Dokument #1038786
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor)
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1) Lage der Turkmenen
In einem Überblick zu den irakischen Turkmenen vom März 2015 schreibt die Unrepresented Nations and Peoples Organization (UNPO), eine internationale Organisation, die sich für die Rechte von indigenen Völkern und Minderheiten einsetzt, dass es sich bei den irakischen Turkmenen um eine Gemeinschaft von rund drei Millionen Menschen handle, die vorrangig in den irakischen Gouvernements Mosul, Erbil, Kirkuk, Salahaddin, Diya, Bagdad und Wasit beheimatet seien. Sie würden die drittgrößte ethnische Gruppe im Irak stellen (13 Prozent der Bevölkerung) und seien seit Juli 2012 offiziell als eine der drei großen ethnischen Komponenten des Landes anerkannt. Die Turkmenen würden Kirkuk als ihre Hauptstadt ansehen. Wie die UNPO weiters anführt, würden die nationale Regierung in Bagdad und die kurdische Regionalregierung um die Kontrolle der ölreichen Stadt, deren Bevölkerung unter anderem aus Arabern, Kurden, Turkmenen und Christen bestehe, kämpfen. Die Turkmenen würden sich hinsichtlich ihrer Sprache und Kultur sowohl von den Arabern als auch den Kurden unterscheiden. Ihnen würden kontinuierlich politische Rechte vorbehalten, außerdem seien sie systematischen Assimilierungsversuchen von kurdischer oder arabischer Seite ausgesetzt:
„The Iraqi Turkmen are a community of around 3 million, predominantly present in the Iraqi provinces of Mosul, Erbil, Kerkuk, Salahaddin and Diya, Baghdad and Wasit. They represent the third largest ethnic group in Iraq (13% of the population) and, since 29 July 2012, they are officially recognized by the Iraqi Parliament as one of the three main ethnic components of the country’s population. Kerkuk is considered by the Turkmen as their capital city. This area, within the ‘Turkmeneli’ region of Iraq, produces nearly 20% of the Iraqi and 2.2% of the world’s petroleum. The Turkmen region has large natural resources such as oil, gas and Sulphur. In addition, there is an abundant production of wheat and cotton. However, the national Government in Baghdad and the Kurdistan Regional Government (KRG) constantly fight for the control of the oil-rich city, which has harbored for centuries a diverse population including Arabs, Kurds, Turkmens and Christians. The Turkmens are distinct in language and culture from both their neighbours, the Arabs and Kurds. Yet, the Turkmens are continuously denied political rights and systematically face attempts to assimilate them in the Kurdish or Arab identity.” (UNPO, 11. März 2015)
Auch das Europäische Parlament schreibt in einem im Februar 2015 veröffentlichten Kurzbericht zur Lage von Minderheiten im Irak, dass die Turkmenen, eine vorrangig islamische Gemeinschaft (Sunniten und Schiiten) mit einigen Tausend christlichen Mitgliedern, großem Assimilierungsdruck von kurdischer und arabischer Seite ausgesetzt seien. Wie der Kurzbericht weiters anführt, habe der Level der Gewalt gegen Minderheiten (unter anderem Turkmenen) in Gebieten, die unter die Kontrolle des IS gefallen seien, dramatisch zugenommen:
„Iraqi minorities (Turkmens, Yazidis, Christians and other smaller communities) have long been discriminated against in Iraq. Violence against them has increased dramatically in areas of Iraqi territory that have fallen under the control of the Islamist terrorist group that has declared itself 'the Islamic State' (known variously as IS, ISIS or ISIL, and by the Arabic acronym 'Daesh' or 'Da'esh').” (Europäisches Parlament, Februar 2015, S. 1)
„Turkmens […] Within this predominantly Islamic community, Sunnis and Shias are in almost equal proportion. A few thousand are Christians. They are under strong assimilative pressure, both from the Kurds and the Arabs.” (Europäisches Parlament, Februar 2015, S. 3)
Im oben angeführten Überblick führt die UNPO mehrere Vorfälle an, bei denen Turkmenen zu Schaden gekommen seien. So sei im März 2014 ein Vertreter der Turkmenenfront des Irak (ITF) (politische Bewegung, die den Anspruch hat, alle Turkmenen im Irak zu vertreten, Anm. ACCORD) erschossen worden. Im Anschluss an den Vorfall habe der Vorsitzende der ITF die irakische Regierung aufgefordert, turkmenische Parlamentsabgeordnete zu schützen. Dem Vorsitzenden zufolge hätten die Angriffe auf ITF-Mitglieder das Ziel, Angst unter den irakischen Turkmenen zu verbreiten.
Anlässlich der Parlamentswahlen im April 2014 sei es in der multiethnischen Stadt Kirkuk zu Gewalt zwischen AnhängerInnen verschiedener politischer KandidatInnen gekommen. Nach den Wahlen habe der ITF-Vorsitzende beklagt, die Wahlen seien für die irakischen Turkmenen nicht reibungslos verlaufen. Mitglieder der Gemeinschaft seien auf ihrem Weg ins Wahllokal mit gravierenden Hindernissen konfrontiert gewesen. Am Tag zuvor hätten einige schwere Explosionen in turkmenischen Gebieten stattgefunden, die das Ziel gehabt hätten, Turkmenen einzuschüchtern und sie davon abzuhalten, wählen zu gehen, so der ITF-Vorsitzende.
Die irakischen Turkmenen seien im Jahr 2014 auch im Zusammenhang mit dem Islamischen Staat (IS) mit vielen Problemen konfrontiert gewesen. So habe im September 2014 ein irakisch-turkmenischer Parlamentsabgeordneter angegeben, dass mindestens 350.000 irakisch-turkmenische Flüchtlinge vom Verhungern bedroht seien, da sie von der Regierung nicht finanziell unterstützt würden. Die irakischen Turkmenen würden in großem Ausmaß zum Angriffsziel des IS, da sie eine der größten ethnischen Minderheiten des Landes darstellen würden. Im Februar 2015 hätten IS-Kämpfer 450 TurkmenInnen im Irak entführt. Darüber seien im Sommer 2014 hunderte ZivilistInnen, darunter TurkmenInnen und JesidInnen, von IS-Kämpfern entführt worden, deren weiteres Schicksal unbekannt sei.
Wie die UNPO anführt, habe es im Jahr 2014 allerdings auch einige positive Entwicklungen gegeben. So sei die turkmenische Sprache im November 2014 vom Parlament Irakisch-Kurdistans neben Arabisch und Kurdisch zur offiziellen Sprache erklärt worden. Das Gesetz beziehe sich auf alle Gebiete, in denen die Turkmenen mehr als 20 Prozent der Bevölkerung stellen würden:
„On 17 March 2014, an official of the Iraqi Turkmen Front (ITF) was shot dead. In consequence of the killing, the head of the ITF called on the Iraqi government to offer protection to Turkmen lawmakers. According to him, the attacks on ITF members had the aim to scare Iraqi Turkmens.
On 30 April 2014, legislative elections took place in Iraq. In the multi-ethnic province of Kirkuk, the election campaigns caused disputes, as Kirkuk is home to a number of different ethnicities, and as the elections would show ‘who really owns this troubled province’. Due to the disputes, there were tensions between the political candidates and consequent physical violence between supporters. During the last general elections in 2010, the Iraqi Turkmen won two out of twelve seats, while the Iraqi Kurdish parties won six, and the Sunni Muslim Arabs four.
After the 2014 elections, the leader of the ITF, Arshad Al-Sahili, felt that the elections had run far from smoothly for the Iraqi Turkmen. He claimed that members of the community had to face severe impediments to get to the polling stations. According to Al-Sahili, the day before election-day there were severe explosions in Turkmen areas. The aim of these explosions was to intimidate Turkmens and to discourage them from voting. This resulted in a very low turnout at the election, as most people were afraid to leave their homes.
Furthermore, in 2014, after months of displacement, Iraqi Turkmen families returned to their destroyed homes. In the same year, the Iraqi Ministry of Immigration and Migrants recorded ten thousand internally displaced persons. This was a result of the tragic march of the Islamic State, which started its attacks on the northern province of Mosul earlier that year.
Iraqi Turkmens have had many issues as a result of the IS in 2014 (for more information see the timeline of events regularly updated by UNPO). In September 2014, Nahla Sallamah, an Iraqi Turkmen Member of Parliament, alleged that at least 350,000 Iraqi Turkmen refugees were facing starvation as consequence of the repeated IS offensives. Sallamah stated that the Turkmen refugees were in danger of starvation because the government failed to financially support them. The Iraqi Turkmens have been widely targeted by the IS, as they are one of the largest ethnic minority group in Iraq.
In February 2015, ISIS militants have kidnapped 450 Turkmen civilians in Iraq. Moreover, in the summer of 2014, ISIS militants have kidnapped hundreds of civilians. These include Turkmen and Yazidi girls, whose fate remains unknown.
However, there was also some positive news in 2014. In November, in fact, the Turkmen language has been declared as one of the official languages by the Parliament of the Kurdistan Regional Government (KRG), in addition to Arabic and Kurdish. The law applies to all areas where the Turkmen population exceeds 20 per cent.” (UNPO, 11. März 2015)
Die panarabische, englischsprachige Wochenzeitung The Arab Weekly geht in einem Artikel vom Oktober 2015 auf die Lage der Turkmenen im Irak ein. Wie der Artikel anführt, handle es sich bei den Turkmenen nach den Arabern und Kurden um die drittgrößte ethnische Gruppe des Landes, die in ihrer Geschichte Vertreibung, Isolation, Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt gewesen sei. Gegenwärtig seien die Turkmenen in der irakischen Politik unterrepräsentiert und ihr Schicksal werde weithin ignoriert. Turkmenische Städte im Irak seien von IS-Kämpfern bei Angriffen, bei denen Dutzende Personen getötet worden seien, geplündert und eingenommen worden. Andernorts im Irak seien Turkmenen von Gruppen entführt worden, die Lösegeld gefordert hätten.
Wie der Artikel weiters anführt, würden die Turkmenen mehrere Gebiete im Land, vor allem im Norden Iraks, bewohnen. Die Gebiete dort würden sie sich mit den Kurden teilen, die sie unter Kontrolle halten würden. Die Turkmenen seien entweder Sunniten oder Schiiten. Bei vielen handle es sich um Fachkräfte („professionals“), doch nur wenige hätten im Irak öffentliche Ämter inne. Im 328 Mitglieder umfassenden irakischen Parlament seien nur zwei Sitze von Turkmenen besetzt.
Obwohl die irakischen Turkmenen in der Verfassung von 1925 als ein konstitutiver Bestandteil des Landes anerkannt worden seien, sei ihnen dieses Privileg später wieder entzogen worden. Erst im Juli 2012 habe das irakische Parlament die Turkmenen als drittgrößte ethnische Gruppe des Landes anerkannt.
An anderer Stelle zitiert der Artikel den ehemaligen Minister für Technologie und Wissenschaft, Rashad Mendan Omar, dem zufolge die Turkmenen zu Opfern von Erpressung durch religiöse und politische Gruppen geworden seien. Im Jahr 2006 seien zehn Millionen US-Dollar als Lösegeld für ein entführtes Mitglied der turkmenischen Gemeinschaft gezahlt worden. Dem ehemaligen Minister für Menschenrechte Mahdi al-Bayati zufolge seien im vorangegangenen Jahr 770 TurkmenInnen vom IS getötet und mindestens 960 weitere verletzt worden. 350 TurkmenInnen, darunter Frauen und Kinder, würden vermisst. Darüber hinaus seien 590.000 TurkmenInnen innerhalb des Irak vertrieben worden.
Laut Sami Bayatli, einem Mitglied des Stadtrats in Kirkuk, werde den Turkmenen ein Mitspracherecht in den Gebieten, die sie sich mit anderen ethnischen Gruppen teilen würden, vorenthalten. Letztere hätten die Stadtgrenzen in Erwartung der Aufteilung des Irak in drei Teile gezogen – Kurden im Norden, Sunniten im Zentrum und Schiiten im Süden:
„Iraq’s Turkmen are the country’s third largest ethnic group after Arabs and Kurds but the community of nearly 3 million people has endured displacement, isolation, discrimination and violence throughout its history.
Today, the Turkmen remain underrepresented in Iraqi politics and their plight is largely ignored. Regionally, Turkey is close to Iraq’s Turkmen. They share a dialect spoken in Istanbul and historically they have had close ties. Recently, however, Iraqi Turkmen have complained that they were bypassed as Turkey consolidated ties with Iraq’s Kurds, with whom the Turkmen share territory in northern Iraq. Turkmen towns in Iraq were ransacked and seized by Islamic State (ISIS) militants in attacks that killed scores of people. Elsewhere in Iraq, Turkmen are kidnapped by groups seeking ransom. […]
Turkmen — who have ruled Iraq six times over the centuries — inhabit various areas across the country but mainly dwell in the north. There they share territory with the Kurds, who keep them under check.
Iraq’s Turkmen are part of the Turkic people found mainly in Central Asian regions of Iran, Turkmenistan, Afghanistan, northern Pakistan and the North Caucasus. But Iraqi Turkmen observe certain cultural traditions evinced by the larger society. They are adherents of either the Sunni or Shia sects of Islam. Many are professionals but few hold public posts in Iraq. In the 328-seat Iraqi parliament, Turkmen have only two seats.
Although they were recognised as a constitutive entity of Iraq in the constitution of 1925, Iraqi Turkmen were later stripped of that privilege. It was not until July 2012 that Iraq’s legislature recognised the Turkmen as the country’s third largest ethnic group. […]
Rashad Mendan Omar, a former minister of technology and science, said the Turkmen had been victims of blackmail by religious and political groups. In 2006, Turkmen paid $10 million in ransom for the return of abducted community members, Omar said. Former Iraqi Human Rights minister Mohammed Mahdi al-Bayati said 770 Turkmen were killed by ISIS in the past year, at least 960 others were wounded and 350, including women and children, are missing. At least 590,000 Turkmen have been displaced in Iraq, Bayati added.
[Sami] Bayatli, the Kirkuk city council member, said Turkmen are even deprived of having a word in the areas they share with other ethnic groups, which have drawn city limits in anticipation of Iraq’s division into three parts — Kurds in the north, Sunnis in the centre and Shias in the south.” (The Arab Weekly, 2. Oktober 2015)
Middle East Eye, ein in London ansässiges Online-Nachrichtenportal, das über Ereignisse in Zentral- und Westasien berichtet, schreibt in einem Artikel vom August 2015, dass die irakischen Turkmenen auch zwölf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins immer noch um ihre Rechte und ihr Überleben kämpfen würden.
Wie Angehörige vieler anderer Minderheiten auch, seien Turkmenen dem schnellen Vordringen des IS im vergangenen Sommer zum Opfer gefallen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels verlaufe die Frontlinie zwischen den kurdischen Peschmerga und dem IS durch turkmenische Gebiete, die sich von Syrien bis in den Iran erstrecken würden. Während Kirkuk einer Einnahme durch den IS entkommen sei, würden sich mehrheitlich turkmenische Städte wie Tal Afar weiterhin in den Händen des IS befinden.
Abseits der Frontlinien seien die Turkmenen mit einem anderen Kampf konfrontiert, dem gegen die Kurden. Im August 2015 habe die Turkmen Rescue Supreme Commission, eine turkmenische Aktivistengruppe, eine Stellungnahme abgegeben, in der dem kurdischen Gouverneur Kirkuks eine diskriminierende Politik mit dem Ziel, die Turkmenen aus der Stadt zu vertreiben („uprooting“), vorgeworfen worden sei. Wie der Artikel anführt, fühle sich die turkmenische Gemeinschaft im Irak so verletzlich wie noch nie.
Seitdem die irakische Armee vor dem herannahenden IS im vergangenen Sommer aus Kirkuk zurückgewichen sei, befinde sich die Stadt, zum Ärger vieler Turkmenen, unter Kontrolle der Peschmerga. Diese Kontrolle sei allumfassend und selbst den von der Regierung unterstützten Volksmobilisierungseinheiten sei es anscheinend verboten, die Stadt zu betreten.
