Dokument #1233904
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor)
Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
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Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) eine Agentur der Europäischen Union, die die praktische Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten im Asylbereich fördern soll und die Mitgliedsstaaten unter anderem durch Recherche von Herkunftsländerinformation und entsprechende Publikationen unterstützt, schreibt in einem im Jänner 2016 veröffentlichten Bericht zur Sicherheitslage in Afghanistan unter Berufung auf einen im Sicherheitsbereich tätigen Beamten aus einem westlichen Land („Western security official“), dass es von Jänner bis 31. August 2015 zu 70 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Daikundi gekommen sei. Unter Bezugnahme auf mehrere Quellen erläutert das EASO, dass Aufständische sich Berichten zufolge in den Grenzgebieten Daikundis zu den Provinzen Helmand und Uruzgan bewegen und AnwohnerInnen einschüchtern würden. Kontrollpunkte in diesen Gebieten seien von Aufständischen angegriffen worden. Lokalen Sicherheitsbeamten sei geraten worden, den Sicherheitskräften mehr Waffen zur Verfügung zu stellen, damit sie gegen die Aufständischen kämpfen könnten. Die Taliban hätten selbst in Daikundi staatliche Einrichtungen infiltriert und könnten gut Informationen sammeln („have good intelligence-gathering skills”). Sie hätten Drohbriefe in Daikundi verschickt, in denen sie Personen davor gewarnt hätten, sich an Gemeindeprojekten zu beteiligen und Lastwagenfahrer davor gewarnt hätten, mit der Regierung zusammenzuarbeiten. 2013 habe der Taliban-Kommandant der Provinz Daikundi erklärt, wie es den Taliban gelungen sei, in allen Gebieten Daikundis Gruppen zu gründen und mehr und mehr Zugang zu den Leuten und Unterstützung zu erhalten, selbst von SchiitInnen. Nach Angaben einer Quelle seien viele Schulen wegen der Anwesenheit der Taliban geschlossen, weil diese gegen Schulbildung für Mädchen seien. Die lokale Bevölkerung in Daikundi habe sich über die Anwesenheit illegaler bewaffneter Gruppen in der Provinz sowie über von diesen begangene Erpressungen, Entführungen von Mädchen und bewaffnete Raubüberfälle beschwert. In Daikundi seien Einheiten der afghanischen Lokalpolizei eingerichtet worden. Berichten zufolge seien 2015 in der Provinz Daikundi Truppen der afghanischen nationalen Streitkräfte im Distrikt Kajran stationiert worden:
„From 1 January to 31 August 2015, Daykundi province counted 70 security incidents. Table 9 provides an overview of the nature of the security incidents:
Violence targeting individuals 10
Armed confrontations 31
Explosions 13
Security enforcement 10
Non-conflict related incidents 6
Total security incidents 70 […]
Actors in the conflict
Insurgent groups have been reported ‘maneouvering and terrifying’ residents in areas bordering Helmand and Uruzgan. Checkpoints in these areas have come under insurgent attacks. Local security officials were advised to provide more weapons to security forces so they could fight the insurgents. The Taliban has infiltrated state institutions, even in Daykundi and have good intelligence-gathering skills. The group distributed night letters to peoples’ homes in Daykundi warning them not to contribute to community projects and warning truckers not to work with the government. In 2013, the Taliban commander for Daykundi province, Mulla Sulaiman Aagha, explained how they established groups in all parts of Daykundi and increasingly reached out to the population and got support, even from the shias. According to a source, a great number of schools are closed due to the Taliban’s presence as it ideologically opposes the education of girls.
The local population in Daykundi complained about the presence of illegal armed groups in the province, extortion, kidnapping of girls and armed robbery by them. ALP (Afghan Local Police) units were established in Daykundi. Afghan National Army (ANA) troops were reportedly deployed in 2015 to the district of Kajran.“ (EASO, Jänner 2016, S. 67-68)
Auf dem Portal der deutschen Tageszeitung Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) findet sich ein Artikel vom Oktober 2015, in dem folgendes erwähnt wird:
„Einen Monat lang waren sie unterwegs, seit Samstag sind Mohammad Reza K. und Reza G. in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gemünden.
Die Afghanen sind froh, dass sie in Deutschland Schutz vor Krieg und Terror gefunden haben. In ihrer Heimatprovinz Daikondi in Zentralafghanistan herrschen die gefürchteten Taliban. Als diese in ihre Provinz kamen, flüchteten Mohammad Reza K. und Reza G.. Eigentlich wollten die Cousins zu dritt fliehen, doch ein weiterer Cousin wurde von den Taliban getötet.“ (HNA, 11. Oktober 2015)
Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UN Office on Drugs and Crimes, UNODC) erwähnt in einem Bericht vom Dezember 2015 zu Opiumanbau in Afghanistan, dass Daikundi die einzige Provinz im Süden sei, in der die Sicherheitslage, mit Ausnahme des Distrikts Kejran, im Allgemeinen gut sei:
„Day Kundi is the only province in the South where security is generally good, with the exception of Kejran district.“ (UNODC, 18. Dezember 2015, S. 12)
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Bill Roggio, Wissenschaftler für die in den USA ansässige Denkfabrik Foundation for Defense of Democracies und Herausgeber des Long War Journal, veröffentlichte eine gemeinsam mit Caleb Weiss und Patrick Megahan erstellt Karte von Afghanistan, die auf Google Maps basiert und in der ungefähr die Gebiete unter Kontrolle der Taliban oder ihrer Verbündeten (schwarz markiert) oder umkämpfte Gebiete (rot markiert) gekennzeichnet seien. Die Daten zur Erstellung der Karte seien laut den Erstellern über den Zeitraum von einem Jahr gesammelt worden und seien aktuell auf Stand vom 3. März 2016. Insgesamt würden nach Angaben der Autoren derzeit 43 Distrikte in Afghanistan als umkämpft gelten, bei 38 Distrikten gehe man davon aus, dass sie unter Kontrolle der Taliban oder ihrer Verbündeten seien.
(Roggio, Weiss, Megahan, Stand: 3. März 2016)
Die Karte, auf der die einzelnen Distrikte für nähere Informationen angeklickt werden können, finden Sie unter folgendem Link:
· Roggio, Bill / Weiss, Caleb / Megahan, Patrick: Map of Taliban controlled and contested districts in Afghanistan, Stand: 3. März 2016
https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=zDzQXfEc6tT8.k5Httq4pfKEg
Auf der Karte finden sich keine farblich markierten Distrikte in der Provinz Daikundi.
Im Folgenden finden Sie eine Auflistung ausgewählter Vorfälle zwischen Jänner und März 2016:
Am 4. Jänner 2016 schreibt BBC Monitoring in einer englischen Zusammenfassung der Nachrichten von Radio Afghanistan (Kabul), dass zwei Kommandanten illegaler bewaffneter Gruppierungen sich dem Friedensprozess in der Provinz Daikundi angeschlossen hätten:
„Two illegal armed commanders have joined the peace process in Daikondi Provinc” (Radio Afghanistan, 4. Jänner 2016)
Am 18. Jänner 2016 berichtet Voice of Jihad, die Website der afghanischen Taliban, laut einer englischen Zusammenfassung von BBC Monitoring, dass sich ein Kommandant einer Regierungsmiliz („Arbakis“) und seine sieben Männer im Distrikt Gazab der Provinz Daikundi den Taliban angeschlossen hätten:
„A report said that Arbakis [government militia soldiers] Commander Hazrat and his seven men have surrendered to mojahedin of the Islamic Emirate in Gazab District of [southern] Daikondi Province after realizing the truth. They promised to continue cooperation with the Islamic Emirate.” (Voice of Jihad, 18. Jänner 2016)
Am 13. Februar 2016 schreibt BBC Monitoring in einer englischen Zusammenfassung der Nachrichten von Radio Afghanistan (Kabul), dass die Taliban eine Person auf der Straße zwischen Daikuni und Kandahar getötet hätten:
„The Taleban have killed a passenger on Daikondi-Kandahar highway. A local official says the passenger was a resident of Daikondi and used to work as a police.” (Radio Afghanistan, 13. Februar 2016)
Am 2. März 2016 führt BBC Monitoring in einer Liste ausgewählter afghanischer Zeitungen Meldungen der privaten Tageszeitung Sarkhat Daily aus Kabul in einer englischen Zusammenfassung an. Laut Sarkhat Daily würden illegale bewaffnete Gruppierungen in der Provinz Daikundi von gewissen politischen Parteien unterstützt:
„Newspapers published in Kabul 2 Mar 16 […]
Sarkhat Daily (privately run)
1 March […]
Illegal Armed Groups in Daikondi Province enjoy the backing of some political parties. (pp 1,2 530 words in Dari, NPP)” (BBC Monitoring, 2. März 2016)
Die unabhängige afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News (PAN) berichtet im März 2016, dass einflussreiche Personen und religiöse Gelehrte aus verschiedenen Distrikten der Provinz Daikundi Sicherheitsbedenken aufgrund von Bedrohungen aus Nachbarprovinzen geäußert hätten. EinwohnerInnen von Kajran hätten Befürchtungen, dass die unsichere Lage aus dem Distrikt Baghran der Provinz Helmand und der Stadt Charchino der Provinz Uruzgan auf ihren Distrikt übergreifen könne. Der Leiter des Ulema-Rats in Kajran habe PAN mitgeteilt, dass der Distrikt mit einer ernsthaften Sicherheitsbedrohung aus den beiden benachbarten Distrikten konfrontiert sei. Er habe angegeben, die Taliban hätten den Plan, im Rahmen ihrer Frühjahrsoffensive über Kajran nach Zentralafghanistan vorzudringen. Seinen Angaben zufolge habe Mullah Janan, der Taliban-Gouverneur für Daikundi, vor Kurzem Aufständische in Kajran bezüglich ihrer Pläne getroffen. Ein Mitglied des Provinzrates von Kajran habe angegeben, dass mehrere EinwohnerInnen der Provinz Daikundi auf ihrem Weg in die Provinzen Helmand und Uruzgan von Aufständischen getötet oder verletzt worden seien:
„Influential individuals and religious scholars from several districts of central Daikundi province have expressed concern over security threats from neighbouring provinces. […]
Kajran residents feared a possible spillover of insecurity to their area from the Baghran district of Helmand and Charchino town of Uruzgan province. Mohammad Hussain Mahmoodi, head of the Kajran Ulema Council, told Pajhwok Afghan News the district was faced with a serious security threat from the two neighbouring districts. He said the Taliban planned to spread their activities to central Afghanistan through Kajran as part of their spring offensive. He added Mullah Janan, the Taliban’s governor for Daikundi, had recently met militants in Kajran on their plans.
Ibrahim Rahmani, a provincial council member from Kajran, said several residents of Daikundi province had been killed or wounded by the militants en route to Helmand and Uruzgan provinces.“ (PAN, 10. März 2016)
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 25. März 2016)
· BBC Monitoring: Press selection list for Afghan newspapers 2 Mar 16 (verfügbar auf BBC Monitoring)
· EASO - European Asylum Support Office: Afghanistan Security Situation, Jänner 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1454492894_easo-coi-afghanistan-security-situation-bz0416001enn-fv1.pdf
· HNA - Hessische/Niedersächsische Allgemeine: Todesangst gehabt: Junge Afghanen fliehen vor dem Krieg, 11. Oktober 2015
http://www.hna.de/lokales/frankenberg/todesangst-gehabt-junge-afghanen-fliehen-krieg-gemuenden-fuehlen-sich-sicher-5630056.html
· PAN - Pajhwok Afghan News: Daikundi governor pledges improved security, 10. März 2016
http://www.pajhwok.com/en/2016/03/10/daikundi-governor-pledges-improved-security
· Radio Afghanistan: Programme summary of Radio Afghanistan news in Dari 1530 gmt 4 Jan 16, 4. Jänner 2016 (zitiert nach BBC Monitoring)
· Radio Afghanistan news: Programme summary of Radio Afghanistan news in Dari 1530 gmt 13 Feb 16, 13. Februar 2016 (zitiert nach BBC Monitoring)
· Roggio, Bill / Weiss, Caleb / Megahan, Patrick: Map of Taliban controlled and contested districts in Afghanistan, Stand: 3. März 2016
https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=zDzQXfEc6tT8.k5Httq4pfKEg
· UNODC - UN Office on Drugs and Crime: Afghanistan Opium Survey 2015; Cultivation and Production, 18. Dezember 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/file_upload/1788_1451315600_afghan-opium-survey-2015-web.pdf
· Voice of Jihad: [Taleban say commander with seven men join them in Afghan south], 18. Jänner 2016 (zitiert nach BBC Monitoring)