a-5830-1 (ACC-TGO-5830)
Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:
Eine Anfragebeantwortung des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB) vom Juli 2006 geht ausführlich auf weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM) in Togo ein. Unter anderem finden sich darin folgende Informationen (für weitere Details siehe dort. Auf Jahresberichte, die vom IRB zitiert werden und die mittlerweile in aktuellerer Version verfügbar sind, wird weiter unten eingegangen).
Der IRB-Anfragebeantwortung zufolge werde FGM in manchen togolesischen Gemeinschaften weiterhin durchgeführt (IRB, 20. Juli 2006). Laut einer vom IRB eingeholten Auskunft des Inter-African Committee on Traditional Practices Affecting Women's and Children's Health (IAC) würden junge Mädchen ohne Einwilligung einer FGM unterzogen. Laut einer weiteren Auskunft für das IRB von der NGO ALAFIA sei FGM in Zentraltogo und in der Savanna-Region (Norden) üblich, wo mehr als 80% der Bevölkerung muslimisch seien. Die am meisten betroffenen Gruppen seien die Tem, Kotokoli, Bassar, Bem, Tschamba und Moba. [Anmerkung: die Kotokoli leben im Zentrum Togos, Kotokoli werde auch im Norden Togos als Verkehrssprache gesprochen, siehe DED, ohne Datum; Office National Togolais du Tourisme, ohne Datum; Froelich, 1963; Heine, 1981]
Eine vom IRB eingeholte Auskunft von UNICEF schlüsselt die Verbreitung von FGM wie folgt auf:
“the Central Region ... accounts for the highest percentage of excised women (33.4 percent), followed by the Savanna Region (23.1 percent), the Kara Region (14.1 percent), the Plateau Region (10.6 percent) and the Maritime Region (1.4 percent)” (UNICEF-Auskunft vom 20. Juni 2006 zitiert nach IRB, 20. Juli 2006)
Der Auskunft von UNICEF zufolge sei FGM bei den Kotokoli, Tschamba, Fulani, Mossi und den Yanga üblich und werde bei den Moba, Gourma, Ana-Ife und Kabye in deutlich geringerem Ausmaß praktiziert. Aufgrund der langen Tradition dieser Bräuche und Sitten werde FGM trotz des gesetzlichen Verbots praktiziert. Laut Auskunft von IAC bestehe enormer gesellschaftlicher Druck auf Frauen, sich FGM zu unterziehen, berichtet IRB. Für weitere Details zum gesellschaftlichen Druck siehe IRB-Anfragebeantwortung (IRB, 20. Juli 2006).
In der IRB-Anfragebeantwortung wird das Gesetz Nr. 98-016 zitiert, das am 17. November 1998 verabschiedet worden sei und FGM unter Strafe stelle. Laut Bericht des USDOS (siehe hierzu weiter unten) werde das Gesetz jedoch selten angewandt, zudem seien laut Auskunft von IAC die Täter häufig mit den Opfern verwandt, weshalb nur sehr wenige Fälle vor Gericht kommen würden, berichtet IRB (IRB, 20. Juli 2006).
US Department of State (USDOS) berichtet im Menschenrechtsbericht 2006, der im März 2007 veröffentlicht wurde, wie folgt über FGM in Togo:
FGM werde weiterhin bei rund 12% der Mädchen angewandt. Die häufigste Form sei Exzision, üblicherweise einige Monate nach der Geburt. Die meisten der größeren ethnischen Gruppen würden FGM nicht praktizieren. FGM sei illegal und strafbar: mit einem Strafmaß von zwei Monaten bis zu fünf Jahren Gefängnis, sowie Geldstrafen. Das Gesetz werde selten angewandt, da die meisten FGM-Fälle in ländlichen Gebieten vorkämen, in denen weder Opfer noch Polizei das Gesetz kennen würden. Traditionelle Bräuche würden bei manchen ethnischen Gruppen häufig über dem Gesetz stehen. Die Regierung unterstütze weiterhin Seminare und Kampagnen gegen FGM. Einige NGOs würden mit internationaler Unterstützung Informationskampagnen organisieren. Obwohl keine Statistiken verfügbar seien, würden Regierung und NGOs davon ausgehen, dass FGM in urbanen Gebieten seit dem Gesetz von 1998 abgenommen habe, in entfernten und ländlichen Gebieten jedoch weiterhin vorkomme:
“FGM continued to be practiced on approximately 12 percent of girls. The most commonly practiced form of FGM was excision, which usually was performed on girls a few months after birth. Most of the larger ethnic groups did not practice FGM. FGM is illegal and penalties for practitioners ranged from two months to five years in prison as well as substantial fines. The law was rarely applied because most FGM cases occurred in rural areas where neither the victims nor the police understood the law. Traditional customs often superseded the legal system among certain ethnic groups. The government continued to sponsor seminars to educate and campaign against FGM. Several NGOs, with international assistance, organized educational campaigns to inform women of their rights and how to care for victims of FGM. Although no statistics were available, the government and NGOs believed the practice decreased significantly in urban areas since the 1998 anti-FGM law but continued to occur in remote and rural villages.” (USDOS, 6. März 2007, Sektion 5)
Auch Freedom House (FH) berichtet im Jahresbericht 2007, der im Juni 2007 veröffentlicht wurde, dass FGM bei den ethnischen Gruppen des Nordens weit verbreitet sei, und dass das Gesetz, das FGM verbiete, nicht durchgesetzt werde:
“Female genital mutilation is widely practiced by the country’s northern ethnic groups, and a law prohibiting it is not enforced.” (FH, Juni 2007)
Die togolesische Regierung berichtet im Jänner 2006 an das UN-Komitee zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW), dass FGM weiterhin trotz des seit 1998 bestehenden gesetzlichen Verbots durchgeführt werde, da es mancherorts eine kulturelle Praxis oder ein Initiationsritus sei. FGM komme in der Zentralregion und in den Savannen (Region im Norden, Anm.) sehr viel häufiger vor:
“The Law prohibiting female genital mutilation has been in force since 1998. However, the practice still exists owing to the fact that in some places it is a cultural practice or initiation rite. The practice is much more common in central regions and in the savannah.” (Regierung Togo, 4. Jänner 2006, S.19)
In den abschließenden Bemerkungen vom Februar 2006 äußert das UN-Komitee Sorge über die eingeschränkten Bemühungen Togos, gegen traditionelle Praktiken wie u.a. FGM aufzutreten:
“14. The Committee is concerned about the persistence of entrenched adverse cultural norms, customs and traditions, including forced and early marriage, the practice of female genital mutilation, ritual bondage, levirate and repudiation, as well as the prevalence of stereotypes concerning women’s tasks and roles that discriminate against women and constitute serious obstacles to women’s enjoyment of their human rights. The Committee is concerned about the State party’s limited efforts to directly address such discriminatory cultural practices and stereotypes and its position that women themselves are primarily responsible for changing their position of disadvantage.” (CEDAW, 3. Februar 2006, S.3)
“18. The Committee expresses concern about the absence of policies and programmes, including legislation, to address violence against women. The Committee is particularly concerned about occurrences of female genital mutilation, domestic violence, rape, including marital rape, and all forms of sexual abuse of women, and about the persistence of patriarchal attitudes that consider the physical chastisement of family members, including women, acceptable. The Committee further expresses concern about the lack of information and data in the report on the incidence and forms of violence against women.” (CEDAW, 3. Februar 2006, S.4)
Das USDOS veröffentlichte im Juni 2001 einen Hintergrundbericht über weibliche Genitalverstümmelung, der auch ein Kapitel zu Togo enthält. Darin wird auf das Vorkommen, verschiedene Formen und Schutz eingegangen. Laut einer Studie seien 12% der Frauen betroffen. Zwei der größten ethnischen Gruppen (Adja-Wew und Akposso-Akebou) würden FGM nicht praktizieren und die Praxis sei tendenziell bestimmten ethnischen Gruppen (darunter die Kotokoli, Tschamba, Peul, Mossi, Yanga, Moba, Gourma und Ana-Ife) zuzuordnen:
“The study found that 12 percent, or one Togolese female in eight, has undergone this procedure. Two of Togo’s largest ethnic groups, the Adja-Ewe and Akposso-Akebou, do not practice it. It tends to be limited to certain ethnic groups, among them the Cotocoli, Tchamba, Peul, Mossi, Yanga, Moba, Gourma and Ana-Ife. The Cotocoli, Tchamba, Mossi, Yanga and Peul recorded the highest incidence, ranging from 85-98 percent. Among several of the groups with a lower incidence, notably the Moba and Gourma (incidence of 22 percent and 12 percent respectively), close association with Peul populations has led to the adoption of this practice.“ (USDOS, 1. Juni 2001)
Die in Togo angewandte Art der Genitalverstümmelung sei laut USDOS der Typ II (Exzision, Entfernung der Klitoris gemeinsam mit vollständiger oder teilweiser Entfernung der inneren Schamlippen). Üblicherweise werde der Eingriff bei Mädchen vorgenommen, die älter als sechs-sieben Jahre sind, außer bei den Peul, bei denen häufig Säuglinge betroffen seien, berichtet USDOS. Laut USDOS könne der Eingriff auch knapp vor der Hochzeit vorgenommen werden, häufig als Teil einer Zeremonie des Erwachsenwerdens. Siehe Bericht für weitere Details (USDOS, 1. Juni 2001).
Siehe auch Pressemitteilung des VG Kassel vom Februar 2005 zu einer Entscheidung des Gerichts bzgl FGM in Togo:
Siehe zudem Übersicht über Ländermaterialien zu Togo des Informationsverbund Asyl e.V., wo auch Materialien konkret zu Genitalverstümmelung bei Kotokolli eingegangen wird:
Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines bestimmten Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Wir empfehlen, die verwendeten Materialien zur Gänze durchzusehen.
Quellen:
-
CEDAW – UN-Committee on the Elimination of Discrimination against Women: Thirty-fourth session, 16 January-3 February 2006, Concluding comments of the Committee on the Elimination of Discrimination against Women: Togo [CEDAW/C/TGO/CO/5], 3. Februar 2006
http://www.un.org/womenwatch/daw/cedaw/34sess.htm (siehe unter Togo, Direktlink nicht möglich) (Zugriff am 12. Dezember 2007)
-
-
-
-
-
-
-
Regierung Togo: Responses to the list of issues and questions for consideration of the combined fourth and fifth periodic report, Committee on the Elimination of Discrimination against Women [CEDAW/C/TGO/Q/1-5/Add.1], 4. Jänner 2006
http://www.un.org/womenwatch/daw/cedaw/34sess.htm (siehe unter Togo, Direktlink nicht möglich) (Zugriff am 12. Dezember 2007)
-
-