestinian West Bankers had crossed into Jordan, and to ensure that they returned, essentially a kind of statistical device. Indeed, this was a wise policy in terms of countering the Zionist plans to continue the ethnic cleansing of Palestine. The major turning point came with the Jordanian disengagement (fak al-irtibat) from the West Bank on 31 July 1988. []

HJ: How was the disengagement a ‘turning point’ for Palestinians’ status as Jordanian citizens? AK: When the disengagement was declared, the color of the cards (yellow and green), that had been used as a statistical device, became the criteria for determining the citizenship status of a citizen. The government issued instructions to the effect that those who habitually lived in the West Bank, that is green card holders, on 31 July 1988 were ‘Palestinian citizens,’ while those who were living in Jordan or abroad were Jordanian. Put another way, over one-and-a-half million Palestinians went to bed on 31 July 1988 as Jordanian citizens, and woke up on 1 August 1988 as stateless persons.

HJ: You previously mentioned that we can speak of five kinds of Palestinian citizens of Jordan. What are the different kinds of status among Palestinians citizen of Jordan currently? AK: The first category we can call hyphenated Palestinian-Jordanians. These are Palestinians who were in Jordan on the date of the disengagement with no material connection to the West Bank or Gaza Strip, or who were Jordanian citizenship holders abroad. These are regarded as Jordanians for all legal purposes. The Palestinians in the second category are the green card holders whose citizenship was revoked by the government orders that I described earlier. The Palestinians in the third category are the yellow card holders, who kept their citizenship after the disengagement, but many of whom have more recently faced the revocation of their Jordanian citizenship rights. The fourth category is that of blue card holders. These are 1967 Palestinians refugees from the occupied Gaza Strip who are in Jordan and who were never given citizenship rights. They are in a very miserable position because, since they are not Jordanian, they cannot enjoy any of the benefits of citizenship in this country: they cannot access public schools or health services, they cannot get driving licenses, they cannot open bank accounts, or purchase land. They are mostly concentrated in the refugee camps in the Jerash area, specifically the one called ‚Gaza Refugee Camp‘ which is generally known as the worst of the refugee camps in Jordan in terms of living conditions. To build a tiny house in the camp, they need to get several permits from several government departments. While they receive some modest support from UNRWA [UN Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East], any support that comes from the rest of the society has to be approved by Jordanian security authorities. The fifth, and newest, of the categories is that of Jerusalem residents.” (BADIL, 2010)

Die Rechercheabteilung des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB), eines kanadischen Verwaltungsgerichts, das sich mit Fällen von Asyl und Migration befasst, veröffentlicht im Oktober 2015 eine Anfragebeantwortung zu Reisepässen von in Jordanien ansässigen Palästinensern. Laut einer Auskunft der jordanischen Botschaft in Ottawa würden Nicht-Jordaniern Reisedokumente ausgestellt, die allgemein als „zeitlich begrenzte Reisepässe“ bezeichnet würden und die nur für Reisezwecke verwendet würden. Palästinenser aus dem Westjordanland oder aus Gaza, die keinen Reisepass oder eine Staatsangehörigkeit eines anderen Landes besitzen würden, könnten ein solches Reisedokument beantragen. Einem Bericht des in Beirut und Amman ansässigen Think Tanks Al Quds Center for Political Studies zufolge gebe es drei Kategorien von Palästinensern in Jordanien. Zum einen gebe es Jordanier palästinensischer Abstammung, die über einen fünf Jahre gültigen Reisepass und eine nationale Identitätsnummer verfügen würden. Die zweite Kategorie seien Palästinenser aus dem Westjordanland, die ein fünf Jahre gültiges Reisedokument ohne nationale Identifikationsnummer besitzen würden. Der Besitzer eines solchen Reisedokuments gelte nicht als jordanischer Staatsbürger und verfüge zudem über eine grüne Karte für den Grenzübergang ins Westjordanland. Die dritte Kategorie bestehe aus Gaza-Palästinensern, die ein Reisedokument mit einer Gültigkeit von zwei Jahren ausgestellt bekommen würden, das ihnen den Zugang zu den Dienstleistungen für Staatsbürger verwehre. Das Al Quds Center for Political Studies habe darüber hinaus erwähnt, dass Palästinenser aus Gaza anders als andere Palästinenser in Jordanien behandelt würden. Sie würden nur ein zweijähriges Reisedokument erhalten und müssten einen Bürgen vorweisen, um nach Jordanien einzureisen. Auch ein Mitarbeiter der UNRWA habe angegeben, dass Palästinenser, die 1967 während des Sechstagekrieges aus Gaza nach Jordanien geflohen seien, nur ein auf zwei Jahre befristetes jordanisches Reisedokument besitzen würden, das ihre Rechte in Jordanien nachhaltig einschränke:

In correspondence with the Research Directorate, an official at the Embassy of Jordan in Ottawa indicated that Jordan issues travel documents to non-Jordanians, commonly referred to as ‘temporary passports,‘ that are used for travel purposes only (Jordan 22 Oct. 2015). The official noted that Palestinians from the West Bank or Gaza who do not hold a passport or citizenship from another country can apply for such a travel document (ibid.).

According to a 2014 report by Al Quds Center for Political Studies, an independent think tank with offices in Amman and Beirut (Al Quds n.d.), the right of Palestinians to hold Jordanian citizenship and the right to hold a Jordanian passport are dependent on ‘[t]he time and place of residency’ in Jordan (Al Quds Jan. 2014, 20). The same source provides the following explanation regarding the ‘three categories of Palestinians in Jordan’: Jordanians of Palestinian origin ([who hold] a five-year passport and a national identity number) ‘West Bankers’: holders of two-year passports, not connoting citizenship (this was changed in 1996 to a five-year passport), with no national identity number. They also hold a green border crossing card. ‘Gazans’: holders of two-year passports, a travel document that does not give them access to services as citizens. (ibid., 23-24) Al Quds explains the historical background of the first two categories as follows: In 1983 the Jordanian government issued yellow crossing cards, which represented full residency for Palestinian Jordanians (with full citizenship rights in Jordan) for those who had left the West Bank for the East Bank to reside permanently in Jordan before June 1 of that year and had family reunification cards. They also issued green crossing cards for holders of temporary two-year passports who have no right of residence for those who left the West Bank after June 1, 1983. Green card holders can visit Jordan for only up to a month at a time. Thus it is really more of a travel document. ... Jordan in 1996 announced that green card holders can apply again for five-year passports but such a passport does not constitute full citizenship. (Al Quds Jan. 2014, 25) […]

Regarding Jordanian passports for Gazans, Al Quds indicates that Palestinians from Gaza are treated separately from other Palestinians in Jordan, they are given two-year passports and they ‘must identify a guarantor’ to enter Jordan (Al Quds Jan. 2014, 26). The UNRWA legal officer indicated that ‘ex-Gazans’ who fled Gaza to Jordan in 1967 during the six-day war hold temporary two-year Jordanian passports that serve only as a travel document with ‘several legal restrictions that limit their rights‘ (UN 5 May 2014).“ (IRB, 29. Oktober 2015)

Zudem geht die Anfragebeantwortung von IRB noch genauer auf die Unterschiede zwischen den Pässen von Jordaniern und den Reisedokumenten, die Palästinensern ausgestellt werden, ein. Dem Mitarbeiter der jordanischen Botschaft zufolge sehe ein zeitlich begrenztes Reisedokument, das Palästinensern ausgestellt werde, genauso aus wie ein Pass, der jordanischen Staatsangehörigen ausgestellt werde. Jeder Jordanier habe jedoch eine Nationale Nummer in den Pass eingetragen bekommen. Staatenlose Palästinenser mit jordanischen Reisedokumenten hätten jedoch keine solche Nationale Identifikationsnummer. Aus einem Bericht über Migration in Jordanien von einem Mitarbeiter der Yarmouk University von 2011 gehe hervor, dass auch Reisedokumente von Gaza-Palästinensern keine Nationale Identifikationsnummer enthalten würden:

The Jordanian embassy official indicated that the temporary passports issued to Palestinians ‘look identical’ to passports issued to Jordanian citizens (Jordan 22 Oct. 2015). […] The Jordanian embassy official stated that every Jordanian national has a national number in their passport, with the exception of a few Jordanians who live abroad with expired passports that were not renewed since the national number was introduced (ibid. 22 Oct. 2015). Sources report that stateless Palestinians who hold temporary Jordanian passports do not have a national identity number (Al Quds Jan. 2014, 29; UN 5 May 2014). In a 2011 report about Jordanian migration trends, Mohamed Olwan, of the Faculty of Law at Yarmouk University, states that Jordanian two-year passports held by former Gazans do not include a national identity number (Olwan 10 Oct. 2011). The UNRWA legal officer indicated that the five-year passports issued to West Bank Palestinians also do not have a national ID number (UN 5 May 2014). (IRB, 29. Oktober 2015)

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Bericht zur Menschenrechtslage vom März 2017 (Berichtszeitraum: 2016), dass es in Jordanien vier Gruppen von Palästinensern gebe, von denen viele von Diskriminierung betroffen seien. Diejenigen, die nach dem arabisch-israelischen Krieg 1948 aus dem von Jordanien kontrollierten Westjordanland nach Jordanien gekommen seien, hätten die volle Staatsbürgerschaft erhalten, genauso wie diejenigen Palästinenser, die nach dem Krieg 1967 nach Jordanien gekommen seien und keine Aufenthaltsberechtigung für das Westjordanland gehabt hätten. Diejenigen, die nach 1967 noch über so eine Aufenthaltsberechtigung verfügt hätten, hätten die jordanische Staatsbürgerschaft nicht beantragen dürfen und hätten stattdessen zeitlich begrenzte jordanische Reisedokumente ohne nationale Identifikationsnummer ausgestellt bekommen, wenn sie nicht bereits ein Reisedokument der Palästinensischen Autonomiebehörde besessen hätten. Palästinenser, die nach 1967 aus Gaza nach Jordanien geflohen seien, seien nicht berechtigt gewesen, die jordanische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Die Behörden hätten ihnen ein zeitlich begrenztes Reisedokument ohne nationale Identifikationsnummer ausgestellt. Diese Gruppe habe keinen Zugang zu staatlichen Diensten gehabt und sei fast ausschließlich von Leistungen der UNRWA abhängig gewesen. Bei der letzten Gruppe handle es sich um Palästinenser, die aus Syrien nach Jordanien geflohen seien. Viele von ihnen seien an der Grenze abgewiesen worden und diejenigen, denen die Einreise nach Jordanien gewährt worden sei, hätten Zugang zu UNRWA-Diensten gehabt. Der USDOS-Bericht erwähnt zudem, dass es Frauen nicht erlaubt sei, die jordanische Staatsbürgerschaft für ausländische Ehegatten zu beantragen. Ausländische Ehegatten könnten sich erst nach einem durchgehenden Aufenthalt von 15 Jahren in Jordanien um die Staatsbürgerschaft bewerben. Wenn der Ehegatte dann die Staatsbürgerschaft erlangt habe, könne er die Übertragung seiner Staatsangehörigkeit auf seine Kinder beantragen. Solch eine Beantragung könne allerdings Jahre dauern und der Staat könne die Beantragung ablehnen:

Four groups of Palestinians resided in the country, many of whom faced some discrimination. Those who migrated to the country and the Jordan-controlled West Bank after the 1948 Arab-Israeli war received full citizenship, as did those who migrated to the country after the 1967 war and held no residency entitlement in the West Bank. Those still holding residency in the West Bank after 1967 were no longer eligible to claim full citizenship but could obtain temporary travel documents without national identification numbers, provided they did not also carry a Palestinian Authority travel document. These individuals had access to some government services but paid noncitizen rates at hospitals, educational institutions, and training centers. Refugees who fled Gaza after 1967 were not entitled to citizenship, and authorities issued them temporary travel documents without national numbers. These persons had no access to government services and were almost completely dependent on UNRWA services. Finally, Palestinian refugees from Syria who were able to enter the country, despite many being turned away at the border, had access to UNRWA services.” (USDOS, 3. März 2017, Section 6)

Women may not petition for citizenship for noncitizen husbands, who may apply for citizenship only after fulfilling a requirement of 15 years’ continuous residency. Once a husband has obtained citizenship, he may apply to transmit citizenship to his children. Such an application could take years, and the government could deny the application. Activists did not identify any obstacles standing in the way of naturalization for men who fulfilled this residency requirement.“ (USDOS, 3. März 2017, Section 2d)

Das australische Außen- und Handelsministerium (Department of Foreign Affairs and Trade, DFAT) veröffentlicht im März 2015 mit dem Zweck der Verwendung in Verfahren zum internationalen Schutz einen Bericht zur Lage von Palästinensern in Jordanien und geht dabei auch genauer auf die Gruppe von Palästinensern ein, die ursprünglich aus Gaza stammt. In den Monaten und Jahren nach dem arabisch-israelischen Krieg von 1967 seien circa 60.000 Palästinenser aus Gaza nach Jordanien gekommen. Diese Gaza-Palästinenser und deren Nachfahren würden nun etwa 100.000 bis 150.000 Personen in Jordanien ausmachen. Da Gaza vor dem Krieg von Ägypten verwaltet worden sei, seien Gaza-Palästinenser keine jordanischen Bürger gewesen und würden von Jordanien wie Ausländer behandelt. Viele der Gaza-Palästinenser würden im Flüchtlingslager Dscherasch leben, das UNRWA nach dem Krieg 1967 eröffnet habe. Ex-Gaza-Palästinenser könnten einen jordanischen Reisepass beantragen, der einem jordanischen Pass identisch sei, mit der Ausnahme, dass in ihm keine nationale Nummer eingetragen sei, die nur jordanischen Bürgern vorbehalten sei. Dieses Reisedokument sei nur zwei Jahre lang gültig, während normale Reisepässe eine Gültigkeit von fünf Jahren hätten. Bei diesen Reisepässen handle es sich eigentlich nur um Reisedokumente, laut DFAT würden sie aber auch manchmal als Ausweisdokumente genutzt. Ex-Gaza-Palästinenser bekämen von jordanischen Behörden blaue Personalausweise ausgestellt. Dieser blaue Personalausweis müsse vorgezeigt werden, wenn jemand seine Aufenthaltsgenehmigung erneuern wolle, was alle zwei Jahre erfolgen müsse. Die Erneuerung der Aufenthaltsgenehmigung erfolge normalerwiese ohne Probleme, obwohl viele NGOs DFAT berichtet hätten, dass eine Erneuerung „nicht garantiert“ sei:

„Ex - Gazan Palestinians

As above, approximately 60,000 Palestinians from Gaza entered Jordan in the months and years after the 1967 Arab – Israel war. These and their descendants now number approximately 100,000 to 150,000. Because these Palestinians were not citizens in 1967 (until the war Gaza had been administered by Egypt), they are treated by Jordan as Arab foreign nationals. Many Ex - Gazan Palestinians live in the Jerash refugee camp, which UNRWA established after the 1967 Arab – Israel war. This camp is commonly described as the most impoverished Palestinian camp in Jordan, with poor infrastructure. Jordan is responsible for the building and maintenance of infrastructure in UNRWA camps in Jordan. […]

Ex-Gazan Palestinians may obtain a Jordanian passport that is identical to a regular Jordanian passport except that it doesn’t have a national number (which only citizens have) and is valid for two years (normal passports are valid for five years). The two-year passport may be renewed through a Jordanian embassy overseas. DFAT has been told that holders of these two-year passports find it difficult to obtain visas for other countries. The passports are supposed to only be used as travel documents, though DFAT understands they are sometimes used as identity documents. Jordan issues Gazan Palestinians a blue identity card. Gazan Palestinians must present their blue card in order to receive their residency permit, which needs to be updated every two years (and is usually done without problems, though numerous NGOs have told DFAT that renewal is ‘not assured’). Normal Jordanian identity cards, with or without the identity number, are not issued to Gazan Palestinians.” (DFAT, 2. März 2015, S. 9)

Forced Migration Review (FMR), eine Publikation des Refugee Studies Centre des Oxford Department of International Development an der Universität Oxford, zu den Themen Flucht, Binnenvertreibung und Staatenlosigkeit weist in einem 2006 veröffentlichten Beitrag eines unabhängigen Wissenschaftlers aus Amman, Oroub El Abed, darauf hin, dass eine kleine Anzahl von Palästinensern aus dem Gazastreifen die jordanische Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erlangt beziehungsweise die nötigen finanziellen Ressourcen gehabt habe, um die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Bei ihrer Ankunft in Jordanien hätten Gaza-Palästinenser zwei Jahre gültige jordanische Reisepässe, jedoch keine Staatsbürgerschaftsrechte erhalten. Dieser sogenannte „Pass“ habe zwei Ziele: Zum einen zeige er jordanischen Behörden an, dass sie für diese Gaza-Palästinenser verantwortlich seien, und zum anderen stelle er für die Inhaber ein internationales Reisedokument (laissez-passer) dar, welches potentiell den Zugang zu anderen Ländern ermögliche. Jordanien behandle Gaza-Palästinenser wie Ausländer anderer arabischer Länder und verpflichte sie dazu, bei jeder Interaktion mit dem Staat Steuern zu entrichten. Ihr „Pass“ sei im Endeffekt nur eine Aufenthaltsgenehmigung, deren Erneuerung im Ermessen des jordanischen Staates liege. Männer aus Gaza könnten ihre Aufenthaltsgenehmigung nur mit einer Freigabe der jordanischen Sicherheitsbehörden erneuern. Der „Pass” (die Aufenthaltsgenehmigung) sei teuer und habe als internationales Reisedokument nur einen Wert, wenn Drittstaaten die Einreise von Inhabern solcher Pässe erlauben würden. Jedoch würden nur wenige Länder die Einreise gestatten, da das Reisedokument keine Staatsbürgerschaft nachweise. Syrien, Libanon, Ägypten und einige Golfstaaten würden zu den Ländern zählen, die dieses Reisedokument nicht akzeptieren würden. Ein Verzug bei der Erneuerung oder Beantragung dieses Dokumentes bedeute ein Risiko für den Inhaber, keine gültigen Aufenthaltspapiere zu haben:

„Guesstimates of the number of Gazans in Jordan range between 118,000 and 150,000. A small number have entered the Jordanian citizenship scheme via naturalisation or have had the financial resources to acquire citizenship. Many Gazan non-citizens live in Amman and other Jordanian cities. A significant proportion live in two camps run by UNRWA. Most of the 30,000 residents of Gaza (also known as Jerash) camp are Gazans while a few thousand of the residents of Hittin camp are 1948 refugees, subsequently displaced from Gaza. On arrival in Jordan, the ex-residents of Gaza were granted temporary Jordanian passports valid for two years but were not granted citizenship rights. The so-called ‘passport’ serves two purposes: it indicates to the Jordanian authorities that the Gazans and their dependents are temporary residents in Jordan and provides them with an international travel document (‘laissez-passer’) potentially enabling access to countries other than Jordan. Gazans are treated by Jordan as Arab foreigners and pay taxes whenever they interact with the state. The ‘passport’ they hold is in effect simply a residency permit, the renewal of which is left to the discretion of the state. Gazan men cannot renew their residence without clearance from the Jordanian security authorities. […] The ‘passport’ – which is expensive – has value as an international travel document only if receiving states permit the entry of temporary passport holders. Few countries admit them, because they have no official proof of citizenship. Syria, Lebanon, Egypt and some Gulf States are among those who refuse to honour the document. Any delay in renewing the temporary passport or in applying for one puts an individual at risk of becoming undocumented.” (FMR, 2006)

Weitere Informationen zur Lage von Palästinensern, die ohne jordanische Staatsbürgerschaft in Jordanien leben, finden sich auch in folgender Anfragebeantwortung des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB) vom Mai 2014:

·      IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Jordan: Rights and obligations of Palestinians living in Jordan without Jordanian citizenship, not including Palestinian refugees fleeing Syria since 2011, including employment, mobility and access to social services (2013-May 2014) [JOR104860.E], 9. Mai 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/282987/413387_de.html

 

Die folgenden Quellen beziehen sich auf Palästinenser, die aus Syrien nach Jordanien geflohen sind, beziehungsweise Palästinenser, die die jordanische Staatsbürgerschaft hatten, jedoch in Syrien gelebt haben und nun wieder nach Jordanien zurückgekehrt sind:

 

Der USDOS-Bericht schildert Einschränkungen der Bewegungsfreiheit für aus Syrien geflüchtete Palästinenser in Jordanien, die alle in einem Flüchtlingslager untergebracht worden seien. 2013 habe die jordanische Regierung angekündigt, die Einreise palästinensischer Flüchtlinge aus Syrien zu untersagen. 2016 sei diese Verordnung weiterhin in Kraft gewesen. Im September 2016 seien UNRWA 24 Fälle von Refoulement von Palästinensern nach Syrien bekannt gewesen. Diejenigen, die irregulär oder mit syrischen Ausweisdokumenten nach Jordanien eingereist seien, seien Gefahr gelaufen, nach Syrien abgeschoben zu werden:

„Authorities continued to subject Palestinian refugees from Syria held at Cyber City, a refugee camp in a closed government facility in Ramtha, to strict controls on their ability to leave the facility. Authorities allowed Palestinian residents of Cyber City to visit their relatives once per month, for two to three days at a time. Authorities made some exceptions for the sick and elderly to allow twice-monthly visits. Unlike Syrian refugees at Cyber City, Palestinian refugees were not entitled to the bailout system of a Jordanian guarantor. Authorities did not officially inform Palestinian refugees of the reasons for their restricted movement. On October 17, the government closed Cyber City and moved remaining residents to King Abdullah Park. Restrictions on movement of Palestinian refugees from Syria remained in place at King Abdullah Park. […]

The government’s 2013 announcement that it would not allow entry into Jordan of Palestinian refugees from Syria remained in effect throughout the year. […]

Through September, the UNRWA was aware of 24 cases of refoulement of Palestinian refugees from Syria. The vulnerability of Palestinian refugees from Syria to deportation increased their risk of other abuses. For those who entered the country irregularly (without required documentation, or using Syrian identity documents), refoulement was a constant risk, and access to basic civil services--including renewal of identity documents, the registration of marriages, deaths, and births--was highly complex. The UNRWA reported that such activities could result in forced return to Syria, as well as detention and denaturalization.“ (USDOS, 3. März 2017, Section 2d)

Arab Renaissance for Democracy and Development (ARDD)-Legal Aid, eine jordanische NGO, die sich für die Rechte marginalisierter Gruppen einsetzt, schreibt in einem Bericht vom Mai 2015 zu rechtlichen Hürden für Palästinenser in Jordanien, dass die jordanischen Behörden wahllos Palästinenser zwangsweise zurückgeführt hätten. Laut Human Rights Watch (HRW) seien nicht nur Palästinenser aus Syrien, sondern auch jordanische Palästinenser und deren Nachkommen von der Regierung ausgewiesen worden. HRW habe Fälle von jordanischen Palästinensern dokumentiert, denen ihre jordanische Staatsbürgerschaft entzogen worden sei und die nach Syrien zurückgeschickt worden seien:

„6 Palestinian Jordanians who lived in Syria

a.     Citizenship offers little Protection

The Jordanian government has been non-discriminatory to which Palestinians it forcibly returns. HRW [Human Rights Watch] indicates that the government has not only turned back Palestinian-Syrians but also returned Palestinian Jordanians and their descendents. The HRW has recorded cases of Palestinian-Jordanians having their nationality removed, detained in Cyber City and/or sent back to Syria. HRW further indicates that denaturalized Palestinian-Jordanians find it difficult to exercise their basic rights such as obtaining healthcare, finding work, owning property etc because they have become stateless (HRW 29 : 2014) and are thus in the same situation as post 1988- revocation West Bankers and Gazans.“ (ARDD, Mai 2015, S. 9)

In einer Pressemitteilung von Human Rights Watch (HRW) vom August 2014 wird erwähnt, dass Jordanien Palästinenser mit abgelaufenen jordanischen Reisepässen nicht aus Syrien einreisen habe lassen:

„Seit Mitte des Jahres 2012 weisen die jordanischen Sicherheitskräfte Palästinenser ab, die von Syrien aus in das Land einreisen wollen. Im Januar 2013 verkündete die Regierung ein offizielles Einreiseverbot. Die Sicherheitskräfte verhafteten auch dann Palästinenser und schieben sie ab, wenn diese versuchen, an inoffiziellen Grenzübergängen mit gefälschten, syrischen Pässen einzureisen, oder wenn sie durch Schleusernetzwerke irregulär in das Land gelangen. Offiziell dürfen Palästinenser mit jordanischer Staatsbürgerschaft einreisen, aber de facto werden Personen mit abgelaufenen jordanischen Pässen abgewiesen. Zum Teil werden ihnen willkürlich ihre Papiere abgenommen und sie mussten nach Syrien zurückkehren. […] Sana, eine jordanische Staatsbürgerin, ging zur Polizei, als sie nach zwei Tagen von der Verhaftung ihres Schwiegersohnes erfuhr. ‚Sie sagten mir, dass ich morgen wiederkommen soll‘, berichtete sie. ‚Sie sagten, sie würden eine Lösung für uns finden. Am nächsten Tag rief uns Mohammed aus Syrien an.‘ […] Fayez Tarawneh, Leiter des Königlichen Hofes und ehemaliger Premierminister, rechtfertigte die Abweisungspolitik bei einem Treffen mit Human Rights Watch im Mai 2013 mit der Begründung, dass eine große Zahl von Palästinensern aus Syrien das demographische Gleichgewicht des Königreichs stören und zu Instabilität führen würde. Man geht davon aus, dass mindestens die Hälfte der jordanischen Bevölkerung einen palästinensischen Hintergrund hat. Tarawneh bezweifelte, dass Jordanien die - staatenlosen - Palästinenser nach Beendigung des Konflikts legal nach Syrien abschieben könnte, wenn sie zuvor als Flüchtlinge anerkannt worden waren.“ (HRW, 7. August 2014)

