Anfragebeantwortung zum Irak: Behandlungsmöglichkeiten bei psychischen Erkrankungen (z.B. bei posttraumatischer Belastungsstörung), Verfügbarkeit von Antidepressiva und (sedierenden) Antipsychotika, Verfügbarkeit von Medikamenten gegen Bluthochdruck bzw. Herzprobleme [a-10861]

12. Februar 2019

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Behandlungsmöglichkeiten psychischer Erkrankungen (z.B. posttraumatischer Belastungsstörung, PTBS)

Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) geht in ihrem 2018 veröffentlichten Mental Health Atlas (Berichtszeitraum: 2017) auf die im Irak verfügbaren Ressourcen zur Behandlung psychischer Erkrankungen ein. Diesen Angaben zufolge gebe es insgesamt 639 Fachkräfte für psychische Gesundheit. Auf eine Bevölkerung von 100.000 Menschen kämen 0.34 PsychiaterInnen, 1.22 MitarbeiterInnen des psychiatrischen Pflegepersonals („mental health nurses“), 0.11 PsychologInnen und 0.09 SozialarbeiterInnen. Im Irak befänden sich 610 Einrichtungen für die ambulante Behandlung psychiatrischer PatientInnen, davon seien 34 innerhalb eines Krankenhauses verortet und 575 gemeindebasierte („community-based“) Einrichtungen. Stationäre Behandlung von psychiatrischen PatientInnen sei in zwei psychiatrischen Kliniken sowie auf 22 Stationen allgemeiner Krankenhäuser verfügbar. Die Betreuung und Behandlung von Personen mit schwerwiegenden psychischen Störungen (Psychose, bipolare Störung, Depression) sei in den staatlichen Krankenkassen oder Erstattungssystemen nicht enthalten. (WHO, 2018)

 

In einer E-Mail-Auskunft vom Februar 2019 führt Dr. Ameel Al Shawi von der medizinischen Hochschule an der Universität Falludscha an, dass es im Irak viele Probleme hinsichtlich der psychischen Gesundheit gebe. Es herrsche ein Mangel an SpezialistInnen, PsychologInnen und PsychiaterInnen vor. Es gebe nur wenige Tertiärkliniken, die sich mit psychischen Erkrankungen befassen würden. Diese seien zudem für die Bevölkerung schwer zugänglich. Es seien zudem keine Zentren für die Behandlung posttraumatischer Belastungsstörung (posttraumatic stress disorder, PTSD) vorhanden, diese würden besonders in Regionen, die mit großer Gewalt und militärischen Operationen konfrontiert gewesen seien wie beispielsweise im Westen des Iraks, fehlen:

„We have many problems regarding mental health in Iraq as there is insufficient number of specialists and equipped people for such services as there is deficiency of psychologists and psychiatrists who deal with mental health care and promotion due to many reasons. We have few tertiary hospitals that deal with psychiatric disorders and considered not accessible for population who need help for psychiatric management. And there are no specialized centres for management of PTSD, especially in regions that faced huge violence and military operations such as in west districts of Iraq.” (Al Shawi, 6. Februar 2019)

Das Al-Bayan Center for Planning and Studies, ein unabhängiger, gemeinnütziger Think Tank mit Sitz in Bagdad, veröffentlicht 2018 einen Bericht zum Wiederaufbau des irakischen Gesundheitssektors. Dem Bericht zufolge habe der Irak ein Defizit an ExpertInnen für die Behandlung von posttraumatischer Belastungsstörung und anderen Erkrankungen, die sich aufgrund eines Traumas oder Konflikts entwickeln. Die Ausbildung und Bereitstellung von geschultem Personal, das zur Heilung dieser Gemeinschaften und Einzelpersonen beitragen könne, hänge daher von der Bereitstellung ausreichender Mittel und einer koordinierten Reaktion auf diese Krise ab:

„Iraq has a deficit of experts in treating PTSD [posttraumatic stress disorder] and other conditions resulting from trauma or conflict. The training and allocating of trained staff that can help heal these communities and individuals will therefore depending on providing enough funding and a coordinated response to the crisis.” (Al-Bayan Center for Planning and Studies, 2018, S. 20)

Die dänische Einwanderungsbehörde (Danish Immigration Service, DIS) verweist in einem gemeinsam mit dem norwegischen Herkunftsländerzentrum Landinfo im November 2018 veröffentlichten Bericht zur Sicherheitslage und Situation der Binnenvertriebenen in den umkämpften Gebieten auf Gespräche mit VertreterInnen der Weltgesundheitsorganisation. Diesen zufolge bestehe in Bezug auf die psychische Gesundheitsversorgung ein enormer Bedarf, die verfügbaren Dienste würden die Nachfrage aber nicht decken. Maßnahmen zur Unterstützung der psychischen Gesundheit seien zeit- und ressourcenaufwendig und würden qualifiziertes medizinisches Personal, das für diese Formen der Behandlung entsprechend ausgebildet sei, benötigen:

„Health care (meeting with representatives of the World Health Organisation (WHO) in Erbil at OCHA’s office): […] With regard to mental health, WHO stated that there are huge needs and the available services does not meet the demand. Mental health interventions is time and resource consuming and it requires qualified medical personnel who are properly trained to give this treatment.” (DIS/Landinfo, 5. November 2018, S. 52-53)

Eine Anfragebeantwortung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom Jänner 2018 an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) befasst sich unter anderem mit der medizinischen Versorgung bei psychischen Erkrankungen in Bagdad. Auf die Frage nach Behandlungsmöglichkeiten einer posttraumatischen Belastungsstörung und nach Krankenversicherung und Kostenübernahme, antwortet IOM Folgendes:

„2. Es gibt ein Krankenhaus, in welchem eine Behandlung erfolgen kann:

AlRashad mental hospital

Baghdad – AlSadr city.

Zudem gibt es auch private Kliniken:

Dr.Qasim AlAboodi in AlHarthiya - AlKindi St

Dr. Mahdi AlTa’an in AlMagrib St.

[…]

4. Es gibt keine Krankenkasse, welche die Kosten tragen könnte. Patienten müssen für Behandlungen und Medikamente selbst aufkommen.“ (IOM, 17. Jänner 2018, S. 2)

Die BFA Staatendokumentation führt in einer Anfragebeantwortung zu Behandlungsmöglichkeiten von paranoider Schizophrenie und posttraumatischer Belastungsstörung vom Juni 2017 Folgendes an:

Der Auskunft [vom Juni 2017] von IOM Bagdad zufolge gibt es in Bagdad zwei spezialisierte nationale Gesundheitszentren für die Behandlung von psychiatrischen Störungen. Diese Krankenhäuser bieten ihre Dienste unabhängig vom Wohnort des Patienten an. Die Kapazitäten dieser Krankenhäuser sind begrenzt, oft überfüllt, es gibt Wartelisten. Darüber hinaus ist die Qualität der Behandlung gering. Deshalb würde jeder, der sich das leisten kann, eine Privatklinik oder einen privaten Arzt aufsuchen“ (BFA Staatendokumentation, 8. Juni 2017, S. 1)

Das deutsche Auswärtige Amt berichtete [im Februar 2017] unter anderem, dass in Bagdad viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität arbeiten und die örtlichen Gesundheitszentren sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen. […]

Die IOM hat [2016] unter anderem berichtet, dass keine Kosten von einer Krankenversicherung übernommen werden. Öffentliche Gesundheitsdienstleister bieten Behandlungen an, die jedoch kostengünstiger sind als private. Die Preise von Medikamenten variieren je nach Diagnose des Patienten. In staatlichen Krankenhäusern oder Kliniken werden zumeist nur wenige Medikamente erhältlich sein (jedoch günstig). In privaten Krankenhäusern und Kliniken werden qualitative Medikamente zumeist erhältlich sein (jedoch sehr teuer). Die Kosten für die Behandlung sind von verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht und Wohnort abhängig“ (BFA Staatendokumentation, 8. Juni 2017, S. 6-7)

Das Education for Peace in Iraq Center (EPIC), eine unabhängige Organisation, die sich für Frieden im Irak und in der Autonomen Region Kurdistan einsetzt, berichtet im Mai 2017 über die psychische Gesundheitskrise im Irak. In Bezug auf die Lage im Nordirak wird auf die Herausforderung, den überwältigenden Bedarf mit den begrenzten Ressourcen zu decken, hingewiesen. Im Irak und in der Autonomen Region Kurdistan gebe es nur noch 80 praktizierende Psychologen, die mit einer limitierten Anzahl von Psychiatern zusammenarbeiten würden. Der hohe Bedarf an psychosozialer Betreuung habe lokale und internationale Organisationen dazu veranlasst, in einigen Fällen unterqualifiziertes Personal einzustellen, dem die Ausbildung zur Behandlung schwerer Traumata fehle. Sherri Talabany, die Präsidentin der SEED Foundation, einer NGO, die sich für den Aufbau psychosozialer Gesundheitskapazitäten in der Autonomen Region Kurdistan einsetzt, sei zum Schluss gekommen, dass viele NGOs Personal und medizinische Fachkräfte eingestellt hätten, die erst bei der Arbeit selbst die psychosoziale Behandlung besonders verletzlicher und vulnerabler Bevölkerungsgruppen effektiv lernen würden. Die Menschen würden daher nicht die Pflege erhalten, die sie dringend benötigen würden, was wiederum auch zu Suiziden führen könne. Der Zustrom an PatientInnen führe zu verlängerten Arbeitszeiten des medizinischen Personals und verminderter Patientenversorgung. Dr. Redar Mohamed, der Chefpsychiater einer Klinik in Erbil müsse seine Zeit auf drei separat betriebene Einrichtungen innerhalb von Erbil aufteilen, darunter ein staatlich betriebenes öffentliches Krankenhaus. Insgesamt betreue er monatlich 200 psychiatrische Fälle, von denen viele eine intensive Medikation und Nachsorge bei posttraumatischem Stress und anderen Erkrankungen erfordern würden. Laut den in Erbil befragten PsychiaterInnen und Pflegekräften, die in Vertriebenenlagern im Nordirak arbeiten würden, blieben oft nur wenige Minuten Zeit, um die Bedürfnisse eines/r PatientIn zu ermitteln. Im psychiatrischen Krankenhaus in Erbil würden MitarbeiterInnen täglich fünf neue PatientInnen erhalten. Dieser überwältigende Bedarf bedeute letztlich, dass Ärzte sich oft übermäßig auf Medikamente (die teuer oder schwer aufzutreiben sind) verlassen und zeitaufwändigere Methoden wie Therapie oder Beratung nicht anwenden könnten:

Redar [Dr. Redar Mohamed, the chief psychiatrist at an Erbil clinic covering four IDP camps in northern Iraq] shares these challenges with mental healthcare practitioners across northern Iraq, who struggle to meet overwhelming needs with limited resources. Today, there are only 80 practicing psychologists in Iraq and Iraqi Kurdistan, working alongside a limited number of psychiatrists. Managing overwhelming need for psychosocial care options has pushed local and international organizations to, in some instances, employ under-qualified practitioners who lack the training to treat severe trauma. Many doctors study mental illness from a theoretical standpoint, rather than gain practical skills like case management, doctor-patient ethics, or emergency care for traumatized individuals. Sherri Talabany, President and Executive Director of the SEED Foundation, an NGO working to develop psychosocial healthcare capacity in Iraqi Kurdistan, concludes thus: ‘Many NGOs have hired staff and healthcare practitioners who are effectively learning how to provide psychosocial treatment on the job, with incredibly fragile and vulnerable populations.’ The simple result of this situation, she says, ‘is that people are not receiving the care they desperately need. Regrettably, there are often mental health crises that are not resolved sufficiently, leading to suicides.’

[…]

For mental health practitioners, this patient influx translates into over-stretched working hours and diminished care. In a single day, Redar may split his time between three separately-run facilities within Erbil, including a government-operated public hospital. Altogether, he manages 200 psychiatric cases each month, many of which require intensive medication and follow-up care for post-traumatic stress and other disorders. According to psychiatrists interviewed in Erbil and other caregivers who work in IDP camps across northern Iraq, it is often only possible to assess a patient’s needs in only a few minutes; at the Erbil Psychiatric Hospital, staff receive five new patients every day. This overwhelming need ultimately means that doctors often over-rely on drugs (which can be expensive or hard-to-find) rather than more time-consuming methods like therapy or counselling.” (EPIC, 5. Mai 2017)

Der EPIC-Artikel führt weiters an, dass Pflegekräfte für psychische Gesundheit sich darauf verlassen müssten, dass PatientInnen ihre Erkrankungen selbst diagnostizieren und sich in staatlichen Krankenhäusern in Großstädten, in denen psychiatrische Dienstleistungen angeboten würden, behandeln lassen würden. Der Weg dorthin stelle die besonders vulnerablen PatientInnen vor erhebliche finanzielle und soziale Herausforderungen. Nach Angaben des Verwaltungsbeamten eines öffentlichen Krankenhauses in Erbil könnten viele Menschen, die in Dörfern und Ortschaften fernab der Stadt leben würden, nicht so lange von zu Hause fernbleiben, wie es für eine angemessene Behandlung erforderlich sei. Die PatientInnen würden häufig fragen, ob die Regierung Geld für Transport und Unterkunft bereitstellen werde, aber es sei unmöglich, diesen Menschen mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen, so Talabany, die Präsidentin der SEED Foundation. Talabany habe weiters angeführt, dass diese Dynamik enorme Anforderungen an die staatlichen Dienstleister stelle und die lokalen Institutionen von den steigenden Bedürfnissen überfordert seien:

In today’s climate of upheaval and displacement, however, such institutionalization is impossible for those who have experienced the worst traumas. While some NGOs, including the SEED Foundation, operate psychosocial support services in IDP camps scattered across northern Iraq, approximately 65 percent of the displaced population reside in non-camp environments and with family members in host communities; in Iraqi Kurdistan, for example, many IDPs have built ad-hoc shelters in unfinished apartment towers, left over from the region’s period of economic prosperity.

Identifying and reaching these transient communities remains extremely difficult, and mental health caregivers must rely on patients to self-diagnose and seek treatment at state-run hospitals in major cities where psychiatric services are available. Such a journey presents significant financial and social challenges for the most vulnerable patients. According to administrators at one public hospital in Erbil, many people who live in villages and towns far from the city are unable to stay away from home for the amount of time needed to receive adequate treatment. ‘Patients often ask whether the government will provide money for transportation and lodging, but it is impossible to help these people with the funding currently allocated to us,’ according to Talabany. She concludes, ‘this dynamic creates huge demands on government service providers…and local institutions are overwhelmed by rising needs’ – a situation that can create friction between displaced and host populations, especially within the context of economic hardship in both Iraq and Iraqi Kurdistan.” (EPIC, 5. Mai 2017)

Das Integrated Regional Information Network (IRIN), ein unabhängiger, humanitärer Nachrichtendienst, berichtet im Jänner 2017, dass es im Irak bereits vor dem Aufkommen der Gruppe Islamischen Staat (IS) einen Mangel an Psychiatern und Psychologen gegeben habe. Nun, nach den Jahren der IS-Herrschaft, würden die Auswirkungen dieser Defizite schmerzhaft deutlich. Es gebe schlicht nicht genug ausgebildete klinische PsychologInnen im Irak, um sich um die Bedürfnisse der Betroffenen zu kümmern. Im Irak werde keine Ausbildung für klinische Psychologie angeboten, die Regierung der Autonomen Region Kurdistan biete diese Kurse jedoch an. Neben den Teams von Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) und jenen Teams, die mit anderen Hilfsorganisationen in Verbindungen stehen, würden nach offiziellen Angaben nur rund 80 klinische Psychologen im Irak und der Autonomen Region Kurdistan arbeiten. 2010 seien es nur 47 gewesen. Die Anzahl der PsychiaterInnen sei höher, einige davon hätten Techniken wie beispielsweise die Kognitive Verhaltenstherapie erlernt, aber auch sie seien überlastet. Dr. Ahmed al-Rudaini, ein Sprecher des irakischen Gesundheitsministeriums, habe bestätigt, dass die psychische Gesundheitsversorgung heutzutage sehr wichtig sei. Es sei allerdings nicht die oberste Priorität der Regierung gewesen. Man konzentriere sich darauf, Menschenleben zu retten und Operationen und Erste-Hilfe-Behandlungen in den Bereichen, in denen gegen die Gruppe Islamischer Staat gekämpft werde, bereitzustellen, anstatt sich auf psychologische Fragen zu konzentrieren, so der Sprecher des irakischen Gesundheitsministeriums. Die Regierung habe Pläne, Menschen über die Bedeutung des Bereichs der psychischen Gesundheit zu schulen, zu ermutigen und aufzuklären. Dies brauche, so al-Rudaini, jedoch Zeit:

„Iraq already had shortages of psychiatrists and psychologists before the rise of so-called Islamic State. Now, as hundreds of thousands of civilians emerge from years of IS rule, the impact of those shortfalls is becoming painfully clear. […]

There are simply not enough trained clinical psychologists in Iraq to deal with the needs. The country itself doesn’t offer clinical psychology as a degree, although the KRG [Kurdistan Regional Government] does have courses. In addition to MSF's [Médecins Sans Frontières] teams and those connected with other aid agencies, there are only around 80 clinical psychologists working in Iraq and Iraqi Kurdistan, up from 47 in 2010, according to official figures. There are more psychiatrists – some trained in techniques like Cognitive Behavioral Therapy – but they are overworked too.

Doctor Ahmed al-Rudaini, an Iraqi health ministry spokesman, agreed that mental health care was ‘very important these days’, but it was clearly not his government’s main priority. ‘We are focusing on saving people’s lives and providing surgeries and first aid treatment in the areas of operations (against IS), rather than focusing on psychological issues,’ he said. The government has plans to ‘train and encourage and educate people about the importance of such fields,’ but this, al-Rudaini added, ‘needs time’.” (IRIN, 16. Jänner 2017)

Die Hilforganisationen Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF), Première Urgence Internationale und SEED bieten eigenen Angaben zufolge psychologsiche Betreuung allen voran für Binnenvertriebene und RückkehrerInnen im Irak und der Autonomen Region Kurdistan an. Es wird jedoch nicht erwähnt, wo diese Dienste genau angeboten werden:

„MSF [Médecins Sans Frontières] has been working in Iraq since 1991 and currently has medical projects in eight governorates. The organisation has teams of qualified medical doctors, psychologists and counsellors who provide vital care and support for moderate and severe mental health cases, including post-traumatic stress syndrome (PTSD), depression, schizophrenia and severe anxiety. From July to December 2017, MSF provided almost 11,000 individual mental health consultations for internally displaced people and returnees in Iraq.” (MSF, 4. April 2018)

„The large-scale conflict in Iraq caused forced displacement of civilian populations across the country to run from the fights. Displacement often has acute and long-term impact on the mental health and social behaviour of these populations. Première Urgence Internationale is working in the country in mental and psychosocial health to help these families to overcome their difficulties. Here is the story of the life of Abu and his family and how they manage to overcome isolation.” (Première Urgence Internationale, 12. Juni 2018)

