Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights

Amtliche Bezeichnung: Islamische Republik Pakistan
Staatsoberhaupt: Asif Ali Zardari
Regierungschef: Yousuf Raza Gilani
Todesstrafe: nicht abgeschafft
Einwohner: 176,7 Mio.
Lebenserwartung: 65,4 Jahre
Kindersterblichkeit: 87 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 55,5%

Zwei Politiker wurden ermordet, weil sie Kritik an den pakistanischen Blasphemie-Gesetzen geübt hatten: Im Januar wurde der liberale Gouverneur der Provinz Punjab, Salmaan Taseer, erschossen und im März der Minister für religiöse Minderheiten (der einzige Christ in der pakistanischen Regierung), Shahbaz Bhatti. Auch im Jahr 2011 wurden Angehörige der Sicherheitskräfte für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht, darunter Verschwindenlassen, Folterungen und außergerichtliche Hinrichtungen, insbesondere in der Provinz Belutschistan und im Nordwesten des Landes. Im Mai wurde der Al-Qaida-Anführer Osama bin Laden in seinem Versteck in der etwa 50 km nordöstlich der Hauptstadt Islamabad gelegenen Stadt Abbottabad von einer US-Spezialeinheit getötet. Hochrangige US-Politiker bezichtigten Pakistan öffentlich, die afghanischen Taliban zu unterstützen.

Im ganzen Land töteten pakistanische Taliban und andere bewaffnete Gruppen bei gezielten und ungezielten Angriffen auch Zivilpersonen. Die Stadt Karachi war Schauplatz einer Welle gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen politischen und ethnischen Gruppen, bei denen zahlreiche Menschen zu Tode kamen. Im Berichtsjahr wurden weiterhin Todesurteile verhängt, Hinrichtungen fanden jedoch nicht statt. Neuerliche Monsunfluten machten viele Menschen obdachlos und verursachten landesweit einen Ausbruch der Tropenkrankheit Dengue-Fieber. Die chronischen Engpässe bei der Energieversorgung führten in den meisten Großstädten zu gewalttätigen Protesten und behinderten die wirtschaftlichen Aktivitäten. In den Konfliktgebieten in der Provinz Belutschistan und im Nordwesten des Landes erhielten Frauen und Mädchen kaum Zugang zu Bildung und zur Gesundheitsversorgung.

Hintergrund

Die Menschenrechtslage blieb unbefriedigend. Auch 2011 waren oft Angehörige der Sicherheitskräfte und der Geheimdienste in Menschenrechtsverletzungen verwickelt. Die Behörden waren häufig nicht willens oder nicht in der Lage, Frauen, ethnische und religiöse Minderheiten, Journalisten und Angehörige anderer gefährdeter Gruppen vor Menschenrechtsverstößen zu schützen und die Täter vor Gericht zu stellen. Die Versprechen der Landes- und Provinzbehörden, die zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit in der von Gewalt geprägten Krisenprovinz Belutschistan beitragen sollten, darunter eine bessere Kontrolle der Polizei und des paramilitärischen Frontier Corps, die verstärkte Aufnahme von Belutschen in den Staatsdienst und die Erhöhung der für die Provinz bestimmten Finanzmittel aus dem nationalen Haushalt, zeigten wenig Wirkung.

Auch 2011 lebten aufgrund der andauernden Konflikte zwischen den Sicherheitskräften und Angehörigen der pakistanischen Taliban fast eine halbe Million Menschen als Binnenvertriebene im eigenen Land. Wer in Regionen zurückging, die die Armee von den Aufständischen zurückerobert hatte, musste einen Mangel an Sicherheit und an Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen in Kauf nehmen. Im Bezirk Malakand hatte sich trotz der Vertreibung der Taliban ein paralleles Justizsystem etabliert, das auf einer engen Auslegung der Scharia-Gesetze basierte und Anlass zu der Befürchtung gab, dass auch der damit einhergehende strenge Verhaltenskodex dort durchgesetzt wird.

Im Juni gewährte Präsident Asif Ali Zardari den Angehörigen der Sicherheitskräfte im Nordwesten des Landes rückwirkend Immunität gegen strafrechtliche Verfolgung und stattete sie mit umfassenden Befugnissen zur willkürlichen Festnahme und Bestrafung aus. Am 14. August, dem pakistanischen Unabhängigkeitstag, billigte der Präsident richtungsweisende Reformen, darunter die Anwendung des 2002 verfügten Erlasses zur Änderung des Gesetzes über politische Parteien (Political Parties Order 2002) auch auf die unter Bundesverwaltung stehenden Stammesgebiete. Auch die aus der Kolonialzeit stammenden kollektiven Strafbestimmungen (Frontier Crimes Regulation), die den Bewohnern der Stammesgebiete einen großen Teil ihrer in der pakistanischen Verfassung festgeschriebenen Menschenrechte und Schutzansprüche entzogen hatten, wurden reformiert. Die Reformen schränkten die staatlichen Befugnisse zur willkürlichen Inhaftierung und Verhängung kollektiver Strafen ein, gestatteten den Bewohnern der Stammesgebiete die Einlegung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen gemäß den kollektiven Strafbestimmungen und ermöglichten es den politischen Parteien, in den Stammesgebieten tätig zu werden.

Am 9. Juni 2011 ratifizierte Pakistan das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie. Im September nahm Pakistan die meisten seiner Vorbehalte gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das UN-Übereinkommen gegen Folter zurück, hielt jedoch an den innerstaatlichen Bestimmungen fest, die Nichtmuslimen das Amt des Premierministers oder des Präsidenten verwehren und Frauen die erbrechtliche Gleichstellung vorenthalten.

Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der Sicherheitskräfte

Die Angehörigen der Sicherheits- und Geheimdienste gingen 2011 weiterhin zumeist straffrei aus, obwohl ihnen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wurden, darunter Verschwindenlassen und Folter, ferner die Tötung von Zivilpersonen, Journalisten, engagierten Bürgern und Personen, die der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe verdächtigt wurden, bei wahllosen Angriffen und durch außergerichtliche Hinrichtungen.

Außergerichtliche Hinrichtungen
Die meisten Berichte über außergerichtliche Hinrichtungen trafen 2011 aus der Provinz Belutschistan, aus dem Nordwesten des Landes und aus der Stadt Karachi ein.

  • Am 28. April wurde der Menschenrechtsverteidiger und Journalist Siddique Eido zusammen mit seinem Kollegen Yousuf Nazar Baloch in der Gegend von Pargari Sarbat in Belutschistan tot aufgefunden. Zeugenberichten zufolge waren die beiden am 21. Dezember 2010 mit Polizisten unterwegs, als sie von Männern in Zivilkleidung und Angehörigen des paramilitärischen Frontier Corps entführt wurden. Krankenhausberichten zufolge wiesen ihre Leichen Einschüsse und Folterspuren auf.
  • Am 8. Juni filmte das Kamerateam eines Fernsehsenders, wie der Student Sarfaraz Shah in einem Park in Karachi von Angehörigen der paramilitärischen Rangers erschossen wurde. Auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs entließ die Regierung der Provinz Sindh zwei ranghohe Polizeibeamte; am 12. August wurde einer der beteiligten Rangers vom Antiterrorismusgericht wegen Mordes zum Tode verurteilt, fünf weitere Angehörige der Rangers und ein Zivilist erhielten lebenslange Haftstrafen. Alle Verurteilten legten vor dem Obersten Gericht von Sindh Berufung gegen das Strafmaß ein.
  • Am 17. Mai wurden in Quetta fünf ausländische Personen, darunter eine Hochschwangere, von Polizisten und Angehörigen der paramilitärischen Einheit Frontier Corps getötet, weil man sie für Selbstmordattentäter hielt. Bei einer Untersuchung wurde festgestellt, dass die Opfer unbewaffnet waren. Zwei Polizeibeamte wurden daraufhin vom Dienst suspendiert. Ein Journalist, der die Erschießung fotografiert hatte, erhielt Morddrohungen und tauchte unter. Der Arzt, der die Autopsien durchgeführt hatte, wurde tätlich angegriffen und später von Unbekannten getötet. Weitere Zeugen wurden Berichten zufolge von Angehörigen der Sicherheitskräfte bedroht.

Verschwindenlassen
Die für das Verschwindenlassen von Personen Verantwortlichen wurden vom pakistanischen Staat nicht zur Rechenschaft gezogen, und die meisten Opfer galten weiterhin als vermisst. Im März 2011 richtete die Regierung erneut eine Untersuchungskommission zu diesem Problemfeld ein, doch es dauerte sechs Monate bis Javed Iqbal, pensionierter Richter des Obersten Gerichtshofs von Pakistan, zum Vorsitzenden ernannt wurde. Seit die vorherige Kommission im März 2010 ihre Arbeit aufgenommen hatte, waren mehr als 220 von mehreren Hundert Einzelfällen bearbeitet worden. Beiden Kommissionen warf man vor, den Zeugen keinen ausreichenden Schutz zu gewähren und die Untersuchungen mangelhaft durchzuführen, insbesondere wenn Mitarbeiter der Sicherheitskräfte und Geheimdienste verdächtigt wurden.

  • Am 13. Februar 2011 wurde der Rechtsanwalt Agha Zahir Shah, zu dessen Mandanten die Angehörigen einiger mutmaßlicher Opfer von Verschwindenlassen gehörten, auf der Rückfahrt nach Quetta in Dera Murad Jamali in Belutschistan von Unbekannten entführt. Am 2. Juni wurde er in kritischem Gesundheitszustand wieder freigelassen.
  • Am 25. Februar wurde Muzzaffar Bhutto, ein führendes Mitglied der Partei Jeay Sindh Muttaheda Mahaz (JSMM), in Hyderabad von Männern in Zivilkleidung entführt, die in Begleitung von Polizisten auftraten. Seitdem gilt er als "verschwunden".
  • Im Mai wurden die ägyptischstämmigen Brüder Abdullah und Ibrahim El-Sharkawi als vermisst gemeldet. Zwei Wochen später erfuhr ihre Familie, dass man sie inhaftiert habe, weil sie sich illegal im Land aufhielten; ein Gericht bestätigte jedoch ihre pakistanische Staatsangehörigkeit. Ibrahim, der jüngere der beiden Brüder, wurde am 27. Juni auf Kaution freigelassen, Abdullah am 29. August. Beide erklärten, sie seien in geheimen Haftzentren gefoltert und misshandelt worden.

Menschenrechtsverstöße bewaffneter Gruppen

Die pakistanischen Taliban gingen gezielt gegen Zivilpersonen vor und führten wahllos Angriffe mit improvisierten Sprengkörpern sowie Selbstmordanschläge durch. Mehrere Stammesälteste wurden Opfer gezielter Anschläge. Die Taliban verübten außerdem Attentate gegen eine Reihe von Politikern der Awami National Party. Laut Angaben der Regierung hatte der Konflikt mit den Taliban in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa die Zerstörung von 246 Schulen (59 Mädchen- und 187 Jungenschulen) sowie die Beschädigung von 763 Schulen (244 Mädchen- und 519 Jungenschulen) zur Folge. Tausende Kinder hatten dadurch keinen Zugang zu Bildung. Die Androhung von Gewalt seitens der pakistanischen Taliban führte dazu, dass Frauen und Mädchen nur sehr begrenzten Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen hatten und nicht gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilnehmen konnten.

  • Am 9. März 2011 sprengte sich am Rande der Stadt Peshawar ein Selbstmordattentäter bei der Trauerfeier für die Frau eines Angehörigen einer Miliz, die gegen die Taliban kämpfte, in die Luft und tötete 37 Menschen. Die pakistanischen Taliban bekannten sich zu dem Anschlag.
  • Am 18. Juli veröffentlichten die pakistanischen Taliban ein Video, auf dem maskierte Männer 16 gefangene Polizisten töten; das Video war eine Reaktion auf eine zuvor veröffentlichte Aufnahme, die zeigte, wie pakistanische Sicherheitskräfte festgenommene Aufständische hinrichten.
  • Am 19. August wurde in Khyber, einem der halbautonomen Stammesgebiete, während des Freitagsgebets ein Selbstmordanschlag auf eine Moschee verübt, bei dem mindestens 47 Menschen starben und über 100 verletzt wurden. Die pakistanischen Taliban bekannten sich zu dem Anschlag.
  • Im September 2011 entführten pakistanische Taliban im Ort Bajaur an der afghanischen Grenze 30 Jungen im Alter von zwölf bis 18 Jahren. Bei einem Angriff auf einen Schulbus töteten Angehörige derselben Gruppe im gleichen Monat vier Kinder und den Fahrer.

In Belutschistan ermordeten nationalistische Gruppierungen Angehörige gegnerischer Parteien, ethnische Punjabis und Angehörige der staatlichen Sicherheitskräfte. Darüber hinaus bekannten sie sich zu Anschlägen auf Erdgas- und Stromleitungen, die zu schweren Versorgungsengpässen in der Provinz führten. Bei religiös motivierten Angriffen der Splittergruppe Lashkar-e-Jhangvi und anderer Extremistengruppen auf Schiiten kamen insgesamt mindestens 280 Menschen zu Tode oder wurden verletzt.

  • Am 4. Januar 2011 wurde in der Stadt Turbat (Belutschistan) ein Schulbus, in dem über 30 Kinder von Angehörigen des Frontier Corps saßen, mit improvisierten Sprengsätzen angegriffen; fünf Mädchen und Jungen wurden dabei verletzt. Obwohl sich niemand zu dem Anschlag bekannte, wurden radikale Belutschen für den Angriff verantwortlich gemacht.
  • Am 25. April wurden bei Pirak in der Nähe der Stadt Sibi bei einem Brandanschlag auf einen Bus, der in Richtung Quetta unterwegs war, mindestens 15 Menschen getötet, darunter fünf Kinder.
  • Die Gruppe Lashkar-e-Jhangvi bekannte sich dazu, am 20. September im Distrikt Mastung eine Gruppe von 26 schiitischen Pilgern regelrecht hingerichtet zu haben; kurz darauf wurden auch drei Angehörige der Opfer erschossen, die aus Quetta kamen, um die Leichname ihrer Verwandten nach Hause zu bringen. Am 4. Oktober kamen bei einem ähnlich gelagerten Anschlag auf schiitische Pilger 14 Menschen ums Leben.

Die Stadt Karachi wurde 2011 von einer Welle der Gewalt heimgesucht, als rivalisierende Gruppen, manche mit Verbindungen zu politischen Parteien, ihre Territorialkämpfe austrugen. Bei den Auseinandersetzungen starben 2000 Menschen. Die Sicherheitskräfte nahmen Hunderte Verdächtige fest; der Oberste Gerichtshof übte Kritik an den politischen Parteien, die zur Gewalt aufgestachelt hätten, und an den Behörden, weil sie zahlreiche bekannte Gewalttäter nicht aufgehalten hätten.

Recht auf freie Meinungsäußerung

2011 wurden in Pakistan mindestens neun Journalisten getötet. Mitarbeiter von Medien wurden von Sicherheitskräften, Geheimdiensten, politischen Parteien und bewaffneten Gruppen bedroht, wenn sie über diese berichteten. Es gelang den pakistanischen Behörden weder, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, noch sorgten sie für einen angemessenen Schutz der Journalisten.

  • Am 13. Januar wurde der Journalist Wali Khan Babar, der für den Sender Geo News arbeitete, von motorisierten Tätern in Karachi in seinem Auto erschossen, kurz nachdem ein Bericht von ihm über eine Polizeioperation gegen Drogenhändler gesendet worden war.
  • Am 29. Mai verschwand der Journalist Saleem Shahzad, der für die Asia Times Online arbeitete, unmittelbar nachdem er sein Haus in Islamabad verlassen hatte, um sich zu einem Fernsehinterview zu begeben. Sein Leichnam wurde zwei Tage später in der Provinz Punjab gefunden. Einige Tage zuvor hatte er über mögliche Verbindungen der pakistanischen Marine zu Al-Qaida berichtet. Im Oktober 2010 hatte er einigen Kollegen von Morddrohungen aus dem militärischen Nachrichtendienst Inter-Services Intelligence im Zusammenhang mit ähnlichen Berichten erzählt.

Diskriminierung - religiöse Minderheiten

Radikale religiöse Gruppen bedrohten auch 2011 Angehörige religiöser Minderheiten wie Ahmadiyya, Christen, Hindu und Schiiten sowie gemäßigte Sunniten und stachelten zu Gewalt gegen alle Befürworter einer Reformierung der Blasphemie-Gesetze auf. Die Behörden waren nicht in der Lage, solche Angriffe gegen religiöse Minderheiten zu verhindern oder die Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen.

