Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Sind die Taliban-Mitglieder ausschließlich Paschtunen oder schließen sich den Taliban auch Angehörige anderer (Dari sprechender) Volksgruppen an?; Werden Drohbriefe der Taliban auch in Dari verfasst? [a-9397]

13. November 2015

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Kurze Informationen zur ethnischen Zugehörigkeit von Dari-Sprechern in Afghanistan

In einem Buch von 2011 schreibt David Isby, ein US-amerikanischer Autor mehrerer Bücher zu Afghanistan, dass die Paschtunen in Afghanistan Paschtu sprechen würden. Bei vielen ethnischen Paschtunen handle es sich jedoch um vorrangig Dari sprechende Personen („primarily Dari-speakers“), die Paschtu als Zweitsprache verwenden würden. Die größte Dari (afghanisches Persisch) sprechende Gruppe seien die ethnischen Tadschiken. Die Hazara würden ebenfalls Dari sprechen, genauso wie die Kizilbasch und die Aimaken. Die Farsiwan seien eng mit den Iranern verwandt und würden eher Farsi (iranisches Persisch) als Dari sprechen:

„Pushtuns primarily speak the Pushtu (also called Pashto) language. […] Complicating the ethnic division is the fact that many ethnic Pushtuns are actually primarily Dari-speakers that use Pushtu as a second language. […]

The largest group of Afghanistan’s Persian (Afghan Dari and Iranian Farsi are like British and American English) speakers are Tajik. […]

The Hazara are racially distinct Mongol descendants, predominantly Imami Shia (with a few Sunnis), Dari-speaking, internally divided by tribe and lineage. […] Farsiwans are Imami Shia, Farsi (rather than Dari) speaking, closely related to Iranians. Afghanistan’s Shia population is estimated at about 16 percent if the urban Qizilbash, Dari-speaking descendants of the Persian Empire’s ruling elites that are among Afgahnistan’s most educated groups, are included. The Aimaqs are less than five percent of the population. They are a Sunni, Dari-speaking, semi-nomadic group, divided into four distinctive clans.” (Isby, 2011)

In einem Beitrag zu einem 2007 erschienenen Sammelband führt Kanishkan Sathasivam, zur Zeit der Veröffentlichung des Sammelbandes Assistenzprofessor für Politikwissenschaft an der US-amerikanischen Salem State University, an, dass die Paschtunen Paschtu sprechen würden, eine Sprache, die sich sowohl vom persischen Dialekt Dari, der von den meisten anderen Afghanen gesprochen werde, als auch vom persischen Dialekt Hazaragi, der von den Hazara gesprochen werde, unterscheide. Allerdings würden einige Paschtunen Dari und einige Nicht-Paschtunen (vor allem Tadschiken und Usbeken) Paschtu sprechen:

„The Pashtuns speak their own language, Pashto, which is distinct from both the Persian dialect of Dari, which is spoken by most other Afghans, and from the Persian dialect of Hazaragi, which is spoken by the Hazaras. Nevertheless, as with cross-cutting religious and ethnic affiliations, some Pashtuns speak Dari, and some non-Pashtuns – mainly Tajiks and Uzbeks – speak Pashto (Rubin 2002).“ (Sathasivam, 2007, S. 84-85)

In einem im Jahr 2015 erschienen Buch erläutert Tristan James Mabry von der US-amerikanischen Naval Postgraduate School (NPS), einer militärischen, akademischen Institution, dass Dari in Afghanistan die Sprache öffentlicher Angelegenheiten sei. Es handle sich um die Lingua franca, die Sprache, die verwendet werde, wenn Sprecher verschiedener Sprachen miteinander Geschäfte führen oder anderweitig kommunizieren müssten. Wie Mabry weiters anführt, sei das Verhältnis zwischen Dari und Paschtu, den beiden offiziellen Landessprachen, hierarchisch: Paschtu-Sprecher seien oftmals zweisprachig (Paschtu/Dari), während Dari-Sprecher selten mehr als ein paar Wörter Paschtu lernen würden. Die Gruppe der Dari-Sprecher sei multiethnisch, so Mabry. So umfasse die Dari-Sprachgemeinschaft nicht nur die Tadschiken, sondern auch die Hazara sowie die Farsiwan:

„In Afghanistan, the language of public affairs is Dari. It is ‘the lingua franca, the language resorted to when speakers of different languages need to conduct business or otherwise communicate’. […] In any country with more than one official language, the relationship between or among the multiple languages is never simple, but in Afghanistan the relationship is clearly hierarchical: ‘Pashto speakers are frequently bilingual in Dari, but Dari speakers rarely learn more than a few words of Pashto.’ However, speakers of Dari, as a lingua franca, are multiethnic, and the language community includes not only the Tajiks, but also the Hazara and (as the name implies) the Farsiwan.” (Mabry, 2015, S. 204)

Auch Ludwig W. Adamec, emeritierter Professor der University of Arizona, erwähnt in einem historischen Wörterbuch zu Afghanistan von 2012, dass es sich bei Dari um die Lingua franca für alle Sprachgruppen handle (Adamec, 2012, S. 106).

Sind die Taliban-Mitglieder ausschließlich Paschtunen oder schließen sich den Taliban auch Angehörige anderer (Dari sprechender) Volksgruppen an?

Die pakistanische Wochenzeitung The Friday Times zitiert in einem Artikel vom Februar 2012 Michael Semple, Research Fellow am Carr Center for Human Rights Policy der Harvard Kenendy School, dem zufolge die Taliban vorrangig unter Paschtunen rekrutieren würden. Ein Taliban-Sprecher in Helmand habe allerdings bestritten, dass es sich um eine paschtunische Bewegung handle. Vielmehr würden auch Tadschiken und Usbeken für die Taliban kämpfen:

‘They [the Taliban] recruit mainly from the Pashtun,’ says Michael Semple, a research fellow at Carr Center for Human Rights Policy in Harvard Kennedy School who has lived in Afghanistan. ’But there are many other political tendencies among Pashtuns and not all of them are represented by the Taliban. That is one of the many challenges of the peace process.’ […]

Umar Muhammad, a Taliban spokesman from Helmand, denied they were a Pashtun movement. ‘We have Tajiks and Uzbeks fighting with us,’ he said.” (The Friday Times, 3. Februar 2012)

Die unabhängige afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News (PAN) bietet in einem Artikel vom Mai 2015 einen kurzen Überblick zur Geschichte der Taliban. Wie PAN anführt, habe sich die Bewegung anfänglich aus Schülern und Lehrern religiöser Schulen, vor allem aus Kandahar und Helmand, zusammengesetzt. Später seien religiöse Gruppen und Personen aus anderen Ländern hinzugekommen. Und auch Angehörige verschiedener afghanischer Gemeinschaften, wie Hazara, Tadschiken, Usbeken und andere, hätten sich der vorrangig paschtunischen Bewegung angeschlossen:

The movement was initially comprised of seminary students and teachers, mostly from the southern provinces of Kandahar and Helmand. Later, religious groups and individuals from other countries also swelled the movement’s ranks. Via neighbouring Pakistan, people from Somalia, Uzbekistan, Chechnya, Egypt, Saudi Arabia and Turkmenistan sneaked into Afghanistan to join the Taliban. Members of different Afghan communities like Hazara, Tajik, Uzbek and others also joined the predominantly Pashtun movement.” (PAN, 23. Mai 2015)

In einem Beitrag zu einem 2009 erschienenen Sammelband schreibt Sippi Azerbaijani-Moghaddam, eine zur Zeit der Veröffentlichung des Sammelbandes als Beraterin in Afghanistan tätige Autorin zahlreicher Publikationen zu Afghanistan, die unter anderem für die UNO und die Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe (International Security Assistance Force, ISAF) gearbeitet hat, dass ein Großteil der Literatur zu den Taliban die paschtunische Herkunft und den paschtunischen Charakter der Bewegung betone und die Rolle, die von Afghanistans Minderheiten gespielt werde, weitgehend ignoriere. Auch häufig eingegangene Allianzen zwischen den Taliban und verschiedenen politischen, militärischen und religiösen Anführern der unterschiedlichen ethnischen Gruppen Afghanistans würden vernachlässigt. Die Taliban würden durch eine ausschließlich paschtunische Linse betrachtet und als zu einhundert Prozent paschtunisch beschrieben.

Wie Azerbaijani-Moghaddam weiters anführt, hätten die Taliban niemals kategorisch erklärt, eine paschtunische Bewegung zu sein. Außerdem hätten sie oftmals ihre Bereitschaft betont, jeden zu akzeptieren, der ihre Sichtweisen teile und ihre Regeln anerkenne, unabhängig von Ethnizität und Stammeszugehörigkeit. Trotzdem sei die berichtete Präsenz von Nicht-Paschtunen in den Reihen der Taliban durchwegs als Alibi („tokenism“) interpretiert worden:

Much of the literature on the Taliban, following on from connoisseurs like Rashid, stresses the Pashtun provenance and character of the movement and largely ignores the role played by Afghanistan’s minorities. More important, frequent alliances between the Taliban and various political, military and religious leaders of Afghanistan’s diverse ethnic groups are neglected. The Taliban are consistently viewed through a monochromatic Pashtun lens and described as one hundred per cent Pashtun, part of the ‘complex historical and tribal phenomenon of the Pashtuns’. […]

The Taliban themselves have never categorically stated that they are a Pashtun movement and often stressed their readiness ‘to accept anybody who shared their views and accepted their rules, regardless of ethnicity and tribe’. However, the reported presence of non-Pashtuns in their ranks has consistently been interpreted as tokenism.” (Azerbaijani-Moghaddam, 2009, S. 250)

In einem Bericht vom Juli 2010 schreibt Antonio Giustozzi, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts Research Fellow am The Crisis States Research Centre an der London School of Economics (LSE), dass die Taliban, was ihre Zusammensetzung angehe, weiterhin eine größtenteils paschtunische Bewegung seien, sie aber begonnen hätten, bedeutende Fortschritte beim Vordringen in andere ethnische Gruppen zu machen. Laut Giustozzi gebe es zunehmend Belege dafür, dass an der Taliban-Basis kleinere Gruppen ideologisch zugeneigter Usbeken, Turkmenen und Tadschiken rekrutiert würden. Obwohl selbst im Norden Afghanistans der Großteil des Aufstandes weiterhin paschtunisch geprägt sei, dürfe dieser aufkommende Trend nicht unterschätzt werden.

An anderer Stelle erwähnt Giustozzi, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts vielleicht bis zu 95 Prozent der einfachen Taliban-Mitglieder Paschtunen seien:

„Although the Taliban remain a largely Pashtun movement in terms of their composition, they have started making significant inroads among other ethnic groups. In many cases, the Taliban have co-opted, in addition to bandits, disgruntled militia commanders previously linked to other organizations, and the relationship between them is far from solid. There is also, however, emerging evidence of grassroots recruitment of small groups of ideologically committed Uzbek, Turkmen and Tajik Taliban. While even in northern Afghanistan the bulk of the insurgency is still Pashtun, the emerging trend should not be underestimated.” (Giustozzi, Juli 2010, S. 2)

„Even today the large majority of the Taliban rank-and-file are Pashtuns, perhaps up to 95 percent of them.” (Giustozzi, Juli 2010, S. 3)

In einem Buch von 2011 schreiben Alex Strick van Linschoten, Autor mehrerer Publikationen zu den Taliban und zur Zeit der Erstellung der Anfragebeantwortung PhD-Student am King’s College London, und der in Afghanistan lebende Forscher Felix Kuehn, dass die Taliban erhebliche Schwierigkeiten gehabt hätten, nicht-paschtunische Gemeinschaften für sich zu gewinnen. Im Jahr 2009 habe es jedoch mindestens drei nicht-paschtunische Taliban-Schattengouverneure im Norden Afghanistans gegeben und lokale Taliban hätten bedeutende Fortschritte beim Vordringen in usbekische und tadschikische Gemeinschaften gemacht. An anderer Stelle erwähnen die Autoren, dass der zunehmende Erfolg der traditionellerweise paschtunisch dominierten Taliban bei der Rekrutierung von Angehörigen anderer ethnischer Gruppen eine besorgniserregende Entwicklung sei:

„They [the Taliban] had considerable difficulties in winning over non-Pashtun communities, but in 2009 there were at least three non-Pashtun Taliban shadow governors in the north, and local Taliban had made significant inroads into Uzbek and Tajik communities. […]

The increasing success of the traditionally Pashtun-dominated Taliban to recruit from other ethnic groups is a worrying development […].” (Strick van Linschoten / Kuehn, 2011, S. 311)

Der weiter oben bereits erwähnte Michael Semple geht in einem im Jahr 2014 veröffentlichten Bericht für das United States Institute of Peace (USIP), eine parteienunabhängige US-Bundeseinrichtung, die sich mit der Erstellung von Analysen zu Konflikten weltweit befasst, auf die Rhetorik, die Ideologie und die Organisationsstruktur der Taliban ein. Laut Semple würden die obersten Führungsstrukturen weiterhin von Kandahari-Paschtunen dominiert. Allerdings sei die Bewegung bei der Mobilisierung nicht-paschtunischer Geistlicher, die nicht aus dem Großraum Kandahar stammen würden, zu einem gewissen Grad erfolgreich gewesen. Diese nicht-paschtunischen Geistlichen seien in die zweite und dritte Ebene der Taliban-Führung eingegliedert worden, während sie auf der höchsten Führungsebene nur eine marginale Rolle spielen würden:

The ethnic composition is somewhat more complex. Kandahari Pashtuns still dominate the top leadership circles, and the presence of Ishaqzai in top slots is disproportionate. However, the movement has been to some extent successful in mobilizing clerical networks beyond greater Kandahar and from non-Pashtun groups. These non-Pashtun clerics have been admitted to the second and third tiers of leadership but are marginal within the top tier.” (USIP, 2014, S. 24)

In einem im Oktober 2015 veröffentlichten Artikel für das in Tokio ansässige Nachrichtenmagazin The Diplomat geht Akhilesh Pillalamarri, PhD-Student im Bereich internationale Beziehungen an der American University in Washington, D.C., auf die Eroberung der Stadt Kundus durch die Taliban und die Rückeroberung durch die afghanischen Sicherheitskräfte ein. Unter anderem führt Pillalamarri drei Gründe auf, warum der Einfluss der Taliban im Norden Afghanistans nach dem Abzug der NATO-Truppen aus dem Gebiet im Jahr 2013 zugenommen habe. Einer der Gründe sei, dass die Taliban begonnen hätten, vorrangig unter den nicht-paschtunischen Gruppen im Norden zu rekrutieren. Der Umstand, dass sich Nicht-Paschtunen in großen Mengen den Taliban anschließen würden, stelle eine wesentliche Änderung der Gesamtstrategie der Taliban dar. Bei früheren im Norden durchgeführten Operationen der Taliban im Zeitraum von 1996 bis 2001 seien vor allem paschtunische Einheiten eingesetzt worden, die gegen feindselig eingestellte Tadschiken, Hazara und Usbeken vorgegangen seien. Ein Mangel an Unterstützung seitens Angehöriger der im Norden beheimateten ethnischen Gruppen habe zum schnellen Niedergang der Taliban in der Region geführt. Durch die Rekrutierung von Bewohnern des Nordens könnte es den Taliban nun gelingen, sich dort fester zu verankern:

Yet, the rise of the Taliban in northern Afghanistan has been a long time in coming. After the departure of NATO forces from the area in 2013, the power of the Taliban began to grow in the north. The reasons for this are threefold. […]

Finally, the Taliban has begun recruiting among predominantly the non-Pashtun groups of the north. This third reason – non-Pashtuns joining the Taliban in large numbers – is the most significant, because it represents a major change in Taliban’s overall strategy. Previous Taliban campaigns in the north during their takeover of Afghanistan between 1996-2001 often featured mostly Pashtun units taking over resentful Tajik, Hazara, and Uzbek populations. A lack of popular support among ethnic groups in the north was a factor in their quick collapse there and the relative peace of the north for a decade after. However, by recruiting northerners, the Taliban may now be establishing deeper roots there, which will make uprooting them thoroughly much more difficult in the future.” (The Diplomat, 2. Oktober 2015)

In einem Artikel vom September 2015 schreibt die US-amerikanische Tageszeitung New York Times (NYT), dass die Taliban ihre Mitglieder traditionellerweise unter Paschtunen rekrutiert hätten, in den letzten Jahren im Norden Afghanistans allerdings dazu übergegangen seien, unzufriedene ethnische Anführer zu rekrutieren. Das habe etwa dazu geführt, dass die Taliban einen tadschikischen Stammesältesten in einem Streit mit einem einflussreicheren usbekischen Nachbarn um Entwicklungshilfegeld unterstützt hätten. Andernorts hätten die Taliban usbekischen Kämpfern aus Nachbarländern Kommandos in Nordafghanistan übertragen, was ethnische Usbeken veranlasst habe, sich den Taliban anzuschließen („drew ethnic Uzbeks to their cause“).

Bezugnehmend auf die Eroberung der Stadt Kundus zitiert der Artikel außerdem einen beteiligten Taliban-Kommandanten, der eigenen Angaben zufolge den Hazara angehöre.

Selbst die Turkmenen, eine der kleinsten und isoliertesten ethnischen Gruppen Afghanistans, hätten in diesem Jahr begonnen, sich in vier im Norden gelegenen Provinzen in einer größeren Anzahl den Taliban anzuschließen. Einem Parlamentsmitglied zufolge sei diese Entscheidung vor allem Resultat der Unzufriedenheit der Turkmenen mit ihrer marginalen Vertretung im Parlament:

The Taliban had traditionally drawn on Pashtuns for its members, but in the north in recent years it has played a canny game of recruiting disaffected ethnic leaders. At times that meant supporting a Tajik tribal elder in a dispute over development dollars against a more powerful Uzbek neighbor. Elsewhere, the Taliban gave commands to Uzbek militants from neighboring countries to operate in northern Afghanistan, which drew ethnic Uzbeks to their cause.

‘I am Hazara myself,’ one Taliban commander involved in the capture of Kunduz, Mohammadullah Sadat, said by telephone, identifying himself as a member of a group that has traditionally known terrible persecution at the hands of Pashtuns. […]

Even the Turkmens, one of Afghanistan’s smallest and most isolated ethnic groups, began joining the Taliban in substantial numbers this year in four provinces across the north. It was a decision made largely because they were dissatisfied with their marginal representation in government, said Allah Nazar Turkmen, a member of Parliament.” (NYT, 30. September 2015)

Die US-amerikanische Tageszeitung Washington Post erwähnt in einem Artikel vom April 2015, dass sich die lokalen Taliban in Badachschan (Provinz im äußersten Nordosten Afghanistans, Anm. ACCORD) mehrheitlich aus ethnischen Tadschiken zusammensetzen würden. Dabei handle es sich um dieselbe ethnische Gruppe, der die lokale Bevölkerung angehöre:

In Badakhshan, the local Taliban are mostly ethnic Tajiks, the same ethnic group as the population.” (Washington Post, 14. April 2015)

Werden Drohbriefe der Taliban auch in Dari verfasst?

Das kanadische Immigration and Refugee Board (IRB) geht in einer im Februar 2015 veröffentlichten Anfragebeantwortung auf die Verwendung sogenannter „Nachtbriefe“ (Shab Nameha, Shabnamah, Shabnameh) durch die Taliban und andere Aufständische ein. Diese werden in der Anfragebeantwortung als Drohbriefe und Mittel zur Kommunizierung allgemeiner Informationen und spezifischer Anweisungen bezeichnet. Laut Angaben eines Vertreters der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (Afghan Independent Human Rights Commission, AIHRC) sowie eines Professors an der Naval Postgraduate School (NPS) vom Jänner 2015 würden die Drohbriefe oftmals in Paschtu oder Dari verfasst bzw. abhängig von der Zielregion in einem spezifischen lokalen Dialekt des Paschtu/Dari:

Sources explain that letters are often written in the Pashto or Dari languages (AIHRC 17 Jan. 2015; Professor 19 Jan. 2015), in a specific local dialect of Pashto/Dari, depending on the target region or locale (ibid.).” (IRB, 10. Februar 2015)

Der vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet in einem Artikel vom Juni 2015 über einen offenen Brief der Taliban an den Anführer des Islamischen Staates (IS), Abu Bakr al-Baghdadi, in dem der IS davor gewarnt werde, seine Aktivitäten in Afghanistan auszuweiten (RFE/RL, 16. Juni 2015). Laut der Nachrichtenagentur Agence France-Presse (AFP) sei der Brief in Paschtu, Urdu, Arabisch und Dari auf der Taliban-Website (die in diesen Sprachversionen verfügbar ist, Anm. ACCORD) veröffentlicht worden (AFP, 16. Juni 2015).

 

Darüber hinaus wurden lediglich folgende ältere Informationen zur Fragestellung gefunden:

 

In einer von Wikileaks veröffentlichten Mitteilung vom November 2006 führt die US-amerikanische Botschaft in Kabul an, dass Berichten zufolge ein Motoradfahrer am 9. September 2006 zwei „Nachtbriefe“ in der Stadt Ghazni verteilt habe. Als Computerausdrucke grammatikalisch in einem guten Dari verfasst, seien diese Briefe typisch für die Nachtbriefe, die von Taliban-Mitgliedern oder -Sympathisanten in der Provinz Ghazni verteilt würden:

Two ‘night letters’ were reportedly distributed in Ghazni City by a motorcycle rider on or about the evening of September 9. Printed by computer in good Dari grammar, the letters are typical of the night letters distributed by Taliban agents or sympathizers in Ghazni province.” (US-amerikanische Botschaft in Kabul, 7. November 2006)

In einem Buch von 2004 schreibt Jagmohan Meher, der zur Zeit der Veröffentlichung des Buches Politikwissenschaft und internationale Beziehungen an der National Defence Academy in der indischen Stadt Pune unterrichtete, dass es sich bei „Nachtbriefen“ herkömmlicherweise um handgeschriebene Anschläge in Paschtu oder Dari handle:

„The circulation of shabnamas (‚night letters‘) has always marked the beginning of an internal resistance movement in Afghanistan. Shabnam is a Persian word that means ‘message delivered at night.’ This is normally the secret massages conveyed about the enemy and operational strategy, urging jehad or holy war. Traditionally, is has come in the form of a poster, hand written in Pushto or Dari.” (Meher, 2004, S. 269)

In einem im März 2002 veröffentlichten Artikel des US-amerikanischen Nachrichtenmagazins Newsweek wird erwähnt, dass die Taliban und Kämpfer von al-Qaida zehntausende Shabnama, auf einfach Art und Weise gedruckte „Nachtbriefe“ in Paschtu und Dari, verteilt hätten, in denen die Afghanen aufgefordert worden seien, sich an einem Dschihad zur Vertreibung der ausländischen Invasoren zu beteiligen:

The Taliban and Qaeda fighters have distributed tens of thousands of shabnamas, crudely printed ‘night letters’ in Pashto and Dari, calling on Afghans to rise in a jihad to evict the foreign invader.“ (Newsweek, 17. März 2002)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 13. November 2015)

·      Adamec, Ludwig W.: Historical Dictionary of Afghanistan, 4th edition, 2012

·      AFP - Agence France-Presse: Taliban warn IS leader not to interfere in Afghanistan, 16. Juni 2015 (verfügbar auf Website der pakistanischen Zeitung The Express Tribune)
http://tribune.com.pk/story/904595/taliban-warn-is-leader-not-to-interfere-in-afghanistan/

·      Azerbaijani-Moghaddam, Sippi: Northern Exposure for the Taliban. In: Decoding the New Taliban: Insights from the Afghan Field (Hg.: Antonio Giustozzi), 2009, S. 247-268

·      Giustozzi, Antonio: The Taliban Beyond the Pashtuns, The Afghanistan Papers No. 5, Juli 2010
https://www.cigionline.org/sites/default/files/afghanistan_paper_5.pdf

·      IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Afghanistan: Night letters [Shab Nameha, Shabnamah, Shabnameh], including appearance (2010-2015) [AFG105047.E], 10. Februar 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/297662/434083_de.html

·      Isby, David: Afghanistan: Graveyard of Empires: A New History of the Borderland, 2011 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
https://books.google.at/books?id=ZMDUyL1FZp8C&pg=PT40&lpg=PT40&dq=dari+speakers+afghanistan+ethnic&source=bl&ots=2MKbXseC1C&sig=FVorpRwp-LZNZ5n9eo0gphh2St0&hl=de&sa=X&ved=0CDMQ6AEwBDgKahUKEwjCsqW3hYPJAhWCEywKHQ_xBZ0#v=onepage&q=dari%20speakers%20afghanistan%20ethnic&f=false

·      Mabry, Tristan James: Nationalism, Language, and Muslim Exceptionalism, 2015 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
https://books.google.at/books?id=8xtrBgAAQBAJ&pg=PA204&lpg=PA204&dq=languages+afghanistan+dari+speakers+ethnic&source=bl&ots=INjN0RbHhu&sig=nN5FDWpHZcgPfPSrGgQ-lfzKQMA&hl=de&sa=X&ved=0CCIQ6AEwATgKahUKEwiN3c_lqoPJAhWFkSwKHUg0BaM#v=onepage&q=languages%20afghanistan%20dari%20speakers%20ethnic&f=false