„There is a growing mental health crisis in Kurdistan and trauma is widespread, particularly among those who have escaped or been rescued from ISIS captivity. […] SEED helps the displaced population, with a focus on the Yezidi population, which has been subject to murder, abduction, torture, rape, and sexual slavery, to recover from violence and trauma. […] SEED provides high-quality psychotherapy, counselling and social work services, with a focus on survivors of sexual violence, to help them recover from trauma and cope with daily challenges.” (SEED, ohne Datum)                                                              

Medikamentöse Behandlung psychischer Erkrankungen: Verfügbarkeit von Antidepressiva und (sedierenden) Antipsychotika

Es konnten keine Informationen zur Verfügbarkeit der in der Anfrage angeführten Antidepressiva und Antipsychotika Sertralin (Wirkstoff: Sertralin), Zyprexa Olanzapin (Wirkstoff: Olanzapin), Dominal forte (Wirkstoff: Prophipendyl) und Abilify (Wirkstoff: Aripiprazol) gefunden werden. Wir haben diesbezüglich ExpertInnen kontaktiert. Sollten wir eine Antwort erhalten, werden wir diese umgehend an Sie weiterleiten.

 

Folgende Informationen beziehen sich auf die Verfügbarkeit von Antidepressiva und Antipsychotika allgemein:

 

Dr. Ameel Al Shawi von der medizinischen Hochschule an der Universität Falludscha führt in seiner E-Mail-Auskunft vom Februar 2019 an, dass Antidepressiva und Antipsychotika seines Wissens nach grundsätzlich verfügbar seien. Aufgrund von finanziellen Problemen würde zu manchen Zeiten allerdings Knappheit herrschen. (Al Shawi, 6. Februar 2019)

 

In einer im November 2016 von der Österreichischen Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie (ÖGPB) veröffentlichten Sonderausgabe der medizinischen Fachzeitschrift CliniCum neuropsy zur medikamentösen Behandlung von Schizophrenie werden Aripiprazol, Olanzapin, Paliperidon und Risperidon derselben Wirkstoffklasse, den atypischen Antipsychotika, zugeordnet. (Kasper et al., November 2016, S. 16-17). Die atypischen Antipsychotika seien „strukturell und pharmakodynamisch eine heterogene Gruppe und unterscheiden sich dadurch auch hinsichtlich der unerwünschten Arzneimittelwirkungen.“ (Kasper et al., November 2016, S. 10)

 

In der bereits erwähnten Anfragebeantwortung vom Juni 2017[1] schreibt die BFA Staatendokumentation zur Verfügbarkeit des Antipsychotikums Risperidon [ein Wirkstoff derselben Wirkungsstoffklasse wie Olanzapin und Aripiprazol, Anm. ACCORD] in Bagdad Folgendes:

Zu dieser Fragestellung berichtete IOM, dass die erwähnten Medikamente manchmal in öffentlichen Krankenhäusern verfügbar sind. Allerdings haben die Patienten aufgrund fehlender Finanzierung keine Garantie dafür, dass sie diese Medikamente im Krankenhaus erhalten. Sehr häufig müssen die Patienten ihre Medikamente in privaten Apotheken kaufen“ (BFA Staatendokumentation, 8. Juni 2017, S. 2)

Eine Anfragebeantwortung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom Februar 2017 an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) befasst sich unter anderem mit der medizinischen Versorgung bei psychischen Erkrankungen in Erbil. Laut dieser Anfragebeantwortung sei das Antipsychotikum Invega (Wirkstoff: Paliperidon) [ein Wirkstoff derselben Wirkungsstoffklasse wie Olanzapin und Aripiprazol, Anm. ACCORD] in Erbil nicht erhältlich. (IOM, 9. Februar 2017, S. 2)

Verfügbarkeit von Medikamenten gegen Bluthochdruck bzw. Herzprobleme

Zu den in der Anfrage angeführten Medikamenten gegen Bluthochdruck Bisoprolol Accord (Wirkstoff: Bisoprolol) und Amelior Plus HCT (Wirkstoffe: Olmesartanmedoxomil, Amlodipin und Hydrochlorothiazid) konnten folgende Informationen gefunden werden:

 

Dr. Qayssar Joudah Fadheel, der an der pharmazeutischen Fakultät der Universität Kufa forscht, erklärt in einer E-Mail-Auskunft vom Februar 2019, dass Medikamente mit den Wirkstoffen Bisoprolol, Olmesartanmedoxomil, Amlodipin und Hydrochlorothiazid generell im Irak verfügbar seien. (Fadheel, 11. Februar 2019)

 

Eine Anfragebeantwortung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom August 2017 an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) befasst sich mit der medizinischen Versorgung in Bagdad. Auf die Frage nach der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Bisoprolol führt IOM an, dass Bisoprolol 5mg unter den Handelsnamen Zebeta und Concor erhältlich sei und 100 Tabletten mit dem Wirkstoff Bisoprolol 5mg zwischen 35 und 40 US-Dollar (umgerechnet rund 31,90 - 35,40 Euro) kosten würden. Es gebe keine Krankenversicherung im Irak, jedoch „staatlich subventionierte Apotheken, in denen man günstige Medikamente erhalten“ könne. (IOM, 8. August 2017, S. 3)

 

In einer weiteren Anfragebeantwortung an das ZIRF erklärt IOM im Dezember 2017, dass Bisoprolol 5mg unter dem Handelsnamen Concor im Al-Zahraa Educational Hospital im Gouvernement Wasit erhältlich seien. Der Preis für eine 30 Tabletten umfassende Packung betrage 12.000 Irakische Dinar (umgerechnet rund 8,90 Euro). (IOM, 21. Dezember 2017, S. 2)

 

Im Juni 2016 führt IOM in einer weiteren Anfragebeantwortung an das ZIRF an, dass Amlodipin 10mg und Bisoprolol 5mg in Apotheken in Kirkuk verfügbar seien. IOM ergänzt in Form einer Anmerkung, dass leider „nicht immer alle Medikamente zur Verfügung stehen, da diese manchmal nicht mehr auffindbar oder verfügbar sind“. (IOM, 17. Juni 2016, S. 2)

 

REACH, eine Initiative der humanitären NGOs IMPACT und ACTED sowie des operativen UN-Satellitenanwendungsprogramm UNOSAT, veröffentlicht im Dezember 2017 ein im August 2017 durchgeführtes Multi-Cluster Needs Assessment zum Irak. Dem Bericht zufolge seien die Auswirkungen des Konflikts auch im Gesundheitssektor spürbar, wie Medikamentenmängel in Krankenhäusern und das Unvermögen, sich Medikamente aus Apotheken leisten zu können, zeigen würden:

„The impact of the conflict can also be seen in the health and education sectors, as evidenced by the reported lack of medicines available at hospitals and inability to afford medicines from pharmacies.” (REACH, Dezember 2017, S. 4)

Die folgenden Informationen beziehen sich auf die Verfügbarkeit von Medikamenten gegen Bluthochdruck und Herzerkrankungen in bestimmten Gebieten des Gouvernements Ninawa, die vormals unter der Herrschaft der Gruppe Islamischer Staat standen:

 

In einem weiteren im September 2018 veröffentlichten Assessment befasst sich REACH mit dem Gebiet um Tal Afar (Gouvernement Ninawa) und schreibt, dass die meisten allgemeinen Medikamente in Privatapotheken verfügbar seien, Medikamente für bestimmte Behandlungen, wie z.B. gegen Krebs oder Herzerkrankungen jedoch fehlen würden:

„Private pharmacies have most general drugs available, but do not have medicines for specific courses of treatment, such as for cancer or heart disease.” (REACH, September 2018, S. 20)

Im Juli 2018 veröffentlicht REACH gemeinsam mit der Returns Working Group (RWG), einer Organisation unter dem Vorsitz von IOM, und dem CCCM Cluster, einer von IOM und dem UN-Flüchtlingshochkommissariat (United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR) geleiteten Organisation, ein Assessment zum Gebiet rund um Baschika (Gouvernement Ninawa). Diesem zufolge hätten TeilnehmerInnen an Gruppendiskussionen und wichtige InformantInnen („key informant“, KI) mit speziellen Kenntnissen im Gesundheitswesen angeführt, dass der Mangel an medizinischem Material (Medikamente, Ausrüstung, etc.) größer sei als in der Zeit vor dem IS („Islamischer Staat“). Ortsvorsteher (Mukhtar), GruppendiskussionsteilnehmerInnen und wichtige InformantInnen hätten darauf hingewiesen, dass sich die Preise von Medikamenten in Apotheken nicht unbedingt geändert hätten, dass die Haushalte jedoch aufgrund mangelnder Existenzgrundlage nicht über die finanziellen Mittel verfügen würden, um sie bezahlen zu können. Die für PatientInnen am schwierigsten zugänglichen Medikamente seien laut Angaben der wichtigen InformantInnen mit speziellen Kenntnissen im Gesundheitswesen unter anderem jene gegen Herzkrankheiten und hohen Blutdruck:

„According to CGD [community group discussion] participants and health KIs [key informants], shortages of all healthcare materials (medicines, equipment, etc.) were worse than in the pre- ISIL period, reportedly because much of these materials had been stolen or damaged by ISIL. In addition, the ISIL occupation of Mosul was reported to have had effects on the availability of medicine in Baashiqa, as most medicines were previously brought from Mosul to stock the Baashiqa health centre. In addition, KIs with specialist knowledge of healthcare reported that many of the medicine storage facilities in Mosul had been damaged by the operation to re-establish control of Mosul city. In noting the unavailability of medicines, mukhtars, CGD participants, and health KIs indicated that the prices of medicines in pharmacies had not necessarily changed, but that households did not have the financial means to pay for them due to a lack of livelihoods. The medicines reported to be in highest demand were insulin, over-the-counter (OTC) pain relievers, analgesics, flu medicines, and medications for urinary tract infections. The medications most difficult for patients to access, according to health KIs, were insulin, paediatric medicines, pregnancy related medicines, medicines for heart disease and blood pressure, medicines for joint problems, and medicines for other chronic diseases.” (REACH/RWG/CCCM Cluster, Juli 2018, S. 16-17)

Laut dem von REACH, RWG und dem CCCM Cluster im Mai 2018 veröffentlichten Assessment zum Stadtteil al-Jadida im Westen Mosuls (Gouvernement Ninawa) hätten 42 Prozent derjenigen, die Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung hätten, angegeben, dass der Medikamentenmangel in den Gesundheitseinrichtungen das Haupthindernis dafür darstelle. Die Knappheit einiger Medikamente gegen chronische Erkrankungen habe sich weiter verschärft. Wichtige InformantInnen mit speziellen Kenntnissen im Gesundheitswesen hätten berichtet, dass die Regierung nicht über die finanziellen Möglichkeiten verfüge, ausreichende Mengen dieser Medikamente bereitzustellen. Engpässe würde es insbesondere bei Medikamenten gegen Bluthochdruck, Diabetes, Epilepsie und Krebs geben:

„In fact, 42% of those who reported difficulty accessing healthcare identified a lack of medicine in healthcare facilities as a main barrier. The scarcity of some medicines for chronic diseases was further exacerbated, with KIs with specialist knowledge of healthcare reporting that the government did not have the financial capacity to supply sufficient quantities of these medicines. Specifically identified shortages were medicines for blood pressure, hypertension, diabetes, epilepsy and cancer.” (REACH/RWG/CCCM Cluster, 31. Mai 2018, S. 21-22)

 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 12. Februar 2019)

 


[1] Bitte beachten Sie, dass in der Anfragebeantwortung der BFA Staatendokumentation auch die Verfügbarkeit des Antidepressivums Paroxetin (derselben Wirkstoffklasse wie Sertralin) behandelt wird. Allerding bezieht sich IOM bei der Beantwortung dieser Frage auf ein anderes Medikament (Paracetine). Bei Paracetine handelt es sich um ein Schmerzmittel.