Anfragebeantwortung zu Georgien: Behandlungsmöglichkeiten bei HIV-Infektion, Kosten, Krankenversicherung; Medikament Biktarvy [a-11074]

23. August 2019

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Die folgenden Ausschnitte aus ausgewählten Quellen enthalten Informationen zu oben genannter Fragestellung (Zugriff auf alle Quellen am 23. August 2019):

„Georgien bietet ein staatlich finanziertes Gesundheitssystem an Dieses umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters und Sozialgruppen

- Offen für alle Staatsbürger/innen sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

- Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

- Behandlung von HIV und TB sowie Insulin für Diabetespatienten/innen sind kostenfrei“ (IOM, 2019, S. 4)

„Im Rahmen der nationalen HIV/Aids Strategie erhalten in Georgien alle Infizierten seit 2004 kostenlos antiretrovirale Medikamente. Finanziert werden sie durch den georgischen Staat und dem Global Fund to Fight HIV/AIDS, Tuberculosis, and Malaria. Die Unterstützung durch den Global Fund wird kontinuierlich reduziert. Ab 2020 will der georgische Staat das Programm vollständig übernehmen und Global Fund seine Unterstützung bis 2022 ganz zurückziehen.

4.2. Zugang

4.2.1. Zielgruppe

Alle HIV-infizierten georgischen Bürger haben Zugang zum Programm. Personen anderer Nationalitäten, die sich in Georgien in Haft befinden, [haben] ebenfalls Zugang. Im Unterschied zur Mehrheit der Länder in der Region Osteuropa und Zentralasien kennt Georgien keinen Schwellenwert der CD4-Zellzahl, der erreicht werden muss, damit jemand antiretrovirale Medikamente erhält. Infizierte haben in jedem Stadium Zugang zum Programm. Hier folgt Georgien den aktuellsten WHO-Empfehlungen aus dem Jahr 2016.

4.2.2. Administrativer Ablauf

Der georgische Bürger meldet sich bei einer zuständigen medizinischen Institution. In Tbilisi existiert das Infectious Disease, Aids and Clinical Immunology Research Center an der Kazbegi Avenue 16.

4.3. Leistungen

Folgende ambulante Dienstleistungen stehen kostenlos zur Verfügung:

- HIV-Test;

- Arzttermine in der Praxis und Hausbesuche bei Bedarf;

- Behandlung von opportunistischen Infektionen.

Folgende stationäre Dienstleistungen stehen kostenlos zur Verfügung:

- Labordiagnostik und apparative Diagnostik bei AIDS-definierenden Erkrankungen;

- Behandlung von AIDS-definierenden Erkrankungen;

- Labordiagnostik und apparative Diagnostik bei HIV-Infektion;

- Behandlung von HIV-Infektion sowie von Begleiterscheinungen von Aids.

4.4. Zuständige medizinische Institutionen

Das Infectious Diseases, AIDS and Clinical Immunology Research Center, kurz National AIDS Center (NAC), in Tbilisi ist für die Koordination der Behandlung von HIV/Aids verantwortlich. Das Aids-Zentrum erstellt die Diagnose und regelt die Aufnahme ins staatliche Programm. Zudem werden Viruslast und CD4-Zahl gemessen sowie gewisse Pflege angeboten.

In Tbilisi, Kutaisi, Batumi, Zugdidi und Suchumi (Hauptstadt von Abchasien) bieten medizinische Institutionen für Infektionskrankheiten ebenfalls Dienstleistungen für HIV/Aids-Patienten an. Antiretrovirale Therapie erfolgt in den Kliniken sowie mittels mobilen Teams bei den Patienten zu Hause. Die mobilen Teams gibt es in allen erwähnten Ortschaften ausser in Suchumi. Die Zentren für Infektionskrankheiten machen die notwendigen Laboruntersuchungen und verfügen über stationäre und ambulante Abteilungen zur Pflege von Aids-Patienten. Alle Zentren, ausser Suchumi, verfügen über Beratungsstellen, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen geführt werden.

4.5. Beurteilung

In Georgien erhielten 2015 74 % der Personen, die von ihrer HIV-Infektion wussten, antiretrovirale-Medikamente, das zeigen die Zahlen von UNAIDS. Im Vergleich zu den anderen Ländern Osteuropas und Zentralasien weist Georgien damit den höchsten Wert auf. Von den Personen, die für die Therapie in Frage kommen, erhalten 91 % antiretrovirale Therapie. Laut offiziellen Angaben war der Zugang zur antiretroviralen Therapie seit 2004 ohne Unterbruch gewährleistet.

