Amnesty Report 2024/25: Zur Lage der Menschenrechte weltweit; Saudi Arabien 2024

Berichtszeitraum: 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024

Menschenrechtsverteidiger*innen und andere Personen, die ihre Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit wahrnahmen, wurden auch 2024 willkürlich festgenommen und inhaftiert. Oft wurden sie mit Reiseverboten belegt oder in unfairen Gerichtsverfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Zwar gab es kleinere Reformen des Arbeitsrechts, doch waren Arbeitsmigrant*innen, insbesondere wenn sie als Hausangestellte arbeiteten, weiterhin Arbeitsrechtsverstößen wie Zwangsarbeit und anderen Formen der Ausbeutung ausgesetzt. Angemessene Mechanismen zu ihrem Schutz und zur Durchsetzung ihrer Rechte gab es keine. Die Regierung ging hart gegen Personen vor, denen Verstöße gegen Arbeits-, Grenzschutz- und Aufenthaltsbestimmungen vorgeworfen wurden. Im Zuge dessen wurden Tausende festgenommen und in ihre Herkunftsländer abgeschoben, meist ohne ordentliches Verfahren. Zahlreiche Menschen wurden in grob unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt, und die Behörden vollstreckten Todesurteile, die für eine Vielzahl von Straftaten verhängt wurden, u. a. für Drogendelikte. Frauen wurden weiterhin durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert. Saudi-Arabien ergriff keinerlei Klimaschutzmaßnahmen und kündigte eine Steigerung der Ölförderung an.

Hintergrund

Am 17. Dezember 2024 fand in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad der vierte Menschenrechtsdialog zwischen Saudi-Arabien und der Europäischen Union (EU) statt. Die EU sah Fortschritte im Bereich der Frauenrechte, äußerte sich jedoch sehr besorgt angesichts der steigenden Zahl von Hinrichtungen – auch für Taten, die nicht mit vorsätzlicher Tötung einhergingen und damit nicht der völkerrechtlichen Definition von "schwersten Verbrechen" entsprachen, wie z. B. Drogendelikte. Zudem kritisierte die EU die Einschränkungen der bürgerlichen und politischen Rechte und bezog sich dabei auf die Verhängung langjähriger Haftstrafen wegen Meinungsäußerungen in den Sozialen Medien.

Am 11. Dezember 2024 bestätigte der Weltfußballverband FIFA Saudi-Arabien als Austragungsstätte der Fußball-Weltmeisterschaft der Männer im Jahr 2034. Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisierten die Entscheidung und wiesen auf die Gefahr von Ausbeutung, Diskriminierung, Zwangsräumungen und Unterdrückung hin.

Zwischen dem 15. und 19. Dezember 2024 fand in Riad das Internet Governance Forum (IGF), ein alljährlich von den Vereinten Nationen veranstaltetes Treffen zu Fragen der Internetregulierung, statt. Eine Delegation von Amnesty International, die am IGF teilnahm, forderte die Freilassung von Personen, die sich lediglich aufgrund von Meinungsäußerungen im Internet in Haft befanden.

Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit

Die Behörden nahmen auch 2024 willkürlich Menschen in Haft und verweigerten ihnen die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung anzufechten. In vielen Fällen wurden Personen auf Grundlage vager und zu weit gefasster Anklagen, die z. B. friedliche Meinungsäußerungen als "Terrorismus" einstuften und kriminalisierten, zu langen Haftstrafen oder zum Tode verurteilt. Die Verfahren waren häufig unfair und verstießen gegen die Verfahrensrechte und das Recht auf Meinungsfreiheit der Betroffenen. Auch vor dem Sonderstrafgericht (Specialized Criminal Court – SCC), das für terrorismusbezogene Straftaten zuständig ist, wurden Menschen in grob unfairen Verfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, obwohl sie lediglich ihre Rechte auf Meinungs- oder Vereinigungsfreiheit wahrgenommen hatten, z. B. auf der Online-Plattform X (vormals Twitter).

Der durchgesickerte Entwurf für ein geplantes neues Strafgesetzbuch enthielt Bestimmungen, die "Diffamierung", "Beleidigung" und "das Infragestellen der Integrität der Justiz" unter Strafe stellten, was eine Kriminalisierung der Meinungsfreiheit bedeuten würde. Der Entwurf enthielt zudem vage formulierte Straftatbestände wie "anstößige Handlungen" und "ehrverletzende Äußerungen".

Unfaire Gerichtsverfahren

Am 9. Januar 2024 verurteilte das SCC Manahel al-Otaibi, eine Fitnesstrainerin und Frauenrechtsaktivistin, in einer geheimen Anhörung zu elf Jahren Haft. Die gegen sie erhobenen Anklagen bezogen sich lediglich auf ihre Kleidung und die Äußerung ihrer Ansichten im Internet. Sie hatte u. a. über Soziale Medien ein Ende der Gesetze zur männlichen Vormundschaft gefordert. Die Verurteilung von Manahel al-Otaibi wurde erst Wochen später durch die förmliche Antwort der saudi-arabischen Regierung auf eine Anfrage mehrerer UN-Sonderberichterstatter*innen bekannt. Die Familie von Manahel al-Otaibi durfte weder die Gerichtsunterlagen noch die gegen sie vorgelegten Beweise einsehen. Im November sagte die Aktivistin ihren Angehörigen, dass ihr Urteil von der Berufungskammer des SCC bestätigt worden sei.

Am 29. Mai 2024 verurteilte das SCC den Lehrer Asaad bin Nasser al-Ghamdi zu 20 Jahren Gefängnis, weil er Beiträge in den Sozialen Medien veröffentlicht hatte, in denen er das Regierungsprojekt Vision 2030 kritisiert und sein Beileid zum Tod eines bekannten, in Haft verstorbenen Menschenrechtlers ausdrückte. Zwei Monate später reduzierte die Berufungskammer des SCC seine Freiheitsstrafe auf 15 Jahre. Im September 2024 wurde das Todesurteil von Mohammad al-Ghamdi, dem Bruder von Asaad bin Nasser al-Ghamdi, aufgehoben. Die Berufungskammer des SCC verurteilte den pensionierten Lehrer stattdessen zu 30 Jahren Haft. Auch er war nur aufgrund von Beiträgen in den Sozialen Medien angeklagt worden.

Ebenfalls im September 2024 wandelte das SCC die 27-jährige Haftstrafe von Salma al-Shehab in vier Jahre Gefängnis und eine anschließende vierjährige Bewährungsstrafe um. Das SCC hatte sie ursprünglich im März 2022 wegen ihrer Beiträge auf X zur Verteidigung der Frauenrechte auf Grundlage des Antiterrorgesetzes zu sechs Jahren Haft verurteilt. Nach mehreren Rechtsmittelverfahren war ihr Strafmaß dann 2023 auf 27 Jahre angehoben worden.

Der niederländisch-jemenitische Staatsbürger Fahd Ezzi Mohammed Ramadhan befand sich 2024 nach wie vor ohne Anklage oder Zugang zu rechtlicher Vertretung in Saudi-Arabien in Haft. Er war am 20. November 2023 festgenommen und vom 21. November 2023 bis 1. Januar 2024 ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten worden. Er gab gegenüber Vertreter*innen der niederländischen Botschaft in Riad an, dass er online mit einem Kritiker des saudischen Königshauses sympathisiert habe und vermute, dass dies der Grund für seine Inhaftierung sei. Die Familie von Fahd Ezzi Mohammed Ramadhan bestellte im Januar 2024 einen Anwalt, der seinen Mandanten jedoch nicht besuchen durfte und dem die Gefängnisbehörden mitteilten, dass er sich nicht in den Fall einmischen solle.

Reiseverbot

Obwohl ihre Haftstrafe und das gerichtlich auferlegte Reiseverbot bereits ausgelaufen waren, wurde Loujain al-Hathloul 2024 weiterhin willkürlich daran gehindert, das Land zu verlassen. Die Menschenrechtsverteidigerin war im Zusammenhang mit ihrer Menschenrechtsarbeit verurteilt und im Februar 2021 nach zweieinhalb Jahren Haft unter Auflagen freigelassen worden. Im September 2024 stimmte das Beschwerdegericht (Board of Grievances) der Bearbeitung einer Beschwerde von Loujain al-Hathloul zu, die sie wegen des anhaltenden Reiseverbots gegen den Staatssicherheitsdienst eingereicht hatte. Im Dezember 2024 stellte der zuständige Richter den Fall dann jedoch wegen Unzuständigkeit des Gerichts ein.

Rechte von Migrant*innen

Die Behörden in Saudi-Arabien gingen 2024 weiterhin hart gegen Personen vor, denen sie Verstöße gegen Arbeits-, Aufenthalts- oder Grenzschutzbestimmungen zur Last legten. Unter anderem nahmen sie ausländische Staatsangehörige allein deshalb willkürlich fest, inhaftierten sie und schoben sie ab, weil sie keinen regulären Aufenthaltsstatus hatten. Die verfahrensrechtlichen Garantien wurden dabei meist nicht eingehalten. Nach Angaben des Innenministeriums wurden 2024 mindestens 573.000 der mehr als 994.000 ausländischen Staatsangehörigen, die wegen Verstößen gegen Arbeits-, Aufenthalts- oder Grenzschutzbestimmungen festgenommen worden waren, gegen ihren Willen in ihre Heimatländer zurückgeschickt. Die Behörden nahmen mehr als 61.037 Personen, überwiegend aus Äthiopien und dem Jemen, fest, die ohne die notwendigen Papiere aus dem Jemen nach Saudi-Arabien eingereist waren.

Arbeitsmigrant*innen unterlagen weiterhin dem Sponsorensystem (Kafala) und waren in verschiedenen Sektoren und Landesteilen schweren Menschenrechtsverstößen ausgesetzt, von denen einige möglicherweise Zwangsarbeit gleichkamen. Der nationale Mindestlohn galt weiterhin nur für saudi-arabische Staatsangehörige.

Im Juni 2024 reichte die globale Gewerkschaft Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) vor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eine richtungsweisende Beschwerde gegen Saudi-Arabien ein. Die BHI warf dem Land darin Verstöße gegen die ILO-Übereinkommen gegen Zwangsarbeit vor und berief sich auf die ausbeuterischen Lebens- und Arbeitsbedingungen, denen Arbeitsmigrant*innen dort ausgesetzt waren.

Arbeitsmigranten, die in Saudi-Arabien an den Franchise-Standorten des französischen Einzelhandelsriesen Carrefour beschäftigt waren, wurden von Personalvermittlungsagenturen getäuscht und zu extrem langen Arbeitszeiten gezwungen. Zudem erhielten sie von einem lokalen Franchise-Unternehmen und einigen beteiligten Drittparteien nicht den vereinbarten Lohn. Dies kam in einigen Fällen vermutlich Zwangsarbeit und Menschenhandel gleich. Als Reaktion auf eine Untersuchung von Amnesty International ordnete der Carrefour-Konzern eine externe Prüfung der Geschäftspraktiken seines Franchise-Partners an und ergriff einige Maßnahmen zur Beseitigung von Missständen.

Nachdem Amnesty International 2023 über Arbeitsrechtsverletzungen in Warenlagern von Amazon in Saudi-Arabien berichtet hatte, entschädigte Amazon im Februar 2024 mehr als 700 Arbeiter [W1] für illegal erhobene Rekrutierungsgebühren. Der Konzern führte zudem Maßnahmen zur Verbesserung der Bedingungen in den Unterkünften der Beschäftigten sowie externe Prüfungen und Beschwerdemechanismen ein.

Hausangestellte aus dem Ausland waren 2024 weiterhin Arbeitsrechtsverstößen und Ausbeutung ausgesetzt. Statt die bestehenden gesetzlichen Schutzmaßnahmen auf Arbeitsmigrant*innen, die als Hausangestellte arbeiteten, auszuweiten, führte die Regierung eine neue Verordnung ein, die im Oktober 2024 in Kraft trat. Mit dieser Verordnung wurde das Einziehen von Reisepässen verboten und eine Höchstarbeitszeit festgelegt, außerdem wurden Arbeits- und Gesundheitsschutzbestimmungen umrissen. Die Verordnung entsprach jedoch nicht den internationalen Menschenrechtsstandards, da sie die Bezahlung von Überstunden nicht vorschrieb, den Arbeitgeber*innen die Möglichkeit gab, einen wöchentlichen freien Tag abzulehnen, keinen Mindestlohn festsetzte und keine geeigneten Durchsetzungsmechanismen enthielt.

Die Behörden kündigten weitere Reformen in Bezug auf Hausangestellte aus dem Ausland an. Im Februar 2024 führte das Arbeitsministerium ein neues Versicherungssystem ein, mit dem vorgeblich sowohl die Rechte der Arbeitgeber*innen als auch die von Hausangestellten geschützt werden sollten. Das System begünstigte jedoch die Arbeitgeber*innen, da es ihnen im Falle des Ablebens, Fernbleibens oder anderweitiger Arbeitsunfähigkeit von Hausangestellten Entschädigungsleistungen zuschrieb. Zudem sah es die Übernahme der Kosten für eine Rückführung im Falle des Todes der Arbeitnehmer*innen vor. Im Gegensatz dazu wurde Hausangestellten die Lohnauszahlung nur im Falle des Todes oder der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit der Arbeitgeber*innen garantiert, nicht aber wenn der Lohn aus anderen Gründen nicht gezahlt wird.

Im März 2024 führte das Arbeitsministerium eine neue Verordnung ein, der zufolge Arbeitgeber*innen die Arbeitsverträge mit Hausangestellten unter bestimmten Bedingungen durch das Erstatten einer Anzeige wegen "Einstellung der Arbeit" beenden konnten. Diese Änderung, die bereits zuvor für die Privatwirtschaft eingeführt worden war, soll es Arbeitgeber*innen vorgeblich unmöglich machen, missbräuchliche Anzeigen wegen "unerlaubten Verlassens des Arbeitsplatzes" zu erstatten. Die Regelung enthielt jedoch keinerlei rechtliche Schutzmechanismen, die es betroffenen Arbeitsmigrant*innen ermöglichen würden, gegen derartige Anzeigen vorzugehen, sodass sie sich in einem solchen Fall nicht gegen ihre Festnahme oder Abschiebung wehren konnten.

Im Mai 2024 lancierte das Arbeitsministerium ein obligatorisches Programm zur Lohnabsicherung. Damit wurde Arbeitgeber*innen vorgeschrieben, für Gehaltszahlungen an Hausangestellte digitale Zahlungsmethoden zu nutzen, um so einen dokumentierten Nachweis über die Auszahlung von Löhnen zu schaffen. Es blieb jedoch unklar, welche Strafen bei Nichteinhaltung drohten.

Im Juli 2024 setzten der staatliche Krankenversicherungsrat (Council of Health Insurance) und die Versicherungsaufsichtsbehörde (Insurance Authority) eine Regierungsentscheidung um, mit der Arbeitgeber*innen von mehr als vier unter ihrem Namen eingetragenen Hausangestellten dazu verpflichtet wurden, eine Krankenversicherung für diese abzuschließen. Die Regelung schuf jedoch Ungleichheiten, da kleinere Haushalte von ihr ausgenommen waren, sodass zahlreiche Hausangestellte weiterhin ohne Krankenversicherung arbeiteten.

Im Oktober 2024 kündigte das Arbeitsministerium ein Versicherungsprogramm an, mit dem die Lohnauszahlung an Arbeitsmigrant*innen in Fällen sichergestellt werden soll, in denen die Arbeitgeber*innen nicht zahlen. Durch die Ausgestaltung des Programms und strenge Anspruchsvoraussetzungen war ein umfassender Schutz für alle Arbeitsmigrant*innen jedoch nicht gegeben.

Todesstrafe

Im Jahr 2024 wurden in Saudi-Arabien so viele Hinrichtungen vollzogen wie nie zuvor. Die Hingerichteten waren wegen einer Vielzahl von Straftaten und unter Umständen zum Tode verurteilt worden, die gegen das Völkerrecht und internationale Standards verstießen. Es gab außerordentlich viele Hinrichtungen wegen Drogendelikten.

Mindestens 50 Männer, die meisten von ihnen ägyptische Staatsangehörige, befanden sich weiterhin im Todestrakt des Gefängnisses in Tabuk, nachdem sie wegen Drogendelikten zum Tode verurteilt worden waren.

Sieben jungen Männern, die zur Zeit der ihnen vorgeworfenen Taten unter 18 Jahre alt waren, drohte 2024 nach wie vor unmittelbar die Hinrichtung. Einer der Männer war wegen bewaffneten Raubüberfalls und Mordes, die anderen sieben wegen terrorismusbezogener Anklagen zum Tode verurteilt worden. Alle sieben waren in unfairen Gerichtsverfahren schuldig gesprochen worden, die sich auf unter Folter erzwungene "Geständnisse" stützten.

Am 17. August 2024 gab die Saudische Presseagentur bekannt, dass Abdulmajeed al-Nimr hingerichtet worden war. Der pensionierte Verkehrspolizist war aufgrund von mutmaßlichen Verbindungen zur bewaffneten Gruppe Al-Qaida wegen terrorismusbezogener Straftaten zum Tode verurteilt worden. Laut Gerichtsunterlagen hatte ihn das SCC am 25. Oktober 2021 zunächst zu neun Jahren Haft verurteilt, u. a. wegen "Versuchs der Destabilisierung des sozialen Gefüges und der nationalen Einheit durch die Teilnahme an Demonstrationen" sowie "Unterstützung von Aufständen" und "Skandieren von Parolen gegen den Staat und seine Führung". Zudem soll er einer Whatsapp-Gruppe beigetreten sein, zu deren Mitgliedern auch gesuchte Personen gehörten, die eine Bedrohung für die Sicherheit darstellten. Im Rechtsmittelverfahren wurde seine Haftstrafe dann in ein Todesurteil umgewandelt. In der ersten Entscheidung des SCC zum Fall von Abdulmajeed al-Nimr war von einer möglichen Verbindung zu Al-Qaida keine Rede. Abdulmajeed al-Nimr erhielt während seiner Verhöre und seiner Untersuchungshaft etwa zwei Jahre lang keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Er wurde allein aufgrund eines "Geständnisses" für schuldig befunden, das er nach eigenen Angaben unter Zwang abgelegt hatte, nachdem man ihn u. a. eineinhalb Monate lang in Einzelhaft festgehalten hatte.

Der durchgesickerte Entwurf für ein geplantes Strafgesetzbuch für Ermessensstraftaten sah für zahlreiche Straftaten neben Haft- und Geldstrafen primär auch die Verhängung der Todesstrafe vor. Zudem gab der Entwurf Richter*innen weiterhin die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob die Todesstrafe verhängt werden soll.

Rechte von Frauen und Mädchen

Frauen wurden 2024 weiterhin durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert, u. a. in Bezug auf Heirat, Scheidung, Erbschaftsangelegenheiten und Sorgerechtsfragen.

Im Oktober 2024 überprüfte der Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) den fünften periodischen Bericht von Saudi-Arabien. Der CEDAW-Ausschuss identifizierte mehr als 20 Hauptproblembereiche mit Blick auf Saudi-Arabiens Einhaltung seiner Verpflichtungen unter der UN-Frauenrechtskonvention. Saudi-Arabien hatte die Konvention im Jahr 2000 ratifiziert. Der Ausschuss machte Empfehlungen für eine bessere Wahrung der Rechte von Frauen in Saudi-Arabien und thematisierte z. B. die Verfolgung von Menschenrechtsverteidigerinnen, die Verhängung von Todesurteilen, fehlende Schutzmaßnahmen für Arbeitsmigrantinnen, die als Hausangestellte tätig sind, und das faktisch weiter bestehende männliche Vormundschaftssystem.

Rechtswidrige Überwachung

Im Oktober 2024 ließ das Hohe Gericht des Vereinigten Königreichs (High Court) eine Klage von Yahya Assiri gegen die Regierung von Saudi-Arabien zu. Der saudi-arabische Menschenrechtsverteidiger lebte in Großbritannien und hatte die Klage wegen des Einsatzes von Spionagesoftware eingereicht. Im August 2018 hatten Recherchen von Amnesty International aufgedeckt, dass versucht worden war, Geräte von Yahya Assiri und einer Amnesty-Mitarbeiterin mittels Zusendung von Inhalten mit Bezug zu Saudi-Arabien mit der Spionagesoftware Pegasus des Unternehmens NSO Group zu infizieren.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Saudi-Arabien, einer der weltweit bedeutendsten Erzeuger fossiler Brennstoffe, gehörte gemessen an der Bevölkerungszahl auch 2024 zu den zehn größten CO2-Emittenten weltweit. Saudi-Arabien blockierte während der UN-Klimakonferenz in Baku im November 2024 (COP29) alle expliziten Formulierungen zu einem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.

Im Juni 2024 gab der Energieminister von Saudi-Arabien Pläne bekannt, die Ölförderkapazitäten des Landes zwischen 2025 und 2027 zu erhöhen und sie dann 2028 wieder auf das Niveau von 2024, also auf 12,3 Mio. Barrel pro Tag, zu senken.

Die Regierung hatte 2021 angekündigt, bis 2060 klimaneutral zu werden. Bis Ende 2024 hatte sie jedoch keinerlei weiterführende Informationen zu diesem Ziel veröffentlicht oder entsprechende Gesetze erlassen. Die geplanten Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions – NDC) umfassten, wenn überhaupt, nur geringfügige Maßnahmen und waren nicht mit dem global vereinbarten 1,5-Grad-Ziel vereinbar.

Veröffentlichungen von Amnesty International

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