Anfragebeantwortung zu Italien: Rücknahme und Unterstützung von Personen mit in Italien zuerkanntem internationalen Schutzstatus, insbesondere von Familien mit Kindern; Auswirkungen der Corona-Pandemie [a-11279]

18. September 2020

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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 Inhaltsverzeichnis

1          Rücknahme von in Italien anerkannten Flüchtlingen 

2          Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis bei Rückkehr  

2.1       Wartezeit für die Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis bei Rückkehr         

3          Unterstützungsleistungen für nach Italien zurückkehrende Flüchtlinge mit internationalem Schutz            

3.1       Zugang zu Unterbringung: SIPROIMI und Sozialwohnungen 

3.2       Zugang zum Arbeitsmarkt      

3.3       Zugang zu Schulbildung         

3.4       Zugang zu medizinischer Versorgung

3.5       Zugang zu Sozialhilfe 

Quellenverzeichnis    

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen  

 

1     Rücknahme von in Italien anerkannten Flüchtlingen

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH)[1] merkt in einem im Jänner 2020 veröffentlichten Bericht zu Aufnahmebedingungen in Italien an, dass die Rückübernahme von anerkannten Flüchtlingen oder Personen mit subsidiärem Schutz nicht im Rahmen der Dublin III-Verordnung erfolge, sondern auf Grundlage von bilateralen Rückübernahmeabkommen. Auf diesem Wege habe die Schweiz im Jahr 2019 218 Anträge an Italien gestellt, 205 davon seien bewilligt worden und 52 Personen seien nach Italien überstellt worden. (SFH, Jänner 2020, S. 23)

Die SFH berichtet weiter, dass Personen mit Schutzstatus aus italienischer Sicht reguläre EinwohnerInnen mit Aufenthaltsrecht seien und daher nach Italien einreisen und sich dort frei bewegen könnten. (SFH, Jänner 2020, S. 49)

ACCORD führte am 1. September 2020 ein Telefongespräch mit Matthias Baur, einem Mitarbeiter in der Flüchtlingsberatung der Caritas der Diözese Bozen-Brixen[2]. Laut seiner Einschätzung sollte es bei der Einreise nach Italien für Personen, die in Italien internationalen Schutz erhalten haben, keine Probleme geben. Italien müsse nach seiner Einschätzung Personen, die in Italien internationalen Schutz erhalten haben, aufnehmen. Dies gelte insbesondere dann, wenn es sich um minderjährige oder um vulnerable Personen handle. (Baur, 1. September 2020)

Auch Filippo Guidi, ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation Centro Astalli[3], erwartet keine Schwierigkeiten bei der Einreise von Personen, die in Italien bereits internationalen Schutz erhalten haben. In seiner Email-Auskunft geht Guidi allerdings von einer Abwicklung der Rückkehr im Rahmen der Dublin III-Verordnung aus, anders als die SFH im oben zitierten Bericht vom Jänner 2020. Der Mitarbeiter von Centro Astalli berichtet weiters, dass bei nicht mehr gültiger Aufenthaltserlaubnis die rückkehrenden Personen bei der Einreise mit einem Brief aufgefordert würden sich bei jener Questura zu melden, die ihre Aufenthaltserlaubnis ursprünglich ausgestellt hat. (Guidi, 27. August 2020)

Über Auswirkungen der Corona-Pandemie auf bilaterale Rückführungsprozesse konnten im Rahmen der Recherche keine Informationen gefunden werden. Allerdings wird in einem vom European Council on Refugees and Exiles (ECRE)[4] im Mai 2020 herausgegebenen Bericht zum Asylwesen in Italien berichtet, dass es Auswirkungen auf Überstellungen im Rahmen der Dublin III-Verordnung gebe. Die italienische Dublin-Abteilung habe andere Dublin-Abteilungen mit einem Rundschreiben vom 25. Februar 2020 davon unterrichtet, dass aufgrund des andauernden Gesundheits-Notstands alle eingehenden und ausgehenden Dublin-Überstellungen ausgesetzt seien (ECRE, Mai 2020, S. 14), laut Bericht der taz vom Februar sei die Maßnahme bis Ende März 2020 geplant gewesen (taz, 28. Februar 2020). Informationen zu weiteren Maßnahmen nach März 2020 konnten nicht gefunden werden, jedoch deuten zwei Meldungen von Pro Asyl[5] vom Juli und August 2020 darauf hin, dass Dublin-Überstellungen von Deutschland nach Italien stattgefunden haben (Pro Asyl, 15. Juli und 24. August 2020).

2   Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis bei Rückkehr

Die Association for Legal Studies on Immigration (ASGI)[6] beschreibt in einer Publikation vom Juli 2019, dass die Anerkennung des Flüchtlingsstatus dazu berechtige, bei der Polizeidienststelle (Questura) der Provinz, in der sich die Person aufhält oder wohnt, eine Aufenthaltserlaubnis aus Asylgründen zu beantragen. Diese Aufenthaltserlaubnis habe eine Gültigkeit von fünf Jahren und könne nach Ablauf ohne Überprüfung durch die für Anträge auf internationalen Schutz zuständige Gebietskommission (Commissione Territoriale), verlängert werden. Die Erneuerung erfolge durch das Ausfüllen der entsprechenden Formulare und Versand per Post. (ASGI, Juli 2019, S. 150)

Der von ACCORD befragte Mitarbeiter der Caritas der Diözese Bozen-Brixen, Matthias Baur, äußerte sich im Telefongespräch mit ACCORD vom 1. September 2020 wie folgt zur Frage der Erneuerung des Aufenthaltstitels bei Rückkehr: Asyl werde in Italien bei erster Zuerkennung auf fünf Jahre befristet vergeben, die Aufenthaltsgenehmigung, die mit Erteilung von Asyl ausgestellt werde, sei ebenfalls für fünf Jahre gültig. Bei Verlängerungsantrag der Aufenthaltsgenehmigung bei der Questura (Polizeidienststelle), würde diese den Antrag auch an die Kommission weiterleiten. Die Kommission sei das zuständige Amt, das über Asylanträge entscheide. Eventuell könnten Personen zu diesem Zeitpunkt zu weiteren Interviews vorgeladen werden. Wenn die Kommission Asyl verlängern würde, werde wieder eine 5-jährige Aufenthaltserlaubnis erteilt. (Baur, 1. September 2020)

Innerhalb von 60 Tagen vor Ablaufen der Aufenthaltsgenehmigung müsse diese erneuert werden (SFH, Jänner 2020, S. 50). Wird diese Frist nicht eingehalten, stelle dies laut den Erfahrungen des Mitarbeiters der Caritas Diözese Bozen-Brixen kein Problem dar (Baur, 1. September 2020). Laut Angaben des Raphaelswerks[7] würden anerkannte Flüchtlinge die Antragsunterlagen in Filialen der italienischen Post erhalten und dort auch einreichen können. Wenn das Dokument fertig sei, erfolge eine schriftliche Einladung zur zuständigen Questura (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 6).

Für die Erneuerung – oder im Falle des Verlusts, die Ausstellung einer Kopie – der Aufenthaltserlaubnis müsse man sich an die Questura wenden, die für den Wohnort der Person zuständig sei (Baur, 1. September 2020). Habe man den Nachweis für die Aufenthaltserlaubnis verloren, müsse eine Verlustanzeige bei der Questura aufgegeben werden (SFH, Jänner 2020, S. 49).

Voraussetzung für den Erhalt oder die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sei ein eingetragener Wohnsitz (SFH, Jänner 2020, S. 49; ECRE, Mai 2020, S. 145) oder eine sogenannte Erklärung der Gastfreundschaft (SFH, Jänner 2020, S. 50). Für den Antrag seien laut Auskunft des befragten Mitarbeiters der Caritas Bozen-Brixen keine besonderen Dokumente, aber eine Adresse notwendig, da die Dokumente per Post an die angegebene Adresse versendet würden. Anstelle einer Meldeadresse könne auch eine „Erklärung der Gastfreundschaft“ („dichiarazione di ospitalità“) angegeben werden, die vom Unterkunftgeber - dabei könne es sich auch um Privatpersonen handeln - ausgestellt werden könne (Baur, 1. September 2020; siehe auch ECRE, Mai 2020, S. 145). Laut ECRE würden aber nicht alle Questuren eine Postadresse, die zum Beispiel von einer Organisation für diesen Zweck zur Verfügung gestellt würde, akzeptieren (ECRE, Mai 2020, S. 145). Die SFH schreibt zu der Voraussetzung eines eingetragenen Wohnorts für die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis das Folgende:

„Ohne einen eingetragenen Wohnsitz oder einer zugelassenen sog. Erklärung der Gastfreundschaft ist es unmöglich, eine Erneuerung/Kopie der Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Erstens erlaubt es das System nicht, einen Antrag auf Erneuerung/Kopie ohne einen eingetragenen Wohnsitz zu stellen und zweitens ist es ohne eine gültige Adresse nicht möglich, die Vorladung der Questura zu erhalten.“ (SFH, Jänner 2020, S. 50)

2.1   Wartezeit für die Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis bei Rückkehr

Wurde der Antrag für die Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis eingebracht, müsse die Aufenthaltserlaubnis innerhalb von 60 Tagen ausgestellt werden. In der Praxis komme es aber häufig vor, dass sich dieser Zeitraum verlängere, in einigen Provinzen könne es bis zu einem Jahr dauern (SFH, Jänner 2020, S. 50; siehe auch ECRE, Mai 2020, S. 145). Filippo Guidi vom Centro Astalli merkt in seiner Email-Auskunft an ACCORD an, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid‑19 in Rom und höchstwahrscheinlich überall im Land, alle Prozesse im Bereich der Ausstellung und Erneuerung von Aufenthaltstiteln verlangsamen würden (Guidi, 27. August 2020). Laut Auskunft von Matthias Baur von der Caritas Bozen-Brixen würde der Zeitraum bis zur Zustellung der Aufenthaltserlaubnis in den meisten Fällen länger als 60 Tage betragen, was im Alltag aber kein Problem darstelle, da der Antragsteller/die Antragstellerin nach der Beantragung eine Bestätigung (einen sogenannten „cedolino“) erhalte, die in allen Fällen, in denen eine Aufenthaltserlaubnis benötigt werde, vorgezeigt werden könne und allgemein akzeptiert werde (Baur, 1. September 2020). Die SFH berichtet in der Publikation vom Jänner 2020 hingegen von möglichen Schwierigkeiten mit Arbeits- und UnterkunftsgeberInnen während der Wartezeit auf die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis:

„Auch wenn man während der Wartezeit für die Erneuerung/Kopie der Aufenthaltsbewilligung laut Gesetz arbeiten darf (auch wenn die Wartezeit mehr als 60 Tage beträgt), zögern Arbeitgeber, eine Person ohne gültige Aufenthaltsbewilligung einzustellen. Ausserdem riskieren die betroffenen Personen, ihre Wohnungen verlassen zu müssen, da immer mehr Menschen Angst davor haben, dass es strafbar sein könnte, illegal anwesenden Personen zu helfen, obwohl diese Personen sich nicht illegal in Italien aufhalten. Deshalb sind die langen Wartezeiten bei der Erneuerung oder Erstellung einer Kopie der Aufenthaltsbewilligung nach deren Verlust problematisch.“ (SFH, Jänner 2020, S. 50-51)

3   Unterstützungsleistungen für nach Italien zurückkehrende Flüchtlinge mit internationalem Schutz

Die SFH schreibt in ihrem bereits oben angeführten Bericht vom Jänner 2020, dass bereits anerkannte nach Italien zurückkehrende Flüchtlinge keine Unterstützung am Flughafen erhalten würden, auch nicht bei der Suche nach einer Unterkunft oder bei der Beschaffung neuer Dokumente. Das italienische System würde auf der Annahme basieren, dass Personen, die über einen Schutzstatus verfügen, für sich selbst sorgen könnten, da sie arbeiten dürften. Menschen, die aufgrund von Arbeitslosigkeit oder fehlender Unterkunft in andere europäische Länder weiterziehen, würden sich nach ihrer Rückkehr in derselben Situation wiederfinden. Zwar hätten Personen mit Schutzstatus dieselben Ansprüche auf Leistungen des italienischen Sozialsystems wie italienische StaatsbürgerInnen, jedoch sei auch für diese das Sozialsystem unzureichend. Das wichtigste Instrument der sozialen Wohlfahrt in Italien sei immer noch ein informelles, nämlich das Familiennetzwerk. ItalienerInnen würden im Bedarfsfall auf die Hilfe ihrer Verwandten zurückgreifen können. Da Geflüchtete in Italien nicht über ein solches Netzwerk verfügen würden, seien sie faktisch schlechter gestellt als italienische Staatsangehörige. (SFH, Jänner 2020, S. 49, S. 62)

Das Raphaelswerk merkt in einer Publikation zur Orientierungshilfe für RückkehrerInnen nach Italien an, dass für nach Italien zurückkehrende Personen mit internationalem Schutz beim Zugang zu den Bereichen Gesundheitsversorgung, Arbeit und Wohnraum Hürden bestünden. Es gebe für RückkehrerInnen mit Schutzstatus kaum Unterstützungsleistungen und die Gefahr der Obdachlosigkeit sei für sie besonders hoch. (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 3)

Nach Einschätzung des Mitarbeiters der Hilfsorganisation Centro Astalli gebe es für eine Familie mit internationalem Schutz, die nach Italien zurückkehre, Möglichkeiten vom italienischen Staat Unterstützung im Hinblick auf Sozialhilfe und Gesundheitsversorgung zu erhalten. Unterbringung sei aber eine schwierige Angelegenheit. Es sei nicht möglich hierzu eine generelle Aussage zu tätigen, da die Möglichkeit, eine temporäre Unterkunft in einem Aufnahmezentrum zu erhalten, vom individuellen Fall abhänge und zum Beispiel berücksichtigt werde, ob besondere Vulnerabilitäten vorlägen und ob die Familie schon Unterbringungsleistungen bezogen habe, bevor sie Italien verlassen habe. Außerdem spiele die Verfügbarkeit von Unterbringungsplätzen zum Zeitpunkt der Rückkehr eine Rolle. Über die Wartezeit auf staatliche Unterstützung konnte Filippo Guidi vom Centro Astalli keine Angaben machen, merkt aber an, dass aktuelle Covid-19 Maßnahmen den Bezug von staatlichen Leistungen verzögern könnten. (Guidi, 27. August 2020)

3.1   Zugang zu Unterbringung: SIPROIMI und Sozialwohnungen

ECRE bemerkt in seinem Bericht zum Asylwesen in Italien vom Mai 2020, dass es anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten an Schutz in Bezug auf die Unterbringungssituation mangle. (ECRE, Mai 2020, S. 155)

Wenn eine Person internationalen Schutz erhalten habe, könne sie für einen Zeitraum von sechs Monaten im sogenannten „Schutzsystem für Begünstigte des internationalen Schutzes und unbegleitete Minderjährige“ (Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e minori stranieri non accompagnati, SIPROIMI) Unterkunft erhalten (SFH, Jänner 2020, S. 61; ECRE, Mai 2020, S. 91, S. 157). Auf der Webseite von SIPROIMI wird erklärt, dass SIPROIMI ein Netzwerk sei, das aus lokalen Behörden bestehe und das mit Finanzierung aus einem Nationalen Asyl-Fonds Aufnahmeprojekte durchführe (SIPROIMI, ohne Datum). Die SFH beschreibt, dass SIPROIMI vom italienischen Innenministerium finanziert werde und ein Netzwerk von Unterkünften sei, das auf der Zusammenarbeit des Innenministeriums, der Gemeinden und mehrerer NGOs basiere (SFH, Jänner 2020, S. 54). Die vorgesehene Aufenthaltsdauer von sechs Monaten in einem SIPROIMI-Projekt kann laut Verordnung des Innenministeriums vom 18. November 2019 um insgesamt sechs weitere Monate verlängert werden, um Integrationsmaßnahmen (percorsi di integrazione) abzuschließen oder wenn außergewöhnliche Umstände aufgrund gesundheitlicher Gründe vorliegen, außerdem wenn vulnerable Gruppen gemäß Artikel 17 des Gesetzesdekrets 142 vom 18. August 2015 betroffen seien (Ministero dell’Interno, 18. November 2019, Artikel 39; ECRE, Mai 2020, S. 157).

Zu vulnerablen Gruppen zählen laut Artikel 17 des Gesetzesdekrets 142 vom 18. August 2015 Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Behinderte, ältere Menschen, schwangere Frauen, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, Menschen, die unter ernsthaften Krankheiten oder psychischen Störungen leiden, Opfer von Folter, Vergewaltigung und anderer schwerer Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, Opfer von Gewalt in Zusammenhang mit ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität sowie Opfer von Genitalverstümmelung (Decreto legislativo n. 142, 18. August 2015, Artikel 17).

Die SFH berichtet in ihrer Publikation vom Jänner 2020 folgendes zu SIPROIMI und RückkehrerInnen nach Italien:

„Wenn eine Person das Projekt verlässt, bevor sie ihr Programm beendet hat, verliert sie im Prinzip ihr Recht auf Unterkunft in einem SIPROIMI-Projekt. Wenn eine Person bereits früher Zugang zu einem SIPROIMI (Ex-SPRAR)-Projekt erhalten hatte und später nach Italien rücküberstellt wird, erhält sie keinen Zugang zu SIPROIMI-Projekten mehr. Als einzige Ausnahme kann man beim Innenministerium einen Antrag aufgrund von neuen Vulnerabilitäten stellen.“ (SFH, Jänner 2020, S. 61)

Laut Auskunft des befragten Mitarbeiters der Caritas Bozen-Brixen hänge die Möglichkeit über das SIPROIMI-Netzwerk Unterstützung zu erhalten davon ab, ob und in welchem Umfang eine Familie bereits Leistungen von SIPROIMI in Anspruch genommen habe. Der Antrag an SIPROIMI sei sehr einfach zu stellen und dem Servizio Centrale zuzusenden, der den Antrag dann überprüfen würde (Baur, 1. September 2020). Der Servizio Centrale wurde laut Webseite von SIPROIMI vom Innenministerium eingesetzt und sei unter anderem für die technische Unterstützung der lokalen Behörden, Unterstützung bei der Vorbereitung für Aufnahmeleistungen und deren Monitoring zuständig (SIPROIMI, ohne Datum). Die SFH beschreibt die Aufgaben des Servizio Centrale in Zusammenhang mit SIPROIMI wie folgt:

„Anträge für eine Unterbringung in einem SIPROIMI-Projekt müssen an den Servizio Centrale gerichtet werden. Die Anträge mit dem entsprechenden Formular werden hauptsächlich von der Präfektur oder der Questura eingereicht, manchmal auch von Anwält_innen. Sie füllen das entsprechende Formular aus und schicken es. Dann beurteilt der Servizio Centrale den Antrag und – falls die Person, für die der Antrag gestellt wurde, ein Anrecht auf Unterkunft im SIPROIMI hat – sucht einen freien Platz in einem der Projekte. Wenn ein Platz frei ist, wird die Person sofort dort einquartiert. Der Servizio Centrale ist der einzige Akteur, der einen Überblick über die Projekte und die freien Plätzen in den Projekten hat. Die freien Plätze ändern beinahe täglich und werden nicht öffentlich kommuniziert. […] Es gibt keine Warteliste. Wenn ein Antrag auf Unterbringung in einem SIPROIMI bewilligt wurde und es keinen freien Platz gibt, wird diese Person nicht auf eine Warteliste gesetzt. Der/die Anwält_in/Questura/Präfektur muss einen Monat später einen neuen Antrag stellen, und zwar so lange, bis ein Platz für die jeweilige Person frei wird. In dieser Wartezeit steht der Person keine Unterkunft zur Verfügung.“ (SFH, Jänner 2020, S. 55)

Laut Matthias Bauer von der Caritas Bozen-Brixen wäre es für RückkehrerInnen nach Italien ideal bereits im Vorfeld, vor der Rückkehr, einen Antrag bei SIPROIMI einzubringen. Ausnahmen im Hinblick auf die Aufnahme seien auch im Rahmen von SIPROIMI möglich. (Baur, 1. September 2020)

In einer informellen Emailauskunft vom 9. September 2020 informierte ein Mitarbeiter des Servizio Centrale ACCORD, dass SIPROIMI Personen aus anderen Ländern nicht direkt aufnehmen könne, sondern dies nur auf Empfehlung der Dublin-Abteilung des italienischen Innenministeriums erfolgen könne, die die Rückkehr aus anderen Ländern organisieren würde. (Mitarbeiter des Servizio Centrale, 9. September 2020)

Die SFH zieht folgendes Fazit im Hinblick auf die staatliche Unterstützung von Personen mit internationalem Schutz:

„Das italienische System basiert auf der Annahme, dass Personen mit Schutzstatus sich um sich selbst kümmern können und müssen. Deshalb gibt es nur wenige Plätze in Unterkünften für sie, die generell auch nur temporär sind. Insbesondere wenn jemand bereits die maximale Dauer im Zentrum überschritten hat (maximal sechs Monate nach Erhalt des Schutzstatus) sind die Chancen, eine Unterkunft zu finden, sehr gering. Das führt dazu, dass Personen mit Schutzstatus, einschliesslich Frauen, alleinerziehende Mütter, Familien und psychisch Kranke und Behinderte gefährdet sind, obdachlos zu werden.“ (SFH, Jänner 2020, S. 62)

Auf Hinweis des oben erwähnten Mitarbeiters des Servizio Centrale richtete ACCORD am 27. August 2020 eine offizielle schriftliche Anfrage an den Servizio Centrale, wie sich die Situation von RückkehrerInnen, im speziellen einer Familie mit minderjährigen Kindern, mit internationalem Schutz nach Italien darstelle und ob es Möglichkeiten für die Unterstützung durch SIPROIMI gebe. Mit Stand 18. September 2020 war noch keine Antwort eingelangt.

Außerhalb der staatlich finanzierten SIPROIMI-Projekte gebe es, wenn man über Asyl oder subsidiären Schutz verfüge, die Möglichkeit Sozialwohnungen zu beantragen. Dies könne man laut Auskunft von Matthias Baur von der Caritas Diözese Bozen-Brixen direkt in der Stadt/Gemeinde/Region machen, die Zugangsvoraussetzungen seien unterschiedlich geregelt.

Nach Einschätzung des von ACCORD befragten Mitarbeiters der Diözese Bozen-Brixen sei es wahrscheinlich, dass für eine Familie mit minderjährigen Kindern über die Sozialdienste der Gemeinde/Region eine Lösung gefunden werde. Die Sozialdienste der Stadt, die die Aufenthaltserlaubnis erlassen habe, würden eine Unterkunft finden müssen, umso mehr, wenn minderjährige Kinder betroffen seien. Jede Provinz in Italien habe ein Netzwerk von Sozialdiensten.[8] (Baur, 1. September 2020)

ECRE berichtet im Mai 2020, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte dasselbe Recht auf den Zugang zu öffentlichen sozialen Wohneinheiten wie italienische StaatsbürgerInnen hätten. In einigen Regionen erfordere der Zugang zu Sozialwohnungen einen Mindestaufenthalt im Land. In Friaul-Venezien zum Beispiel wurde der Zugang zu Sozialwohnungen auf Personen reduziert, die nachweislich und ununterbrochen fünf Jahre in der Region gewohnt hätten. (ECRE, Mai 2020, S. 158)

Die SFH berichtet zum Zugang zu Sozialwohnungen:

„Die Bedingungen für den Zugang zu öffentlichem Wohnraum (ERP) unterscheiden sich von Region zu Region. […] Trotz Urteilen des Verfassungsgerichts, dass die Berechtigung für eine öffentliche Wohnung nicht davon abhängig gemacht werden kann, ob eine Person bereits zehn Jahre in der Gemeinde gelebt hat, bevor ein Antrag in dieser Gemeinde gestellt werden kann, gibt es immer noch Regionen, die an diesem Kriterium festhalten. Und selbst wenn die Aufenthaltsbedingung erfüllt ist, ist die Warteliste für ERP lang. Es kann mehrere Jahre dauern, bis eine berechtigte Person eine Wohnung erhält. In Mailand haben Personen mit internationalem Schutzstatus nach fünf Jahren Aufenthalt formal Zugang zu Sozialwohnungen (case popolari), doch sind die Wartelisten sehr lang. In Rom beträgt die Wartezeit ungefähr sieben Jahre. […] Personen mit Schutzstatus müssen nachweisen, dass sie ihren Wohnsitz in der Gemeinde haben, in der sie eine öffentliche Wohnung beantragen. Das bedeutet in der Praxis, dass es für Personen mit internationalem Schutzstatus sehr schwierig ist, Zugang zu öffentlichem Wohnraum zu erhalten. Wenn sie das SIPROIMI-Projekt verlassen müssen (normalerweise sechs Monate nach Erhalt ihres Schutzstatus, in Ausnahmefällen 18 Monate), haben sie keine Unterkunft mehr.“ (SFH, Jänner 2020, S. 66-68)

3.2  Zugang zum Arbeitsmarkt

Die Aufenthaltserlaubnis für Personen mit internationalem Schutz erlaube den Zugang zu Arbeit und mit Einschränkungen auch Zugang zu Anstellung im öffentlichen Sektor. In Bezug auf Anstellung, selbständige Erwerbstätigkeit, Berufsausbildung und Ausbildung am Arbeitsplatz sowie Dienstleistungen der Arbeitsämter hätten Personen mit internationalem Schutz Anspruch auf die gleiche Behandlung wie italienische StaatsbürgerInnen. (ECRE, Mai 2020, S. 159)

Laut RESPOND[9] seien die zwei wichtigsten für die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt zuständigen Organisationen einerseits die Arbeitsämter (Centri per l’Impiego) sowie die SIPROIMI-Projekte. Personen mit internationalem Schutz würden sich bei lokalen Arbeitsämtern anmelden können und würden nach einer Registrierung unter anderem über Stellenangebote informiert werden. Es gebe auch Unterstützung durch Kultur- und Sprachmediatoren. (RESPOND, Juni 2020, S. 24)

Das Raphaelswerk berichtet, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte während der Unterbringung in einem SIPROIMI-Zentrum integrationsfördernde Maßnahmen wie Sprachkurse und Weiterbildungen erhalten würden. Für Personen, die nicht in SIPROIMI-Unterkünften untergebracht seien, gestalte sich der Zugang zu Sprachkursen schwieriger, da sie keinen Anspruch auf Unterstützungsleistungen mehr haben würden. Es gebe aber verschiedene NGOs, die Sprachkurse für diese Zielgruppe anbieten würden. Die Situation für arbeitssuchende Personen mit internationalem Schutz beschreibt der Verein als schwierig, da es aufgrund hoher Arbeitslosenzahlen in Italien schwer sei, eine Arbeit zu finden. Geringe Sprachkenntnisse und fehlende Qualifikationen oder Probleme bei der Anerkennung von Qualifikationen würden die Lage zusätzlich erschweren. (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 16-17)

3.3  Zugang zu Schulbildung

Unabhängig vom Aufenthaltstitel würden Minderjährige, die sich in Italien aufhalten einer Schulpflicht unterliegen. (ECRE, Mai 2020, S. 159; RESPOND, Juni 2020, S. 56). Sie würden in italienischen Schulen unter denselben Voraussetzungen wie italienische Minderjährige eingeschrieben (ECRE, Mai 2020, S. 159) und könnten diese kostenlos besuchen (RESPOND, Juni 2020, S. 56). Schulpflicht bestehe in Italien für Kinder im Alter von sechs bis 16 Jahren (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 17).

3.4  Zugang zu medizinischer Versorgung

Personen mit internationalem Schutz hätten laut ECRE-Länderbericht zu Italien vom Mai 2020 im Bereich der Gesundheitsversorgung Anspruch auf die gleiche Behandlung wie italienische StaatsbürgerInnen. Es bestehe für sie volle Gleichheit an Rechten und Pflichten wie für italienische Staatsangehörige, was die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen und die in Italien vom nationalen Gesundheitsdienst geleistete Unterstützung beträfe. (ECRE, Mai 2020, S. 160)

Für die Registrierung beim nationalen Gesundheitsdienst seien folgende Dokumente erforderlich:

„[E]ine gültige Aufenthaltsbewilligung oder ein Nachweis, dass die Verlängerung/Ausstellung für Arbeitszwecke angefordert wurde; ein Wohnzertifikat oder bei Nichtvorhandensein eine Erklärung zum aktuellen Wohnort, wie es auf der Aufenthaltsbewilligung steht; eine Steuernummer.“ (SFH, Jänner 2020, S. 78)

ECRE bezieht sich in seinem Bericht vom Mai 2020 auf Aussagen der Organisation Médecins Sans Frontières aus dem Jahr 2016, die von Problemen berichtet habe, wenn eine Unterkunft oder ein Wohnsitz fehlen würden. Dies würde sich für Personen mit internationalem Schutz auch auf die Ausübung ihres Rechts auf medizinische Hilfe auswirken, da die Erneuerung der Gesundheitskarte von der Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis abhänge und viele Gesundheitsdienste mit dem Wohnsitz verbunden seien, der für die Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis angegeben werde. (ECRE, Mai 2020, S. 160-161)

3.5  Zugang zu Sozialhilfe

Das Raphaelswerk fasst die Möglichkeiten für Personen mit internationalem Schutz Zugang zu Sozialhilfe zu erlangen wie folgt zusammen:

„Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben im Prinzip den gleichen Anspruch auf Sozial- und Familienleistungen wie Einheimische. In der Praxis erschweren oder verhindern zu erfüllende Voraussetzungen jedoch häufig den Zugang. Für Personen mit geringem Einkommen gibt es seit März 2019 eine Art Grundeinkommen, das sogenannte Bürgergeld („reddito di cittadinanza“): […] Voraussetzung ist, dass man mindestens die letzten zehn Jahre in Italien wohnhaft war. Schutzberechtigte erfüllen die Voraussetzungen für den Erhalt des Bürgergelds somit in der Regel nicht. Weitere Fürsorgeleistungen liegen in der Zuständigkeit der Regionen oder Kommunen. Diese haben unterschiedliche Regelungen, ob überhaupt Leistungen gezahlt werden, sowie hinsichtlich deren Höhe und Empfängerkreis. Mittellose Geflüchtete, die meist nicht wie Italienerinnen und Italiener auf familiäre Unterstützung zählen können, sind daher weitgehend auf sich allein gestellt.“ (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 14-15)

Der ECRE-Bericht erklärt, dass die Bezugsmöglichkeit von Sozialhilfe nicht vom Wohnsitz in einer bestimmten Region abhängig sei, aber dass in einigen Fällen eine Mindestanzahl an Jahren vorgeschrieben sei, die man auf italienischem Territorium wohnhaft gewesen sein muss. Dies sei beim Bürgergeld („reddito di cittadinanza“) der Fall, wobei von den 10 nachzuweisenden Jahren mindestens zwei ununterbrochen sein müssen. (ECRE, Mai 2020, S. 160)

In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten keine Informationen zu einer individualisierten Zusicherung gefunden werden.

Für die vorliegende Anfragebeantwortung wurden neun italienische Organisationen/NGOs/staatliche Stellen telefonisch und per Email kontaktiert. Zur Frage der individualisierten Zusicherung wurden konkret drei Organisationen befragt, wobei zwei davon in ihrer Antwort auf diese Frage eingingen, aber erklärten, dass ihnen die Möglichkeit einer Ausstellung einer solchen individualisierten Zusicherung nicht bekannt sei.

Falls wir von den angefragten Stellen noch weitere Informationen erhalten, werden wir diese nachreichen.

 

 


Quellenverzeichnis (Zugriff auf alle Quellen am 18. September 2020)

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: ecoi-net-Quellenbeschreibung: European Council on Refugees and Exiles (ECRE), 6. März 2019
https://www.ecoi.net/de/quelle/11125.html

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: ecoi-net-Quellenbeschreibung: Schweizerische Flüchtlingshilfe, 26. September 2019, https://www.ecoi.net/de/quelle/11456.html

·      ASGI - Association for Legal Studies on Immigration (Associazione per gli Studi Giuridici sull’Immigrazione): ASGI – Association for Juridical Studies on Immigration, ohne Datum
https://www.asgi.it/chi-siamo/english-version/

·      ASGI – Association for Legal Studies on Immigration (Associazione per gli Studi Giuridici sull’Immigrazione): La tutela della protezione internazionale e altre forme di protezione, Juli 2019
https://www.asgi.it/wp-content/uploads/2020/01/Manuale-per-Operatori-ASGI.pdf

·      Baur, Matthias (Mitarbeiter der Caritas Diözese Bozen-Brixen): telefonische Auskunft, 1. September 2020

·      Caritas Diözese Bozen-Brixen, ohne Datum
https://www.caritas.bz.it/ueber-uns/was-wir-sind.html

·      Centro Astalli: Chi Siamo, ohne Datum
https://centroastalli.it/chi-siamo/

·      Decreto Legislativo n. 142, 18. August 2015, kundgemacht im Amtsblatt Gazetta Ufficiale am 15. September 2015, in Kraft getreten am 30. September 2015
https://www.gazzettaufficiale.it/eli/gu/2015/09/15/214/sg/pdf

·      ECRE- European Council on Refugees and Exiles: Country Report: Italy; 2019 Update (Autorin: Caterina Bove, ASGI - Association for Legal Studies on Immigration), Mai 2020
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2019update.pdf

·      Guidi, Filippo (Mitarbeiter des Centro Astalli): Email-Auskunft des Mitarbeiters Filippo Guidi, 27. August 2020

·      Ministero dell’Interno: Decreto: Modalita' di accesso degli enti locali ai finanziamenti del Fondo nazionale per le politiche ed i servizi dell'asilo e di funzionamento del Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e per i minori stranieri non accompagnati (Siproimi), 18 November 2019, kundgemacht im Amtsblatt Gazzetta Ufficiale am 4. Dezember 2019
https://www.gazzettaufficiale.it/eli/gu/2019/12/04/284/sg/pdf

·      Mitarbeiter des Servizio Centrale: Email-Auskunft, 9. September 2020

·      Pro Asyl: Newsticker Coronavirus: Informationen für Geflüchtete und Unterstützer*innen, Meldungen vom 15. Juli und 24. August 2020
https://www.proasyl.de/hintergrund/newsticker-coronavirus-informationen-fuer-gefluechtete-unterstuetzerinnen/

·      Raphaelswerk: Italien: Informationen für Geflüchtete, die nach Italien rücküberstellt werden, Juni 2020
https://www.raphaelswerk.de/cms/contents/raphaelswerk.de/medien/dokumente/information-italien/i_rueckueberstellung_info_raphaelswerk_ev_ii_neuaufl_v11.pdf?d=a&f=pdf

·      Raphaelswerk: Das Raphaelswerk, ohne Datum (a)
https://www.raphaelswerk.de/startseite/startseite

·      Raphaelswerk: Wir über uns, ohne Datum (b)
https://www.raphaelswerk.de/wirueberuns/wirueberuns

·      RESPOND: Integration Policies, Practices and Experiences; Italy Country Report [Paper 2020/54] (AutorInnen: Ibrido, Renato; Marchese, Claudia), Juni 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2032752/WP5_IItaly+Country+Report_Integration.pdf

·      SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe: Aufnahmebedingungen in Italien, Jänner 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2034578/200121-italien-aufnahmebedingungen-de.pdf

·      SIPROIMI: SIPROIMI & Servizio Centrale, ohne Datum
https://www.siproimi.it/la-storia

·      taz – Die Tageszeitung: Redaktionsstatut, 26. November 2008
https://taz.de/!114802/

·      taz – Die Tageszeitung: Corona stoppt Abschiebungen, 28. Februar 2020
https://taz.de/Gefluechtete-in-Europa/!5667913/

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Die Association for Legal Studies on Immigration (Associazione per gli Studi Giuridici sull’Immigrazione, ASGI) ist eine Vereinigung von Anwälten, Akademikern, Beratern und Vertretern der Zivilgesellschaft, die sich mit rechtlichen Aspekten des Themas Einwanderung befasst. (ASGI, ohne Datum)

·      ASGI – Associazione per gli Studi Giuridici sull’Immigrazione: La tutela della protezione internazionale e altre forme di protezione, Juli 2019
https://www.asgi.it/wp-content/uploads/2020/01/Manuale-per-Operatori-ASGI.pdf

“7.2.1 Permesso di soggiorno per asilo Il riconoscimento dello status di rifugiato da parte della Commissione o del Giudice consente allo straniero di chiedere il rilascio di un permesso di soggiorno per motivi di asilo da parte della Questura della Provincia in cui dimora o risiede. Il permesso di soggiorno, rilasciato in formato elettronico, ha la durata di 5 anni ed è rinnovabile alla scadenza, senza alcuna previa verifica da parte della Commissione Territoriale competente circa la permanenza delle condizioni che ne hanno consentito il rilascio; il rinnovo avviene mediante la compilazione degli appositi moduli (kit postali) e spediti per il tramite degli uffici postali.” (ASGI, Juli 2019, S. 150)

·      Decreto Legislativo n. 142, 18. August 2015, kundgemacht im Amtsblatt Gazetta Ufficiale am 15. September 2015, in Kraft getreten am 30. September 2015
https://www.gazzettaufficiale.it/eli/gu/2015/09/15/214/sg/pdf

„1. Le misure di accoglienza previste dal presente decreto tengono conto della specifica situazione delle persone vulnerabili, quali i minori, i minori non accompagnati, i disabili, gli anziani, le donne in stato di gravidanza, i genitori singoli con figli minori, le vittime della tratta di esseri umani, le persone affette da gravi malattie o da disturbi mentali, le persone per le quali e' stato accertato che hanno subito torture, stupri o altre forme gravi di violenza psicologica, fisica o sessuale o legata all'orientamento sessuale o all'identita' di genere, le vittime di mutilazioni genitali.“ (Decreto legislativo n. 142, 18. August 2015, Artikel 17)

Der European Council on Refugees and Exiles (ECRE) mit Sitz in Brüssel ist die Dachorganisation europäischer NGOs, die sich für den Schutz und die Förderung der Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Vertriebenen einsetzen (ACCORD, 6. März 2019).

·      ECRE- European Council on Refugees and Exiles: Country Report: Italy; 2019 Update (Autorin: Caterina Bove, ASGI - Association for Legal Studies on Immigration), Mai 2020
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2019update.pdf

„Dublin procedure: Through a Circular Letter of 25 February 2020, the Italian Dublin Unit informed the Dublin Units that due to the ongoing health emergency all incoming and outgoing Dublin transfers are suspended.” (ECRE, Mai 2020, S. 14)

„SIPROIMI is now available to adults after international protection has been granted. Only unaccompanied children have immediate access to SIPROIMI.” (ECRE, Mai 2020, S. 91)

„The main problem for the issuance of these permits is, often, the lack of a domicile (registered address) which must be provided to the police. Domicile has to be attached to the application submitted to the Questura, but some beneficiaries of international protection do not have a fixed address to provide.” (ECRE, Mai 2020, S. 145)

„Even if it is possible to have a registered address at an organisation’s address – a legal, not an actual domicile – not all Questuras accept an organization’s address as domicile and also the organisations not always allow beneficiaries of protection to use their address.” (ECRE, Mai 2020, p. 145)

“After the application for renewal has been submitted, people have to wait a long time up to several months to know the outcome of the request and to obtain the new permit.” (ECRE, Mai 2020, p. 145)

„In Italy, beneficiaries of international protection face a severe lack of protection concerning accommodation.” (ECRE, Mai 2020, S. 155)

„The Moi Decree of 18 November 2019 states that reception in Siproimi lasts six months” (ECRE, Mai 2020, S. 157)

„Only in some cases, indicated by the Decree, the reception conditions can be extended with a total of six months, with adequate motivation and prior authorization. In particular, the decree allows the extension for the conclusion of expiring integration paths, or for extraordinary circumstances related to health reasons. Furthermore, the extension of six months could be authorized in case of vulnerabilities, as indicated in Article 17 of the Reception decree. In this case the request for extension must contain the explicit indication and evidence of the vulnerability. A further six months can be granted in case of persistent serious health reasons or to allow the completion of the school year.“ (ECRE, Mai 2020, S. 157)

„Refugees and beneficiaries of subsidiary protection have a right to access public housing units under the same conditions as nationals. […] In some regions, access to public housing is subject to a minimum residence requirement on the national territory. In Friuli-Venezia Giulia, for example, access has been limited to those who can prove 5 years of uninterrupted residence in the region.” (ECRE, Mai 2020, S. 158)

„The residence permit issued to refugees and to subsidiary protection beneficiaries allows access to work and even to public employment, with the only permissible limit of positions involving the exercise of public authority or responsibility for safeguarding the general interests of the State. 868 […] Beneficiaries are entitled to the same treatment as Italian citizens in matters of employment, selfemployment, subscription to professional bodies, vocational training, including refresher courses, for training in the workplace and for services rendered by employment centres.” (ECRE, Mai 2020, S. 159)

„According to the law, minors present in Italy have the right to education regardless of their legal status. They are subject to compulsory education and they are enrolled in Italian schools under the conditions provided for Italian minors. The enrolment can be requested at any time of the school year. 872” (ECRE, Mai 2020, p. 159)

„Like asylum seekers, beneficiaries of international protection have to register with the national health service. They have equal treatment and full equality of rights and duties as Italian nationals concerning the obligation to pay contributions and the assistance provided in Italy by the national health service.” (ECRE, Mai 2020, S. 160)

„Registration is valid for the duration of the residence permit and it does not expire in the renewal phase of the residence permit. As highlighted by MSF in March 2016, problems related to the lack of accommodation and to the lack of a domicile for beneficiaries of international protection also affect the exercise of their right to medical assistance, as the renewal of the health card depends on the renewal of the permit of stay and many health services (such as the choice of a general doctor) are connected with the place of domicile given for the renewal of the residence permit.” (ECRE, Mai 2020, S. 160-161)

·      Ministero dell’Interno: Decreto: Modalita' di accesso degli enti locali ai finanziamenti del Fondo nazionale per le politiche ed i servizi dell'asilo e di funzionamento del Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e per i minori stranieri non accompagnati (Siproimi), 18. November 2019, kundgemacht im Amtsblatt Gazzetta Ufficiale am 4. Dezember 2019
https://www.gazzettaufficiale.it/eli/gu/2019/12/04/284/sg/pdf

„Proroghe dell'accoglienza 1. Il periodo di accoglienza puo' essere prorogato previa autorizzazione della Direzione centrale , per il tramite del Servizio centrale, per complessivi sei mesi, per consentire la conclusione dei percorsi di integrazione in scadenza, adeguatamente documentati, ovvero in presenza di circostanze straordinarie derivanti da motivi di salute, adeguatamente documentati, nonche' per le categorie vulnerabili di cui all'art. 17 del decreto legislativo 18 agosto 2015, n. 142, e successive modificazioni.“ (Ministero dell‘Interno, 18. November 2019, Artikel 39)

Pro Asyl ist eine deutsche Flüchtlings-Hilfsorganisation.

·      Pro Asyl: Newsticker Coronavirus: Informationen für Geflüchtete und Unterstützer*innen, 15. September 2020
https://www.proasyl.de/hintergrund/newsticker-coronavirus-informationen-fuer-gefluechtete-unterstuetzerinnen/

„+++ 15.07.2020, Widerrufe der ausgesetzten Dublin-Abschiebungsanordnungen zu Italien verschickt +++

• Wie vom BAMF angekündigt (s.u.) wurden weitere Widerrufe zur Aussetzung der Abschiebungsanordnung an Personen mit Dublin-Bescheiden für Italien versendet.

• Bereits ab Mitte Juni wurden Widerrufe in Bezug auf Überstellungen in die Niederlande, Tschechische Republik, Frankreich, Belgien, Schweiz, Österreich, Schweden und Finnland verschickt (s.u.)

+++ 24.08.2020, Italien lehnt Dublin-Überstellung aus Deutschland ab+++

• Aus einem Schreiben des BAMF geht hervor, dass in einem Einzelfall eine Dublin-Überstellung von Deutschland nach Italien von den dortigen Behörden abgelehnt wurde. Im konkreten Fall wollte das BAMF die Dublin-Überstellungsfrist aufgrund der Pandemie verlängern. Mit Italiens Ablehnung wird nun eine Entscheidung im nationalen Verfahren ergehen.

• Ob Italien auch in weiteren Fällen eine Übernahme verweigert, bleibt abzuwarten“ (Pro Asyl, 15. September 2020)

Das Raphaelswerk ist ein katholischer Verband und gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Beratung für Menschen anbietet, die Deutschland verlassen wollen oder müssen. (Raphaelswerk, ohne Datum (a); Raphaelswerk, ohne Datum (b))

·      Raphaelswerk: Italien: Informationen für Geflüchtete, die nach Italien rücküberstellt werden, Juni 2020
https://www.raphaelswerk.de/cms/contents/raphaelswerk.de/medien/dokumente/information-italien/i_rueckueberstellung_info_raphaelswerk_ev_ii_neuaufl_v11.pdf?d=a&f=pdf

 „Auch für Personen mit Schutzstatus in Italien bestehen Hürden beim Zugang zu Gesundheitsversorgung, Arbeit und Wohnraum. Da es für sie kaum Unterstützungsleistungen gibt, ist für sie die Gefahr der Obdachlosigkeit besonders hoch.“ (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 3)

„Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben im Prinzip den gleichen Anspruch auf Sozial- und Familienleistungen wie Einheimische. In der Praxis erschweren oder verhindern zu erfüllende Voraussetzungen jedoch häufig den Zugang. Für Personen mit geringem Einkommen gibt es seit März 2019 eine Art Grundeinkommen, das sogenannte Bürgergeld (‚reddito di cittadinanza‘): Dieses erhalten nur italienische oder EU-Bürger*innen, Drittstaatsangehörige mit Daueraufenthaltserlaubnis in Italien und Personen mit internationalem Schutzstatus. Inhaber eines anderen Schutzstatus haben generell keinen Anspruch. Voraussetzung ist, dass man mindestens die letzten zehn Jahre in Italien wohnhaft war. Schutzberechtigte erfüllen die Voraussetzungen für den Erhalt des Bürgergelds somit in der Regel nicht. Weitere Fürsorgeleistungen liegen in der Zuständigkeit der Regionen oder Kommunen. Diese haben unterschiedliche Regelungen, ob überhaupt Leistungen gezahlt werden, sowie hinsichtlich deren Höhe und Empfängerkreis. Mittellose Geflüchtete, die meist nicht wie Italienerinnen und Italiener auf familiäre Unterstützung zählen können, sind daher weitgehend auf sich allein gestellt.“ (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 14-15)

„Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten während der Unterbringung in einem SIPROIMI-Zentrum integrationsfördernde Maßnahmen wie Sprachkurse und Weiterbildungen. Nach Ablauf von sechs Monaten erhalten sie keine weitere Unterstützung. Aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen in Italien ist es in der Praxis schwer, eine Arbeit zu finden. Geringe Sprachkenntnisse und fehlende Qualifikationen oder Probleme bei der Anerkennung von Qualifikationen erschweren es zusätzlich. Schwarzarbeit ist sehr verbreitet. Viele Geflüchtete arbeiten in der Landwirtschaft, zum Beispiel in der saisonalen Erntearbeit, meist unter prekären Arbeitsbedingungen, und werden Opfer von Ausbeutung.“ (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 16)