Die letzte Beurteilung der Versorgung von HIV/Aids-Patienten in Georgien durch die WHO stammt aus dem Jahr 2015. Sie besagt, dass in der Erstlinientherapie (bevorzugte, erste Behandlungsoption) die WHO Richtlinien vollständig umgesetzt sind und bei der Zweit- und Drittlinientherapie die Anpassungen laufen. Die WHO kritisiert, dass Empfänger von antiretroviralen Medikamenten die Kliniken relativ häufig aufsuchen müssen, um Viruslast und CD4-Zahl zu messen, nämlich meistens alle zwei bis drei Monate. Das National AIDS Centre ist laut WHO für die notwendigen Messungen sowie für die Diagnose von opportunistischen Infektionen gut aufgestellt, was Personal und Equipment anbelangt. Dem National AIDS Centre attestiert die WHO generell eine hohe Qualität bei der Behandlung von HIV/Aids Patienten.

Die gesellschaftliche Stigmatisierung von HIV/Aids kann sich negativ auf den Zugang zu staatlichen Programmen auswirken. Die Krankheit wird primär mit Drogenabhängigkeit oder mit der LGBTI-Gemeinschaft in Verbindung gebracht. Staatliche und nichtstaatliche Organisationen haben sich zum Ziel gesetzt, dieser Stigmatisierung durch Informations- und Aufklärungsarbeit zum Thema HIV und Aids entgegenzuwirken.

Georgien steht im regionalen Vergleich fast an letzter Stelle, was das Wissen der Betroffenen über ihre HIV-Infektion anbelangt. Im Jahr 2015 wussten schätzungsweise 58% der Infizierten nicht über ihre Krankheit Bescheid. Ein Grund ist die überdurchschnittliche Verbreitung von HIV in gesellschaftlich marginalisierten Gruppen wie Drogensüchtigen. Mit den grossangelegten Screenings im Programm zur Eliminierung von Hepatitis C hat sich die Situation etwas verbessern. Für mögliche georgische Rückkehrer mit HIV/Aids, deren Krankheit dokumentiert wurde, ist dieses Problem nicht relevant.“ (SEM, 21. März 2018, S. 14-16)

„ART treatment and care activities include provision of free outpatient and inpatient services, adherence support and monitoring, palliative care services for chronically ill patients and community-based peer support services. Services are provided at 5 locations countrywide – Tbilisi, Kutaisi, Batumi, Zugdidi and Sokhumi. Infectious diseases, AIDS and Clinical Immunology Research Center (National AIDS Center) provides overall coordination of treatment and care services on national level.” (CCM Georgia, Jänner 2019, S. 14)

Although Georgia currently belongs to the countries with a low HIV prevalence, experts say that if the immediate action would not be taken, the spread of HIV/AIDS is expected to occur in Georgia in the nearest future. As of December 31, 2018, 7,434 HIV/AIDS cases were officially registered. The reported number of HIV/AIDS cases does not reflect the actual spread of the infection in Georgia. Estimated number of people living with HIV/AIDS is about 11,000 [8,200 – 14,000] people. Procurement of ART is carried out from the public budget funds and funds of the Global Fund: first-generation drugs are funded by the state, while the rest is financed by the GF.” (AFEW International, 2019)

„In Georgia, all people have access to free HIV treatment (antiretroviral therapy is available and accessible for patients since 2004 through the grant of the Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria), while stigma is one of the main factors hindering access to testing of HIV.” (AFEW International, 3. April 2018)

  • Karkashadze/Dvali, et al.: Epidemiology of human immunodeficiency virus (HIV) drug resistance in HIV patients with virologic failure of first-line therapy in the country of Georgia. In: Journal of Medical Virology, Volume 91, Issue 2, Februar 2019 (Erstveröffentlichung 15. Juni 2018)
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29905958

The most frequent first-line regimens were Tenofovir/Emtricitabine/Efavirenz (28.4%), Zidovudine/Lamivudine/Efavirenz (28.4%), and Abacavir/Lamivudine/Efavirenz (15.9%).” (Karkashadze/Dvali, et al, Februar 2019)

Es konnten keine Informationen speziell zum Medikament Biktarvy gefunden werden.

 

Weitere Informationen zur Behandlung von HIV-Infektionen in Georgien finden Sie in folgenden Dokumenten: