Dokument #2124065
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor)
19. März 2025
Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen, sowie gegebenenfalls auf Auskünften von Expert·innen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
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Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.
Politikwissenschaftler Mohammad Walo berichtet in einem Artikel im Journal für Internationale Politik und Gesellschaft vom 6. Februar 2025, dass sich seit dem Machtwechsel im Dezember 2024 Berichte über gezielte Angriffe und Vergeltungsaktionen gegen Alawit·innen mehren würden (Walo, 6. Februar 2025). Alawit·innen würden einer Linie des Schiismus angehören (Al-Monitor, 4. Februar 2025) und seien die größte religiöse Minderheit in Syrien. Sie würden traditionell hauptsächlich im parallel zur Küstenebene verlaufenden Bergland im Nordwesten Syriens leben, aber auch in den Ebenen von Homs und Hama im Landesinneren (MRG, aktualisiert Jänner 2025).
Die Gewalt gegen die Alawit·innen sei laut Walo „Ausdruck einer tief verwurzelten Stigmatisierung, die durch das Narrativ eines ‚alawitischen Regimes‘ jahrzehntelang geschürt“ worden sei (Walo, 6. Februar 2025). Gemäß einem Artikel von Fabrice Balanche für das Washington Institute for Near East Policy habe Bashar Al-Assad die Alawit·innen zur Säule seiner Politik der Aufstandsbekämpfung gemacht. Unter Assad hätten mehr als 80 Prozent der Alawit·innen für den Staat gearbeitet, sie hätten den Großteil der Armee und des Geheimdienstoffizierskorps gestellt, die meisten leitenden Regierungsbeamt·innen und die meisten Führungskräfte in der staatlichen Industrie seien Alawit·innen gewesen. Während des Bürgerkriegs hätten Frauen und Kinder getöteter alawitischer Soldaten öffentliche Jobs als Entschädigung für ihre Verluste erhalten, wodurch die Zahl derer, die ihren Lebensunterhalt dem Staat unter der Familie Assad zu verdanken gehabt habe, noch weiter angestiegen sei (Balanche, 31. Dezember 2024).
Walo berichtet weiters:
„Die HTS [Hay’at Tahrir al-Sham, eine islamistische Gruppierung, unter deren Führung die Regierung von Bashar Al-Assad gestürzt wurde und die die syrische Übergangsregierung bildete, Anmerkung ACCORD] versprach offiziell Schutz und Gleichbehandlung, betonte wiederholt, dass Syrien sich keine Gewalt leisten könne und niemand Rache fürchten solle. Doch diese Versprechen finden an der eigenen Basis kaum Gehör. Seit dem 8. Dezember [Datum des Sturzes der Regierung von Bashar Al-Assad, Anmerkung ACCORD] kommt es vermehrt zu Übergriffen auf Alawiten. Die jahrzehntelange Stigmatisierung der Alawiten wirkt nach wie vor auf eine islamistische und dschihadistische Basis ein. […] Seit dem Sturz des Regimes gibt es eine anhaltende militärische Präsenz, begleitet von Gräueltaten. Akademiker, Beamte und prominente religiöse Persönlichkeiten werden entführt oder tot aufgefunden. Die zunehmende Gewalt erreichte am 23. Januar 2025 einen Höhepunkt, als eine Operation zur Verfolgung der ‚Regime-Überreste‘ in Homs begann. Die in England ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte [Syrian Observatory For Human Rights, SOHR] berichtete am 25. Januar von dramatisch zunehmenden Gewalttaten gegen Alawiten, Schiiten und Murschiden.“ (Walo, 6. Februar 2025)
In einer Ende Jänner veröffentlichten Analyse befasst sich Gregory Waters mit der Situation der Alawit·innen nach dem Fall der Regierung Assad. Waters schreibt, dass seit dem Sturz der Regierung von Baschar Al-Assad Gerüchte über religiös motivierte Übergriffe der neuen Sicherheitskräfte Syriens gegen Minderheiten kursieren würden. Diese Gerüchte würden teilweise durch gezielte Falschinformationen zugunsten von Assad („pro-Assad fake news campaigns“) und andererseits durch tatsächliche Übergriffe auf diese Gemeinschaften angeheizt. Die außergerichtlichen Hinrichtungen von Kriminellen des alten Regierungssystems durch die neue Regierung hätten die Befürchtung geschürt, dass unschuldige Zivilist·innen allein aufgrund ihrer Religion ins Visier genommen würden. Viele Verbrechen würden von Banden und Zivilist·innen begangen, die nicht mit der neuen Regierung verbunden seien, während einige einfache Soldaten und lokale Befehlshaber an religiös motivierten Schikanen und Entführungen von alawitischen Zivilist·innen beteiligt gewesen seien. Es habe eindeutig religiös motivierte Verstöße, wie die Zerstörung eines Schreins im ländlichen Hama durch zwei sunnitische Zivilisten und Fälle von Schikanen an Kontrollpunkten, gegeben, aber der Großteil der von Sicherheitskräften in ganz Syrien begangenen Verstöße scheine sich gegen bestimmte Elemente der ehemaligen Regierung zu richten. Diese Angriffe hätten aber Untertöne religiöser Motivation („sectarian undercurrents”). In seiner Analyse erkennt Waters das dringendste Problem nicht in religiös motivierten Angriffen, sondern im undurchsichtigen Prozess der gezielten Gewalt gegen Männer, die in den Streitkräften der ehemaligen Regierung gedient hätten, von denen die meisten Alawiten seien. Im Allgemeinen würden sich die Übergriffe der Sicherheitskräfte gegen Männer richten, die verdächtigt würden, Verbrechen begangen zu haben, unabhängig davon, ob dies bewiesen sei oder nicht. Alawitische Beiträge in den sozialen Medien und solche, die sich gegen die HTS richten würden, würden nicht zwischen zivilen Opfern und Männern, die unter der früheren Regierung Verbrechen begangen hätten, unterscheiden (Waters, 21. Jänner 2025).
Am 11. Februar 2025 berichtet SOHR, dass sie seit dem Sturz der Regierung Assad am 8. Dezember 2024 den Tod von 425 Menschen im Rahmen von Racheakten dokumentiert habe. Racheakte an und Exekutionen an Ort und Stelle („field executions“) von Personen bestimmter Religionszugehörigkeit, die die frühere Regierung unterstützt und Menschenrechtsverletzungen („violations“) und Morde begangen sowie an der Vertreibung der Zivilbevölkerung beteiligt gewesen sein sollen, hätten seit dem 8. Dezember zugenommen (SOHR, 11. Februar 2025).
Al-Monitor berichtet am 4. Februar von konkreten Fällen von Angriffen auf Alawit·innen. Eine 48-jährige Frau aus der Küstenregion Latakia beschreibt in dem Artikel, dass maskierte Ausländer („foreigners“) ihren Ehemann, ihren 17-jährigen Sohn und ihren Neffen getötet hätten. Einige Mitglieder ihrer Familie hätten früher dem Militär angehört, aber die drei Getöteten seien Zivilisten gewesen. SOHR habe „ausländische islamistische Kämpfer, die mit Syriens neuen Machthabern verbündet seien“, für die Morde verantwortlich gemacht. Ein weiterer Fall habe sich in einem Dorf in der zentralen Provinz Hama ereignet. Ein 40-jähriger alawitischer Mann namens Ali al-Shahhoud habe berichtet, dass bewaffnete Angreifer, die den lokalen Dialekt gesprochen hätten, mehr als ein Dutzend Männer zusammengetrieben hätten. Sie hätten vor den Augen von Frauen und Kindern wahllos auf diese Männer geschossen. Unter den getöteten Männern seien sein Bruder, sein Onkel, sein Vater und sein 15-jähriger Sohn gewesen. Er selbst sei von sunnitischen Nachbarn ins Krankenhaus gebracht worden. Der Artikel berichtet weiters, dass ein Verwandter von Ali al-Shahhoud, der den Angriff ebenfalls überlebt habe, Verbindungen zu Assads Militär bestritten habe (Al-Monitor, 4. Februar 2025).
Am 3. Februar berichtet Etana, dass es große Bedenken gebe, dass alle Personen, die in irgendeiner Weise mit der ehemaligen Regierung in Verbindung gebracht würden, zum Ziel von Attentaten und Entführungen werden könnten. So sei beispielsweise ein ehemaliger Journalist der staatlichen Nachrichtenagentur SANA in Hama von unbekannten Angreifern erschossen worden. Weitere ermordete Personen seien unter anderem Drogendealer und mutmaßliche Hisbollah-Kollaborateure gewesen, außerdem gebe es Angriffe auf ehemalige Soldaten der unteren Ränge und scheinbar zufällige Zivilist·innen (Etana, 3. Februar 2025).
Vergeltungsmaßnahmen im Rahmen einer Gegenoffensive gegen Assad-Loyalisten Anfang März 2025
Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) veröffentlicht am 10. März 2025 einen Bericht zu Kämpfen in der größtenteils von Alawit·innen bewohnten Küstenregion. Die Kampfhandlungen seien durch einen Hinterhalt bewaffneter Assad-Loyalisten auf eine Sicherheitspatrouille ausgelöst worden (AP, 10. März 2025). Laut Etana hätten Anhänger der ehemaligen Regierung in der Nähe der Stadt Jableh im ländlichen Latakia in einer Reihe koordinierter Angriffe Truppen der Allgemeinen Sicherheitskräfte überfallen und dabei mindestens 100 Mitglieder der Sicherheitskräfte und 15 Zivilist·innen getötet (Etana, 8. März 2025). Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte (Syrian Network for Human Rights, SNHR) schreibt in einem vorläufigen Bericht vom 11. März 2025 zu den Vorfällen im Zeitraum 6. Bis 10. März 2025, dass nichtstaatliche bewaffnete Gruppen, die mit der ehemaligen Regierung von Assad in Verbindung stünden, koordinierte Angriffe auf Sicherheits- und Militärstandorte durchgeführt hätten. Diese Angriffe hätten sich hauptsächlich auf die Gouvernements Latakia, Tartus und Hama konzentriert (SNHR, 11. März 2025, S. 1). Die als Antwort auf den Hinterhalt ausgelöste Gegenoffensive habe laut AP, die sich auf Angaben einer Beobachtungsstelle beruft, innerhalb von vier Tagen über 1.000 Menschenleben gekostet und in mehreren Städten und Ortschaften der Küstenregion verheerende Schäden angerichtet (AP, 10. März 2025). Laut SNHR sei, was als Versuch die direkten Täter zu fassen begonnen habe, schnell in gewalttätigen Auseinandersetzungen ausgeartet, die in großem Umfang von schwerwiegenden Verstößen begleitet worden seien, von denen die meisten Vergeltungs- und sektiererischen Charakter gehabt hätten. Diese Auseinandersetzungen hätten zu außergerichtlichen Tötungen, einschließlich Massenhinrichtungen aus sektiererischen Motiven und aus Rache geführt, sowie zu Angriffen auf Zivilist·innen, darunter auch auf medizinisches, Medien- und humanitäres Personal. Zusätzlich zu den offiziellen Streitkräften seien lokale Militärfraktionen und ausländische islamistische Gruppen beteiligt gewesen, die zwar nominell dem Verteidigungsministerium angegliedert seien, jedoch nicht organisatorisch in diese Operationen integriert gewesen seien. Auch bewaffnete Bürgerwehren hätten die Regierungstruppen unterstützt, ohne offiziell einer bestimmten militärischen Organisation anzugehören. Die lokalen Fraktionen und die ausländischen islamistischen Gruppen hätten bei den schwerwiegenden Verstößen die größte Rolle gespielt (SNHR, 11. März 2025, S. 1).
SOHR habe im Zeitraum 6. bis 8. März Hinrichtungen von 501 Zivilist·innen in den Provinzen Latakia und Tartus dokumentiert, außerdem die Hinrichtung von 62 Zivilist·innen in der Provinz Hama und von fünf weiteren in der Provinz Homs (SOHR, 8. März 2025). SNHR habe die außergerichtliche und rechtswidrige Tötung von mindestens 803 Personen[1] im Zeitraum 6. bis 10. März 2025 dokumentiert, darunter 39 Kinder und 49 Frauen (SNHR, 11. März 2025, S. 5). Fadel Abdul Ghany (@FADELABDULGHANY), Geschäftsführer des SNHR, berichtet in einem Beitrag vom 13. März auf der Plattform X, dass SNHR dokumentiert habe, dass im Zeitraum 6. März bis 13. März 961 Personen im Rahmen von außergerichtlichen Hinrichtungen getötet worden seien. Von diesen seien 529 Zivilist·innen und unbewaffnete verbliebene Mitglieder der ehemaligen Assad-Regierung gewesen, die im Zuge der Gegenoffensive [gegen die Assad-Loyalisten, Anmerkung ACCORD] getötet worden seien. Ghany schildert, dass die Unterscheidung zwischen Zivilist·innen und entwaffneten verbliebenen Mitgliedern der ehemaligen Assad-Regierung äußerst schwierig sei (@FADELABDULGHANY, 13. März 2025). SOHR beschreibt diese Vorfälle als Teil der blutigsten Rache seit dem Sturz der Assad-Regierung. Hinrichtungen und Menschenrechtsverletzungen seien basierend auf religiöser und regionaler Zugehörigkeit von Sicherheitskräften, dem Verteidigungsministerium sowie Hilfstruppen begangen worden und hätten Hunderte zivile Todesopfer gefordert. SNHR berichtet in der vorläufigen Publikation vom 11. März detailliert über die Vorfälle und berichtet unter anderem über Opfer, Opferzahlen, Täter und Ort der Vorfälle:
SNHR – Syrian Network for Human Rights: 803 Individuals Extrajudicially Killed Between March 6-10, 2025, 11. März 2025
https://snhr.org/wp-content/uploads/2025/03/R250305E-1.pdf
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 19. März 2025)
· @FADELABDULGHANY - Ghany, Fadel Abdul: Daily Update: Extrajudicial Killings on the Syrian Coast (March 6–March 13, 2025), X-Beitrag, 13. März 2025
https://x.com/FADELABDULGHANY/status/1900179952152015043
· Al-Monitor: Syria's Alawites mourn their dead after revenge attacks, 4. Februar 2025
https://www.al-monitor.com/originals/2025/02/syrias-alawites-mourn-their-dead-after-revenge-attacks
· AP – Associated Press: Syria’s worst violence in months reopens wounds of the civil war, 10. März 2025
https://apnews.com/article/syria-assad-hts-alawites-sunnis-clashes-228a2c6c6378e0eaf4bd8ba058310fdf
· Balanche, Fabrice: Alawites Under Threat in Syria?, The Washinton Institute for Near East Policy (Hg.), 31. Dezember 2024
https://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/alawites-under-threat-syria
· Etana: Syria Update #16: 3 February, 3. Februar 2025
https://etanasyria.org/syria-update-16-3-february/
· Etana: Syria Update #21: 8 March 2025, 8. März 2025
https://etanasyria.org/syria-update-21-8-march-2025/
· MRG – Minority Rights Group: Syria, aktualisiert Jänner 2025
https://minorityrights.org/country/syria/
SNHR – Syrian Network for Human Rights: 803 Individuals Extrajudicially Killed Between March 6-10, 2025, 11. März 2025
https://snhr.org/wp-content/uploads/2025/03/R250305E-1.pdf
· SOHR – Syrian Observatory for Human Rights: Since fall of the regime | SOHR documents death of 425 people in revengeful attacks, 11. Februar 2025
https://www.syriahr.com/en/355695/
· SOHR – Syrian Observatory for Human Rights: Bloodiest revenge ever | 568 civilians killed and executed in 29 massacres in Syrian coastline and Latakia mountains in two days, 8. März 2025
https://www.syriahr.com/en/357448/
· Walo, Mohammad: Droht den Alawiten Vergeltung?, Journal für Internationale Politik und Gesellschaf (Hg.), 6. Februar 2025
https://www.ipg-journal.de/regionen/naher-osten/artikel/droht-den-alawiten-vergeltung-8072/
· Waters, Gregory: Security in Alawite regions in post-Assad Syria, Middle East Institute (Hg.), 21. Jänner 2025
https://www.mei.edu/publications/security-alawite-regions-post-assad-syria
Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen
Fadel Abdul Ghany ist Geschäftsführer des Syrischen Netzwerks für Menschenrechte (Syrian Network for Human Rights, SNHR), das auf seine Initiative hin gegründet wurde.
· @FADELABDULGHANY - Ghany, Fadel Abdul: Daily Update: Extrajudicial Killings on the Syrian Coast (March 6–March 13, 2025), X-Beitrag, 13. März 2025
https://x.com/FADELABDULGHANY/status/1900179952152015043
„Daily Update: Extrajudicial Killings on the Syrian Coast (March 6–March 13, 2025)
The Syrian Network for Human Rights (SNHR) has documented the extrajudicial killing of 961 individuals between March 6 and March 13, 2025, categorized as follows:
1. Killings by Remnants of the Assad Regime (Armed Groups Operating Outside State Control)
At least 432 individuals were killed by these groups, distributed as follows:
207 members of the General Security Forces.
225 civilians.
2. Killings by Armed Forces Engaged in Military Operations Against the Regime’s Remnants
These forces include (factions and unregulated groups nominally affiliated with the Ministry of Defense), who were responsible for the deaths of at least 529 individuals. This total comprises both civilians and disarmed members of the remnants of the Assad regime. The majority of these killings were carried out by military factions that recently joined the General Security Directorate.
Clarification
Distinguishing between civilians and disarmed remnants of the Assad regime remains extremely challenging, as many remnants were dressed in civilian attire.
It is important to note that this death toll does not include casualties from armed clashes involving the remnants of the Assad regime (armed groups outside state control), as such fatalities are not classified as violations of international law.
A Detailed report is in the first comment.” (@FADELABDULGHANY, 13. März 2025)
Al-Monitor ist eine Nachrichtenwebseite mit Sitz in den USA, die Berichte und Analysen aus und über den Mittleren Osten veröffentlicht.
· Al-Monitor: Syria's Alawites mourn their dead after revenge attacks, 4. Februar 2025
https://www.al-monitor.com/originals/2025/02/syrias-alawites-mourn-their-dead-after-revenge-attacks
„But Alawites, from a branch of Shiite Islam, have an acute fear of reprisals because of their connection to the Assad clan, which recruited from and favoured its own religious community for military and public sector positions during more than half a century of iron-fisted rule. […] Ezzedine said foreign jihadists set up near the family olive groves, outside their mountain village of Ain al-Sharkia in the coastal province of Latakia, after Assad's ouster. She said her civil servant husband Ammar, son Musa and her nephew Mohammed, both 17, were attacked there last month. […] ‚Extremists -- masked foreigners -- riddled them with bullets,’ said Ezzedine, 48 […]. The Syrian Observatory for Human Rights war monitor blamed ‚foreign Islamist fighters allied to Syria's new authorities’ for the attack. Some members of the Ezzedine family had been in the military, but all three were civilians. […] In a village in central Hama province, Ali al-Shahhoud was receiving condolences at a funeral ceremony for five people, mostly close relatives, killed in another village called Al-Anz. His eye still red and his hand bandaged, the Alawite man in his 40s said armed assailants ‚speaking the local dialect’ had rounded up more than a dozen men. ‚They shot at us randomly in front of the women and children,’ he said, adding that Sunni Muslim neighbours took him to hospital. The dead included his brother, 80-year-old uncle, 75-year-old father and 15-year-old son. Shahhoud's relative Rajab al-Mohammed, who also survived, denied links to Assad's military.” (Al-Monitor, 4. Februar 2025)
Associated Press ist eine nicht profitorientierte Nachrichten- und Presseagentur mit Hauptsitz in New York City.
· AP – Associated Press: Syria’s worst violence in months reopens wounds of the civil war, 10. März 2025
https://apnews.com/article/syria-assad-hts-alawites-sunnis-clashes-228a2c6c6378e0eaf4bd8ba058310fdf
„An ambush on a Syrian security patrol by gunmen loyal to ousted leader Bashar Assad escalated into clashes that a war monitor estimates have killed more than 1,000 people over four days. […] The counteroffensive against the Assad loyalists in the largely Alawite coastal region brought havoc to several cities and towns. Rights groups reported dozens of revenge killings resulting from Sunni militants targeting the minority Islamic sect, regardless of whether they were involved in the insurgency. […] Most of the dead are apparently members of the Alawite community […].” (AP, 10. März 2025)
Fabrice Balanche ist außerordentlicher Professor und Forschungsleiter an der Universität Lyon 2. Seine Hauptforschungsgebiete sind Syrien und der Libanon. Er ist außerdem Adjunct Fellow am Washingtion Institute for Near East Policy, ein Think Tank mit einem Fokus auf US-amerikanischer Außenpolitik im Nahen Osten.
· Balanche, Fabrice: Alawites Under Threat in Syria?, The Washinton Institute for Near East Policy (Hg.), 31. Dezember 2024
https://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/alawites-under-threat-syria
„HTS [Hay’at Tahrir al-Sham] then seized the coastal region, the stronghold of the Alawite community, […]. Hafiz’s son Bashar continued this strategy for years, then made the Alawites the pillar of his counterinsurgency policy after 2011. […] Under Assad, more than 80 percent of Alawites worked for the state, comprising most of the army and intelligence officer corps, most of the government’s senior administrators, and most of the management in public industries. During the civil war, the wives and children of slain Alawite troops received public jobs to compensate for their losses, swelling the ranks of those who owed their livelihoods to the state and the Assad family.” (Balanche, F., 31. Dezember 2024)
Etana Syria ist eine die Opposition unterstützende syrische Zivilorganisation.
· Etana: Syria Update #16: 3 February, 3. Februar 2025
https://etanasyria.org/syria-update-16-3-february/
„Security forces have also been accused of involvement in extra-judicial killings, adding fuel to the cycles of violence in certain regions. Worries continue to abound that assassinations and kidnappings have taken on a more sectarian tone, or that targets have simply expanded to encompass any vaguely regime-linked individuals. For example, a former journalist with state news agency SANA in Hama was gunned down and killed by unknown assailants. Other assassinated individuals have included drug dealers and suspected Hezbollah collaborators, while targeting of low-level former soldiers and seemingly random civilians also continued.“ (Etana, 3. Februar 2025)
· Etana: Syria Update #21: 8 March 2025, 8. März 2025
https://etanasyria.org/syria-update-21-8-march-2025/
„Since Assad’s fall in December, remnant pro-regime groups have carried out small-scale, targeted hit-and-run attacks on General Security forces across the country. However, this week’s attacks mark their most organized and casualty-heavy operation to date: pro-regime remnants ambushed General Security troops in a series of coordinated attacks near the town of Jableh in rural Latakia, killing at least 100 members of security forces and 15 civilians in the attacks and subsequent clashes. […] Caretaker authorities have launched sweeping security operations across the coastal provinces of Latakia and Tartous, which led to further heavy clashes with insurgents. However, more worrying are emerging reports of indiscriminate violence—including field executions—committed against predominantly Alawi civilian communities in these areas; Sunni civilians were also targeted in the violence, albeit on a lesser scale.” (Etana, 8. März 2025)
Die Minority Rights Group beschreibt sich selbst als führende Menschenrechtsorganisation, die sich weltweit für ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten sowie indigene Völker einsetzt.
· MRG – Minority Rights Group: Syria, aktualisiert Jänner 2025
https://minorityrights.org/country/syria/
„Alawi Muslims are technically Syria’s largest religious minority, although members of the community were in power under the regimes of Hafiz and Bashar al-Assad. They traditionally lived mainly in the Nusayri Mountains running parallel to the coastal plain of north-west Syria, but also on the inland plains of Homs and Hama.” (MRG, aktualisiert Jänner 2025)
Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte (Syrian Network for Human Rights, SNHR) ist eine in Großbritannien ansässige, unabhängige Organisation, die alle syrischen Opfer aller Parteien erfasst.
· SNHR – Syrian Network for Human Rights: 803 Individuals Extrajudicially Killed Between March 6-10, 2025
https://snhr.org/wp-content/uploads/2025/03/R250305E-1.pdf
„Non-state armed groups linked to the Assad regime carried out coordinated attacks targeting security and military sites affiliated with the transitional government's ministries of defense and interior. These attacks, which were primarily concentrated in the governorates of Latakia, Tartus, and Hama, prompted formal government forces to launch extensive security operations to pursue the attackers.
In addition to official forces, local military factions and foreign Islamist groups nominally affiliated with the Ministry of Defense - though without any actual organizational integration - participated in these operations. Armed civilian groups also supported gobernment forces without being officially affiliated with any specific military formation. However, these security oprations, which began as attempts to capture the direct perpetrators, quicly escalated into violent confrontations accompanies by large-scale, grave violations, most of which had a retaliatory and sectarian nature. Local factions and foreign Islamist groups under the nominal authority of the Ministry of Defense played the most significant role in committing these violations.
These events resulted in extrajudicial killings, including summary executions and mass killings driven by vengeful and sectarian motives, as well as attacks targeting civilians, including medical, media, and humanitarian personnel.” (SNHR, 11. März 2025, S. 1)
„SNHR documented the killing of at least 803 individuals, including 39 children and 49 women (adult females), between March 6 and 10, 2025.” (SNHR, 11. März 2025, S. 5)
„Note: SNHR does not document the deaths of non-state armed group members during clashes, as the killing of these forces is not considered illegal.” (SNHR, 11. März 2025, S. 6)
Das Syrian Observatory for Human Rights (SOHR) ist eine 2006 gegründete, in Großbritannien ansässige Menschenrechtsorganisation, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte in Syrien einsetzt.
· SOHR – Syrian Observatory for Human Rights: Since fall of the regime | SOHR documents death of 425 people in revengeful attacks, 11. Februar 2025
https://www.syriahr.com/en/355695/
„Since fall of the regime | SOHR documents death of 425 people in revengeful attacks. Revengeful attacks and field executions have been increasing, since the fall of the regime on December 8, 2024, against people of sectarian affiliation who supported the former regime before and committed violations, murders and displacement of civilians in most Syrian provinces.” (SOHR, 11. Februar 2025)
· SOHR – Syrian Observatory for Human Rights: Bloodiest revenge ever | 568 civilians killed and executed in 29 massacres in Syrian coastline and Latakia mountains in two days, 8. März 2025
https://www.syriahr.com/en/357448/
„Since the beginning of attacks against security and military forces in Latakia and Tartus provinces on Thursday, March 6, the Syrian Observatory has documented the elimination and execution of 501 civilians. In addition, SOHR documented the execution of 62 civilians in Hama province and five other civilians in Homs province during the same period. […] The Syrian coastline and Latakia mountains have experienced dramatic developments, executions based on regional and sectarian affiliation and human rights violations mounted to war crimes committed forces of security services and the Ministry of Defence and auxiliary forces, during which hundreds of innocent civilians have been killed in cold blood. The massacres committed by security and military forces in the past hours, which come as a part of the bloodiest revenge ever since the fall of Al-Assad regime, have been more akin to the massacres committed by military and security forces of the former regime.” (SOHR, 8. März 2025)
Mohammad Walo ist Politikwissenschaftler und Experte für die Region Naher Osten, mit den Schwerpunkten Syrien und Türkei.
· Walo, Mohammad: Droht den Alawiten Vergeltung?, Journal für Internationale Politik und Gesellschaf (Hg.), 6. Februar 2025
https://www.ipg-journal.de/regionen/naher-osten/artikel/droht-den-alawiten-vergeltung-8072/
„Seit dem Machtwechsel im Dezember 2024 mehren sich Berichte über gezielte Angriffe und Vergeltungsaktionen gegen Alawiten. Diese Gewalt ist Ausdruck einer tief verwurzelten Stigmatisierung, die durch das Narrativ eines ‚alawitischen Regimes‘ jahrzehntelang geschürt wurde. […] Vor diesem Hintergrund fürchten viele Minderheiten nun um ihr Leben. Die HTS [Hay’at Tahrir al-Sham] versprach offiziell Schutz und Gleichbehandlung, betonte wiederholt, dass Syrien sich keine Gewalt leisten könne und niemand Rache fürchten solle. Doch diese Versprechen finden an der eigenen Basis kaum Gehör. Seit dem 8. Dezember kommt es vermehrt zu Übergriffen auf Alawiten. Die jahrzehntelange Stigmatisierung der Alawiten wirkt nach wie vor auf eine islamistische und dschihadistische Basis ein. […] Seit dem Sturz des Regimes gibt es eine anhaltende militärische Präsenz, begleitet von Gräueltaten. Akademiker, Beamte und prominente religiöse Persönlichkeiten werden entführt oder tot aufgefunden. Die zunehmende Gewalt erreichte am 23. Januar 2025 einen Höhepunkt, als eine Operation zur Verfolgung der ‚Regime-Überreste‘ in Homs begann. Die in England ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete am 25. Januar von dramatisch zunehmenden Gewalttaten gegen Alawiten, Schiiten und Murschiden.“ (Walo, 6. Februar 2025)
Gregory Waters ist Associate Fellow am Middle East Institute, einem gemeinnützigen, unparteiischen Think Tank und Kulturzentrum in Washington, D.C., USA. Waters‘ Forschung konzentriert sich auf die Sicherheitskräfte der syrischen Regierung.
· Waters, Gregory: Security in Alawite regions in post-Assad Syria, Middle East Institute (Hg.), 21. Jänner 2025
https://www.mei.edu/publications/security-alawite-regions-post-assad-syria
„Rumors of apparently sectarian-motivated violations by Syria’s new security forces against minorities have been widespread since Dec. 9, the day after the fall of the regime of Bashar al-Assad — rumors fueled by both pro-Assad fake news campaigns and the very real violations that had occurred within these communities. […] But the new government’s apparent use of extra-judicial executions of local ex-regime criminals has only cemented fears that innocent civilians are being targeted purely over their religion, while the lack of transparency has enabled others to impersonate security forces and carry out their own crimes. […] Many crimes are being committed by gangs and civilians not affiliated with the new government, while some rank-and-file soldiers and local commanders have engaged in sectarian-based harassment and kidnappings of Alawite civilians. […] There have been explicitly sectarian violations — such as the destruction of a shrine in rural Hama by two Sunni civilians and cases of harassment at checkpoints — but the bulk of violations committed by security forces across Syria seem to be directed toward specific ex-regime elements. Of course, these attacks have sectarian undercurrents, with anti-Alawi slurs being directed at detained men, while other Alawite civilians even in the same village are left alone. […] One of the most pressing problems is not sectarian-motivated attacks, but rather the opaque process of targeting men who served in regime forces in general (most of whom, by the nature of the regime, are Alawite). In general, security force violations are targeted against men who are believed to have committed crimes (whether or not this is proven) rather than any Alawite that soldiers come across. The most egregious cases, and the ones that have fueled the most fear, are the kidnappings and executions of ex-regime members. Alawite and anti-HTS [Hay’at Tahrir al-Sham] social media pages make no efforts to distinguish between genuine civilian victims and men who committed crimes under the regime […]” (Waters, G., 21. Jänner 2025)
[1] Die Zahlen der getöteten Personen, die SNHR dokumentiert, umfassen keine Mitglieder von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen (SNHR, 11. März 2025, S. 6).