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Fläche: | 438,317 km² |
Hauptstadt: | Bagdad |
Einwohnerzahl: | 42,083,436 (Schätzung von 2024) |
Official language: | Arabisch, Kurdisch |
Währung: | Irakische Dinar [1] |
Der Irak ist eines der östlichsten Länder der arabischen Welt, gekennzeichnet durch die zwei Flüsse Euphrat und Tigris, Gebirgsketten im Nordosten des Landes und Wüste im Westen und Süden (Britannica Online Encyclopedia, 15. Mai 2025). Die circa 42 Millionen starke Bevölkerung des Irak besteht aus 75 bis 80 Prozent Araber·innen und 15 bis 20 Prozent Kurd·innen. Zwischen 95 und 98 Prozent der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 61 bis 64 Prozent Schiit·innen und 29 bis 34 Prozent Sunnit·innen. Der Rest der Bevölkerung setzt sich aus ethnischen und religiösen Minderheiten zusammen (CIA, 14. Mai 2025). Der Nordosten des Landes, die Autonomen Region Kurdistan (ARK), die im Wesentlichen aus den drei Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaimaniyya besteht, wird von einer kurdischen regionalen Regierung geführt (Kurdistan Regional Government, ohne Datum). Sunnit·innen überwiegen im Norden und Westen des Landes, unter anderem in den Provinzen Anbar, Salah ad-Din, Ninawa und Diyala (Rudaw, 11. Jänner 2020). Die Region südlich von Bagdad ist schiitisch geprägt (Al-Bayan Center for Planning and Studies, 27. Februar 2021).
Viele Araber·innen identifizieren sich stärker mit ihrer Familie und ihrem Stamm als ihrer nationalen oder konfessionellen Zugehörigkeit (Britannica Online Encyclopaedia, 15. Mai 2025). Es existieren im Irak etwa 150 Stämme, denen 75 Prozent der irakischen Gesamtbevölkerung angehören (EUAA, April 2023, S. 17).
Die heterogene Bevölkerung des Landes fand sich nach dem 1. Weltkrieg durch Entscheidungen von Groß- und Regionalmächten in einem gemeinsamen Staatsgebiet wieder, zunächst als britisches Mandatsgebiet. Ab 1979 führte mit Saddam Hussein ein sunnitischer Araber das Land, der seine Kritiker·innen mithilfe eines massiven und komplexen Sicherheitsapparats und oft durch den Einsatz brutaler Mittel bekämpfte. 2003 wurden Saddam Hussein und seine Baath-Partei durch die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten gestürzt. Dadurch entstand ein Sicherheitsvakuum, das zur Ausbreitung aufständischer bewaffneter Gruppen und zum Ausbruch konfessionell motivierter Gewalt führte, die 2006-2007 ihren Höhepunkt erreichte. Nach dem Rückzug der USA im Jahr 2011 blieb die Lage im Land instabil. Nach dem Sturz von Saddam Hussein kam es zu einem konfessionellen Umbruch in der politischen Führung des Landes und die schiitischen Araber gewannen politisch die Oberhand im Land. Nouri Al-Maliki, der zwischen 2006 und 2014 als Premierminister fungierte, wurde vorgeworfen, die Marginalisierung der sunnitischen Bevölkerung zu fördern, die Macht seiner eigenen Partei zu vergrößern und die Opposition zu unterdrücken. In diesem Zusammenhang rückte der von Sunniten geprägte Islamische Staat (IS), ein Ableger von Al-Qaida im Irak, in den Vordergrund. Ende 2014 kontrollierte der IS etwa ein Drittel des irakischen Territoriums. Die vom IS begangenen Gräueltaten führten zu Millionen von Binnenvertriebenen im Land. Als Reaktion auf den Zusammenbruch der irakischen Sicherheitskräfte in Mossul rief Großayatollah Ali Al-Sistani die Iraker dazu auf, zu den Waffen zu greifen, um ihr Land vor der Bedrohung durch den IS zu verteidigen. Daraufhin meldeten sich tausende, vornehmlich schiitische irakische, Männer als freiwillige Kämpfer, was zur Bildung der Volksmobilisierungskräfte (Popular Mobilization Forces, PMF) führte (MRGI, Mai 2018), die seit dem Zusammenbruch des IS-Territoriums eine entscheidende Rolle in der Politik des Landes spielen (-> Weitere Informationen zu den PMF) (International Crisis Group, 30. Juli 2018, S. i-ii). Zwischen Oktober 2019 und 2021 kam es im Irak zu immer wieder aufflammenden Protesten gegen das bestehende Regierungssystem, gegen Korruption, hohe Arbeitslosigkeit, Infrastrukturmängel sowie gegen die Einflussnahme aus dem Ausland (EPIC, 30. September 2021, S. 3-4, 35, 47). Seit Oktober 2022 regiert Premierminister Mohammed Al-Sudani, unterstützt von einer vom Iran unterstützten Allianz mehrere Parteienkoalitionen, die dem ehemaligen Premierminister Nouri Al-Maliki sowie den PMF-Gruppierungen nahestehen, das Land (MEI, 31. Jänner 2023). Die nächsten Parlamentswahlen werden im November 2025 stattfinden (The New Arab, 9. April 2025).
Die ARK ist in der irakischen Verfassung von 2005 als eigenständige föderale Region anerkannt (Constitution of Iraq 2005, Artikel 117). Kurd·innen sehen sich als ethnisch eigenständige Gruppe (Kelly, Mai 2010, S. 710), deren Gesellschaft traditionell auf Stämmen basiert (Britannica online Encyclopaedia, 15. Mai 2025). Die Mehrheit sind sunnitische Muslim·innen (The Kurdish Project, ohne Datum). Unter Saddam Hussein waren die Kurd·innen Opfer eines Arabisierungsprozesses, der Ende der 1980er-Jahre in der „Anfal“-Kampagne gipfelte, im Zuge derer mehrere kurdische Regionen mit chemischen Waffen bombardiert wurden (HRW, Juli 1993). 1991 erlangte die heutige ARK ihre Autonomie vom Zentralirak (AFP, 27. September 2018). In den folgenden Jahren erlangten die derzeitig dominierenden Parteien der Region, die Demokratische Partei Kurdistans (KDP) sowie die rivalisierende Patriotische Union Kurdistans (PUK), ihre Macht (LSE, 15. April 2020; Culturico, 6. Februar 2021). Die KDP wird von der Familie Barzani dominiert, aus der mit Mai 2025 sowohl der Präsident als auch der Premierminister der Region stammen (The Presidency of the Kurdistan Region, ohne Datum; Kurdistan Regional Government, ohne Datum). Weitere Parteien in der Region sind die Gorran-Bewegung, die Neue Generationsbewegung, islamische Parteien sowie eine Anzahl von Minderheitenparteien (Kurdistan Parliament, ohne Datum).