Laut Sami Kolsuz, einem hochrangigen Vertreter der turkmenischen Hak-Partei, werde auf die Turkmenen von zwei Seiten Druck ausgeübt: Bagdad erkenne ihnen immer mehr Rechte ab, während Erbil (als Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, Anm. ACCORD) ihnen ebenfalls Rechte aberkenne und von ihnen verlange, Kirkuk als rechtmäßiges Eigentum Erbils anzuerkennen. Kolsuz zufolge sei den Turkmenen während der Zeit Saddam Husseins nicht erlaubt gewesen, politische Parteien zu gründen. Deshalb habe man auf politischem Feld im Vergleich zu den Kurden keine Erfahrung. Dem Artikel zufolge hätten turkmenische PolitikerInnen derzeit lediglich knapp über 20 Prozent der Sitze im Stadtrat Kirkuks inne, obwohl die Turkmenen laut Angaben turkmenischer Anführer fast ein Drittel der Stadtbevölkerung ausmachen würden.
In den Augen des Stadtratmitglieds Kasim Kazanzi erstrecke sich die mangelnde Repräsentation der Turkmenen auch auf die öffentliche Verwaltung. Man wolle keine Spaltungen („sectarianism“) innerhalb der Militärbasen, der Polizei und der Regierungsgebäude, aber genau das sei, was passiere:
„In 1991 as rebellion ignited across Iraq, Turkmen left their homes and took up arms, ready to wage war against Saddam Hussein's crack troops and resist his genocidal campaign against Iraq's minorities. Twelve years after the fall of Saddam, Iraqi Turkmen are still fighting for their community's rights and survival. […]
Like so many other minority groups, Turkmen fell victim to the Islamic State (IS) group's rapid advance across Syria and Iraq last summer. Currently, the frontlines between Kurdish Peshmerga forces and IS straddle ancestral Turkmen lands, which stretch from Syria to Iran. While Kirkuk escaped IS capture, Turkmen-majority towns like Tal Afar remain in IS's hands. […]
But away from the frontlines, Turkmen still face another battle, one against the Kurds they fought and died with under Saddam. Earlier this month, the Turkmen Rescue Supreme Commission, a Turkmen activist group, released a statement condemning Kirkuk's Kurdish governor for discriminatory policies allegedly aimed at uprooting Turkmen from the city. While they have been in Iraq for more than a millennium, their community feels more vulnerable than ever. […]
Since the national army fled in the face of IS last summer, the city has been firmly under Peshmerga control, sparking anger among many Turkmen. […] Peshmerga control over the city is total, with even the government-backed Popular Mobilisation Units (PMU) ostensibly banned from entering the city limits. […]
But Turkmen grievances aren't reserved just for Erbil. Since the 2003 US occupation of Iraq, successive Iraqi governments have failed to address the issue of minority political representation. ‘We are between two pressures: pressure from Baghdad and pressure from Erbil,’ said [Sami] Kolsuz [a senior figure in the Turkmen Hak Party]. ‘The pressure from Baghdad is to take more of our rights as humans and as a people of Iraq but the pressure from Erbil is twofold: taking our rights and putting pressure on us to accept Kirkuk as the rightful property of Erbil.’
Even the Turkmen's lack of political experience - a point of particular consternation - has roots in historical discrimination. ‘Saddam's regime didn't allow us to set up political parties, so we have no experience compared to the Kurds in this field,’ Kolsuz said. Currently Turkmen politicians hold just over 20 percent of seats on Kirkuk's city council, while Turkmen leaders say they make up nearly a third of the city.
For city council member [Kasim] Kazanzi, the lack of Turkmen representation extends into public administration. ‘We don't want sectarianism inside military bases, inside the police, inside any government building - but that happens,’ he said. ‘So we want everything balanced [ethnically], everything justified, so we can work together and live together in this country.’” (Middle East Eye, 20. August 2015)
Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo schreibt in einem im Juli 2015 veröffentlichten Bericht zur Sicherheitslage im Gouvernement Kirkuk im Zeitraum von Mai bis Juni 2015, dass die Turkmenen unter großen Druck geraten seien, als der IS im vergangenen Sommer Teile des Gouvernements eingenommen habe. Insbesondere für schiitische Turkmenen sei der IS eine existenzielle Bedrohung gewesen und viele seien geflohen. Die Beziehung zwischen Turkmenen und Kurden in Kirkuk sei einigermaßen problematisch, allerdings habe Landinfo keine Berichte unabhängiger Quellen über systematischen Missbrauch von Turkmenen durch Kurden gefunden. Ein solches Verhalten könnte heutzutage wahrscheinlich Gegenmaßnahmen durch die großen schiitischen Milizen hervorrufen. Abgesehen von solch speziellen prekären Situationen, wie weiter oben im Zusammenhang mit dem IS erwähnt, gebe es keine Hinweise darauf, dass die Turkmenen im Generellen einer Gefahr ausgesetzt seien:
„Turkmenerne kom under et dramatisk press da ISIL invaderte deler av provinsen i fjor sommer. Særlig for de sjiamuslimske turkmenerne ble ISIL i en periode en eksistensiell trussel, og mange flyktet. I Kirkuk har turkmenerne, som tidligere beskrevet, et noe problematisk forhold til kurderne, men vi har ikke sett rapporter fra uavhengige kilder om systematiske overgrep mot dem fra kurdisk side. En slik fremferd ville antakelig i dag kunne ha utløst mottiltak fra de store sjiamilitsene. Utover slike spesielle dramatiske situasjoner som nevnt over, har vi ingen indikasjoner på at turkmenerne er utsatt på generelt grunnlag.“ (Landinfo, 2. Juli 2015, S. 17)
TRT World, der englischsprachige Nachrichtensender der türkischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft TRT, berichtet im Oktober 2015, dass einer Quelle im Gouvernement Kirkuk zufolge der Leiter des dortigen Sicherheitsinformationsdienstes, Aydan Hussein Rifat, von Unbekannten im Zentrum der Stadt Kirkuk erschossen worden sei. Niemand habe sich zu dem Angriff bekannt, allerdings werde vermutet, dass die Ermordung ein Versuch gewesen sei, ethnische Gewalt in der Stadt zu entfachen.
Darüber hinaus seien in den vergangenen 24 Stunden bei einem Angriff Bewaffneter im Bezirk Tuz Khurmatu (Gouvernement Saladin) vier Personen, darunter ein Turkmene, getötet worden. Wie TRT World anführt, sei das Gouvernement Kirkuk seit langem mit ethnischen Spannungen konfrontiert. Die Region sei ein Schlüssel für den Erfolg nationaler Friedensbemühungen zwischen Kurden, Arabern und Turkmenen.
Am 25. Juli 2015 seien laut Polizeiangaben mindestens zwölf Personen getötet und 45 weitere verletzt worden, als zwei Selbstmordattentäter ein Schwimmbad in Tuz Khurmatu angegriffen hätten. Bei den meisten Opfern habe es sich um Schiiten von der turkmenischen Minderheit gehandelt:
„A source in the Iraqi province of Kirkuk reported on Thursday that the Security Intelligence Director of Kirkuk Aydan Hussein Rifat and his guard were killed in an armed attack carried out by unknown militants in the centre of Kirkuk, which is located 250 km north of Baghdad. Rifat, an Iraqi Turkmen, and his guard were passing the busiest street of Kirkuk, Baghdad Way, by car when gunmen opened fire on their vehicle. […]
No group or individual has yet claimed responsibility for the attack. The assasination was allegedly carried out in an attempt to incite ethnic violence in the city. Four people, including one Turkmen, were also killed in an armed attack by gunmen in the Tuz Khurmatu county of Saladin province in Iraq in the last 24 hours. Iraq's Kirkuk Province has long witnessed ethnic tensions. The region holds the potential to make or break national peacemaking efforts between Kurds, Arabs and Turkmen. At least 12 people were killed on July 25 when two suicide bombers attacked a crowded swimming pool in Tuz Khurmatu, northern Iraq, a local official and police sources said, while forty five others were wounded in the attack. Most of the victims were Shiites from the Turkmen minority.” (TRT World, 9. Oktober 2015)
Die Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) schreibt in einem Artikel vom Jänner 2016, dass turkmenische Anführer im Irak die Kurden des Landes beschuldigt hätten, den Krieg gegen den IS zu nutzen, um einen Graben zur Stärkung ihrer Machtposition in Gebieten im Nordirak auszuheben. Kurdische Vertreter hätten allerdings betont, der Graben sei kein politischer Akt sondern eher eine rein defensive Maßnahme zum Schutz vor Angriffen durch Selbstmordattentäter des IS.
Die Turkmenen seien eine der größten ethnischen Minderheiten des Irak und viele ihrer Zentren lägen in umstrittenen Gebieten, die sich außerhalb Irakisch-Kurdistans befinden aber von den Kurden beansprucht würden. Die kurdischen Peschmerga hätten viele dieser Gebiete im Anschluss an eine IS-Offensive im Juni 2014 eingenommen.
Wie AFP anführt, sei laut Angaben turkmenischer Offizieller mit dem Ausheben des Grabens in Gegenden um die ölreiche Stadt Kirkuk sowie in der Jalawla-Region in der Nähe der iranischen Grenze begonnen worden. Laut einem Aktivisten der Turkmen Rescue Foundation werde der Graben dafür verwendet, kurdisch-nationalistische Bestrebungen zu stärken. Bei 70 bis 80 Prozent der Gebiete, die an das Gebiet Irakisch-Kurdistans angeschlossen werden sollten, handle es sich um turkmenische Gebiete. Die Kurden würden Tal Afar, Kirkuk und Tuz Khurmatu anschließen, sollte die Regierung das Gesetz zum Erhalt der Einheit des Irak nicht durchsetzen, so der Aktivist:
„Iraqi Turkmen leaders on Monday accused the country's Kurds of exploiting the war on jihadists to dig a trench that would strengthen their grip on expanded territory. Officials from the Turkmen minority said the Kurdistan Regional Government (KRG) was digging the trench roughly following conflict lines between the Islamic State group and Kurdish forces across northern Iraq. Kurdish officials insisted the trench was not a political act but rather a purely defensive measure aimed at preventing attacks by IS suicide car bombers. […] The Turkmens are one of Iraq's largest ethnic minorities and many of their hubs are in disputed areas, which are just beyond the KRG borders but claimed by the Kurds. The Kurdish peshmerga took over many of those areas on the back of the June 2014 IS offensive that saw the Iraqi federal security forces collapse completely. […] The trench has not been dug there yet but work has begun in areas around the oil-rich city of Kirkuk and in the Jalawla region near the Iranian border, they [Turkmen officials] said. Mehdi Saadoun, an activist from the Turkmen Rescue Foundation, said the trench was being used to further Kurdish nationalist ambitions. ‘Seventy to 80 percent of the areas to be included on the KRG side are Turkmen areas,’ he said. ‘They will include Tal Afar, Kirkuk (and) Tuz Khurmatu if the government does not enforce the law on preserving the unity of Iraq,’ Saadoun said.” (AFP, 11. Jänner 2016)
In einem Bericht vom Dezember 2015 geht das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum unter Bezugnahme auf verschiedene Quellen auf die Lage von Turkmenen in Bagdad ein. Laut Landinfo verfüge es hinsichtlich der Anzahl der Turkmenen in Bagdad lediglich über eine Angabe einer turkmenischen Quelle (Stichting Onderzoekscentrum Iraaks Turkmeense Mensenrechten, SOITM) aus dem Jahr 2005. Dieser Angabe zufolge habe es zum damaligen Zeitpunkt 50.000 turkmenische Familien in der irakischen Hauptstadt gegeben. Zur Frage, wo die Turkmenen in Bagdad leben würden, habe Landinfo keine Informationen gefunden. Der internationalen Menschenrechtsorganisation Minority Rights Group (MRG) zufolge seien Minderheiten im Allgemeinen von der umfassenden und religiös motivierten Segregation, die in Bagdad in den vergangenen zehn Jahren stattgefunden habe, betroffen gewesen. MRG gehe außerdem davon aus, dass Minderheiten im Allgemeinen nur einen mangelhaften Schutz durch die Behörden erhalten würden. Ob sich dies nur auf Turkmenen in Bagdad beziehe, wisse Landinfo jedoch nicht.
Im September 2014 habe die International Organization for Migration (IOM) berichtet, dass schiitisch-turkmenische Binnenvertriebene in Moscheen und Militärlagern im Bagdader Bezirk Rusafa untergebracht seien. Laut IOM seien zwischen Juni und September 2014 rund 880 schiitisch-turkmenische Familien nach Rusafa gekommen. Wie sich die turkmenische Bevölkerung in Bagdad sonst auf Sunniten und Schiiten aufteile, wisse Landinfo nicht. Darüber hinaus habe Landinfo keine Berichte über gezielte Angriffe auf Turkmenen in Bagdad gefunden:
„Det eneste tallet vi har for Bagdad, er fra en turkmensk kilde (SOITM 2005), som i 2005 hevdet at det var 50 000 turkmenske familier der. Hvor i Bagdad turkmenerne holder til, finner vi ikke informasjon om. Ifølge menneskerettighetsgruppen Minority Rights Group International (MRG 2015) har minoriteter generelt i Bagdad blitt rammet av den omfattende og religiøst betingete segregeringen som har funnet sted i byen de siste ti årene. Hva de mer presist mener med det, er uklart, men muligens kan det tyde på at også turkmenerne har delt seg i sunni og sjia, slik at et større eller mindre antall kan ha flyttet til strøk der sunnier, respektive sjiaer, dominerer. Dette blir imidlertid bare en antakelse fra vår side. MRG (2015) mener også at minoriteter generelt får dårlig beskyttelse fra myndighetenes side. Om det gjelder akkurat turkmenerne i Bagdad, vet vi imidlertid ikke.
I september 2014 meldte IOM (s. 2) at sjiamuslimske turkmenske internflyktninger hadde fått tilhold i moskeer og militærleirer i Rusafa bydel i Bagdad. Turkmenerne skal ha kommet fra Ninewa, Kirkuk, Diyala og Salah al Din. Ifølge IOM (2014, s. 2) kom det om lag 880 sjiamuslimske turkmenske familier til Rusafa mellom juni og september 2014. Hvordan den turkmenske befolkningen i Bagdad for øvrig fordeler seg på sunni og sjia, vet vi ikke. Landinfo har ikke funnet rapporteringer om målrettede angrep på turkmenere i Bagdad.” (Landinfo, 22. Dezember 2015, S. 1)
[Passage aus dem Asylbericht des Auswärtigen Amtes entfernt]
2) Sicherheits- und sozioökonomische Lage in der Autonomen Region Kurdistan und in der Stadt Kirkuk
Für Informationen zur Sicherheits- und sozioökonomischen Lage in der Autonomen Region Kurdistan (insbesondere im Gouvernement Sulaymaniyah und in Erbil), siehe folgende ACCORD-Anfragebeantwortung vom Dezember 2015:
· ACCORD
- Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation:
Anfragebeantwortung zum Irak: Aktuelle Sicherheits- und allgemeine Lage in der
Autonomen Region Kurdistan, insbesondere im Gouvernement Sulaymaniyah und in
Erbil [a-9444], 23. Dezember
2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/317901/456853_de.html
Im Länderinformationsblatt Irak vom Dezember 2015, das im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der International Organization for Migration (IOM) verfasst wurde, finden sich unter anderem allgemeine Informationen zum Arbeitsmarkt, zur Wohnsituation und zum Sozialwesen im Irak. Der Abschnitt zur Wohnsituation enthält auch Informationen zu den Mietpreisen in den Städten der Autonomen Region Kurdistan:
·
IOM - International Organization for Migration: Iraq - Country
Fact Sheet 2015, Dezember 2015 (veröffentlicht von ZIRF)
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698617/17609536/17926978/Irak_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927207&vernum=-2
Im Folgenden finden sich Informationen zur Sicherheits- und sozioökonomischen Lage in der Stadt Kirkuk:
Das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW), das sich selbst als überparteiliche Forschungsorganisation im Bereich Militärangelegenheiten bezeichnet, stellt auf seiner Website Landkarten mit den Einflusszonen der verschiedenen Konfliktakteure („Iraq Control of Terrain Map“) zur Verfügung. Die letzte verfügbare dieser Karten datiert vom 25. November 2015, die Stadt Kirkuk ist dort als eine von den Peschmerga der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) kontrollierte Stadt markiert:
·
ISW - Institute for the Study of War:
Iraq Control of Terrain Map: November 25, 2015, 25. November
2015
http://understandingwar.org/sites/default/files/Iraq%20Blobby%20map%2025%20NOV%202015_0.pdf
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet im Dezember 2015, dass unbekannte Bewaffnete in der Stadt Kirkuk einen hochrangigen Vertreter der irakischen staatlichen North Oil Company (NOC) getötet hätten. Bei dem Vorfall seien laut Polizeiangaben außerdem ein weiterer Mitarbeiter des Unternehmens getötet und zwei Mitarbeiter schwer verletzt worden.
Die ethnisch gemischte Stadt Kirkuk befinde sich seit Juni 2014 unter kurdischer Kontrolle. Die Anzahl der Bombenanschläge in der Stadt habe seitdem abgenommen, allerdings habe es eine Welle an Ermordungen gegeben, von denen viele Araber zum Opfer gehabt hätten. Kirkuk, seit langem ein Unruheherd, werde sowohl von den Kurden als auch von den Arabern und Turkmenen für sich beansprucht:
„Gunmen shot dead a senior employee of Iraq’s state-run North Oil Company (NOC) on Monday, the third company official to be killed in the past four months, police and sources within the company said. Deputy inspector-general Hassan Salim and three other employees were driving to their office in the northern oil city of Kirkuk when assailants in a speeding car sprayed their minibus with bullets. Salim and another employee were killed instantly and the two other passengers were seriously wounded, police sources said. Nobody claimed responsibility for the killings and police investigations have yet to uncover the perpetrator, according to a police officer in the investigating team.
The ethnically mixed city of Kirkuk has been under Kurdish control since June 2014, when Islamic State overran the north of the country and Iraqi security forces collapsed. The number of bombings in the city has decreased since the Kurds took over, but there has been a wave of assassinations, many of them targeting Arabs. Kirkuk is subject to competing claims of Kurds, Arabs and Turkmen and has long been a flashpoint.” (Reuters, 14. Dezember 2015)
In einem im Oktober 2015 veröffentlichten Artikel von Reuters und dem internationalen Nachrichtensender VICE News wird erwähnt, dass kurdische Kräfte IS-Kämpfer aus Dörfern unweit der Stadt Kirkuk vertrieben und Gebiete zurückerobert hätten. Durch den Vorstoß sei die kurdische Kontrolle über die ölreiche Stadt konsolidiert worden, außerdem seien kurdische Kämpfer näher an die IS-Hochburg Hawijah, rund 34 Meilen westlich von Kirkuk, herangerückt.
Wie der Artikel anführt, würden kurdische Kräfte Kirkuk erbittert verteidigen, seitdem sie im vergangenen Sommer die Kontrolle über die Stadt errungen hätten. Kurdische Anführer hätten angegeben, die ethnisch gemischte Stadt, die sowohl von den Kurden als auch von den Arabern und Turkmenen für sich beansprucht werde, niemals aufgeben zu werden:
„Kurdish forces drove Islamic State militants out of villages near the Iraqi city of Kirkuk and retook nearly 55 square miles of territory from the rebel group in an offensive backed by US-led coalition airstrikes, according to a statement from the Kurdistan Region Security Council (KRSC). The assault early on Wednesday morning consolidated Kurdish control over the strategic, oil-rich city of Kirkuk in northern Iraq, bringing Kurdish fighters closer to the IS stronghold of Hawijah, about 34 miles to the west. […]
Kurdish forces have been fiercely defending the city since they took control of it last summer, after the Islamic State took over wide swaths of Iraq, including Hawijah, which prompted Iraqi soldiers to flee Kirkuk. Kurdish leaders say they will never give up the ethnically mixed city, which they, as well as Turkmen and Arabs, claim as their own.” (Reuters / VICE News, 1. Oktober 2015)
Das kurdische Mediennetzwerk Rudaw schreibt in einem Artikel vom Juli 2015, dass die Peschmerga die Stadt Kirkuk kontrollieren würden und sich dort ein zerbrechliches Sicherheitsgefühl eingestellt habe. Die kurdischen Kräfte würden von den irakischen Sicherheitskräften und, außerhalb der Stadtgrenzen, von den schiitischen Milizen (Volksmobilisierungseinheiten) unterstützt. Die Sicherheitskräfte würden aufmerksam über die Stadt wachen, die im Jahr 2014 heftigen Angriffen des IS ausgesetzt gewesen sei. Die verbesserte Sicherheitslage scheine die Spannungen auf den Straßen der Stadt abgeschwächt zu haben, obwohl nahegelegene Dörfer in der ölreichen Region regelmäßig vom IS angegriffen würden. Die Großstadt Hawija, 48 Kilometer südlich von Kirkuk, werde vollständig vom IS kontrolliert.
Seit die Peschmerga Kirkuk im Jahr 2014 vor den Extremisten gesichert hätten, würden die Kurden Anspruch auf die Stadt erheben. Die vielfältige demographische Zusammensetzung der Stadt und ihre Geschichte würden die Situation in Kirkuk allerdings verkomplizieren. Die Araber und Turkmenen in der Stadt würden sie auch als die ihre betrachten.
Wie der Artikel anführt, herrsche bei vielen in Kirkuk ein Gefühl der Zufriedenheit. Trotzdem sei die Bedrohung durch Gewalt weiterhin hoch. Weniger als zwei Monate zuvor habe die Polizei eine Gruppe von mit dem IS in Verbindung stehenden Terrorverdächtigen festgenommen, die über Sprengstoff verfügt und Angriffe auf ZivilistInnen geplant habe, so der Polizeichef von Kirkuk.
Trotz der Erleichterung, die seit der Befreiung vom IS in der Stadt verspürt werde, gebe es auch weiterhin pessimistische Stimmen. So würden die kurdische Bewohnerin Nazira Rashid und ihr Ehemann zwar die Stabilität in der Stadt genießen, doch würden sie an der Dauerhaftigkeit dieses Zustandes zweifeln. Laut Rashid gebe es keine Anschlage mit Autobomben und terroristische Angriffe mehr. Allerdings habe man kein Vertrauen in die Hashd al-Shaabi (Volksmobilisierungskräfte, Anm. ACCORD). Ihr Ehemann gehe davon aus, dass eine Konfrontation zwischen Peschmerga-Kämpfern und den Hashd a-Shaabi unvermeidbar sei, nachdem der IS zurückgedrängt worden sei:
„The coalition-backed Peshmerga now control the city and a fragile sense of security has set in. The Kurdish forces are backed by Iraqi security officers and, outside the city limits, the Shiite militias known as the Hashd al-Shabi, or Popular Mobilization Units. With borders protected from the Islamic State, or ISIS, the security forces keep close watch over Kikruk, which was heavily attacked by the Islamic State last year. The increased security seems to have eased tension on the city's streets even as nearby villages in the oil-rich region suffer regular ISIS attacks. The large city of Hawija, only 48km to the south, is totally controlled by ISIS.
Since Peshmerga forces secured Kirkuk last year from the extremists, the Kurds have laid claim to the city they have fought over for decades. But the city’s diverse demographics and ancient history make things in Kirkuk more complicated. The city’s Arab and Turkmen populations also consider the city to be theirs. […] Despite a feeling of contentedness from many in Kirkuk, the threat of violence remains strong. Less than two months ago, police arrested a group of ISIS-linked terror suspects who had explosives in the city and are thought to have been planning attacks on civilians, Brigadier Sarhad Qadir, police chief of Kirkuk, told Rudaw in May.
Despite the relief the city has felt since being freed of ISIS, pessimistic voices can still be heard. Kurdish resident Nazira Rashid, 63, and her husband Omar enjoy the current stability, but they doubt it can last for long. ‘We don’t have car bombs and terrorist attacks anymore,’ Rashid said. ‘But we don’t trust the Hashd al-Shaabi. The Peshmerga have been fighters for decades, but this is not true about the Shiite fighters.’ While Rashid hopes for a peaceful future for Kirkuk, her husband believes a clash between Peshmerga fighters and Hashd al-Shaabi forces is inevitable after ISIS has been pushed out.” (Rudaw, 17. Juli 2015)
Die US-amerikanische Online-Zeitung International Business Times schreibt in einem Artikel vom Jänner 2015, dass der Vormarsch des IS im Juni 2014 die Stadt Kirkuk bedroht habe. Nachdem der IS die Stadt Mosul und andere Gegenden in den umliegenden Gebieten eingenommen habe, seien die irakischen Regierungstruppen, die Kirkuk beschützt hätten, geflohen. Das anschließende Vakuum sei von den Peschmerga gefüllt worden, die erneut die Kontrolle über Kirkuk übernommen hätten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels seien die BewohnerInnen der Stadt erneut mit einer Krisensituation konfrontiert. IS-Kämpfer hätten eine Offensive gegen die Stadt gestartet, um ihren Einflussbereich auszuweiten und die Kontrolle über die Ölproduktion zu erlangen. Bislang habe der IS Gegenden und Dörfer im Südwesten der Stadt eingenommen und dabei mehrere Peschmerga-Kämpfer getötet. Bei einem Selbstmordanschlag im Zentrum Kirkuks sei Berichten zufolge Peschmerga-General Shirko Rauf getötet worden:
„When the advances of the Islamic State threatened Kirkuk in June 2014, after they had taken the second largest city Mosul and other parts of the surrounding area, the Iraqi government forces protecting the city fled. The peshmerga once again took control of Kirkuk to fill the vacuum left by Iraqi troops. Soon enough, they were pumping oil. Now the city's residents face their latest crisis. Islamic State fighters have launched a fresh offensive against the city in order to expand their caliphate and seize control of the oil production. They have so far captured land and villages to the south-west of the city, killing several peshmerga including a senior officer, by taking advantage of a dense fog engulfing the area to attack Kurdish positions overnight. A suicide attack in the city centre reportedly killed peshmerga general Shirko Rauf, brigade commander of the Kurdish forces in Kirkuk.” (International Business Times, 30. Jänner 2015)
In einem undatierten Factsheet zur Lage von Binnenvertriebenen in der Stadt Kirkuk (die Daten zur Erstellung des Factsheets seien am 22. und 23. September 2014 gesammelt worden) schreibt REACH, eine gemeinsame Initiative der humanitären NGO IMPACT, ihrer Schwesterorganisation ACTED und dem United Nations Operational Satellite Applications Programme (UNOSAT), dass die Stadt Kirkuk als sicherer angesehen werde als die anderen Distrikte im Gouvernement und deshalb zum Ziel einer großen Anzahl an Binnenvertriebenen geworden sei. Die Aufnahmekapazität der Stadt sei besonders beschränkt, da nur eine vergleichsweise kleine Anzahl an Familien die Stadt verlassen habe. Dies lasse den vertriebenen Familien nur wenige Möglichkeiten, viele von ihnen würden Berichten zufolge im Freien leben. Dies setze auch die Aufnahmegemeinschaften unter zusätzlichen Druck, da die bestehende Infrastruktur und die grundlegenden Dienstleistungen unter der Last der gesteigerten Nachfrage leiden würden („struggle under increased demand“).
Vertriebene Familien, die in gemieteten Häusern und Wohnungen leben würden, seien in geringerem Ausmaß auf sofortige Unterstützung angewiesen, aber viele Aufnahmegemeinschaften und vertriebene Familien würden bereits ihre Ersparnisse aufbrauchen. Ein zunehmender Wettbewerb um Unterkünfte und ein verminderter Zugang zu einem Auskommen in der Stadt Kirkuk würden bedeuten, dass Binnenvertriebene bald auf finanzielle Unterstützung angewiesen seien, um eine Unterkunft und andere grundlegende Dinge bezahlen zu können:
„Kirkuk City is considered safer than the other districts within the governorate - many of which have come under the control of AOGs – and thus has attracted a large number of IDPs. The absorption capacity of Kirkuk City is especially limited as only a relatively small number of families have left the city. This leaves few options available to displaced families, many of whom were reportedly living in the open air. This also places host communities under additional strain as existing infrastructure and basic services struggle under increased demand. […]
Displaced households living in rented houses and apartments are in less need of immediate assistance, but many host community and displaced families are already spending their savings. Increased competition for housing and decreased access to livelihoods in Kirkuk City means that IDPs will soon need rental and/or cash support to pay for accommodation and other basic items.” (REACH, ohne Datum, S. 5)
Die internationale humanitäre Organisation CARE führt in einem Bericht vom April 2015 an, dass es in der Stadt Kirkuk und den unmittelbar angrenzenden Gebieten mehr als 221.000 Binnenvertriebene gebe. Die Vertreibung in die Stadt Kirkuk habe zugenommen und alleine im Dezember 2014 und Jänner 2015 seien 55.000 Binnenvertriebene in der Stadt angekommen. Dies habe die ohnehin schon verminderten Ressourcen der Stadt weiter strapaziert und das Potential für soziale Unruhen erhöht.
Die Mehrheit der Binnenvertriebenen lebe unter schlechten Bedingungen in öffentlichen und religiösen Gebäuden, Parks und Garagen. Beschränkter Zugang zu Nahrungsmitteln und Wasser trage zu einer Ausbreitung von Krankheiten und Infektionen bei.
Trotz des Ausmaßes der Bedürfnisse und der weiterhin eintreffenden Binnenvertriebenen falle die humanitäre Antwort in der Stadt Kirkuk wesentlich geringer aus als in Erbil, Suleymania und Dohuk. Das Fehlen von Informationen zur humanitären Lage („lack of humanitarian information“) sorge weiterhin für eine Beschränkung des Ausmaßes der Unterstützung für die Stadt:
„There are currently more than 221,000 IDPs in Kirkuk city and the immediate surrounding areas. Displaced populations have been arriving in Kirkuk due to the ongoing conflict since early 2014. Displacement to Kirkuk city grew and 55,000 IDPs fled to the city in December and 79,000 in January alone, further stretching the city’s already depleted resources and increasing the potential for social unrest. […]
The majority of those IDPs live in critical conditions, in public and religious structures, parks and garages. In December 2014, Médecins Sans Frontières (MSF) outlined that those shelters are overcrowded and health issues are increasing. IDPs have reported ailments such as urinary and chest infections, skin diseases and anaemia. Limited access to food and water, poor shelter conditions and a deficient sanitation system are contributing to spreading those diseases and infections.
Despite the magnitude of needs and continuous arrivals of IDPs to Kirkuk City, the humanitarian response there has been considerably smaller than in nearby Erbil, Suleymania and Dohuk; and the lack of humanitarian information remains one of the constraints to support the city.” (CARE, April 2015, S. 4)
Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Agency schreibt in einem Artikel vom August 2015, der Provinzrat Kirkuks habe angekündigt, dass mindestens eine halbe Million Menschen, die vor kurzem vor der Gewalt im Gouvernement Diyala nach Kirkuk geflohen seien, die Stadt innerhalb eines Monats verlassen müssten. Dem stellvertretenden Ratsvorsitzenden Rebwar Talabani zufolge würden sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels zu viele Vertriebene in Kirkuk aufhalten, einer Stadt, deren BewohnerInnen bereits mit schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen, darunter ein Anstieg der Arbeitslosigkeit, konfrontiert seien. Eine zunehmende Zahl an Zufluchtsuchenden belaste die Stadt in jeder Hinsicht und führe zu Unterbrechungen bei der Versorgung mit Elektrizität, Wasser und anderen Diensten:
„At least half a million people who recently fled violence in Iraq's eastern Diyala province to Kirkuk must leave the city within one month, Kirkuk’s provincial council announced on Sunday. According to the council, around half a million people have fled to Kirkuk within the last nine months due to violence perpetrated in Diyala by the Daesh militant group. On Sunday, however, the provincial council announced that the newcomers must return to Diyala, which the Iraqi army recently wrested back from Daesh militants. Deputy council head Rebwar Talabani said the number of displaced people now in Kirkuk was too much for the city, whose residents were already suffering difficult economic circumstances, including rising unemployment. […] Mounting numbers of asylum seekers in Kirkuk, he added, had strained the city in every aspect, ‘disrupting the power supply, water services and other services’.” (Anadolu Agency, 23. August 2015)
Die in den USA ansässige Online-Zeitung Al-Monitor, die vor allem über den Nahen Osten berichtet, veröffentlicht im November 2015 das Transkript eines Interviews mit Najmaldin Karim, dem Gouverneur des Gouvernements Kirkuk, in dem sich dieser zur Lage dort äußert. Laut Karim gebe es in dem Gouvernement 550.000 Binnenvertriebene. Dabei handle es sich fast ausschließlich um sunnitische Araber aus vom IS kontrollierten Gebieten. In einigen Gebieten, in denen der IS wieder vertrieben worden sei, wie beispielsweise im Gouvernement Diyala, sei den Binnenvertriebenen eine Rückkehr nicht erlaubt worden. Der Großteil der Binnenvertriebenen halte sich deshalb weiterhin in Kirkuk auf und die Hilfe, die man in Kirkuk erhalten habe, sei fast gleich null. Karim zufolge müssten die Binnenvertriebenen, sofern der IS aus ihren Herkunftsgebieten vertrieben worden sei, dorthin zurückkehren, da die Ressourcen in Kirkuk, Elektrizität, Wasser und Medizin, strapaziert würden:
„We have about 550,000 IDPs; these are almost all Sunni Arabs from areas that are controlled by ISIS. In some areas that have been cleared of ISIS since then, like in Diyala province, the IDPs have not been allowed to return. We have about 24,000 families from Diyala that want to go back but they have not been able to do so. After clearing Tikrit and some other towns in Salahuddin province, we have about 2,200 families that have so far gone back. So we have over 54,000 families. So the bulk of our IDPs is still there and the help we have gotten is almost nil. We have received only 8 billion Iraqi dinars [$6.7 million] from the government in Baghdad. That’s basically nothing with the number we have. The international community, UNHCR [United Nations High Commissioner for Refugees] has built a camp for our IDPs. Initially it had 1,500 tents, so that’s 1,500 families — I think they expanded that to by 400 tents to give them some more land, so that’s basically the help we have received. […] I think any place that has been cleared of ISIS, these people have to go back [to] because we in Kirkuk cannot [cope]. We’re so stressed in our resources, our electricity, our water, our medicine.” (Al-Monitor, 6. November 2015)
3) Erreichbarkeit der Stadt Kirkuk
Das kurdische Mediennetzwerk Rudaw berichtet im August 2015, dass die irakische Regierung Plänen zum Bau eines internationalen Flughafens im Gouvernement Kirkuk zugestimmt habe. Behörden zufolge werde die Militärbasis Hurriya am Rande der Stadt Kirkuk zu einem modernen Flughafen mit nationalen und internationalen Flügen umgebaut. Laut einem Vertreter des Kirkuk Investment Board sei es angesichts der wirtschaftlichen Möglichkeiten in der Stadt wichtig, über einen Flughafen in Kirkuk zu verfügen.
Wie Rudaw weiters anführt, liege die Stadt weniger als eine Autostunde von Erbil entfernt. Internationale Flüge seien derzeit über die Flughäfen Erbil und Sulaymaniyah (Sulaimani) verfügbar. Außerdem befinde sich in Dohuk, im Norden der Region Kurdistan, ein dritter Flughafen im Bau:
„Iraq’s government has approved plans to construct an international airport in Kirkuk province, officials said Friday. Authorities said Hurriya military airbase on the outskirt of the city of Kirkuk, the provincial capital, will be revamped into a modern airport with international and national flights. ‘It is hugely important to us in Kirkuk to have an airport because of business opportunities in the city which are in desperate need of more effective communications,’ said Jabar Hasan, a representative with the Kirkuk Investment Board. […]
With over population of over one million, Kirkuk has seen frequent bombings and suicide attacks in the past decade as Iraq slipped into bitter sectarian strife. The city is less than an hour’s drive away from Erbil. […] International flights are currently available from both Erbil and Sulaimani airports. Construction of a third airport is underway in Dohuk in the northern part of the Kurdistan region.” (Rudaw, 21. August 2015)
Der in Doha ansässige arabische Nachrichtensender Al Jazeera schreibt in einem Artikel vom Juni 2015, dass die Straßen zwischen Erbil und Bagdad gefährlich seien, sie allerdings von einigen Irakern wie Haider Najeh, einem 25-jährigen Lastwagenfahrer, täglich benutzt würden. Üblicherweise transportiere Najeh Haushaltsartikel von Basra nach Bagdad, und anschließend weiter nach Erbil. Najehs Route sei schon immer mit Risiken behaftet gewesen, aber seit dem Vordringen des IS im Jahr 2014 hätten die Gefahren exponentiell zugenommen. Da die Hauptstraße zwischen Bagdad und Kirkuk für den Schwerlastverkehr gesperrt sei, müssten Lastwagenfahrer stattdessen Dorfstraßen verwenden, die gefährliche Gegenden umgehen würden:
„The roads between Erbil and Baghdad are fraught with peril, but some Iraqis drive them every day - including 25-year-old Haider Najeh, whose family business is trucking. Najeh typically transports household goods from Basra to Baghdad, and then on to Erbil. There, he switches loads, bringing Turkish and Iranian goods to Baghdad and western Iraq. There were always risks associated with Najeh's route, but since the Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL) swept through the country last year, the dangers have increased exponentially. With the main road between Baghdad and Kirkuk shut to heavy traffic, truckers must instead use village roads that skirt dangerous areas, dramatically increasing their travel time.” (Al Jazeera, 11. Juni 2015)
BasNews, eine laut eigenen Angaben unabhängige, in Erbil ansässige Nachrichtenagentur, erwähnt in einem Artikel vom November 2015, ein kurdischer Parlamentsabgeordneter habe die Menschen aus der Region Kurdistan aufgefordert, Reisen nach Bagdad zu verschieben, da die Straße, die dorthin führe, bei weitem zu unsicher sei. Dem Parlamentsabgeordneten zufolge sei es für Kurden nicht mehr sicher, durch die zentral und südlich gelegenen irakischen Gouvernements zu reisen, nachdem sich kurz zuvor in Tuz Khurmatu Kämpfe zwischen den Peschmerga und schiitischen Milizen ereignet hätten. Der Parlamentsabgeordnete habe davor gewarnt, dass die Menschen aus der Region Kurdistan insbesondere in Gegenden in der Nähe von Suleyman Beg, im Osten des Gouvernements Salahaddin, von bewaffneten Gruppen ins Visier genommen werden könnten. Diejenigen, die geplant hätten, von Erbil nach Bagdad zu reisen, sollten fliegen:
„A Kurdish MP in Baghdad has urged people from the Kurdistan Region to postpone trips to the Iraqi capital, and insisted that the road route to the capital is far to unsafe to take. MP Zana Rustayi told BasNews that following recent clashes between the Peshmerga and Shi’ite militia forces in Tuz Khurmatu, Kurds are no longer safe to travel across the central and southern provinces of Iraq. He warned that the people of Kurdistan Region could be targeted by armed groups especially in areas near Suleyman Beg, in the east of Salahaddin province. Rustayi said that those planning to travel between Erbil and Baghdad should fly.” (BasNews, 15. November 2015)
Reuters erwähnt in einem Artikel vom November 2015 ebenfalls die Kämpfe zwischen kurdischen und schiitisch-arabischen paramilitärischen Kräften in und um Tuz Khurmatu. Dem Artikel zufolge sei durch die Kämpfe eine strategisch wichtige Straße, die Bagdad mit der Stadt Kirkuk verbinde, abgeschnitten worden:
„Clashes between Kurdish and Shi'ite Arab paramilitary forces turned a northern Iraqi district into a battlefield on Thursday and cut a strategic road linking Baghdad to the northern oil city of Kirkuk, security sources and local officials said. The violence in and around Tuz Khurmatu, about 175 km (110 miles) north of the capital, left at least 16 people dead, including five civilians, security and medical sources said.” (Reuters, 12. November 2015)
Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo geht in einem Kurzbericht vom Dezember 2015 unter Bezugnahme auf verschiedene Quellen auf die Stadt Kirkuk als interne Fluchtalternative ein. Laut REACH habe das Gouvernement Kirkuk im September 2014 Beschränkungen für die Einreise in die Stadt und das Gouvernement Kirkuk von Personen eingeführt, die über keine Ausweisdokumente aus Kirkuk verfügen würden. Das schwedische Einwanderungsamt habe im Juni 2015 berichtet, dass das Gouvernement Kirkuk weiterhin Einreisebeschränkungen aufrechterhalte:
„I september 2014 innførte Kirkuk provins restriksjoner på innreise både til Kirkuk by og Kirkuk provins for alle som ikke har ID-dokumenter fra Kirkuk. Dette førte til en nedgang i forflytninger inn i provinsen (REACH Initiative 2014).
Lifos (2015, s. 13) melder i juni 2015 at Kirkuk provins fortsatt opprettholder innreiserestriksjoner.“ (Landinfo, 17. ezember 2015, S. 2)
Al-Monitor schreibt in einem Artikel vom Mai 2015, dass vertriebenen sunnitischen Arabern die Einreise nach Bagdad verwehrt werde und sie stattdessen, wenn es die Bedingungen zulassen würden, nach Norden weiterziehen würden. Vielen werde allerdings auch der Zutritt zu den größeren Städten in der Region Kurdistan verwehrt.
Der Artikel erwähnt den Fall einer sunnitischen Familie im Binnenvertriebenenlager Laylan, südöstlich von Kirkuk in einem der umstrittenen Gebiete des Irak (Gebiete außerhalb der Region Kurdistan, die von den Kurden für sich beansprucht werden, Anm. ACCORD). Dem Familienvater zufolge seien vier seiner Kinder bei Luftangriffen der irakischen Regierungstruppen im Herbst 2014 getötet worden, Granatsplitter fänden sich in den Körpern seiner restlichen drei Söhne. Die Familie sei nicht in der Lage gewesen, Checkpoints zu überwinden, um Gesundheitseinrichtungen in Sulaymaniyah und Kirkuk zu erreichen, obwohl die Familie über Überweisungen anderer Einrichtungen verfüge:
„Sunni Arabs relatively close to the capital are instead being refused entry to Baghdad and go north, conditions allowing, though many are subsequently barred from the larger cities in the Kurdistan Regional Government (KRG).
In the Laylan camp for internally displaced persons (IDP), just southeast of Kirkuk in one of Iraq’s disputed territories, one Sunni family from Muqdadiyah recounts being shelled by government forces and having relatives ‘disappeared’ by Shiite militias. Four of the children were killed by Iraqi government airstrikes in the fall of 2014, their father told Al-Monitor, and shrapnel is still embedded in his remaining three sons’ bodies. They have not been able to get past checkpoints to reach health care facilities in Sulaymaniyah and Kirkuk, despite referrals from other facilities.” (Al-Monitor, 6. Mai 2015)
Die international tätige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) führt in einer Pressemitteilung vom Februar 2015 an, die kurdische Regionalregierung habe angegeben, dass dieselben Checkpoint-Prozeduren auf alle, einschließlich Araber, Kurden, Turkmenen und Christen, Anwendung finden würden. Im Dezember 2014 habe HRW allerdings miterlebt, wie ein Mitarbeiter des Geheimdienstes der Autonomen Region Kurdistan irakische Kurden in die Region hineingelassen habe, während irakischen Arabern die Einreise verwehrt worden sei. In zwei Fällen im September 2014 habe HRW beobachtet, wie Mitarbeiter des Geheimdienstes der Autonomen Region Kurdistan arabische Familien an Checkpoints auf dem Weg nach Erbil oder in die von der kurdischen Regionalregierung kontrollierte Stadt Kirkuk zurückgewiesen hätten:
„In its statement, the KRG told Human Rights Watch the same checkpoint procedures applied ‘to everybody, including Arabs, Kurds, Turkomans, [and] Christians.’ However in December, Human Rights Watch witnessed Asayish intelligence officials allowing Iraqi Kurds into the Kurdish autonomous areas while denying Iraqi Arabs entry. In two instances in September, Human Rights Watch saw Asayish officials physically push Arab families away from checkpoints leading into Erbil – the Iraqi Kurdistan capital – and the KRG-controlled city of Kirkuk.” (HRW, 26. Februar 2015)
In seinen im November 2015 veröffentlichten Länderinformationen und Richtlinien für britische Asylbehörden zu interner Relokation im Irak führt das UK Home Office auf den Seiten 28 bis 56 Informationen zu Freizügigkeit innerhalb des Irak und zum Meldewesen („Internal movement and civil registration“) an. Auf den Seiten 56 bis 73 finden sich außerdem Informationen zu interner Relokation in die Autonome Region Kurdistan („Internal relocation to the Kurdistan Region of Iraq“) und auf den Seiten 73 bis 76 Informationen zu weiteren Beschränkungen für die Einreise in Teile des Irak („Other reports of restrictions on entry to parts of Iraq“):
· UK Home Office: Country Information and Guidance Iraq: Internal
relocation (including documentation and feasibility of return), November 2015
(verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1448437152_iraq-cig-ir-nov-15.pdf
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 21. Jänner 2016)
· AA - Auswärtiges Amt (Deutschland): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 23. Dezember 2014
· ACCORD
- Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation:
Anfragebeantwortung zum Irak: Aktuelle Sicherheits- und allgemeine Lage in der
Autonomen Region Kurdistan, insbesondere im Gouvernement Sulaymaniyah und in
Erbil [a-9444], 23. Dezember
2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/317901/456853_de.html
· AFP - Agence France-Presse: Iraq Turkmens alarmed by Kurdish trench,
11. Jänner
2016 (verfügbar auf news.yahoo.com)
http://news.yahoo.com/iraq-turkmens-alarmed-kurdish-trench-181539926.html
· Al Jazeera: Q&A: The long and dangerous road to Baghdad, 11. Juni 2015
http://www.aljazeera.com/news/2015/06/qa-long-dangerous-road-baghdad-150611082409917.html
·
Al-Monitor: Restrictions on Iraq’s
displaced people worsen Shiite-Sunni divide, 6. Mai 2015
http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2015/05/iraq-sunni-shiite-isis-krg-idp-pmu-laylan.html#
·
Al-Monitor: Kirkuk governor: US must work
with Iran to stabilize Iraq, 6. November 2015
http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2015/11/iraq-governor-kirkuk-refugees-isis-oil.html
·
Anadolu Agency: Kirkuk gives Diyala refugees one
month to go home, 23. August 2015
http://aa.com.tr/en/world/kirkuk-gives-diyala-refugees-one-month-to-go-home/7348
·
BasNews: Overland Route to Baghdad Unsafe
for Kurds, 15. November 2015
http://www.basnews.com/index.php/en/news/kurdistan/243654
·
CARE: Multi-sector needs assessment,
Kirkuk city, April 2015
https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/assessments/CARE%20Kirkuk%20City%20MSNA%20%28wash%20and%20shelter%29%5B1%5D.pdf
· Europäisches Parlament: Minorities in Iraq: Pushed to the brink of existence, Februar 2015 http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2015/548988/EPRS_BRI%282015%29548988_REV1_EN.pdf
·
HRW - Human Rights Watch: Iraqi
Kurdistan: Arabs Displaced, Cordoned Off, Detained, 26. Februar 2015
(veröffentlicht von ReliefWeb)
http://reliefweb.int/report/iraq/iraqi-kurdistan-arabs-displaced-cordoned-detained
·
International Business Times: Kirkuk: A
new Isis attack is the latest challenge for the long-troubled oil-rich city in
Iraq, 30. Jänner
2015
http://www.ibtimes.co.uk/kirkuk-new-isis-attack-latest-challenge-long-troubled-oil-rich-city-iraq-1485931
·
IOM - International Organization for Migration: Iraq - Country
Fact Sheet 2015, Dezember 2015 (veröffentlicht von ZIRF)
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698617/17609536/17926978/Irak_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927207&vernum=-2
·
ISW - Institute for the Study of War:
Iraq Control of Terrain Map: November 25, 2015, 25. November
2015
http://understandingwar.org/sites/default/files/Iraq%20Blobby%20map%2025%20NOV%202015_0.pdf
· Landinfo - Norwegian Country of Origin Information Centre: Irak:
Sikkerhetssituasjon og internt fordrevne i Kirkuk provins - mai/juni 2015 , 2. Juli 2015
(verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1436864129_3196-1.pdf
·
Landinfo - Norwegian Country of Origin
Information Centre: Irak: Kan kurdere fra Kirkuk provins bosette seg i KRI?,
17. Dezember 2015
http://www.landinfo.no/asset/3278/1/3278_1.pdf
·
Landinfo - Norwegian Country of Origin
Information Centre: Irak: Turkmenere i Bagdad, 22. Dezember
2015
http://www.landinfo.no/asset/3282/1/3282_1.pdf
· Middle East Eye: The Turkmen of Iraq: Between a rock and a hard place, 20. August 2015 http://www.middleeasteye.net/news/turkmen-iraq-between-rock-and-hard-place-1460749597
· REACH: Kirkuk City – Iraq: Internal Displacement Factsheet (Data
collected: 22-23 September 2014), ohne Datum
https://www.humanitarianresponse.info/system/files/documents/files/reach_irq_factsheet_idpcrisis_kirkukcity_areaoforiginassessment_22-23sep2014_4.pdf
·
Reuters: Deadly clashes in north Iraq
close main road to Baghdad: sources, 12. November
2015
http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-violence-idUSKCN0T12EM20151112
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· UNPO - Unrepresented Nations and Peoples Organization: Iraqi
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http://unpo.org/members/7878