·      Meher, Jagmohan: America’s Afghanistan War: The Success That Failed, 2004 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
https://books.google.at/books?id=raMpr0NvR3MC&pg=PA269&lpg=PA269&dq=taliban+night+letters+dari+pashto&source=bl&ots=d7-uUrTDRb&sig=pVeKzCqzUQsSlh8bW8eMESB-4P4&hl=de&sa=X&ved=0CEIQ6AEwBTgKahUKEwjjwbu82_HIAhUh1XIKHWDWAPI#v=onepage&q=taliban%20night%20letters%20dari%20pashto&f=false

·      Newsweek: ‘Leave No Man Behind’, 17. März 2002
http://www.newsweek.com/leave-no-man-behind-141621

·      NYT - New York Times: A Taliban Prize, Won in a Few Hours After Years of Strategy, 30. September 2015
http://www.nytimes.com/2015/10/01/world/a-taliban-prize-won-in-a-few-hours-after-years-of-strategy.html?_r=0

·      PAN - Pajhwok Afghan News: Introduction to armed groups: The Taleban movement, 23. Mai 2015
http://peace.pajhwok.com/en/armed-group/introduction-armed-groups-talban-movement

·      RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Taliban Warns IS Militants Against Opening A New Front In Afghanistan, 16. Juni 2015
http://gandhara.rferl.org/content/afghanistan-taliban-islamic-state/27075631.html

·      Sathasivam, Kanishkan: Afghanistan (1978-1992). In: Civil Wars of the World: Major Conflicts Since World War II, Volume 1 (Hg.: Karl DeRouen Jr. und Uk Heo), 2007, S. 82-101 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
https://books.google.at/books?id=nrN077AEgzMC&pg=PA85&dq=afghanistan+%22pashtuns+speak+dari%22&hl=en&sa=X&ved=0CCcQ6AEwAGoVChMI-Y-61IeDyQIVy1wsCh0JrQSP#v=onepage&q=afghanistan%20%22pashtuns%20speak%20dari%22&f=false

·      Strick van Linschoten, Alex / Kuehn, Felix: An Enemy We Created: The Myth of the Taliban-Al Qaeda Merger in Afghanistan, 2011 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
https://books.google.at/books?id=PpqKLn7eugEC&pg=PA311&lpg=PA311&dq=taliban+pashtun+other+ethnic&source=bl&ots=GJ98Ea_8Dt&sig=GnQ9vqpV_pUtyXEpkyYuy5g-fl8&hl=de&sa=X&ved=0CGIQ6AEwCGoVChMIv5zX2qWByQIVwm8UCh3KwQX4#v=onepage&q=130.&f=false

·      The Diplomat: Here’s the Most Disturbing Thing About the Taliban Takeover of Kunduz (Akhilesh Pillalamarri), 2. Oktober 2015
http://thediplomat.com/2015/10/heres-the-most-disturbing-thing-about-the-taliban-takeover-of-kunduz/

·      The Friday Times: Do the Taliban represent Pashtuns?, 3. Februar 2012
http://www.thefridaytimes.com/beta2/tft/article.php?issue=20120203&page=6.2

·      US-amerikanische Botschaft in Kabul: Prt Ghazni – Taliban Night Letters Distributed in Gazni, 7. November 2006 (verfügbar auf scoop.co.nz)
http://www.scoop.co.nz/stories/WL0611/S00671/cablegate-prt-ghazni-taliban-night-letters-distributed-in-ghazni.htm

·      USIP - United States Institute of Peace: Rhetoric, Ideology, and Organizational Structure of the Taliban Movement (Autor: Michael Semple), 2014
http://www.usip.org/sites/default/files/PW102-Rhetoric-Ideology-and-Organizational-Structure-of-the-Taliban-Movement.pdf

·      Washington Post: Foreign fighters are spilling into Afghanistan, helping the Taliban, 14. April 2015
https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/foreign-fighters-are-spilling-into-afghanistan-helping-the-taliban/2015/04/14/91ee9378-748f-404e-996a-cb651d0307b4_story.html