Anfragebeantwortung zum Irak: Informationen zum Namensrecht [a-12385]

22. Mai 2024

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen, sowie gegebenenfalls auf Auskünften von Expert·innen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Dieses Produkt stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.

Auf der Webseite der deutschen Vertretungen im Irak (Botschaft Bagdad und Generalkonsulat Erbil) finden sich folgende Informationen über das irakische Namensrecht vom März 2022:

„Das irakische Namensrecht kennt keine strukturelle Aufgliederung in Vor- und Familiennamen, sondern eine sogenannte Namenskette. Irakische Namen setzen sich zusammen aus dem Vornamen, dem Vaternamen, dem Großvaternamen und ggf. dem Stammesnamen. In irakischen Reisepässen wird, sofern kein Stammesname vorhanden ist, in der Regel der Großvatername oder der Stammesname in der Zeile ‚Familienname‘ eingetragen.“ (Deutsche Vertretungen Irak, 16. März 2022)

Das deutsche Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) veröffentlicht auf seiner Webseite folgenden undatierten Beitrag über den Familiennamen eines Kindes nach irakischem Recht:

Das Kind, dessen Eltern miteinander verheiratet sind, erhält bei der Geburt den Familiennamen seines Vaters (Stammesnamen seines Vaters, soweit einer vorhanden ist). Das Kind kann auch eine Kette von Namen bestehend aus Vorname, Vatername, Großvatername erhalten. Noch besteht keine einheitliche Handhabung der Vorschriften, dass der Stammesname automatisch der Nachname ist.

Gesetzliche Vorschriften über den Familiennamen eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, bestehen nicht. Das Kind, das von seinem Vater nicht anerkannt wurde, erhält allgemein einen vom Jugendgericht festgesetzten Familiennamen, in der Regel den Namen des Vaters der Mutter.“ (BMI, ohne Datum)

Artikel 19(2) des irakischen Gesetzesdekrets Nr. 3 von 2016, das denn irakischen Personalausweis behandelt, stellt fest, dass ein Name als vollständig gilt, wenn er den Vornamen der Person, den Namen des Vaters, den Namen des Großvaters und gegebenenfalls den Familiennamen enthält (Gesetzesdekrets Nr. 3 von 2016, Artikel 19).

Cultural Atlas erklärt in einem Artikel von 2020, dass im Irak Namen durch die männliche Seite der Familie weitergegeben würden. Kinder würden nach ihrem Vater, Großvater usw. benannt. Irakische Frauen würden bei der Heirat traditionelle nicht den Namen ihres Mannes annehmen. Andere Namenskonventionen könnten je nach ethnischer Zugehörigkeit der Person variieren. Die meisten irakischen Araber·innen würden der arabischen Namenskonventionen folgen. Diese habe folgendes Format: persönlicher Name, persönlicher Name des Vaters, persönlicher Name des Großvaters. Diese Namenskonvention beinhalte keine Verwendung eines Nachnamens. Gelegentlich würden Personen einen vierten Namen hinzufügen, den des väterlichen Urgroßvaters. Der Familienname einer Person („Laqab“) erscheine nicht immer in Dokumenten. Dies sei ein vom Vater geerbter Name, der sich auf die Vergangenheit der Familie beziehe. In einigen Fällen würden Iraker·innen den Familiennamen anstelle des persönlichen Namens ihres Großvaters verwenden, um westlichen Namenskonventionen zu entsprechen. Vielen Kurd·innen im Irak hätten die arabischen Namenskonventionen übernommen. Traditionell hätten Kurd·innen einen Familiennamen, der sich auf ihren Stamm oder ihre Herkunftsregion beziehe. Dieser Familienname diene oft als Nachname. Manche Kurd·innen würden den persönlichen Namen eines Verwandten als zweiten Vornamen verwenden (Cultural Atlas, 2020).

Das deutsche BMI gibt in einem vom Informationsverbund Asyl und Migration veröffentlichten Dokument aus dem Jahr 2008 vom irakischen Botschafter erhaltene Informationen über das irakische Namensrecht wie folgt wieder:

„Bezug nehmend auf Ihre o.g. Anfrage teile ich mit, dass sich die in meinem Bezugsschreiben getroffenen Feststellungen auf die Aussage des irakischen Botschafters beziehen. Klarstellend teile ich nach Rückfrage bei der Botschaft Folgendes mit: Das Namensrecht im Irak ist aus hiesiger Sicht uneinheitlich.

Nach Mitteilung der irakischen Botschaft stellt sich die Namensschreibweise in irakischen Dokumenten wie folgt dar:

Während der Zeit der Diktatur unter Saddam Hussein seien im Irak die Familiennamen abgeschafft worden. In dieser Zeit habe man daher auf den Vornamen, Vater- und Großvaternamen zurückgegriffen.

Nach 2003 habe es auch wieder die Zulassung der Familiennamen im Sinne der Großfamilie, Sippenname oder Stammesname gegeben. Die Verwendung dieser Familiennamen sei je nach Region und Gruppenzugehörigkeit unterschiedlich.

Irakische Reisepässe der Serie ‚G‘ enthalten entsprechend den internationalen Gepflogenheiten die Unterscheidung zwischen Vornamen (‚Given Names‘) und Familiennamen (‚surname‘).

In der Rubrik ‚Given Names‘ (Vorname) werde regelmäßig die irakische Namenkette aus Vornamen – Vatername – Großvatername eingetragen.

In der Rubrik ‚Surname‘ (Familienname) werde ein Familienname eingetragen, wenn dieser Familienname urkundlich nachweisbar ist.

In irakischen Staatsbürgerschafturkunden und irakischen Personalausweisen (Identitätskarten) werde der irakische Familienname meist nicht registriert. Dies sei auf die Behördenpraxis während der Diktatur unter Saddam Hussein zurückzuführen, als die Sippen- und Stammesnamen bewusst nicht dokumentiert wurden, um die Identifikation mit diesen Gruppennamen zu erschweren.

Soweit der irakische Familienname nicht mit anderweitigen Dokumenten belegbar sei, werde im irakischen Pass in der Rubrik ‚Surname‘ (Familienname) regelmäßig ein Namensbestandteil der irakischen Namenskette, und zwar der Großvatername, registriert. Dies führe zur Wiederholung dieses Namensbestandteils, zunächst unter ‚Given Names‘ in der dreiteiligen Namenskette und dann ein weiteres Mal unter ‚Surname‘.

Bei denjenigen irakischen Staatsangehörigen, bei denen der irakische Familienname nicht anderweitig ausreichend urkundlich belegt sie, werde in der Rubrik ‚Surname‘ (Familienname) im irakischen Pass kein gesonderter eigener Name registriert, sondern nur der Namensbestandteil aus der irakischen Namenskette (regelmäßig der Großvatername) lediglich wiederholt.“ (BMI, 13. Oktober 2008, S. 1-2)

Der folgende Link des in der Autonomen Region Kurdistan (Irak) ansässigen kurdischen Mediennetzwerkes Rudaw zeigt das Muster eines aktuellen irakischen Passes mit den Rubriken „vollständiger Namen“ (Full Name, wörtliche Übersetzung aus dem Arabischen: dreifacher Name) und „Nachname“ (Surname):

·      Rudaw: Die französische Botschaft weigert sich, sich mit dem neuen irakischen Pass zu befassen [Arabisch], 12. April 2023
https://www.rudawarabia.net/arabic/middleeast/iraq/120420232

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 22. Mai 2024)

·      BMI – Bundesministerium des Innern und für Heimat: Familienname des Kindes nach ausländischem Recht, Irak, ohne Datum
https://www.personenstandsrecht.de/Webs/PERS/DE/rechtsbereiche/sammlung-auslaendischen-namensrechts/kind/functions/glossar.html?cms_lv2=10758660#:~:text=Irak,Vorname%2C%20Vatername%2C%20Gro%C3%9Fvatername%20erhalten.

·      BMI – Bundesministerium des Innern und für Heimat: Anerkennung ausländischer Pässe und Passeresatzpapiere; Fragen zum irakischen Namensrecht, 13. Oktober 2008
https://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/dokumente/14820.pdf

·      Cultural Atlas: Iraqi Culture, Naming, 2020
https://culturalatlas.sbs.com.au/iraqi-culture/iraqi-culture-naming#:~:text=Most%20Iraqi%20Arabs%20use%20Arabic,the%20use%20of%20a%20surname.

·      Deutsche Vertretungen Irak: Namensangleichung an das deutsche Recht, 16. März 2022
https://irak.diplo.de/iq-de/service/konsular/namensangleichung/2517538

·      Gesetzesdekret Nr. 3 von 2016 [Arabisch], 1. Februar 2016
https://iraqld.e-sjc-services.iq/LoadArticle.aspx?SC=200320161731953

·      Rudaw: Die französische Botschaft weigert sich, sich mit dem neuen irakischen Pass zu befassen [Arabisch], 12. April 2023
https://www.rudawarabia.net/arabic/middleeast/iraq/120420232


 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Der Cultural Atlas ist eine Informationsseite zum kulturellen Hintergrund der Migrantengemeinschaft in Australien, die von der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt SBS betrieben wird.

·      Cultural Atlas: Iraqi Culture, Naming, 2020
https://culturalatlas.sbs.com.au/iraqi-culture/iraqi-culture-naming#:~:text=Most%20Iraqi%20Arabs%20use%20Arabic,the%20use%20of%20a%20surname.

„In Iraq, the lineage of names is passed through the male side of their family in Iraq. Children will be named after their father, grandfather, etc. However, Iraqi women traditionally do not adopt their husband’s names when they marry. Some may do so in Western societies, but it is not typical. Other naming conventions can vary depending on the person’s ethnicity.

Arab Names

·        Most Iraqi Arabs use Arabic naming conventions. This is formatted as: [personal name] [father’s personal name] [grandfather’s personal name]. For example, Ahmad Hussain Khalil (male), Zeena Hussain Khalil (female). It is important to understand that this naming convention does not involve the use of a surname.

·        Occasionally, people may add a fourth name that is their great grandfather’s from their father’s side of the family: [personal name] [father’s personal name] [grandfather’s personal name] [great grandfather’s name].

·        People’s family name (laqab) does not always appear on documents. This is a name inherited from the father that relates to the heritage of the family. In some cases, Iraqis may use it instead of their grandfathers personal name to fit western naming conventions: [personal name] [fathers personal name] [FAMILY NAME]. For example, Ahmad Hussain AL-SHAMMARI.

·        Arabic names can be translated into English in various ways. For example, the same name can be written as "Majid", "Majeed", or "Mejeed". The spelling can also differ depending on whether one uses contractions. For example, “Saladdin” could also be spelt “Sal-ad-Din” or Sal-Addin.

·        In Iraq, only the Arabic versions of names (written in Arabic characters) are considered official and have standardised spellings. Therefore, some people's names may even appear different on official documents such as passports, when translated into the Roman alphabet.

Kurdish Names

·        Many Kurds have adopted the Arabic naming custom described above.

·        Traditionally, Kurds have a family name that relates to their tribe or region of origin. This often serves the purpose of a surname: [personal name] [FAMILY NAME]. For example, Haval BARZANI (male), Serav BARZANI (female).

·        Some people may use a relative’s personal name as their middle name.

·        Traditional Kurdish names include Diaco, Kochar, Redoir, Roj, Jochar and Sherko (men), as well as Aveen, Awat, Dilsoz, Sidar and Zhian (female).“ (Cultural Atlas, 2020)