Im Folgenden finden Sie eine Übersicht zur Recherche von Gesetzestexten zu Nigeria im Internet (Stand: Jänner 2024). Die Übersicht soll den Einstieg in die Suche nach Gesetzestexten erleichtern, ersetzt jedoch nicht die eigenständige Prüfung der Aktualität, Gültigkeit und Richtigkeit der Gesetze.

Suche nach Gesetzestexten

Eine umfangreiche Sammlung nigerianischer Gesetzestexte findet sich auf der Webseite des Policy and Legal Advocacy Centre, einer nigerianischen nichtprofitorientierten Organisation:

Weitere Sammlungen nigerianischer Gesetzestexte finden sich unter folgenden Links:

Auf der vom UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) betriebenen Datenbank Refworld können mittels Suchabfrage englischsprachige Übersetzungen von einigen Gesetzestexten abgerufen werden:

Einige nigerianische Gesetzestexte finden sich auf Natlex, einem Portal der International Labour Organization:

Um zur Sammlung nationaler Gesetze für Nigeria auf ecoi.net zu gelangen, folgen Sie bitte diesem Link.

Verfassung

Globalex, eine Online-Publikation des Hauser Global Law School Program an der New York University School of Law, schreibt in einem zuletzt im Juli/August 2020 aktualisierten Eintrag zum nigerianischen Recht, dass die nigerianische Verfassung das Rahmenwerk für die Verwaltung der Bundesregierung („Federal Government of Nigeria“) und auch der Bundesstaaten bereitstelle. Kein Bundesstaat könne daher eine eigene Verfassung verabschieden. Die Verfassung sei das oberste Gesetz („is supreme“) und die enthaltenen Vorschriften seien für alle Behörden und Personen in der Bundesrepublik Nigeria bindend. Die Verfassung von 1999 sei am 29. Mai 1999 in Kraft getreten (Globalex, letzte Aktualisierung Juli/August 2020).

Seitdem sei die Verfassung insgesamt fünf Mal geändert worden – 2010, 2018 und 2023 (Punch, 12. April 2023).

Die ersten drei Änderungen (First, Second und Third Alteration Act) wurden am 10. Jänner 2011 bzw. am 4. März 2011 vom Präsidenten unterzeichnet (Constitution of the Federal Republic of Nigeria, 1999, with First, Second and Third Alterations, S. 173-209) und bezogen sich unter anderem auf die nationale Wahlkommission INEC, auf die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs in bestimmten Berufungsfragen sowie auf die Stellung und Zuständigkeit des National Industrial Court (Shamsu, Dezember 2019, S. 61-63).

Ende Mai bzw. im Juni 2018 habe Präsident Buhari im Zuge der vierten Verfassungsnovellierung fünf weitere Gesetze zur Änderung der Verfassung unterzeichnet (Punch, 12. April 2023; PLAC, ohne Datum). Gegen weitere vorgelegte Verfassungsänderungen habe entweder der Präsident ein Veto eingelegt (PLAC, ohne Datum) oder sie hätten nicht in beiden Kammern der Nationalversammlung Zustimmung gefunden (PLAC, ohne Datum; Shamsu, Dezember 2019, S. 65).

Nähere Informationen zu den Inhalten der ersten vier Verfassungsänderungen finden sich in einem Artikel von Yahaya Shamsu, Research Fellow am nigerianischen National Institute for Legislative and Democratic Studies (NILDS) vom Dezember 2019 (Shamsu, Dezember 2019, S. 60-67).

Im März 2023 habe Präsident Buhari 16 weitere Gesetze zu Verfassungsänderungen unterzeichnet. Insgesamt seien 35 Gesetze vorgelegt worden, die übrigen 19 Gesetze zu Änderungen der Verfassung seien vom Präsidenten nicht unterzeichnet worden (Punch, 12. April 2023; Olaniwun Ajayi LP, April 2023, S. 1).

Die 16 Gesetze behandeln Themen wie die Übertragung von Kompetenzen von nationaler auf bundesstaatliche Ebene (Gesetze No. 15-17), Fragen zur Regierungsführung (Gesetze No. 6, 8, 23, 34), Justizangelegenheiten (Gesetze No. 9, 10, 12) sowie Namensänderungen von Local Government Areas (Gesetze No. 1-5) und eine Fehlerkorrektur bei der Definition der Grenzen des Bundeshauptstadtgebiets Abuja (Gesetz No. 32) (Olaniwun Ajayi LP, April 2023, S. 2-6, sowie die entsprechenden Gesetze).

Im Juni 2023 unterzeichnete der neu gewählte Präsident Bola Ahmed Tinubu ein von der scheidenden Nationalversammlung vorgelegtes Gesetz zu einer Änderung der Verfassung, mit der das Pensionsalter und Ruhestandsansprüche von Richter·innen der unteren Gerichte an jene des Berufungsgerichts und des Obersten Gerichtshofs angeglichen wurden (Premium Times, 8. Juni 2023):

Der Text der nigerianischen Verfassung von 1999 mit allen bisher erfolgten Änderungen, einschließlich jener vom Juni 2023, ist unter folgendem Link zu finden:

Links zu den einzelnen Verfassungsänderungen sind in Annex 1 unten zu finden.

Staatsbürgerschaftsrecht

Die Citizenship Rights in Africa Initiative, ein informelles Netzwerk aus Organisationen, Einzelpersonen und Expert·innen, die sich mit dem Recht auf Staatsangehörigkeit befassen, schreibt in einem undatierten Länderprofil zu Nigeria, dass die Staatsangehörigkeit in Nigeria in Kapitel III der Verfassung von 1999 geregelt sei (siehe dazu auch Constitution of the Federal Republic of Nigeria, 1999; mit Änderungen bis einschließlich 2023). Seit Aufhebung der Staatsbürgerschaftsgesetze von 1960 und 1961 im Jahr 1974 seien keine Durchführungsvorschriften verabschiedet worden (Citizenship Rights in Africa Initiative, ohne Datum). Noch im Dezember 2018 fordern die Teilnehmer·innen eines Workshops der von UNHCR ins Leben gerufenen #IBelong Campaign unter anderem zum Erlass eines Staatsbürgerschaftsgesetzes auf (UNHCR, Jänner 2019). UNHCR berichtet im Dezember 2022, dass die Regierung einen Nationalen Aktionsplan zur Beendigung der Staatenlosigkeit vorgestellt und ein nationales Steering Committee zu dessen Umsetzung eingerichtet habe (UNHCR, 6. Dezember 2022, S. 5; siehe auch Citizenship Rights in Africa Initiative, 2. September 2022). Die nigerianische Staatsbürgerschaft kann prinzipiell durch Geburt, Registrierung und Einbürgerung erworben werden (Denton, ohne Datum); Doppelstaatsbürgerschaft ist unter bestimmten Umständen erlaubt (Dual Citizenship Report, ohne Datum).

Strafgesetz

In ihrer Doktorarbeit zu Nigerias Strafjustizsystem an der North-West University schreibt Alaba Ibironke Kekere, dass das gegenwärtige Strafjustizsystem Nigerias eine Folge der kolonialen Herrschaft sei. 1904 sei im damaligen Nördlichen Protektorat von der britischen Kolonialverwaltung ein neues Strafrecht (Criminal Code) eingeführt worden, dessen Anwendung nach der Zusammenschließung des Nördlichen mit dem Südlichen Protektorat auf das gesamte Gebiet ausgedehnt worden sei. Dieser Criminal Code habe allerdings existierendes Gewohnheitsstrafrecht nicht außer Kraft gesetzt, wodurch es zu einer dualen Strafrechtsordnung gekommen sei, die zu zahlreichen Konflikten geführt habe. Im Jahr 1960 sei für den Norden Nigerias ein eigenes Strafrecht, der Penal Code, sowie eine eigene Strafprozessordnung eingeführt worden. Der Criminal Code gelte weiterhin in den südlichen Bundesstaaten, während der Penal Code im Norden Nigerias zur Anwendung komme (Kekere, 2020, S. 5-7).

Der Criminal Code werde gemäß den Bestimmungen der Verfassung sowohl als Bundesrecht („federal law“) als auch als bundesstaatliches Recht („state law“) angewendet. Dasselbe gelte für den Penal Code von 1960 (Nwauche, 2014, section 2). Ob es sich um bundes- oder bundesstaatliches Recht handle, sei davon abhängig, wie der jeweilige Straftatbestand mit den in der Verfassung geregelten Gesetzgebungskompetenzen in Zusammenhang stehe. Diese Kompetenzen seien in Anhang 2 der Verfassung geregelt, wo in Teil I eine Liste von ausschließlichen Bundeskompetenzen (Exclusive Legislative List) und in Teil II eine Liste von Kompetenzen, bei denen die Föderation und die Staaten zusammenwirken (Concurrent Legislative List), genannt seien. Zu allen anderen Materien könnten die Gesetzgeber der Bundesstaaten Gesetze erlassen (Nwauche, 2014, section 2; vgl. auch Library of Congress, Februar 2017, section V.A.; Constitution of the Federal Republic of Nigeria 1999, mit Änderungen bis einschließlich Juni 2023, Second Schedule).

1999 führte der im Norden gelegene Bundesstaat Zamfara als erster Scharia-Recht ein bzw. dehnte dieses auch auf strafrechtliche Angelegenheiten aus, während bis dahin Strafprozesse vor traditionellen oder konventionellen Gerichten geführt worden und bestimmte Formen der Bestrafung, wie zum Beispiel Amputation, verboten gewesen seien (USCIRF, Dezember 2019, S. 8). Human Rights Watch (HRW) berichtet im September 2004, dass im Bundesstaat Zamfara das „Shari'a Establishment Law“ am 27. Oktober 1999 eingeführt worden und am 27. Jänner 2000 in Kraft getreten sei. Bis 2002 hätten zwölf Bundesstaaten die Scharia in ihre Strafgesetzgebung aufgenommen, nämlich Bauchi, Borno, Gombe, Jigawa, Kaduna, Kano, Katsina, Kebbi, Niger, Sokoto, Yobe, und Zamfara (HRW, 21. September 2004, section IV; siehe auch USCIRF, Dezember 2019, S. 8; Ostien & Dekker, 2010, S. 575).

Die Rechtsexperten Philip Ostien (Universität Jos) und Albert Dekker (Universität Leiden) erklären in einer Abhandlung von 2010, dass in den südlichen Bundesstaaten Nigerias Strafrecht (Criminal Code) und Strafprozessordnung aus der Kolonialzeit, abgleitet vom englischen Recht, zur Anwendung kämen, während in den nördlichen Bundesstaaten das Strafrecht (Penal Code) sowie die Strafprozessordnung von 1960 – mit verschiedenen Abänderungen durch die Bundesstaaten – in Kraft seien. Zudem gebe es nun in den „Scharia-Staaten“ neben dem Penal Code und der Strafprozessordnung von 1960 auch ein auf der Scharia beruhendes Strafrecht (Sharia Penal Code) sowie eine Scharia-Strafprozessordnung. Die Gesetze von 1960 würde in den Amtsgerichten („Magistrate‘s Courts“) und Höheren Gerichten („High Courts“) angewendet, die Scharia-Gesetze in den Scharia-Gerichten (Ostien & Dekker, 2010, S. 589).

Gunnar J. Weimann vom Institute of Security and Global Affairs an der Universität Leiden schreibt in seiner Doktorarbeit von 2010 zum islamischen Strafrecht in den nördlichen Bundesstaaten Nigerias, dass mit der nigerianischen Unabhängigkeit am 1. Oktober 1960 die Anwendung des islamischen Strafgesetzes in der damals bestehenden „Northern Region“ abgeschafft worden sei und strafrechtliche Angelegenheiten in den 19 Nachfolge-Bundesstaaten nach dem Penal Code von 1959 (einem grundsätzlich englischen Gesetz mit einigen besonderen Vorschriften, die auf dem islamischen Strafrecht beruhen würden) verhandelt worden seien. Nach der Einführung des Penal Code von 1959 sei islamisches Recht in nicht kodifizierter Form weiterhin angewendet worden, jedoch nur in Fällen des Zivilrechts (Weimann, 15. Dezember 2010, S. 89).

Der „Penal Code (Northern States) Federal Provisions Act“ vom 30. September 1960 wurde als Gesetz zur Ergänzung des „Penal Code of the Northern States” (auch Penal Code Law, 1959) in Bezug auf Angelegenheiten geschaffen, die ausschließlich in Bundeskompetenz fallen (Penal Code (Northern States) Federal Provisions Act, 30. September 1960, siehe insbesondere Artikel 3 zur Erläuterung der Beziehung zwischen den Gesetzen).

Laut der Verfassung von 1999 hätten die Bundesstaaten beträchtliche Freiheit bei der Gestaltung der Justizverwaltung auf ihrem Gebiet, so Weimann weiter. Sie dürften Gesetze zu strafrechtlichen Angelegenheiten verabschieden. Die Verfassung sehe auch explizit die Schaffung einer islamischen Gerichtsbarkeit vor. Zudem sei die Verfassung (insbesondere Paragraf 277(1)) auch schon so ausgelegt worden, dass den Scharia-Berufungsgerichten der Bundesstaaten neben Angelegenheiten des Personenstandsrechts auch Zuständigkeit im Rahmen der islamischen Strafgerichtsbarkeit zukomme (Weimann, 15. Dezember 2010, S. 90-91).

Ostien und Dekker merken an, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Scharia-Strafgesetzen gebe (Ostien & Dekker, 2010, S. 590). Auch Weinmann beschreibt, auf welch unterschiedliche Weise in den nördlichen Bundesstaaten Scharia-Recht eingeführt worden sei und dass sich daher in den verschiedenen Bundesstaaten die islamische Strafgesetzgebung in Form und Substanz unterscheide. Der Großteil der Gesetze beruhe auf dem Scharia-Strafgesetz des Bundesstaates Zamfara. Der Bundesstaat Kano habe ein eigenes Gesetz verabschiedet, während der Bundesstaat Niger den existierenden Penal Code abgeändert habe, um Vorschriften des islamischen Strafrechts einzuschließen. In Bezug auf die Scharia-Strafprozessordnungen sei die Lage ähnlich (Weimann, 15. Dezember 2010, S. 94).

Bald nach der Einführung der islamischen Strafgesetzgebung hätten sich die Gouverneure in den betreffenden Bundesstaaten daran gemacht, diese zu reformieren, berichtet Weimann. Die zwölf Bundesstaaten mit Scharia-Gesetzgebung hätten das Centre for Islamic Legal Studies (CILS) (an der Ahmadu Bello University in Zaria) mit der Ausarbeitung eines „harmonisierten Scharia-Strafgesetzes“ beauftragt und diese finanziert. Dieses harmonisierte Gesetz hätte dann von allen zwölf Bundesstaaten beschlossen werden und damit die verschiedenen, aktuell angewandten Scharia-Strafgesetze ersetzen sollen (Weimann, 15. Dezember 2010, S. 94; siehe auch USCIRF, Dezember 2019, S. 39). Bislang habe mit Zamfara nur ein Bundesstaat das harmonisierte Scharia-Strafgesetz angenommen (USCIRF, Dezember 2019, S .39), und zwar im November 2005 (Weinmann, 15. Dezember 2010, S. 94).

Abdulwahab Danladi Shittu erwähnt in einer wissenschaftlichen Arbeit von 2015, dass sieben Bundesstaaten (Zamfara, Kano, Bauchi, Sokoto, Jigawa, Yobe, Kebbi) ein kodifiziertes Gesetz zur Implementierung der Scharia verabschiedet und davon fünf Bundesstaaten (Sokoto, Yobe, Kebbi, Jigawa und Bauchi) das Scharia-Strafgesetz von Zamfara verabschiedet hätten. Das Strafgesetz des Bundesstaates Kano weiche in einigen Vorschriften ab (Shittu, 2015, S. 105). In einem von Philip Ostien herausgegebenen Sammelband zur Umsetzung der Scharia im nördlichen Nigeria von 2007 finden sich genaue Datumsangaben zum Inkrafttreten einzelner Scharia-Strafgesetze (siehe Ostien, 2007, S. 33).

