a-5745 (ACC-RUS-5745)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:
 
Es konnten nur wenige Informationen zur Diskriminierung speziell der deutschen Minderheit in Russland gefunden werden. Für allgemeine Informationen zu ethnisch motivierter Diskriminierung in Russland möchten wir Sie daher auch auf das Kapitel „Menschenrechte – Ethnische Zugehörigkeit“ im Themenpapier Russland unserer Datenbank ecoi.net verweisen, das unter folgendem Link zugänglich ist:

http://www.ecoi.net/?countrychooser_country=190001::Russische%20F%F6deration&countrychooser_search=&step=&doctype=6&block=328797&style=mr&blockdetail=324467&command=showcountryhome&blockfolder=9379&showsubtopics=324468
 
Die Moskauer Deutsche Zeitung schreibt am 22. Oktober 2007 zum Thema Rassismus in Russland unter anderem folgendes:
„Das Moskauer Sowa-Zentrum, das Nationalismus und Rassismus untersucht, legte im August eine erschreckende Statistik vor. Landesweit zählte Sowa mindestens 310 Opfer rassistischer Attacken und 37 Todesopfer in den ersten sieben Monaten dieses Jahres. Vergangenes Jahr registrierte Sowa zur gleichen Zeit 252 Opfer und 21 Todesfälle. Die Opferzahl hat sich um 22 Prozent erhöht; die Verbrechen sind brutaler geworden, heißt es. Moskau führt die Statistik an, es folgen St. Petersburg und Nischnij Nowgorod. „Das Problem des Rassismus“, heißt es zudem im aktuellen Menschenrechtsbericht von Amnesty International, „wurde von staatlicher Seite nicht wirklich ernsthaft angegangen“.
In Woronesch gebe es pro Jahr „50 bis 60 Angriffe“ auf Ausländer, schätzt der Anti-Rassismus-Aktivist Alexej Koslow, der die Entwicklung seit zehn Jahren beobachtet. Die Darstellung als Hauptstadt des russischen Rassismus lehnt er hingegen ab: Fremdenfeindlichkeit sei in Woronesch nicht stärker als in anderen großen russischen Städten.
Knapp 1 600 Ausländer sind an den 17 Hochschulen der Stadt eingeschrieben. Gefährlich leben vor allem jene, denen ihre fremde Herkunft anzusehen ist: Afrikaner, Asiaten, Araber, Südamerikaner. Doch auch Studenten aus Frankreich und Österreich wurden überfallen. Und Hochschülern aus Deutschland raten die Universitäten zur Vorsicht, erzählt der angehende Mediziner Erwin Grußie aus Berlin: „Mir wurde empfohlen, nur in Gruppen unterwegs zu sein.“ (Moskauer Deutsche Zeitung, 22. Oktober 2007)
In einem Bericht über eine Befragung jugendlicher Russlanddeutscher, veröffentlicht auf der Website der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) am 14. Mai 1999, heißt es über die Erfahrungen Angehöriger der deutschen Minderheit in der GUS:
„Diejenigen Jugendlichen, die in einem überwiegend russlanddeutschen Umfeld aufgewachsen sind, berichten jedoch von keinen Ausgrenzungserfahrungen. Viele Russlanddeutsche fühlen sich aber in Kasachstan und besonders in Mittelasien (Tadschikistan, Kirgisien, Usbekistan), ebenso wie die Angehörigen anderer europäischer Nationalitäten, von dem wachsenden Nationalismus der Titularnationen bedroht, auch wenn sie nur teilweise persönlich Diskriminierung erfahren. Einige Jugendliche berichten, dass sie, wie früher ihre Großeltern, als "Fritzen" oder "Faschisten" beschimpft wurden.
Das Trauma der Deportation und jahrzehntelangen Diskriminierung als deutsche Minderheit sind Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses der Russlanddeutschen und begründen unter anderem ihr ethnisches Bewusstsein als ein diachrones: die Erinnerung an ein gemeinsam erlittenes Schicksal und auch die Angst vor dessen Wiederholung ist noch lebendig bei der älteren Generation und wird zum Teil, gerade jetzt erneut, an die jüngste überliefert. In vielen Familien wurde das Erlebte jedoch verdrängt und verschwiegen, nicht zuletzt um die nachwachsende Generation vor einer erneuten Stigmatisierung als Deutsche zu schützen. Wenige Jugendliche haben in ihren Herkunftsländern erlebt, dass sie gezielt als Deutsche benachteiligt wurden. In den GUS-Staaten spielt die ethnische Zugehörigkeit "deutsch" jedoch in verschiedenen sozialen Zusammenhängen (Schule, Nachbarschaft) ebenso wie in offiziellen Bereichen (z.B. beim Passsystem, bei der Aufnahme in die Hochschule) eine Rolle. Jugendliche erleben, dass sie "von außen" als Deutsche wahrgenommen werden bzw. nehmen sich selbst als Angehörige der deutschen Minderheit wahr, oft ohne ihr "Deutschsein" mit Inhalt füllen zu können.“ (FES, 14. Mai 1999)
Auf der österreichischen Website No-Racism.net wird am 4. Juli 2007 folgende Meldung über die zunehmende Verbreitung von Rassismus in Russland veröffentlicht:
„Immer mehr Menschen in Russland Opfer von rassistischer Gewalt
Menschenrechtszentrum: Im ersten Halbjahr 34 Personen an Folgen fremdenfeindlicher Angriffe gestorben
In Russland gibt es nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten immer mehr Opfer rassistischer Gewalt. Im ersten Halbjahr seien bereits 34 Menschen an den Folgen fremdenfeindlicher Angriffe gestorben, 280 wurden verletzt, wie das Moskauer Menschenrechtszentrum Sowa am Mittwoch mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei das ein Anstieg um 20 Prozent, sagte die Leiterin des Zentrums, Galina Koschewnikowa, nach Angaben der Agentur Interfax.
Opfer seien meist Menschen aus dem Kaukasus, Zentral- und Südostasien. Für die Mehrzahl der Gewalttaten seien Skinheads verantwortlich. Das Zentrum geht von landesweit 60.000 rechtsextremen Skinheads aus.
Die größten Probleme mit extremistischer Gewalt hätten die Großstädte Moskau, St. Petersburg und Nischni Nowgorod, sagte Koschewnikowa. Insgesamt seien in diesem Jahr bisher in 26 Regionen Russlands Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund registriert worden.
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sorgen immer wieder für Schlagzeilen in den russischen Medien. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte wiederholt von den Behörden seines Landes effektivere Maßnahmen im Kampf gegen extremistische Ausschreitungen gefordert.“ (No-Racism.net, 4. Juli 2007)
In der Reihe Demographie aktuell, die von der Humboldt-Universität Berlin (HU Berlin) herausgegeben wird, erscheint 1998 ein Forschungsbericht über deutsche Minderheiten in Osteuropa, der ihre Situation seit den 90er Jahren so darstellt:
„2.4 Zwischen Identitätswandel und Identitätswahrung
Nach dem Ende des Kommunismus und der Auflösung der UdSSR änderte sich der rechtliche und soziale Status der Deutschen in ihren jeweiligen Heimatländern. Die wichtigste Änderung war das neu gewonnene Recht auf Freizügigkeit, das das Recht auf freie Auswanderung bzw. längere Abwesenheit umfasste. Vor 1989 war das Verlassen von Polen, Rumänien und der Sowjetunion ein äußerst schwieriges Unterfangen, das oftmals bürokratische Sanktionen sowie unmittelbare berufliche, soziale und wirtschaftliche Diskriminierung nach sich zog. Außerdem wurden Auswanderungswillige gezwungen, vor der Auswanderung ihre alte Staatsbürgerschaft aufzugeben.
Seit 1990 ist diese Situation eine andere. Die bürokratischen und rechtlichen Hindernisse für Auswanderer sind in Polen, Rumänien und Russland vergleichsweise klein. Potentielle Auswanderer brauchen heute keine berufliche Diskriminierung mehr zu befürchten. Selbst ihre Staatsbürgerschaft müssen sie nicht mehr aufgeben, so dass viele Aussiedler der 90er Jahre neben dem deutschen Pass auch über einen russischen, polnischen, rumänischen oder kasachischen Pass verfügen. Außerdem können Aussiedler heute ihr Eigentum in ihren Herkunftsländern auch nach der Auswanderung behalten, während sie unter kommunistischer Herrschaft zumeist gezwungen wurden, es an den Staat oder an Angehörige der Nomenklatur zu verkaufen. Eine wachsende Anzahl von Aussiedlern verbleibt in engem Kontakt mit dem Herkunftsland. Manche leben sogar einen Teil des Jahres in der alten Heimat oder kehrten inzwischen ganz dorthin zurück. In Rumänien ist dies bislang nur selten der Fall, in Polen hingegen an der Tagesordnung.23 Auch sind in der GUS Vorurteile gegenüber den früher als faschistisch gebrandmarkten Deutschen im Verlauf der letzten Jahrzehnte mehr und mehr verblasst. Die jüngere Generation sieht sich solchen Vorwürfen in der Regel nicht mehr ausgesetzt (Dietz 1994, 22-23). […]
Die Bundesregierung und der zuständige Beauftragte für Aussiedlerfragen Horst Waffenschmidt betonen vor allem, dass die von Deutschland geleisteten Hilfsmaßnahmen Auswirkungen zeigen und einen Anreiz zum Bleiben in den Heimatländern setzen. Eine verstärkte GUS-interne Wanderung Russlanddeutscher in die vorrangig geförderten Siedlungsschwerpunkte in Westsibirien und in der Region von St. Petersburg haben nach Ansicht der Bundesregierung wesentlichen Anteil am Rückgang der Zuwanderung. Verlässliche (empirische) Informationen über den Zusammenhang von Fördermaßnahmen und verstärkter Binnenwanderung einerseits und abnehmender Auswanderungsneigung unter Russlanddeutschen andererseits liegen allerdings bislang nicht vor. Zwei andere Gründe dürften für den derzeitigen Rückgang der Aussiedlerzahlen noch entscheidender sein als wirtschaftliche Hilfeleistungen für Russlanddeutsche durch die Bundesrepublik und verstärkte Binnenmigration aus dem Osten der GUS in westliche Regionen. Erstens erschöpft sich das Migrationspotential zunehmend. Zweitens zeigen die im Juli 1996 eingeführten und mittlerweile flächendeckend durchgeführten Sprachtests für potentielle Aussiedler ihre Auswirkungen.“ (HU Berlin, 1998)
Die Suche auf der Website des Moskauer Menschenrechtszentrums Sowa (http://xeno.sova-center.ru/) auf Russisch, sowie auf der Website der Gesellschaft für bedrohte Völker (http://www.gfbv.de) hat zu keinerlei Information über Diskriminierung von Angehörigen der deutschen Minderheit in Russland geführt. Weiters wurde die Suchmaschine Google.ru sowohl mit deutschen, als auch mit russischen Suchbegriffen durchsucht.
Suchbegriffe (in verschiedener Kombination je nach durchsuchter Website): Deutsche / deutsche Minderheit / deutsche Minderheit Russland / Diskriminierung deutsche Minderheit Russland / deutsche Minderheit Westsibirien / Diskriminierung deutsche Minderheit Westsibirien /
  
Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines bestimmten Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Wir empfehlen, die verwendeten Materialien zur Gänze durchzusehen.
Quellen: