Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Lesotho 2022

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

AMTLICHE BEZEICHNUNG

Königreich Lesotho

STAATSOBERHAUPT

König Letsie III.

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF*IN

Sam Matekane (löste im Oktober 2022 Moeketsi Majoro im Amt ab)

Stand:
 1/2023

Die Generalstaatsanwältin ließ die gegen den ehemaligen Premierminister und seine Ehefrau erhobenen Mordanklagen fallen. Protestveranstaltungen konnten bis August nicht stattfinden, da die Behörden das Ausstellen von Genehmigungen für Versammlungen unter Hinweis auf die geltenden Coronamaßnahmen verweigerten. Polizeigewalt stellte weiterhin ein schwerwiegendes Problem dar, u. a. wurden Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen sowie über eine rechtswidrige Tötung erhoben. Die Zahl der Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt stieg weiter an, und Frauen waren in Wirtschaft und Politik nicht repräsentiert. Es bestand nur ein begrenzter Zugang zu Gesundheitsleistungen, insbesondere für Frauen und Mädchen im ländlichen Raum.

s. u.

Hintergrund

Im Juli 2022 wurde das Parlament in Vorbereitung der für Oktober angesetzten Parlamentswahlen aufgelöst. Nachdem das Parlament am 24. August unter den Notstandsverordnungen wieder einberufen worden war, verabschiedete es am 31. August Verfassungsreformen, die seit Langem geplant gewesen waren. Daraufhin urteilte jedoch das Hohe Gericht, dass der Ausnahmezustand verfassungswidrig sei und das Parlament daher verfassungsrechtlich nicht befugt gewesen sei, die Verfassungsänderungen zu verabschieden.

Straflosigkeit

Am 26. Juli 2022 ließ die Generalstaatsanwältin die Mordanklagen gegen den ehemaligen Premierminister Thomas Thabane und dessen Ehefrau Maesaiah Thabane aus Mangel an Zeug*innen fallen. Die beiden waren 2021 wegen des 2017 begangenen Mordes an Lipolelo Thabane, der damals in Trennung von Thomas Thabane lebenden Ehefrau, und des versuchten Mordes an deren Freundin Thato Sebolla angeklagt worden. Einige Zeug*innen des Mordes kamen unter rätselhaften Umständen ums Leben, andere verließen zwischen 2017 und 2020 aus Angst um ihr Leben das Land.

Folter und andere Misshandlungen

Polizeigewalt stellte weiterhin ein schwerwiegendes Problem dar. Unter anderem wurde einigen Polizeikräften die Tötung eines Demonstranten und die Folterung und anderweitige Misshandlung anderer Protestteilnehmender vorgeworfen. Gegen die Polizeibehörden bestanden im Zusammenhang mit verschiedenen Vorwürfen gesetzliche Schadensersatzansprüche von umgerechnet mehreren Millionen Euro, beispielsweise wegen der mutmaßlichen Folterung des Anwalts Napo Mafaesa während seiner Inhaftierung in der Polizeistation von Ha Mabote im Januar 2022 und der Folterung von Mateboho Matekane, einer Frau aus Ha Pita, in der Polizeistation von Lithoteng in der Hauptstadt Maseru im November 2021.

Am 19. Mai 2022 folterten Angehörige der Polizei und des Militärs 35 Personen, nachdem diese u. a. mit Straßensperren gegen Stromausfälle im Dorf Liseleng im Distrikt Thaba-Tseka protestiert hatten. Die Sicherheitskräfte schlugen sie und zwangen sie, mehrere Meter weit über einen schlammigen Pfad bis zu dem nahe gelegenen Fluss Matsoku und zurück zu robben. Anschließend wurden die Protestierenden festgenommen und wegen Ruhestörung angeklagt. Sie kamen später gegen Kaution frei und erschienen im Mai und Juni vor dem Amtsgericht von Thaba-Tseka. Ende 2022 war der Fall noch nicht abgeschlossen.

Laut Angaben des nationalen Polizeichefs wurden sieben Polizeikräfte vom Dienst suspendiert, nachdem sie am 16. Juni 2022 bei einem Protest an der National University of Lesotho auf Studierende geschossen hatten. Kopano Francis Mokutoane kam durch die Schüsse ums Leben, zahlreiche weitere Protestierende erlitten Verletzungen. Gegen die suspendierten Polizeikräfte liefen Ermittlungsverfahren.

Rechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Die Einschränkungen der Rechte auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit, die 2020 unter dem Vorwand eingeführt worden waren, die Coronapandemie eindämmen zu wollen, wurden im August 2022 aufgehoben. Damit durften politische Versammlungen wieder stattfinden und Nachtclubs wieder öffnen.

Frauenrechte

Die geschlechtsspezifische und insbesondere die häusliche Gewalt, von der vor allem Frauen und Kinder betroffen waren, nahmen weiter zu. Frauen hatten nur eingeschränkt Zugang zur Justiz, insbesondere in ländlichen Gebieten. Zum Teil hinderten die unzulängliche Verkehrsinfrastruktur sowie Armut die Frauen daran, Polizeiwachen und Gerichte in den Städten aufzusuchen.

Frauen waren in den Bereichen Wirtschaft und Politik weiterhin von der Teilhabe ausgeschlossen und durch Armut, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit dreifach belastet.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Auch 2022 waren Armut und soziale Ungleichheit stark verbreitet und wurden durch die Folgen der Coronapandemie für die Wirtschaft noch verschärft. Die schwache Wirtschaftsleistung Lesothos wurde durch die negativen Auswirkungen der Pandemie auf Branchen wie die Fertigungs- und insbesondere die Textilindustrie, den Bergbau sowie das Bau- und Dienstleistungsgewerbe weiter gebremst. Die Folge war ein geringeres Einkommen für fast alle Haushalte. Die Weltbank prognostizierte für die Armutsbekämpfung nur sehr langsame Fortschritte und begründete dies mit dem Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise sowie der fragilen wirtschaftlichen Lage. Beides führe dazu, dass die ärmeren Bevölkerungsgruppen mit geringeren Budgets und Lebensgrundlagen auskommen müssten. Für 2022 wurde in Bezug auf den Anteil der in Armut lebenden Menschen ein leichter Rückgang auf 35,2 Prozent gegenüber 36 Prozent im Vorjahr erwartet.

Recht auf Gesundheit

2022 lebten etwa 300.000 der 2,3 Millionen Menschen in Lesotho mit HIV/AIDS. Der Großteil der Betroffenen waren Frauen und weibliche Jugendliche, die gleichzeitig besonders stark von gesellschaftlicher Stigmatisierung betroffen waren. Zahlreiche Menschen hatten keinen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen. Dies galt in besonderem Maße für Frauen, die Leistungen im Bereich Müttergesundheit und andere wichtige Gesundheitsleistungen benötigten. In ländlichen Gebieten erschwerten zum Teil schlechte Straßenverbindungen den Zugang. Die unzulängliche Verkehrsinfrastruktur zwang Frauen darüber hinaus dazu, ihre Kinder zu Hause und nicht in Gesundheitseinrichtungen zur Welt zu bringen.

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