„Sprachkurse werden in den Aufnahmeeinrichtungen, insbesondere in den SIPROIMI-Unterkünften, angeboten. Oft reichen die Plätze jedoch nicht aus. Für Personen, die nicht in einer SIPROIMI-Unterkunft untergebracht sind, gestaltet sich der Zugang zu Sprachkursen schwieriger, da sie auf Unterstützungsmaßnahmen keinen Anspruch mehr haben. Verschiedene NGOs bieten für diese Zielgruppe Sprachkurse an.“ (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 17)

„Ausländische Kinder, die sich in Italien aufhalten, haben das Recht auf und die Pflicht zur Schulbildung, genau wie italienische Kinder. Schulpflicht besteht im Alter von 6 bis 16 Jahren. Der Zugang zum staatlichen Bildungssystem besteht unabhängig vom Aufenthaltsstatus […]“ (Raphaelswerk, Juni 2020, S. 17)

RESPOND: Multilevel Governance of Mass Migration in Europe and Beyond ist ein umfassendes Forschungsprojekt zu Reaktionen auf die Flüchtlingskrise des Jahres 2015, es bestehent aus vierzehn Partner aus elf Ländern und unterschiedlichen Disziplinen. (RESPOND, Juni 2020, S. 8)

·      RESPOND: Integration Policies, Practices and Experiences; Italy Country Report [Paper 2020/54] (AutorInnen: Ibrido, Renato; Marchese, Claudia), Juni 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2032752/WP5_IItaly+Country+Report_Integration.pdf

“The two main public authorities responsible for the integration of refugee and asylum seekers into the labour market are the Public Employment Services (PES, Centri per l’Impiego) and the System for the Protection of Asylum Seekers and Refugees (SPRAR – SIPROIMI). The Public Employment Services are administrative bodies which manage employment services at a local level. Asylum seekers and refugees with residence permits have the possibility of registering with the PES. Among other things, registration enables them to be informed about job placement opportunities, also with the support of cultural and language mediators.” (RESPOND, Juni 2020, S. 24)

“As for educational services, foreign minors present on the Italian territory are subject to compulsory schooling, free of charge, and all the provisions in force regarding the right to education, access to educational services and participation in the life of the school community apply to them (art. 38 of the Consolidated Law on Immigration) regardless of whether they have legal residence status (see paragraph 3.2).” (RESPOND, Juni 2020, S. 56)

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) ist ein Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen, der unter anderem Dienste zur Recherche über Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellt. (ACCORD, 26. September 2019)

·      SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe: Aufnahmebedingungen in Italien, Jänner 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2034578/200121-italien-aufnahmebedingungen-de.pdf.pdf  

Zu diesen Dublin-Überstellungen kommen die Rückübernahmen von anerkannten Flüchtlingen oder Personen mit subsidiärem Schutz. Sie werden nicht im Rahmen der Dublin III-Verordnung zurückgeschickt, sondern aufgrund von bilateralen Rückübernahmeabkommen. 2019 stellte die Schweiz 218 Anträge an Italien, von denen 205 bewilligt wurden. Es kam zu 52 Überstellungen.“ (SFH, Jänner 2020, S. 23)

„Nach ihrer Rückkehr nach Italien sind Personen mit Schutzstatus alle in der gleichen Situation: aus italienischer Sicht sind sie reguläre Einwohner_innen mit Aufenthaltsrecht. Deshalb können nach Italien einreisen und sich frei im Land bewegen.“ (SFH, Jänner 2020, S. 49)

„Häufig werden Asylsuchenden ihre Dokumente (z.B. die italienische Aufenthaltsbewilligung, das sogenannte permesso di soggiorno) abgenommen, wenn sie in anderen Dublin-Staaten einen Antrag auf Schutz stellen. Bei ihrer Rückkehr nach Italien müssen sie deshalb bei den Behörden eine Kopie ihrer Aufenthaltsbewilligung beantragen. Wenn eine Person ihr permesso di soggiorno in Italien oder im Ausland verliert, muss das bei der Questura gemeldet werden. Mit dieser Meldung (dem Bericht der Questura über den Verlust der früheren Aufenthaltserlaubnis), einem Dokument mit der Wohnadresse der Person (oder einer «Erklärung zur Gastfreundschaft», die von den Behörden akzeptiert wird), drei Fotos und einem Nachweis, dass die Verwaltungskosten bezahlt wurden (16 € für den Antrag und 30.46 € für die Ausstellung), kann der Antrag für eine neue Aufenthaltsbewilligung gestellt werden.“ (SFH, Jänner 2020, S. 49)

„Nach ihrer Rückkehr nach Italien sind Personen mit Schutzstatus alle in der gleichen Situation: aus italienischer Sicht sind sie reguläre Einwohner_innen mit Aufenthaltsrecht. Deshalb können nach Italien einreisen und sich frei im Land bewegen. Das bedeutet aber auch, dass sie keine Unterstützung am Flughafen erhalten, wie zum Beispiel bei der Suche nach Unterkunft, um neue Papiere zu erhalten (falls ihre verlorengegangen sind) oder bei der Erneuerung ihrer Registrierung im nationalen Gesundheitssystem.“ (SFH, Jänner 2020, S. 49)

Laut Gesetz muss eine neue Aufenthaltsbewilligung mindestens 60 Tage vor Ablauf der Bewilligung beantragt werden. Die neue Aufenthaltsbewilligung muss dann laut Gesetz innerhalb von 60 Tagen ausgestellt werden, dennoch kommt es häufig vor, dass die Gesuchstellenden in der Praxis länger warten müssen. In einigen Provinzen beträgt die Wartezeit fast ein Jahr. Gemäss der Questura in Rom rührt diese Verzögerung daher, dass die Aufenthaltsbewilligungen nur noch von einem zentralen Büro in Italien ausgestellt werden. […]“ (SFH, Jänner 2020, S. 50)

„Ohne einen eingetragenen Wohnsitz oder einer zugelassenen sog. Erklärung der Gastfreundschaft ist es unmöglich, eine Erneuerung/Kopie der Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Erstens erlaubt es das System nicht, einen Antrag auf Erneuerung/Kopie ohne einen eingetragenen Wohnsitz zu stellen und zweitens ist es ohne eine gültige Adresse nicht möglich, die Vorladung der Questura zu erhalten.“ (SFH, Jänner 2020, S. 50)

„Auch wenn man während der Wartezeit für die Erneuerung/Kopie der Aufenthaltsbewilligung laut Gesetz arbeiten darf (auch wenn die Wartezeit mehr als 60 Tage beträgt), zögern Arbeitgeber, eine Person ohne gültige Aufenthaltsbewilligung einzustellen. Ausserdem riskieren die betroffenen Personen, ihre Wohnungen verlassen zu müssen, da immer mehr Menschen Angst davor haben, dass es strafbar sein könnte, illegal anwesenden Personen zu helfen, obwohl diese Personen sich nicht illegal in Italien aufhalten. Deshalb sind die langen Wartezeiten bei der Erneuerung oder Erstellung einer Kopie der Aufenthaltsbewilligung nach deren Verlust problematisch.“ (SFH, Jänner 2020, S. 50-51)

„Anträge für eine Unterbringung in einem SIPROIMI-Projekt müssen an den Servizio Centrale gerichtet werden. Die Anträge mit dem entsprechenden Formular werden hauptsächlich von der Präfektur oder der Questura eingereicht, manchmal auch von Anwält_innen. Sie füllen das entsprechende Formular aus und schicken es. Dann beurteilt der Servizio Centrale den Antrag und – falls die Person, für die der Antrag gestellt wurde, ein Anrecht auf Unterkunft im SIPROIMI hat – sucht einen freien Platz in einem der Projekte. Wenn ein Platz frei ist, wird die Person sofort dort einquartiert. Der Servizio Centrale ist der einzige Akteur, der einen Überblick über die Projekte und die freien Plätzen in den Projekten hat. Die freien Plätze ändern beinahe täglich und werden nicht öffentlich kommuniziert. […] Während dem Gespräch mit dem Servizio Centrale in Rom im September 2019 gaben dessen Mitarbeiterinnen an, dass für «reguläre» Fälle, deren Asylgesuch positiv entschieden wurde (neue Schutzstatusinhaber) normalerweise Plätze zur Verfügung stehen würden, dies jedoch nicht garantiert werden könne. Es gibt keine Warteliste. Wenn ein Antrag auf Unterbringung in einem SIPROIMI bewilligt wurde und es keinen freien Platz gibt, wird diese Person nicht auf eine Warteliste gesetzt. Der/die Anwält_in/Questura/Präfektur muss einen Monat später einen neuen Antrag stellen, und zwar so lange, bis ein Platz für die jeweilige Person frei wird. In dieser Wartezeit steht der Person keine Unterkunft zur Verfügung.“ (SFH, Jänner 2020, S. 55)