  • Am 25. Januar tötete ein Selbstmordattentäter in Lahore, der Schiiten treffen wollte, 13 Menschen. Der Taliban-Flügel Fidayeen-e-
    Islam bekannte sich zu dem Anschlag.
  • Im Juni verteilten Mitglieder der All Pakistan Students Khatm-e-Nubuwat Federation in der Stadt Faisalabad in der Provinz Punjab Listen mit prominenten Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya und riefen dazu auf, sie als Akt des Dschihad zu töten.
  • Am 24. September wurde die 13-jährige Christin Faryal Bhatti aus Abbottabad der Schule verwiesen und der Blasphemie bezichtigt, weil sie ein Wort in Urdu falsch geschrieben hatte. Aus Angst um ihr Leben musste sich ihre Familie verstecken.
  • Alle Personen, die unter Verdacht standen, an den gewaltsamen Ausschreitungen gegen die christliche Gemeinde in der Stadt Gojra in der Provinz Punjab am 1. August 2009 beteiligt gewesen zu sein, wurden im Berichtszeitraum auf Kaution freigelassen, da sich aus Angst um ihre Sicherheit keine Zeugen zur Aussage bereit erklärten.

Der Richter, der das Todesurteil gegen den Mörder von Salmaan Taseer verhängt hatte, sah sich nach Morddrohungen gezwungen, unterzutauchen. Die Mörder von Shahbaz Bhatti waren Ende 2011 noch immer auf freiem Fuß. Die Abgeordnete Sherry Rehman zog ihre Petition zur Änderung der Blasphemie-Gesetze, die sie in die Nationalversammlung eingebracht hatte, zurück, nachdem sie Morddrohungen erhalten hatte. Die Christin Aasia Bibi, die 2009 wegen Blasphemie zum Tode verurteilt worden war, blieb bis zur Entscheidung im Berufungsverfahren weiter in Haft.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Frauen und Mädchen wurden auch 2011 zu Hause und in der Öffentlichkeit rechtlich und praktisch diskriminiert. Die Aurat-Stiftung dokumentierte 8539 Fälle von Gewalt gegen Frauen, darunter 1575 Morde, 827 Vergewaltigungen, 610 Fälle häuslicher Gewalt, 705 Ehrenmorde und 44 Säureangriffe. Im Bemühen, dieses Problem anzugehen, befürwortete das Parlament im Dezember zwei Gesetzentwürfe (Acid Control and Acid Crime Prevention Bill 2010) und Prevention of Anti-Women Practices (Criminal Law Amendment) Bill 2008, die darauf abzielten, die Rechte der Frauen zu stärken und ihren Schutz zu verbessern sowie das Strafmaß bei geschlechtsspezifischer Gewalt zu erhöhen. Damit wurden Säureattacken und Praktiken wie die Zwangsverheiratung in Pakistan erstmals unter Strafe gestellt.

  • Am 10. September 2011 wurden vier Lehrerinnen von zwei maskierten Tätern auf Motorrädern mit Säure angegriffen, als sie eine koedukative Schule in Quetta, der Hauptstadt der Provinz Belutschistan, verließen. Eine der Lehrerinnen entging dem Anschlag unverletzt, zwei weitere wurden mit geringfügigen Verätzungen aus dem Krankenhaus entlassen, die vierte Lehrerin erlitt jedoch heftige Verbrennungen und musste sich einer schweren Operation zur Wiederherstellung der verätzten Hautpartien unterziehen. Die Behörden des Bundes und der Provinz nahmen den Anschlag zur Kenntnis, doch die Täter wurden bislang nicht zur Verantwortung gezogen.
  • Am 15. Oktober beschuldigte ein junges Mädchen 13 Männer, darunter drei Polizeibeamte, sie entführt und während ihrer einjährigen Gefangenschaft im Bezirk Karak (Provinz Khyber Pakthunkhwa) mehrfach vergewaltigt zu haben. Am 9. Dezember wurde ihr Bruder erschossen, als er das Gerichtsgebäude verließ, in dem die Verhandlung gegen die mutmaßlichen Täter stattfand.

Todesstrafe

Im Berichtsjahr befanden sich weiterhin mehr als 8000 Menschen im Todestrakt. Laut Angaben der pakistanischen Menschenrechtskommission ergingen 2011 mindestens 313 Todesurteile, mehr als die Hälfte davon wegen Tötungsdelikten. Drei Menschen wurden wegen Blasphemie zum Tode verurteilt. Die letzte Hinrichtung fand 2008 statt.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Im Juli und in den Monaten November/Dezember besuchten Delegierte von Amnesty International Pakistan. Beraterinnen und Berater von Amnesty International hielten sich das ganze Jahr über im Land auf.

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