Laut des HRW-Berichts vom September 2004 herrsche weiterhin Verwirrung dazu, welche Gesetzgebung in den nördlichen Bundesstaaten in Kraft sei, sogar unter Richter·innen, Akademiker·innen und weiteren Personen, die als Scharia-Experten eingestuft würden. Es gebe jedenfalls Überlappungen zwischen dem Penal Code von 1960 der nördlichen Bundesstaaten und den Scharia-Gesetzen, da der Penal Code Elemente des islamischen Rechts beinhalte und die Grundlage für ganze Abschnitte der Scharia-Strafgesetze bereitgestellt habe (HRW, 21. September 2004, section IV).

Im Allgemeinen würden die einzelnen Scharia-Strafgesetze laut Weimann Straftaten und Bestrafungen vorsehen und für alle Muslim·innen gelten sowie für jene Nicht-Muslim·innen, die freiwillig einem Verfahren vor einem Scharia-Gericht zustimmen würden. Dies impliziere, dass die Fälle von Nicht-Muslim·innen, die nicht zustimmen würden, weiterhin nach dem Penal Code verhandelt würden (Weimann, 15. Dezember 2010, S. 95; siehe auch USDOS, 15. Mai 2023, section II). Die Scharia-Strafgesetze seien laut Weimann überhastet formuliert worden, was die schlechte legistische Qualität der Gesetze und mangelhafte, teilweise auch unverständliche Formulierungen, nicht korrekte Querverweise, Lücken und Widersprüche erkläre (Weimann, 15. Dezember 2010, S. 95; siehe auch USCIRF, Dezember 2019, S. 39).

Der Criminal Code Act und der Penal Code (Northern States) Federal Provisions Act finden sich unter folgenden Links:

Eine Sammlung von Dokumenten zur Umsetzung des Scharia-Rechts in den zwölf nördlichen Bundesstaaten ist unter folgendem Link zu finden:

Strafprozessrecht

In den südlichen Bundesstaaten Nigerias würden strafprozessrechtliche Bestimmungen („criminal procedure statutes“) aus der Kolonialzeit, abgeleitet vom englischen Recht, zur Anwendung kommen, so Philip Ostien und Albert Dekker in oben bereits erwähnter Abhandlung von 2010. In den nördlichen Bundesstaaten sei das Strafprozessgesetz von 1960 weiterhin in Kraft, mit verschiedenen Abänderungen durch die Bundesstaaten. Zudem bestünden in den „Scharia-Staaten“ neben den Strafprozessgesetzen („Criminal Procedure Codes“) von 1960 auch auf der Scharia beruhende Strafprozessgesetze („Sharia Criminal Procedure Codes“). Die Gesetze von 1960 würden in den Amtsgerichten („Magistrate‘s Courts“) und Höheren Gerichten („High Courts“) angewendet, die Scharia-Gesetze in den Scharia-Gerichten (Ostien & Dekker, 2010, S. 589).

Acht Staaten hätten ein unabhängiges Scharia-Strafprozessgesetz verabschiedet, so Weimann in seiner Abhandlung vom Dezember 2010. Die Bundesstaaten Katsina und Yobe würden weiterhin den Criminal Procedure Code von 1959 anwenden, während die Bundesstaaten Kano und Borno dem Criminal Procedure Code von 1959 ein neues Kapitel zu Verfahren von Scharia-Gerichten angefügt hätten (Weimann, 15. Dezember 2010, S. 94).

Das im Mai 2015 verabschiedete Gesetz über die Verwaltung der Strafjustiz (Administration of Criminal Justice Act, ACJA) regelt die Verwaltung der Strafjustiz und damit verbundene Angelegenheiten und gilt im Bundeshauptstadtgebiet („Federal Capital Territory“), in allen Bundesgerichten des Landes und in Bezug auf Straftaten, die in der Bundesgesetzgebung enthalten sind (Egbegi, 10. November 2020). Der ACJA vereint Bestimmungen des im Süden des Landes geltenden Criminal Procedure Act (CPA) sowie des im Norden geltenden Criminal Procedure Code (CPC). Er bewahrt zwar die bestehende Gesetzgebung, ergänzt diese aber um neue Bestimmungen, die die Effizienz des Justizsystems steigern und bestehende Lücken schließen sollen. Der ACJA ist jedoch ausdrücklich nicht vor Kriegsgericht anwendbar (Kekere, April 2020, S. 263-264). Mariam A. Abdulraheem-Mustapha von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Ilorin erklärt in einem Artikel von 2018, dass der Anwendungsbereich des ACJA weiter sei als jener des CPA bzw. des CPC und das gesamte Strafverfahren, von der Festnahme bis zu Leitlinien für die Strafbemessung, umfasse. Allerdings sei der ACJA, wie bereits oben erwähnt, unmittelbar nur auf Bundesgerichte sowie im Bundeshauptstadtgebiet anwendbar. In den Bundesstaaten könne er nur verbindlich werden, wenn er entweder von allen Bundesstaaten mit einfacher Mehrheit angenommen werde oder wenn interessierte Bundesstaaten ihre eigene Version des ACJA mit oder ohne Verweis auf das Bundesgesetz verabschieden würden (Abdulraheem-Mustapha, 2018, S. 18-20).

The Guardian Nigeria schreibt im Dezember 2023, dass 33 Bundesstaaten den ACJA in die eigene Gesetzgebung übernommen hätten („have domesticated the ACJA“) (The Guardian Nigeria, 11. Dezember 2023). The Nigeria Lawyer hatte im April 2022 berichtet, dass die drei Bundesstaaten Borno, Niger und Zamfara den ACJA noch nicht angenommen hätten (The Nigeria Lawyer, 19. April 2022).

Der Administration of Criminal Justice Act von 2015 findet sich unter folgendem Link:

Der Criminal Procedure Act und der Criminal Procedure Code finden sich unter folgenden Links:

Quellen

(Zugriff auf alle Quellen am 23. Jänner 2024)

Annex 1

Die Gesetzestexte zu den ersten drei Änderungen (First, Second und Third Alteration Act) von 2010 finden sich unter folgendem Link (am Ende des Dokuments, S. 173-209):

  • Federal Ministry of Justice, Abuja: Constitution Of The Federal Republic Of Nigeria, 1999, in Kraft getreten am 29. Mai 1999; Constitution of the Federal Republic of Nigeria (First Alteration) Act, 2010, unterzeichnet vom Präsidenten am 10. Jänner 2011, veröffentlicht am 11. Jänner 2011; Constitution of the Federal Republic of Nigeria (Second Alteration) Act, 2010, unterzeichnet vom Präsidenten am 10. Jänner 2011, veröffentlicht am 12. Jänner 2011; Constitution of the Federal Republic of Nigeria (Third Alteration) Act, 2010, unterzeichnet vom Präsidenten am 4. März 2011, veröffentlicht am 7. März 2011, Datum laut Dateieigenschaften 15. Oktober 2014 (verfügbar auf Refworld)
    https://www.refworld.org/pdfid/44e344fa4.pdf

Die Gesetzestexte zu den 2018 erfolgten und in Kraft getretenen fünf Verfassungsabänderungen finden sich unter folgenden Links:

Die Gesetzestexte zu den im März 2023 erfolgten und in Kraft getretenen Verfassungsänderungen finden sich unter folgenden Links:

Der Text der im Juni 2023 erfolgten Verfassungsänderung findet sich unter folgendem Link:


Zitieren als:

ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: ecoi.net Nigeria Gesetzesübersicht, Juni 2019
https://www.ecoi.net/de/laender/nigeria/gesetzesuebersicht/