Weitere Informationen zur Lage von aus Syrien nach Jordanien geflüchteten Palästinensern finden sich in folgender Anfragebeantwortung:

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Jordanien: Situation von PalästinenserInnen aus Syrien: Einlass in Flüchtlingslager, Gefahr der Abschiebung nach Syrien [a-9066], 20. Februar 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/297141/433548_de.html

Status der Kinder

Der Menschenrechtsbericht des USDOS (Berichtszeitraum: 2016) gibt an, dass in Jordanien nur der Vater die Staatsangehörigkeit an die Kinder weitergeben könne. Frauen dürften ihre Staatsangehörigkeit nicht auf ihre Kinder übertragen. Kinder von weiblichen Staatsbürgern und ausländischen Ehepartnern würden die Staatsangehörigkeit des Vaters erben und müssten jedes Jahr ihre Aufenthaltserlaubnis in Jordanien neu beantragen. Die Behörden würden eine Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis nicht garantieren. Laut Richtlinien, die die jordanische Regierung 2014 eingeführt habe, könnten Kinder jordanischer Mütter und ausländischer Väter, solange sie gewisse Kriterien erfüllen würden, den Zugang zu gewissen Leistungen, die sonst nur Staatsbürgern zustehen würden, beantragen. Diese Richtlinien würden laut Angaben des Innenministers 88.983 Familien betreffen, in denen der Vater nicht die jordanische Staatsbürgerschaft habe. Geschätzt 55.000 der betroffenen Väter seien palästinensischer Herkunft. Um einen Zugang zu diesen Leistungen zu erhalten, müssten die Kinder eine spezielle Identifikationskarte beantragen. Es gebe eine gesetzliche Regelung, der zufolge der Ministerrat die Staatsbürgerschaft für Kinder von jordanischen Müttern und ausländischen Vätern genehmigen könne, jedoch sei diese Regelung nicht allgemein bekannt und es habe nur sehr selten solche Genehmigungen gegeben. Frauen sei es nicht erlaubt, die jordanische Staatsbürgerschaft für ausländische Ehegatten zu beantragen. Ausländische Ehegatten könnten sich erst nach einem durchgehenden Aufenthalt von 15 Jahren in Jordanien um die Staatsbürgerschaft bewerben. Wenn der Ehegatte dann die Staatsbürgerschaft erlangt habe, könne er die Übertragung seiner Staatsangehörigkeit auf seine Kinder beantragen. Solch eine Beantragung könne allerdings Jahre dauern und der Staat könne die Beantragung ablehnen:

„Only the father can transmit citizenship. Women do not have the legal right to transmit citizenship to their children. Children of female citizens married to noncitizen husbands receive the nationality of the father and lose the right to attend public school or seek other government services if they do not hold legal residency, for which they must apply every year, and authorities do not assure continued residency. In guidelines announced by the government in 2014, if children of Jordanian mothers and noncitizen fathers apply and meet certain criteria, they may gain access to certain services enjoyed by citizens, including access to free primary and secondary education and subsidized health care; the ability to own property, invest, obtain a Jordanian driver’s license; and have employment priority over other foreigners. The minister of interior stated that this ruling affected 88,983 families, including 355,932 children, in which the father lacked Jordanian citizenship. An estimated 55,000 of these fathers were of Palestinian origin. To access these services, children must obtain a special identification card through the Civil Status Bureau. To qualify, applicants must prove the maternal relationship, that the Jordanian mother has been resident in Jordan for five years, and that the children currently reside in Jordan. In April the Civil Status Bureau began issuing identification cards to replace the initial certificates. By law the cabinet may approve citizenship for children of Jordanian mothers and foreign fathers, but this mechanism was not widely known, and approval rarely occurred. Women may not petition for citizenship for noncitizen husbands, who may apply for citizenship only after fulfilling a requirement of 15 years’ continuous residency. Once a husband has obtained citizenship, he may apply to transmit citizenship to his children. Such an application could take years, and the government could deny the application.“ (USDOS, 3. März 2017, Section 2d)

Im Bericht des australischen Außen- und Handelsministerium (Department of Foreign Affairs and Trade, DFAT) vom März 2015 wird erwähnt, dass, wie in den meisten arabischen Ländern, auch in Jordanien die Kinder die Staatsbürgerschaft des Vaters annehmen würden. Dies bedeute, dass Jordanien die Kinder eines Vaters, der ursprünglich aus Gaza stamme, auch als Gaza-Palästinenser ansehe. Frauen könnten auch normalerwiese nicht ihre Staatsbürgerschaft auf ihren Ehemann übertragen. Laut DFAT gebe es zwar eine inoffizielle Handhabung, die es Kindern staatenloser Westjordanland-Palästinenser und jordanischer Mütter ermögliche, die jordanische Staatsbürgerschaft durch das Innenministerium verliehen zu bekommen. Dieses inoffizielle Verfahren stehe Palästinensern aus Gaza jedoch nicht zur Verfügung:

„In Jordan, as in most Arab countries, citizenship of children derives from the father, meaning the children of an ex - Gazan father and a Jordanian mother will be considered as ex-Gazan Palestinians by Jordan. Likewise, wives may not usually pass their citizenship to their husbands. Notwithstanding this law, DFAT understands that there is an unofficial practice whereby children of stateless West Bank Palestinian men and Jordanian women are granted Jordanian citizenship by the Interior Ministry. However, this unofficial practice does not extend to ex-Gazan Palestinians.” (DFAT, 2. März 2015, S. 10)

Oroub El Abed schreibt in seinem Beitrag zur Forced Migration Review (FMR) 2006, dass jordanische Mütter ihre Staatsbürgerschaft nicht an ihre Kinder weitergeben könnten. Zudem würde auch Kindern, die bereits in Jordanien geboren worden seien und ausländische Väter hätten, nicht die jordanische Staatsbürgerschaft gewährt. Verheiratete Frauen seien gezwungenermaßen von ihren Ehemännern oder ihren Vätern abhängig, wenn es darum gehe, Dokumente für ihre Kinder ausstellen zu lassen. Da die Staatsangehörigkeit patriarchal aufgefasst werde, seien Kinder von jordanischen Müttern und aus Gaza stammenden Vätern dem Risiko ausgesetzt, ohne eine rechtliche Existenz zu leben:

„In Jordan, as in most other Middle- Eastern countries, women cannot pass on their citizenship to their children. Neither is citizenship granted to a child born on the territory of a state from a foreign father. Married women are forced to depend on their fathers or husbands to process documents related to their children. Because of this patriarchal conception of citizenship, children of Jordanian women married to Gazans are at risk of being left without a legal existence.” (FMR, 2006)

Foreign Policy in Focus (FPIF), ein Think-Tank des amerikanischen Institute for Policy Studies, schreibt in einem Artikel vom Jänner 2014, dass im Dezember 2013 ein Sprecher der jordanischen Regierung, Mohamad al Moumani, mitgeteilt habe, man werde jordanischen Frauen, die Ausländer heiraten würden, keine Bürgerrechte zuerkennen. Stattdessen hätten sie das Recht, bestimmte Leistungen in Anspruch zu nehmen. Der ehemalige Vorstand des königlichen Hofes, Abu Karaki, habe sich ähnlich geäußert und gesagt, dass Jordanien nicht für die Entscheidungen dieser Frauen bezahlen solle. Er frage sich, warum man die Schule, die Gesundheitsversorgung sowie die Verpflegung ihrer Kinder bezahlen solle, wenn man kaum schaffe, dies für die eigene Bevölkerung zu tun. Mehreren jordanischen Nachrichtenquellen zufolge gebe es on Jordanien mehr als 80.000 Frauen, die Nicht-Jordanier geheiratet hätten. Laut Angaben des Innenministeriums seien 50.000 davon Ehen mit Männern palästinensischer Herkunft eingegangen. Zumeist gehe es hierbei speziell um Palästinenser aus Gaza, die in Jordanien einen Aufenthaltsstatus hätten und weder eine jordanische, noch eine palästinensische Staatsbürgerschaft, sondern nur ein ägyptisches Reisedokument hätten, das keine Staatszugehörigkeit nachweise. Laut Abu Karaki sollten Kinder solcher Frauen, die mit Palästinensern verheiratet seien, nicht die jordanische Staatsangehörigkeit erhalten, da man sonst 350.000 zusätzliche Staatsbürger habe, die Jordanien weder brauche noch wolle:

„Last December the spokesman for the Jordanian government, Mohamad al Moumani, announced that the government will not grant civil rights to Jordanian women married to non-Jordanian citizens. Instead, he said, ‘Jordanian women will be accorded services rights.’ […]

The government’s position is echoed by the former Chief of the Royal Court, Reyad Jameel Abu Karaki, who told me from Amman that Jordan should not pay for the choices those women have made. ‘Why should we pay for schooling, health care or feeding those children when we barely can do that for our own citizens?’

According to several news sources in Jordan, there are currently over 80,000 Jordanian women who are married to non-Jordanians. According to those sources which quoted the ministry of interior, the ‘Palestinian nationality’ is the largest foreign ‘nationality’ with over 50,000 cases of marriage followed by the Egyptian, Syrian, Iraqi, Saudi and American with few thousands each. Although the term ‘Palestinian nationality’ is ambiguous since most Palestinians from the West Bank, and carry a Palestinian passport, and those who marry Jordanian women tend to take their wives with them to their towns in the Palestinian territories. Therefore, the term most likely and inaccurately refers to Palestinians from Gaza who live in Jordan as ‘resident aliens’ and hold neither Palestinian nationality, nor a Jordanian one, but rather an Egyptian travel document that does not designate nationality. When I asked Abu Karaki if his argument is applied to Gazans who have been residing in Jordan for generations and practically have nowhere to go, he said that he is not against them per se or against Palestinians in general, but ‘when you do the math, it does not add up.’ He continued, ‘granting citizenship to the children of those women, we will have 350,000 citizens [mostly Palestinians] which Jordan does need or want. We are a country of only about six million people. Adding such numbers is huge for us.’” (FPIF, 9. Jänner 2014)

Die englischsprachige, in Jordanien erscheinende Tageszeitung The Jordan Times berichtet im März 2017, dass in Amman mehr als 150 Männer, Frauen und Kinder eine Demonstration vor dem Parlament abgehalten hätten, bei der sie die Regierung dazu aufgerufen hätten, Kindern von jordanischen Müttern und ausländischen Vätern die vollen Staatsbürgerschaftsrechte zu gewähren. Viele Demonstranten hätten angegeben, dass die speziellen Identitätsdokumente, die vom Amt für Personenstand und Pässe (Civil Status and Passports Department, CSPD) ausgestellt würden, nutzlos seien und von den meisten Regierungsbehörden nicht anerkannt würden. Personen und Organisationen, die sich dagegen aussprechen würden, den Kindern aus diesen Ehen (insbesondere mit palästinensischen Männern) die jordanische Staatsbürgerschaft zu verleihen, würden argumentieren, dass so ein Vorgehen nur Israel in seinem Plan bestärke, aus Jordanien eine Alternativheimat für alle Palästinenser zu machen:

AMMAN — Over 150 men, women and children on Tuesday staged a sit-in demonstration in front of Parliament, calling on the government to grant full citizenship rights to children of Jordanian women married to foreigners. […]

Most protesters said that the identification documents issued by the Civil Status and Passports Department (CSPD) were ‘useless’ and ‘not acknowledged in many government institutions’. […]

In 2014, the government announced that it was granting the children certain ‘privileges’, provided that their mothers had been living in Jordan for a minimum period of five years, and at least 180 days per year, according to the CSPD. Government officials have previously stated that there were 88,983 Jordanian women married to non-Jordanians, mostly Gazans, and that these families have 355,932 children registered with the CSPD. Palestinians, except for Gazans, who became refugees after the creation of Israel on Palestinian land, and those who were living in the West Bank when it was occupied by Israel in 1967, have been given Jordanian citizenship. […] Individuals and entities who oppose granting citizenship to family members of these women, particularly those with Palestinian husbands, say such a measure will only lead Israel to implement its ‘ultimate plan of creating a substitute homeland for Palestinians in Jordan’.” (The Jordan Times, 22. März 2017)

Ältere Informationen zu dieser Fragestellung finden sich auch in folgender Anfragebeantwortung vom Dezember 2014:

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Jordanien: Verweigerung der jordanischen Staatsbürgerschaft für Kinder eines staatenlosen Palästinensers und einer jordanischen Staatsbürgerin [a-8986], 5. Dezember 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/292721/427521_de.html

 

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 15. Jänner 2018)

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Jordanien: Verweigerung der jordanischen Staatsbürgerschaft für Kinder eines staatenlosen Palästinensers und einer jordanischen Staatsbürgerin [a-8986], 5. Dezember 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/292721/427521_de.html

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Jordanien: Situation von PalästinenserInnen aus Syrien: Einlass in Flüchtlingslager, Gefahr der Abschiebung nach Syrien [a-9066], 20. Februar 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/297141/433548_de.html

·      ARDD – Arab Renaissance for Democracy and Development: Mapping the Legal Obstacles Palestinians Face in Jordan, Mai 2015
https://ardd-jo.org/sites/default/files/resource-files/mapping_the_legal_obstacles_palestinians_face_in_jordan_en.pdf

·      BADIL - Resource Center for Palestinian Residency and Refugee Rights: Palestinian Refugees in Jordan and the Revocation of Citizenship, 2010
http://www.badil.org/en/component/k2/item/1569-interview1.html

·      BADIL - Resource Center for Palestinian Residency and Refugee Rights: Survey of Palestinian Refugees and Internally Displaced Persons; Vol VIII 2013-2015, 10. November 2015
http://www.badil.org/phocadownloadpap/badil-new/publications/survay/Survey2013-2015-en.pdf

·      DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade: DFAT Thematic Report Palestinians in Jordan and Lebanon, 2. März 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/4792_1512558950_country-information-report-lebanon-jordan-thematic.pdf

·      FMR – Forced Migration Review: Immobile Palestinians: ongoing plight of Gazans in Jordan (Autor: Oroub El Abed), 2006
http://www.fmreview.org/sites/fmr/files/FMRdownloads/en/FMRpdfs/FMR26/FMR2607.pdf

·      FPIF – Foreign Policy in Focus: Jordanian Women Who Marry Immigrants Denied Civil Rights, 9. Jänner 2014
http://fpif.org/jordanian-women-marry-immigrants-denied-civil-rights/

·      HRW - Human Rights Watch: Jordanien: Aus Syrien fliehende Palästinenser abgewiesen, 7. August 2014
http://www.hrw.org/de/news/2014/08/07/jordanien-aus-syrien-fliehende-palaestinenser-abgewiesen

·      IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Jordan: Rights and obligations of Palestinians living in Jordan without Jordanian citizenship, not including Palestinian refugees fleeing Syria since 2011, including employment, mobility and access to social services (2013-May 2014) [JOR104860.E], 9. Mai 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/282987/413387_de.html

·      IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Anfragebeantwortung zu Reisepässen für staatenlose PalästinenserInnen in Jordanien (jordanische Reisepässe für staatenlose PalästinenserInnen; Anforderungen und Vorgehensweise für zeitlich begrenzte jordanische Pässe; Anforderungen und Vorgehensweise für PalästinenserInnen aus dem Westjordanland oder Gaza; Berechtigungen; etc.) [ZZZ105324.E], 29. Oktober 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/315357/454026_de.html

·      The Jordan Times: Protesters demand full rights for children of Jordanian women married to foreigners, 22. März 2017
http://www.jordantimes.com/news/local/protesters-demand-full-rights-children-jordanian-women-married-foreigners

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2016 - Jordan, 3. März 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/337200/479964_de.html