Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Finnland 2022

Recht auf Versammlungsfreiheit

Die Polizei löste 2022 regelmäßig Demonstrationen auf, bei denen Straßen blockiert und der Verkehr behindert wurde, obwohl derartige Akte zivilen Ungehorsams nicht allein aufgrund der verursachten Unannehmlichkeiten aufgelöst werden dürfen. Die Polizei war im Umgang mit Demonstrationen nicht ausreichend geschult, und es mangelte an Leitlinien für die entsprechende Polizeiarbeit. Im August 2022 nahm die Stockholmer Polizei sechs finnische Klimaaktivist*innen fest und schob sie ab, offenbar auf der Grundlage vager Informationen der Bundespolizei. Die Aktivist*innen hatten sich auf dem Weg zu einer friedlichen Klimaprotestaktion befunden.

Klimakrise

Im Juli 2022 änderte Finnland sein Klimaschutzgesetz und legte darin das Ziel fest, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden. Es gab jedoch Zweifel daran, dass die geplanten Maßnahmen und die Mittel für ihre Durchführung angemessen waren.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im Juni 2022 wurde die gesetzliche Definition von Vergewaltigung geändert, um sie an internationale Menschenrechtsstandards anzupassen. Der Tatbestand der Vergewaltigung wird demnach über die fehlende Einwilligung definiert, wobei die Begleitumstände mitberücksichtigt werden. In bestimmten Fällen, in denen der Missbrauch einer Machtposition vorliegt, gilt die Tat jedoch weiterhin als sexueller Missbrauch und nicht als Vergewaltigung.

Es wurden neue Anlaufstellen für Überlebende sexualisierter Gewalt eingerichtet. Ihre Gesamtzahl belief sich in Finnland damit auf 21.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Im September 2022 legte die Regierung einen Gesetzentwurf vor, der die Änderung des amtlichen Geschlechts für Erwachsene auf schriftlichen Antrag ermöglicht. Durch das neue Gesetz würden zwar die Zwangssterilisation und eine psychiatrische Diagnose als erforderliche Voraussetzungen entfallen, doch sieht es eine obligatorische Bedenkzeit für Antragsteller*innen vor und Minderjährige bleiben unberücksichtigt.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Im Juli 2022 erfolgte Änderungen des Grenzschutzgesetzes ermöglichten eine Zentralisierung der Entgegennahme von Asylanträgen an einer gesondert ausgewiesenen Grenzübergangsstelle, was zur Schließung der Ostgrenze zu Russland für Asylsuchende führen könnte. Die Änderungen sahen auch die Möglichkeit zum Bau von Barrieren in der Grenzzone vor. Die Regierung begann mit dem Bau eines Zauns entlang von Teilen der Ostgrenze. Dies könnte Asylsuchenden den Zugang zu finnischem Staatsgebiet erschweren und zu Abschiebungen führen, die gegen den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement) verstoßen. Im Juni 2022 legte die Regierung einen Gesetzentwurf zur Einführung von Grenzverfahren vor, die z. B. vorsehen, Asylsuchende in überwachten Einrichtungen an der Grenze festzuhalten, die sie nicht verlassen dürfen. Dies wäre eine gravierende Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit dieser Menschen und würde de facto einer Inhaftierung gleichkommen.

Im gesamten Jahr 2022 wurde mehr als 45.000 Personen, die vor dem Konflikt aus der Ukraine geflüchtet waren, vorübergehender Schutz gewährt. Der Schutz wurde unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Einreise allen Ukrainer*innen zuteil.

Rechte indigener Gemeinschaften

Im November 2022 legte die Regierung einen Entwurf zur Reform des Gesetzes über das Sámi-Parlament vor, um die Rechte der indigenen Sámi besser zu schützen.

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