Die Kurd·innen und speziell die Peschmerga-Kämpfer·innen, die Streitkräfte der Kurdischen Regionalregierung (GPPi, März 2018, S. 6), waren aktiv am Kampf gegen den IS beteiligt (Clingendael, März 2018, S. 19). Durch militärische Gewinne gegen den IS gelang es der ARK, die Kontrolle über umstrittene Gebiete auszuweiten, welche jedoch nach der Durchführung eines kontroversen Unabhängigkeitsreferendums und der darauf folgenden heftigen Reaktion der Zentralregierung wieder verloren gingen (The New Humanitarian, 26. September 2019). Die volatile Sicherheitslage ab 2014, der massive Ölpreisverfall ab 2015 sowie Differenzen mit der irakischen Zentralregierung führten die ARK nach Jahren des wirtschaftlichen und politischen Aufstiegs in eine wirtschaftliche Krise (Kurdistan24, 8. Jänner 2016; siehe auch: MEMO, 14. August 2020), die mit 2025 weiter anhält (The Conversation, 11. März 2025). Militärische Angriffe der Türkei gegen die PKK auf Territorium der ARK stellten in der Vergangenheit Probleme dar (Al Jazeera, 27. Dezember 2023) und es ist noch unklar, wie sich die Auflösung der PKK (siehe France24, 12. Mai 2025) auf die Präsenz der Türkei in der ARK auswirken wird. Im Oktober 2024 fanden in der Region Parlamentswahlen statt, wobei die KDP 39 von 100 Sitzen gewann und die PUK 23 Sitze (Al-Jazeera, 30. Oktober 2024). Mit Mai 2025 war das neu gewählte Parlament jedoch weiterhin blockiert und konnte weder eine Regierung bilden noch einen Sprecher wählen. Als Reaktion auf die anhaltende Pattsituation forderte der amtierende Sprecher Mohammed Sulaiman von der oppositionellen Bewegung Neue Generation (New Generation Movement, NGM) den Regionalpräsidenten auf, das Parlament wegen Nichteinhaltung verfassungsmäßiger Fristen formell aufzulösen (The New Arab, 8. Mai 2025). Die NGM brachte den Fall daraufhin vor den Obersten Gerichtshof des Irak und beantragte ein rechtliches Mandat zur Zwangsauflösung des Parlaments (The Arab Weekly, 27. Mai 2025).
Die Volksmobilisierungskräfte, PMF oder Al-Haschd asch-Scha'bi sind ein heterogener Dachverband von etwa 40 bis 70 bewaffneten Gruppen (EPIC, 18. Jänner 2017; Haddad, 5. März 2018; International Crisis Group, 30. Juli 2018, S. 1) unterschiedlicher politischer und ideologischer Ausrichtung (International Crisis Group, 30. Juli 2018, S. 3). Der größte Block, dem unter anderem die Badr-Organisation, Asa’ib Ahl Al-Haqq und Kata’ib Hisbollah angehören, ist eng mit dem Iran verbunden, der zweite Block folgt dem schiitischen Kleriker Ali Al-Sistani, und der dritte Block, Saraya Al-Salam, folgt dem irakischen Kleriker Muqtada Al-Sadr (International Crisis Group, 30. Juli 2018, S. 3-4), wobei die zwei letzteren von einer vergleichsweise nationalistischen Einstellung geprägt sind (Clingendael, Juni 2018, S. 3).
Ende 2016 wurde den PMF ein den irakischen Streitkräften gleichwertiger Rechtsstatus zuerkannt, womit sie formell dem Premierminister unterstehen (RFE/RL, 26. November 2016). Seit Ende der Kämpfe gegen den IS haben die PMF ihren Wirkungsbereich ausgeweitet. Sie sind politisch und wirtschaftlich aktiv und verfügen über einen eigenen Parteienblock im Parlament (International Crisis Group, 30. Juli 2018, S.i-ii). Durch starke Gewinne bei den Parlamentswahlen 2018 (MENA Prison Forum, 17. Oktober 2021) und einer Regierungsbeteiligung 2022 (MEI, 31. Jänner 2023) konnten die PMF ihre Macht in staatlichen Institutionen ausdehnen und sind im alltäglichen Handeln nicht mehr von den ursprünglichen staatlichen Akteuren zu unterscheiden (War on the Rocks, 21. Jänner 2021). Sie üben unter anderem auch eine wachsende Kontrolle über wichtige Wirtschaftssektoren, wie Zollämter, Grenzübergänge und Logistik aus (Shafaq News, 6. Mai 2025). Ende 2022/Anfang 2023 erhielten die PMF nach jahrelangem Bemühen die Unterstützung der irakischen Regierung zur Gründung eines wirtschaftlichen Unternehmens mit dem Namen Muhandis General Company (Scharikat Al-Muhandis), das von mehreren Quellen als irakisches Pendant zur iranischen Chatam Al-Anbia, der Firma der Islamischen Revolutionsgarden, gesehen wird (Arabic Post, 31. Jänner 2023). Neben ihrer politischen und wirtschaftlichen Rolle bleiben die PMF mit Stand Mai 2025 weiterhin militärisch und als Sicherheitsakteur aktiv (Kurdistan24, 6. Mai 2025).
Speziell im Norden und Westen Iraks wurde immer wieder über Schikanen und Einmischung in Stadt- und Verwaltungsangelegenheiten durch Mitglieder der PMF berichtet (Al-Araby Al-Jadeed, 12. Februar 2019; siehe auch: USCIRF, März 2025), und auch die Demonstrant·innen in Bagdad und im Südirak zeigten als Teil ihrer Proteste 2019 ihren Unmut über die vom Iran unterstützten Fraktionen der PMF (Carnegie Middle East Center, 14. November 2019).
Detaillierte Informationen zu den schiitischen Milizen im Irak finden Sie im ecoi.net-Themendossier zum Irak.
(-> ecoi.net Suche zu den PMF)
Neben schiitischen und sunnitischen Araber·innen und den vorwiegend sunnitischen Kurd·innen ist der Irak Heimat zahlreicher ethnischer bzw. religiöser Minderheiten (MRGI, Mai 2018). Die Verfassung von 2005 erkennt an, dass der Irak ein Land mit einer Vielzahl von Nationalitäten, Religionen und Konfessionen ist (Constitution of Iraq 2005, Artikel 3). Zu den ethno-religiösen Minderheiten gehören unter anderem die Turkmen·innen (à ecoi.net-Suche), die Christ·innen (à ecoi.net-Suche), die Jesid·innen (à ecoi.net-Suche), die Tscherkess·innen (à ecoi.net-Suche), die Faili-Kurd·innen (à ecoi.net-Suche), die Kaka'i (à ecoi.net-Suche), die Mandäer·innen-Sabäer·innen (à ecoi.net-Suche), die Roma (à ecoi.net-Suche), die Schabak (à ecoi.net-Suche), die Baha'i (à ecoi.net-Suche) (IILHR, Mai 2013, S-3-4) und mit Stand 2013 eine sehr kleine Anzahl von Juden und Jüdinnen (à ecoi.net-Suche) (IILHR, Mai 2013, S. 10). Neben den ethno-religiösen Minderheiten gibt es auch palästinensische Flüchtlinge (à ecoi.net-Suche), staatenlose Bidun (à ecoi.net-Suche) sowie Iraker·innen afrikanischer Abstammung (à ecoi.net-Suche). Während der vergangenen Jahrzehnte der Gewalt im Land, zunächst unter Saddam Hussein, dann nach dessen Sturz im Jahr 2003 (HRW, 2010, S. 65) sowie nach der Ausbreitung des IS im Jahr 2014, waren besonders Angehörige von Minderheitengruppen Angriffen ausgesetzt, was dazu führte, dass viele vertrieben wurden (Carnegie Endowment, 17. Oktober 2024).
Die irakische Verfassung erwähnt zum Thema Religionsfreiheit konkret die Christ·innen, Jesid·innen und Mandäer·innen-Sabäer·innen und nennt als offizielle Sprachen des Landes Arabisch und Kurdisch. Außerdem sieht die Verfassung einen Unterricht in Muttersprache vor und nennt konkret Turkmenisch, Assyrisch und Armenisch (Constitution of Iraq 2005, Artikel 2 und 4).
Berichte über Diskriminierung von und Gewalt gegen Minderheiten umfassen Schikanen und willkürliche Verhaftungen, Einschüchterungen und Verweigerung von Dienstleistungen, gewalttätige Angriffe durch nichtstaatliche Akteure sowie allgemeine gesellschaftliche Diskriminierung im Alltag (EUAA, Jänner 2022, S. 45-47; 51-52; 54-62; siehe auch: USCIRF, März 2025) (à ecoi.net-Suche zu Minderheiten im Irak).