Amnesty Report 2024/25: Zur Lage der Menschenrechte weltweit; Syrien 2024

Berichtszeitraum: 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024

Nach der jahrzehntelangen Herrschaft der Familie al-Assad, die von Unterdrückung und schweren Menschenrechtsverletzungen geprägt war, wurde Präsident Bashar al-Assad im Dezember 2024 gestürzt. Dies ließ hoffen, dass den Opfern die längst überfällige Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zuteilwerden könnte. Alle Konfliktparteien und ihre Verbündeten verübten das gesamte Jahr über rechtswidrige Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Einrichtungen. Die Regierung von Präsident Assad sowie Fraktionen der bewaffneten Gruppen Syrische Nationalarmee und Syrische Demokratische Kräfte waren für rechtswidrige Tötungen, Folter und andere Misshandlungen verantwortlich. Zehntausende Menschen befanden sich willkürlich in Haft oder waren Opfer des Verschwindenlassens geworden. Mehr als 56.000 Menschen, die sich in Gewahrsam der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien befanden, erlitten weiterhin Menschenrechtsverletzungen. Nach dem Sturz von Präsident Assad befreiten bewaffnete oppositionelle Gruppen Inhaftierte aus Haftanstalten der ehemaligen Regierung im ganzen Land. Viele der Häftlinge waren gefoltert und anderweitig misshandelt worden, das Schicksal von Tausenden weiteren war unbekannt. Die humanitäre Lage in Syrien blieb düster. Millionen Menschen lebten in Armut und konnten ohne humanitäre Hilfe nicht überleben.

Hintergrund

Vor dem Sturz von Präsident Bashar al-Assad im Dezember 2024 war die Situation in den Gebieten unter Kontrolle der Regierung von wirtschaftlichem Niedergang und Gewalt geprägt. Die Bevölkerung in diesen Gebieten musste zudem willkürliche Festnahmen befürchten. Von Januar bis Juni protestierten Menschen in Sweida, einer Stadt mit überwiegend drusischer Bevölkerung im Südwesten Syriens, gegen die schlechte wirtschaftliche Lage und forderten politische Reformen. In der Provinz Sweida wurden nahe der Grenze zu Jordanien mehrere Menschen durch Luftangriffe getötet, die der jordanischen Luftwaffe zugeschrieben wurden und sich angeblich gegen Drogen- und Waffenschmuggel richteten. Wie die vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Unabhängige Internationale Untersuchungskommission für die Arabische Republik Syrien im August mitteilte, führten in der Provinz Daraa im Südwesten des Landes gegenseitige Angriffe regierungsnaher Kräfte und bewaffneter oppositioneller Gruppen zu Opfern unter der Zivilbevölkerung.

Im Zuge der Konflikte im Gazastreifen und im Libanon verstärkten die israelischen Streitkräfte 2024 auch ihre Militäreinsätze in Syrien. Bei einem israelischen Luftangriff auf das iranische Konsulat in der Hauptstadt Damaskus am 1. April wurden Medienberichten zufolge 16 Personen getötet, darunter hochrangige Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden.

Von Februar bis Juli 2024 kam es im Nordwesten Syriens zu beispiellos großen Protesten gegen die bewaffnete Gruppe Hay'at Tahrir al-Sham (HTS). Die Protestierenden forderten die Freilassung politischer Häftlinge, Wirtschaftsreformen und die Absetzung des HTS-Anführers Ahmed al-Scharaa (auch bekannt unter seinem Kampfnamen Abu Mohamed al-Jolani).

Im August 2024 führten eskalierende Kampfhandlungen in der Provinz Deir ez-Zor im Nordosten Syriens zum Tod von mindestens 25 Zivilpersonen und zu einer katastrophalen humanitären Lage, wie das UN-Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) mitteilte. In dem betroffenen Gebiet mangelte es an Wasser, Lebensmitteln, Medikamenten und anderen grundlegenden Versorgungsgütern.

Am 8. Dezember 2024 nahmen bewaffnete oppositionelle Gruppen unter Führung der HTS Damaskus ein, stürzten die Regierung von Präsident Assad und setzten der fünf Jahrzehnte währenden Herrschaft seiner Familie ein Ende. Nach dem Sturz von Präsident Assad flog das israelische Militär Hunderte Luftangriffe auf Ziele in Syrien. Nach israelischen Angaben sollte damit verhindert werden, dass Waffenlager und militärische Infrastruktur, die die ehemaligen syrischen Regierungstruppen verlassen hatten, in die Hände der Aufständischen fielen. Israelische Truppen drangen zudem in die Pufferzone zwischen den von Israel besetzten Golanhöhen und Syrien ein.

 

Rechtswidrige Angriffe

Die Konfliktparteien und ihre Verbündeten verübten 2024 weiterhin rechtswidrige Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Einrichtungen im Norden des Landes, die zahlreiche Zivilpersonen verletzten oder töteten und zivile Infrastruktur zerstörten.

Assad-Regierung und ihr Verbündeter Russland

Die Regierung von Präsident Assad intensivierte im ersten Halbjahr 2024 die im Herbst 2023 begonnenen und von Russland unterstützten Angriffe auf den Nordwesten des Landes, der von bewaffneten oppositionellen Gruppen kontrolliert wurde.

Die UN-Untersuchungskommission für Syrien untersuchte 13 dieser Angriffe (zwölf Angriffe der syrischen Armee und einen russischen Angriff), die zum Tod von Zivilpersonen führten, und kam zu dem Ergebnis, dass alle von ihnen wahrscheinlich gegen das humanitäre Völkerrecht verstießen. Nach Erkenntnissen der Untersuchungskommission richteten sich einige Angriffe allem Anschein nach direkt gegen Zivilpersonen. So feuerten Regierungstruppen z. B. am 28. Mai 2024 im Dorf Kafr Nuran eine gelenkte Rakete, die zur Bekämpfung von Panzern eingesetzt wird, auf ein landwirtschaftliches Fahrzeug und töteten dabei zwei Kinder. In anderen Fällen handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um wahllose Angriffe, wie z. B. bei einem Raketenangriff am 1. April 2024 auf die Ortschaft Sarnin, bei dem eine Frau und zwei Mädchen getötet und mehrere Häuser, eine Schule und ein Markt beschädigt wurden.

Die UN-Untersuchungskommission und der Syrische Zivilschutz (allgemein unter dem Namen Weißhelme bekannt) warfen der syrischen Regierung vor, am 6. und 7. Januar 2024 in dicht besiedelten Vierteln der Stadt Idlib Streumunition eingesetzt zu haben.

Als bewaffnete oppositionelle Gruppen Ende 2024 mit der Eroberung von Gebieten begannen, die unter Kontrolle der Assad-Regierung standen, verstärkte die syrische Luftwaffe mit russischer Unterstützung ihre Angriffe auf den Norden des Landes, insbesondere auf die Provinzen Idlib und Aleppo. Dabei wurden nach Angaben von OCHA zahlreiche Zivilpersonen verletzt oder getötet und unzählige vertrieben. Im Zeitraum vom 26. November bis 8. Dezember 2024 wurden allein im Nordwesten Syriens mindestens 75 Zivilpersonen getötet, darunter 28 Kinder, 282 weitere Personen wurden verletzt.

Türkei

Die Türkei setzte 2024 ihre rechtswidrigen Luftangriffe auf Zivilpersonen und zivile Objekte im Nordosten des Landes fort. Das Gebiet wurde nach wie vor von der kurdisch geführten Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien kontrolliert, die mit der Türkei und der von ihr unterstützten Koalition bewaffneter Gruppen namens Syrische Nationalarmee (SNA) verfeindet war. Nach dem Sturz von Präsident Assad verstärkte die Türkei ihre Offensive gegen kurdische Gruppen in diesem Gebiet.

Das Northeast Syria NGO Forum, ein Zusammenschluss internationaler und lokaler Organisationen, teilte im Januar 2024 mit, dass im Nordosten Syriens mehr als 1 Mio. Menschen keinen Strom hatten und mehr als 2 Mio. nicht genügend sauberes Wasser. Nach Angaben von Synergy-Hevdesti, einer Organisation für Konfliktopfer in Nordostsyrien, flog die türkische Armee in der ersten Jahreshälfte 2024 mindestens 345 Luftangriffe auf den Nordosten und zerstörte dabei zivile Infrastruktur, u. a. Gesundheitszentren, Umspannwerke sowie Öl- und Gasfelder.

Im Oktober 2024 griff das türkische Militär den Nordosten Syriens flächendeckend an. Die Türkei bezeichnete die Angriffe als Vergeltung für einen Anschlag auf das Gelände des Türkischen Luft- und Raumfahrtunternehmens TUSAS am 23. Oktober in Kahramankazan in der türkischen Provinz Ankara, zu dem sich der bewaffnete Arm der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) bekannte. Nach Angaben der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einem Bündnis bewaffneter Gruppen unter kurdischer Führung, wurden bei den türkischen Angriffen zwölf Zivilpersonen getötet, darunter zwei Kinder, 25 weitere Personen wurden verletzt.

Nach Informationen der US-Organisation Komitee zum Schutz von Journalist*innen (Committee to Protect Journalists) wurden am 19. Dezember 2024 zwei Journalist*innen, die für kurdische Medien arbeiteten, mutmaßlich von einer türkischen Drohne getötet, als sie über Kämpfe zwischen den kurdisch angeführten SDF und der von der Türkei unterstützten SNA berichteten. Einen Tag später wurden nach Angaben kurdischer Sicherheitskräfte in der Provinz al-Hasaka bei einem türkischen Drohnenangriff auf ein Fahrzeug drei Zivilpersonen getötet.

Bewaffnete Gruppen

Die UN-Untersuchungskommission teilte mit, dass Angriffe der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS) 2024 deutlich zunahmen.

Rechtswidrige Tötungen sowie Folter und andere Misshandlungen

Syrische Regierung unter Präsident Assad

Nach Angaben des Syrischen Netzwerks für Menschenrechte (SNHR) nahmen die syrischen Behörden von Januar bis Oktober 2024 mindestens 208 syrische Flüchtlinge fest, die der Libanon nach Syrien abgeschoben hatte. In sechs der vom SNHR dokumentierten Fälle wurden die Flüchtlinge nach der Rückkehr gefoltert und starben in Gewahrsam.

Nach dem Sturz von Präsident Assad besuchten Amnesty-Expertinnen in Damaskus zahlreiche Hafteinrichtungen der ehemaligen Regierung und fanden dort Beweise für die Folter, die überlebende Häftlinge in den Vorjahren geschildert hatten. Die nach dem Sturz von Präsident Assad befreiten Häftlinge berichteten ebenfalls von Folter und anderen Misshandlungen, außergerichtlichen Hinrichtungen und unmenschlichen Haftbedingungen in diesen Einrichtungen.

Syrische Nationalarmee

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch dokumentierte Gräueltaten, die von verschiedenen Gruppen der SNA 2024 verübt wurden, darunter Entführungen, rechtswidrige Inhaftierungen, sexualisierte Gewalt und Folter. Wie die UN-Untersuchungskommission im März mitteilte, waren Gruppen der SNA weiterhin für die willkürliche Inhaftierung sowie für Folter und anderweitige Misshandlung von Zivilpersonen in mehreren Hafteinrichtungen verantwortlich.

Syrische Demokratische Kräfte

Am 25. April 2024 nahmen die SDF den Auto- und Viehhändler Khirou Ra'fat al-Shlash in der Provinz Aleppo fest. Er wurde zusammengeschlagen, in den Rücken geschossen und wegen mutmaßlicher Verbindungen zur syrischen Regierung ins Gefängnis al-Maliya gebracht. Am 27. April erhielt seine Familie die Nachricht, er sei in Gewahrsam gestorben. Nach Informationen des SNHR wurde er in der Haft gefoltert und anderweitig misshandelt.

Willkürliche Inhaftierung und Verschwindenlassen

Das SNHR dokumentierte 2024 insgesamt 2.623 willkürliche Inhaftierungen, von denen sich 1.084 nachträglich als Fälle des Verschwindenlassens herausstellten. Für den Großteil der willkürlichen Inhaftierungen waren Sicherheitskräfte der syrischen Regierung verantwortlich.

Syrische Regierung unter Präsident Assad

Im Dezember 2024 befreiten bewaffnete oppositionelle Gruppen Häftlinge aus Haftanstalten und Gefängnissen der ehemaligen Regierung im ganzen Land. Nach Angaben des SNHR kamen dabei 24.200 Inhaftierte frei. Dies war nur ein Bruchteil der mehr als 100.000 Menschen, von denen man gehofft hatte, sie in den Haftanstalten zu finden. Das Schicksal der Verschwundenen war unbekannt (siehe "Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung").

Hay'at Tahrir al-Sham

In der Provinz Idlib unterdrückte die bewaffnete Gruppe HTS das Recht auf Meinungsfreiheit, indem sie alle Personen, die ihre Herrschaft kritisierten, willkürlich inhaftierte, ohne ihnen Kontakt zu einem Rechtsbeistand oder Familienangehörigen zu ermöglichen. Davon betroffen waren u. a. Journalist*innen und Aktivist*innen.

Syrische Nationalarmee

Von Januar bis Juni 2024 dokumentierte die Organisation Synergy-Hevdesti die willkürliche Festnahme von 338 Personen durch SNA-Gruppen im Norden Syriens. Im Juli meldete die NGO, dass 231 Personen nach wie vor in SNA-Gefängnissen "verschwunden" waren.

Am 26. August 2024 nahm die Militärpolizei der SNA an einem Kontrollpunkt in al-Bab die Journalist*innen Bakr al-Qassem und Nabiha Taha fest. Nabiha Taha kam im Laufe des Tages frei. Bakr al-Qassem wurde am 2. September ohne Anklage freigelassen.

Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien

Die Autonomieverwaltung verletzte weiterhin die Rechte von mehr als 56.000 Menschen in ihrem Gewahrsam. Die schätzungsweise 30.000 Minderjährigen, 14.500 Frauen und 11.500 Männer wurden in mindestens 27 Hafteinrichtungen sowie in den Lagern Al-Hol und Roj festgehalten, weil sie mutmaßlich mit der bewaffneten Gruppe IS in Verbindung standen. Viele von ihnen waren bereits seit 2019 inhaftiert.

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

In einigen europäischen Ländern wurden, u. a. auf Grundlage des Weltrechtsprinzips, Ermittlungen und Prozesse gegen Personen fortgesetzt, die im Verdacht standen, in Syrien völkerrechtliche Verbrechen verübt zu haben.

In Frankreich urteilte der Kassationsgerichtshof, das höchste Gericht des Landes, am 17. Januar 2024, dass eine Anklage des französischen Zementunternehmens Lafarge wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Terrorismusfinanzierung zulässig sei.

Am 11. März 2024 erhob die Schweizer Bundesanwaltschaft beim Bundesstrafgericht Anklage gegen Rifaat al-Assad, einen Onkel von Bashar al-Assad und ehemaligen Offizier der syrischen Armee, wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die 1982 in der syrischen Stadt Hama verübt wurden.

Am 24. Mai 2024 verurteilte ein Gericht in Paris die ehemaligen hochrangigen syrischen Amtsträger Ali Mamlouk, Jamil Hassan und Abdel Salam Mahmoud in Abwesenheit wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu lebenslangen Haftstrafen.

Am 26. Juni 2024 bestätigte das Pariser Berufungsgericht die Haftbefehle gegen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, dessen Bruder Maher al-Assad und zwei hochrangige syrische Militärs wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Grund waren Angriffe mit verbotenen chemischen Kampfstoffen auf Zivilpersonen in Ost-Ghouta und Duma im August 2013.

Nach dem Sturz von Präsident Assad stellte eine Amnesty-Expertin bei einem Besuch in Syrien fest, dass die offiziellen Akten der Haftanstalten und Gefängnisse weitgehend ungeschützt zurückgelassen worden waren. Ein erheblicher Teil der Dokumente war geplündert, zerstört oder von Familien der Inhaftierten, Journalist*innen und anderen Personen mitgenommen worden. Nach Angaben von Zeug*innen verbrannten in einigen Fällen Angehörige der Sicherheitskräfte und Geheimdienste vor ihrer Flucht Unterlagen. Auch die bewaffneten Gruppen, die die Hafteinrichtungen eroberten, und befreite Häftlinge verbrannten und plünderten demnach Akten. Die Dokumente waren von zentraler Bedeutung, weil sie Informationen enthielten über den Aufbau des Sicherheits- und Geheimdienstapparats, über die Identität von Personen, die völkerrechtliche Verbrechen verübt hatten, sowie über Inhaftierte und deren Schicksal.

Wirtschaftliche und soziale Rechte

Die humanitäre Lage in Syrien war 2024 nach wie vor düster. Im August berichteten die Vereinten Nationen, dass 16,7 Mio. Menschen für ihr Überleben humanitäre Hilfe benötigten, und damit so viele wie noch nie seit Beginn der Syrienkrise im Jahr 2011. Mindestens 90 Prozent der Bevölkerung lebten in Armut, und 12,9 Mio. Menschen hatten nicht genug Nahrungsmittel.

Das humanitäre Hilfsprogramm der Vereinten Nationen für Syrien war laut OCHA dramatisch unterfinanziert: Von den für 2024 benötigten 4,07 Mrd. US-Dollar (etwa 3,89 Mrd. Euro) war im Dezember nur etwa ein Drittel eingegangen.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Unmittelbar nach dem Sturz von Präsident Assad im Dezember 2024 kündigten mindestens 21 europäische Länder an, ihre Asylpraxis anzupassen. Dies bedeutete zumeist, dass die Behörden Entscheidungen über Asylanträge von Syrer*innen aussetzten oder dies in Erwägung zogen.

Ende 2024 waren belastbare Informationen zur Sicherheitslage in Syrien rar gesät. Es war unklar, welche bewaffneten Gruppen welche Städte kontrollierten und wie sie zu regieren gedachten. Kämpfe zwischen bewaffneten Gruppen sowie Angriffe Israels, den USA und der Türkei auf Syrien stellten weiterhin eine Gefahr für die Zivilbevölkerung dar. Amnesty International appellierte deshalb im Dezember an die europäischen Staaten, Asylanträge von Syrer*innen weiter zu bearbeiten, syrische Staatsangehörige nicht abzuschieben und den Familiennachzug nicht einzuschränken.

 

Besetzte Golanhöhen

Die Golanhöhen waren 2024 weiterhin von Israel besetzt und rechtswidrig annektiert. Nach dem Sturz von Präsident Assad drangen israelische Truppen in die von den Vereinten Nationen überwachte entmilitarisierte Pufferzone ein.

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu teilte im Dezember 2024 mit, die Regierung habe einstimmig beschlossen, 11 Mio. US-Dollar (etwa 10,5 Mio. Euro) in die Golanhöhen zu investieren, um die dortige Bevölkerung zu verdoppeln. Dem Plan zufolge sollen die völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen auf den Golanhöhen ausgeweitet werden.

Am 26. Juli 2024 schlug eine Rakete in der Kleinstadt Majdal Shams im Norden der besetzten Golanhöhen ein und tötete zwölf Kinder und Jugendliche, die der drusischen Bevölkerungsgruppe angehörten.

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