„Eine Person, die als Flüchtling anerkannt wurde oder subsidiären Schutz erhalten hat, kann sechs Monate lang in einem SIPROIMI-Projekt bleiben.“ (SFH, Jänner 2020, S. 61)

„Wenn eine Person das Projekt verlässt, bevor sie ihr Programm beendet hat, verliert sie im Prinzip ihr Recht auf Unterkunft in einem SIPROIMI-Projekt. Wenn eine Person bereits früher Zugang zu einem SIPROIMI (Ex-SPRAR)-Projekt erhalten hatte und später nach Italien rücküberstellt wird, erhält sie keinen Zugang zu SIPROIMI-Projekten mehr. Als einzige Ausnahme kann man beim Innenministerium einen Antrag aufgrund von neuen Vulnerabilitäten stellen.“ (SFH, Jänner 2020, S. 61)

 „Italienische Familiennetzwerke stellen nach wie vor das wichtigste, wenn auch informelle Instrument der sozialen Wohlfahrt dar. Während die Italiener_innen im Bedarfsfall auf die Hilfe ihrer Verwandten zählen können, fehlt es Geflüchteten an einem solchem Familiennetz. Daher sind sie faktisch schlechter gestellt als italienische Staatsangehörige. Der Menschenrechtskommissar des Europarats betonte diese Tatsache in einem früheren Bericht zu Italien.“ (SFH, Jänner 2020, S. 62)

 „Mitgebracht werden sollen die folgenden Dokumente:  eine gültige Aufenthaltsbewilligung oder ein Nachweis, dass die Verlängerung/Ausstellung für Arbeitszwecke angefordert wurde;  ein Wohnzertifikat oder bei Nichtvorhandensein eine Erklärung zum aktuellen Wohnort, wie es auf der Aufenthaltsbewilligung steht;  eine Steuernummer.“ (SFH, Jänner 2020, S. 78)

SIPROIMI ist das italienische Schutzsystem für Personen mit internationalem Schutz und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e minori stranieri non accompagnati). Der Servizio Centrale wurde als Organisation vom Innenministerium eingesetzt, unter anderem zur technischen Unterstützung der lokalen Behörden bei Aufnahmeleistungen des SIPROIMI und für das Monitoring. (SIPROIMI, ohne Datum)

·      SIPROIMI: SIPROIMI & Servizio Centrale, ohne Datum
https://www.siproimi.it/la-storia

„ll Sistema di protezione SIPROIMI è costituito dalla rete degli enti locali che per la realizzazione di progetti di accoglienza integrata accedono, nei limiti delle risorse disponibili, al Fondo nazionale per le politiche e i servizi dell’asilo.” (SIPROIMI, ohne Datum)

„Il periodo di accoglienza puo' essere prorogato previa autorizzazione della Direzione centrale , per il tramite del Servizio centrale, per complessivi sei mesi, per consentire la conclusione dei percorsi di integrazione in scadenza, adeguatamente documentati, ovvero in presenza di circostanze straordinarie derivanti da motivi di salute, adeguatamente documentati, nonche' per le categorie vulnerabili di cui all'art. 17 del decreto legislativo 18 agosto 2015, n. 142, e successive modificazioni. 2. Il periodo di accoglienza di cui al comma 1 puo', con le medesime modalita', essere ulteriormente prorogato per un periodo complessivo non superiore a sei mesi, in presenza di perduranti gravi motivi di salute, adeguatamente documentati, ovvero per consentire il completamento dell'anno scolastico. 3. Nel caso di accoglienza di persone rientranti nelle categorie vulnerabili di cui al comma 1, la richiesta di proroga deve contenere l'esplicita indicazione della vulnerabilita', corredata dalla pertinente documentazione o dalla relazione sociale di accompagnamento. 4. In assenza di autorizzazione alla proroga da parte della Direzione centrale, non sono riconosciute spese per la prosecuzione dell'accoglienza.“ (SIPROIMI, ohne Datum)

Die taz ist eine unabhängige, überregionale deutsche Tageszeitung (taz, 26. November 2008)

·      taz – Die Tageszeitung: Corona stoppt Abschiebungen, 28. Februar 2020
https://taz.de/Gefluechtete-in-Europa/!5667913/

„Wegen des Coronavirus müssen Asylbewerber in Deutschland vorerst nicht fürchten, im Rahmen der Dublin-Verordnung zur Absolvierung ihres Asylverfahrens nach Italien zurückgeschoben zu werden. Die Regierung in Rom hat solche Rückführungen bis Ende März außer Kraft gesetzt.“ (Taz, 28. Februar 2020)

 



[1] Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) ist ein Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen, der unter anderem Dienste zur Recherche über Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellt. (ACCORD, 26. September 2019)

[2] Die Caritas Diözese Bozen-Brixen ist eine diözesane Einrichtung, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen begleitet. (Caritas Diözese Bozen-Brixen, ohne Datum)

[3] Centro Astalli ist der italienische Hauptsitz des Jesuit Refugee Service und unterstützt Menschen, die vor Krieg und Gewalt nach Italien geflüchtet sind. (Centro Astalli, ohne Datum)

[4] Der European Council on Refugees and Exiles (ECRE) mit Sitz in Brüssel ist die Dachorganisation europäischer NGOs, die sich für den Schutz und die Förderung der Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Vertriebenen einsetzen. (ACCORD, 6. März 2019)

[5] Pro Asyl ist eine deutsche Flüchtlings-Hilfsorganisation.

[6] Die Association for Legal Studies on Immigration (Associazione per gli Studi Giuridici sull’Immigrazione, ASGI) ist eine Vereinigung von Anwälten, Akademikern, Beratern und Vertretern der Zivilgesellschaft, die sich mit rechtlichen Aspekten des Themas Einwanderung befasst. (ASGI, ohne Datum)

[7] Das Raphaelswerk ist ein katholischer Verband und gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Beratung für Menschen anbietet, die Deutschland verlassen wollen oder müssen. (Raphaelswerk, ohne Datum (a); Raphaelswerk, ohne Datum (b))

[8] Herr Baur machte zu dem Thema Sozialwohnungen folgende Anmerkung: „Ich möchte hervorheben, dass diese Informationen allgemeinen Charakter haben und dass jeder Fall in seiner Eigenheit individuell geprüft werden muss. In der Verwaltungspraxis im Asylverfahren bestehen regionale und behördliche Unterschiede, obwohl es bezüglich des Asylverfahrens eine einheitliche Gesetzgebung gibt. Die Sozialleistungen und deren Ansprüche hingegen werden auf regionaler Ebene geregelt und können somit größere territoriale Unterschiede aufweisen.“ (Telefonauskunft Matthias Baur, Caritas der Diözese Bozen-Brixen, 1. September 2020)

[9] RESPOND: Multilevel Governance of Mass Migration in Europe and Beyond ist eine umfassende Studie zu Reaktionen auf die Flüchtlingskrise des Jahres 2015. Mit dem Ziel der Verbesserung der Governance-Kapazität und der politischen Kohärenz der Europäischen Union (EU), ihrer Mitgliedstaaten und Nachbarn, bringt RESPOND vierzehn Partner aus elf Ländern und unterschiedlichen Disziplinen zusammen um, unter anderem, länderübergreifende vergleichende Forschung zu ermöglichen. (RESPOND, Juni 2020, S. 8)