ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan: Überblick über aktuelle Entwicklungen und zentrale Akteure in Afghanistan

Die ecoi.net-Themendossiers bieten einen Überblick zu einem ausgewählten Thema. Dieses Themendossier behandelt die jüngsten Entwicklungen und wichtigsten Akteur·innen. Die Informationen stammen aus ausgewählten Quellen und erheben nicht den Anspruch vollständig zu sein. Erstellt von ACCORD. Kurzbeschreibungen zu den verwendeten Quellen finden Sie am Ende des Themendossiers.

Anmerkung: Bezeichnungen wie "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" sind im Kontext des jeweiligen Berichtszeitraumes zu verstehen. Sie können daher vor und nach dem 15. August 2021 von unterschiedlicher Bedeutung sein.

1. Aktuelle Entwicklungen
2. Die Taliban
2.1 Afghanistan unter der neuerlichen Herrschaft der Taliban
2.2 Gefährdete Gruppen
3. Weitere Akteure
3.1 Mit den Taliban in Verbindung stehende Gruppen
3.1.1 Haqqani Network
3.1.2 al-Qaida
3.2 Islamischer Staat in der Provinz Khorasan (ISKP)
3.3 Widerstandsgruppen
4. Quellen
5. Kurzbeschreibungen der Quellen

Überblick über aktuelle Entwicklungen und zentrale Akteure in Afghanistan

1. Aktuelle Entwicklungen

2021

Informationen zu humanitären Entwicklungen in Afghanistan nach August 2021 finden sich in einer ACCORD-Anfragebeantwortung vom Dezember 2021 (ACCORD, 6. Dezember 2021).

Im April 2021 kündigte US-Präsident Joe Biden den Truppenabzug der USA wie auch der NATO-Verbündeten bis 11. September 2021 an. Zwar kam diese Ankündigung aufgrund des im Februar 2020 in Doha unterzeichneten Abkommens zwischen den USA und den Taliban nicht ganz unerwartet, allerdings doch mit deutlichen Abweichungen von dem, was ursprünglich erwartet worden war (AAN, 10. Juni 2021).

ICG berichtete, dass die Taliban am 15. August Kabul, die Hauptstadt des Landes, zum ersten Mal, seit sie von 1996 bis 2001 den größten Teil des Landes beherrschten, einnahmen. Nach dem Zusammenbruch der vorangegangenen Regierung wurde die Gruppe de-facto die herrschende Macht im ganzen Land (ICG, 26. August 2021, S. 1). Im September 2021, konstatierte ICG, dass in den ersten Monaten des Jahres 2021 eine noch nie dagewesene Zahl an Zivilist·innen getötet und verletzt wurde und mindestens 560.000 Menschen vertrieben wurden (ICG, 9. September 2021).

Die Vereinten Nationen berichteten, dass es vor der Übernahme der Großstädte durch die Taliban im ganzen Land zu aufsehenerregenden Anschlägen durch regierungsfeindliche Kräfte gekommen war (UNGA, 2. September 2021, S. 6).

Zwischen 16. Mai und 31. Juli 2021 verzeichneten die Vereinten Nationen 6.302 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Anstieg um 25,6 Prozent gegenüber den 5.016 Vorfällen im gleichen Zeitraum des Jahres 2020 darstellt. Bewaffnete Zusammenstöße haben mit einem Anstieg von 2.931 auf 4.039 Vorfällen um 37,8 Prozent zugenommen und Luftangriffe sind von 136 auf 457 gestiegen, was einem Anstieg um 236 Prozent entspricht. Die Anzahl der Attentate hat um 6 Prozent zugenommen, was einen Anstieg von 235 auf 250 bedeutet. Dagegen sind die durch improvisierte Sprengsätze verursachten Detonationen um 15 Prozent zurückgegangen, und zwar von 635 auf 538. 60,4 Prozent aller erfassten Vorfälle entfielen auf die südlichen, östlichen und nördlichen Regionen, wobei die Provinzen Helmand, Kandahar und Nangarhar durchwegs am stärksten von den Konflikten betroffen waren. Da die Taliban ihre territoriale Kontrolle seit Anfang August zunehmend gefestigt haben, sind die konfliktbezogenen Sicherheitsvorfälle, wie Luftangriffe, bewaffnete Zusammenstöße und Vorfälle im Zusammenhang mit improvisierten Sprengsätzen, deutlich zurückgegangen (UNGA, 2. September 2021, S. 5-6).

Zwischen 19. August und 31. Dezember 2021 verzeichneten die Vereinten Nationen 985 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang um 91 Prozent gegenüber den Zahlen im gleichen Zeitraum des Jahres 2020 darstellt. Die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle fiel nach dem 15. August 2021 von 600 Vorfällen auf weniger als 100 Vorfälle pro Woche bedeutend. Bewaffnete Zusammenstöße haben mit einem Rückgang von 7.430 auf 148 Vorfällen um 98 Prozent abgenommen und Luftangriffe sind von 501 auf 3 gefallen, was einem Rückgang um 99 Prozent entspricht. Die durch improvisierte Sprengsätze verursachten Detonationen sind um 91 Prozent zurückgegangen, und zwar von 1.118 auf 101, während die Anzahl der Attentate um 51 Prozent zurückgegangen ist, was einen Rückgang von 424 auf 207 bedeutet. Dagegen gab es einen Anstieg anderer Arten sicherheitsrelevanter Vorfälle wie Verbrechen vor dem Hintergrund einer sich rapide verschlechternden wirtschaftlichen und humanitären Lage. 75 Prozent aller erfassten Vorfälle entfallen auf die östlichen, zentralen, südlichen und westlichen Regionen, wobei die Provinzen Nangarhar, Kabul, Kunar und Kandahar am stärksten von den Konflikten betroffen waren. Trotz des Rückganges der Gewalt musste sich die de-facto-Regierung verschiedenen Herausforderungen stellen, darunter einer erhöhten Zahl an Angriffen gegen ihre Mitglieder. Einige der Angriffe werden der Nationalen Widerstandsfront (NRF) zugeschrieben, die 2021 vornehmlich in der Provinz Pandschschir sowie im Bezirk Andarab der Provinz Baghlan operiert, aber keine bedeutenden Gebietsgewinne verzeichnen konnte (UNGA, 28. Jänner 2022, S. 5).

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (CoE-PACE) zeigte sich in einem Bericht vom September 2021 um die Einhaltung der Menschenrechte in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban besorgt (CoE-PACE, 28. September 2021, S. 12).

2022

Mitte Juni 2022 konstatierte der UNO-Generalsekretärs in einem Bericht an den UNO-Sicherheitsrat, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach einem anfänglichen deutlichen Rückgang konfliktbedingter Sicherheitsvorfälle im Anschluss an die Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 zunehmend instabiler wird (UNSC, 15. Juni 2022, S. 4).

Anfang 2022 hatten Quellen berichtet, dass die Lage in Afghanistan (relativ gesehen) weniger gefährlich (DFAT, 14. Jänner 2022, S. 10) bzw. als friedlicher beschrieben wurde (Migrationsverket, 29. April 2022, S. 6) und die Zahl ziviler Opfer seit der Machtübernahme durch die Taliban am 15. August 2021 deutlich gesunken sei (HRC, 4. März 2022, S. 6). Die schwedische Einwanderungsbehörde Migrationsverket berichtete im April 2022, dass sich die Sicherheitsdynamik im Land seit der Machtübernahme durch die Taliban veränderte und konfliktbezogene Gewalt unter der Taliban-Herrschaft in erster Linie mit dem ISKP und der NRF in Verbindung steht, deren Angriffe meist auf bestimmte Provinzen beschränkt sind. Angriffe auf Zivilist·innen bestehen weiterhin und machen nun einen größeren Anteil der Gewalt im Land aus. Migrationsverket nannte Kandahar als Beispiel für eine Provinz, in der die Gewalt nicht von Konfliktgruppen ausgeht, sondern von den Taliban, und großteils gegen Zivilist·innen gerichtet ist, besonders gegen jene mit vermeintlichem Bezug zur ehemaligen afghanischen Regierung. Diese Art von Gewalt kommt laut dem Bericht landesweit vor (Migrationsverket, 29. April 2022, S. 6). Im März 2022 teilte auch der UNO-Menschenrechtsrats mit, dass der Schutz der Zivilbevölkerung weiterhin Anlass zur Sorge gibt (HRC, 4. März 2022, S. 6).

Laut einem Bericht des UNO-Generalsekretärs vom Juni 2022 intensivierten der ISKP und andere bewaffnete Gruppen, die gegen die Taliban kämpfen, ihre Angriffe zwischen 28. Jänner und 15. Juni 2022. Die de-facto-Sicherheitskräfte reagierten mit verstärkten präventiven, aber eingreifenden („intrusive“) Sicherheitsmaßnahmen, wie beispielsweise umfangreichen Hausdurchsuchungen (UNSC, 15. Juni 2022, S. 4).

Laut einem Bericht des UNO-Generalsekretärs vom September 2022, ist die Gesamtzahl der konfliktbedingten Sicherheitsvorfälle und der zivilen Opfer im Vergleich zum Vergleichszeitraum im Jahr 2021 zurückgegangen: Zwischen dem 22. Mai und dem 16. August 2022 verzeichneten die Vereinten Nationen 1.642 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einem Rückgang um 77,5 Prozent gegenüber den 7.314 Vorfällen im gleichen Zeitraum 2021 entspricht. Die verfügbaren Daten zeigen, dass bewaffnete Zusammenstöße von 4.620 auf 129 Vorfälle zurückgingen, Luftangriffe von 564 auf 3, Detonationen von improvisierten Sprengsätzen von 590 auf 76 und Attentate von 294 auf 88 zurückgingen. Die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle stieg in den ersten sieben Monaten des Jahres 2022 stetig, wobei 547 Vorfälle im Juli 2022 verzeichnet wurden, was zum Berichtszeitpunkt die bisher höchste Zahl im Jahr 2022 und einen Anstieg um 33,7 Prozent im Vergleich zu Jänner 2022 sowie um 7,3 Prozent im Vergleich zu Juni 2022 darstellte. Infolge der sich verschlechternden wirtschaftlichen und humanitären Lage blieb die Zahl der sicherheitsrelevanten Straftaten konstant hoch: 373 Vorfälle wurden gemeldet, verglichen mit 300 Straftaten im gleichen Zeitraum des Jahres 2021. Auf die westlichen, südlichen, östlichen und nord-östlichen Regionen entfielen 62 Prozent aller registrierten Vorfälle, wobei Herat, Kabul, Kandahar und Nangarhar die am stärksten betroffenen Provinzen waren (UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 4). Zwischen 14. Juni 2021 und 14. September 2022 verzeichnete zivile Opfer waren in den meisten Fällen auf ISKP-Angriffe auf zivile Ziele, in den meisten Fällen ethnische und religiöse Minderheiten, zurückzuführen (UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 8).

Die AIHRC berichtete im August 2022, dass ihrer Statistik zufolge zwischen 15. August 2021 und 15. August 2022 1.520 Zivilist·innen in Afghanistan getötet und 1.106 verletzt wurden. AIHRC weist darauf hin, dass die Organisation keinen Zugang zu manchen ländlichen Regionen des Landes habe und es daher möglich sei, dass Fälle in diesen Regionen in ihrem Bericht undokumentiert geblieben seien (AIHRC, 15. August 2022, S. 3).

Die Zahl der bewaffneten Angriffe durch Widerstandsgruppen und der bewaffneten Zusammenstöße mit den Taliban nahm laut mehreren Quellen zu (UNICRI, 25. Oktober 2022, S. 9; UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 4). In seinem Bericht von September 2022 schrieb der UNSC, dass sich die NRF und die NLF (National Liberation Front) zu Angriffen in mehreren Provinzen bekannt haben, darunter Pandschschir, Baghlan, Tachar und Kapisa. Die NRF habe im Juli 2022 angegeben, die Distrikte Andarab und Chost in der Provinz Baghlan eingenommen zu haben, sowie Mitte August 2022 sieben Täler in sechs Distrikten der Provinz Pandschschir (UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 4).

Am 26. Mai 2022 berichtete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC), dass die Entstehung von Widerstandsgruppen dazu geführt hat, dass die Taliban aggressive Maßnahmen gegen Bevölkerungsgruppen durchführen, die verdächtigt werden, Taliban-feindliche Bewegungen zu unterstützen (UNSC, 26. Mai 2022, S. 12). Taliban-Operationen gegen die NRF in den Provinzen Baghlan und Pandschschir wurden ACLED zufolge Anfang Mai 2022 verschärft. Berichten zufolge wurden im Zuge dieser Zivilist·innen angegriffen und gefoltert (ACLED, 19. Mai 2022). Am 10. Mai 2022 begannen tagelange Kämpfe zwischen Talibankräften und der NRF in der Provinz Pandschschir. Sie forderten etwa 40 Menschenleben. Auch in den Provinzen Tachar und Baghlan kamen Zivilist·innen ums Leben. 200 Zivilist·innen wurden dem BAMF zufolge von den Taliban festgenommen (BAMF, 16. Mai 2022, S. 1; siehe auch The Washington Post, 8. Juni 2022). In den Provinzen Parwan und Kapisa fanden ebenfalls Kämpfe zwischen den beiden Gruppen statt. In der Stadt Warsadsch, wo die NRF laut eigenen Aussagen Taliban-Stützpunkte einnehmen konnte, kam es zu Luftangriffen durch die Taliban (ACLED, 19. Mai 2022). Im Oktober 2022 berichtete ACLED, dass Taliban-Kräfte nach wie vor Zivilist·innen mit vermuteter Verbindung zur NRF angriffen, insbesondere in der Provinz Pandschschir (ACLED, 20 Oktober 2022).

Am 30. Oktober 2022 berichtete das Amt des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) unter Bezugnahme auf afghanische Medien, dass die Taliban Ende August weitere Kräfte in die nördliche Provinz Pandschschir entsendeten. Dies habe die Bewohner·innen einiger Dörfer in Antizipierung der militärischen Operation veranlasst, zu fliehen. Bewaffneter Widerstand gegen die Taliban scheine sich vor dem Hintergrund von Angriffen auf Vorposten der Taliban in Pandschschir auszuweiten (SIGAR, 30. Oktober 2022, S. 78-79).

Weitere Informationen zu den Widerstandsgruppen finden sich in Abschnitt 3.3 des vorliegenden Dokuments.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berichtete am 14. September 2022, dass die Zahl der Angriffe, die dem ISKP zugeschrieben wurden oder zu denen er sich bekannt habe, gesunken ist. Zwischen 22. Mai und 16. August 2022 habe die UNO 48 ISKP-Angriffe in 11 Provinzen dokumentiert, verglichen zu 113 Angriffen in 8 Provinzen im selben Zeitraum des Vorjahres (UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 5).

Das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichtete am 25. April 2022 von einer Reihe großer Angriffe, vornehmlich auf Moscheen, bei denen viele Menschen getötet und verletzt wurden, und nannte einige größere Angriffe, die im Monat April stattfanden: Am 19. April 2022 wurden zwei Angriffe auf Bildungsinstitutionen, darunter eine Bubenschule, im schiitischen Hazara-Viertel Dascht-e Barchi in Kabul von bisher unbekannten Angreifern durchgeführt. Mindestens 22 Menschen kamen dabei ums Leben. Bei einem vom ISKP verübten Bombenangriff am 21. April auf eine schiitische Moschee in der Stadt Masar-e Scharif, die hauptsächlich von Angehörigen der Hazara-Minderheit aufgesucht wurde, wurden 30 Menschen getötet und 80 weitere verletzt. Am selben Tag kamen bei einem ISKP-Angriff in Kunduz vier Menschen ums Leben, während 18 weitere verletzt wurden. Bei einem Bombenangriff auf die sunnitische Sufi-Maulavi-Sekandar-Moschee in der Provinz Kunduz am 22. April wurden mindestens 30 Menschen getötet und 43 weitere verletzt. Unter Bezugnahme auf das Nachrichtenportal Tolo News schrieb das BAMF, dass sich der ISKP zu diesem Angriff bekannte (BAMF, 25. April 2022, S. 1; siehe auch Migrationsverket, 29. April 2022, S. 6).

ACLED berichtete im Mai 2022 von tödlichen Bombenangriffe des ISKP in den Provinzen Kabul und Balch, die auf schiitische Muslim·innen abzielten. Bei einem Angriff am 28. April kamen dabei mindestens elf Menschen in der Stadt Masar-e Scharif ums Leben. Bei einem Angriff am 29. April 2022 wurden 50 Sufis während des Freitagsgebets in einer Moschee in der Stadt Kabul getötet (ACLED, 12. Mai 2022). ACLED berichtete zudem von gegen die Taliban gerichteten ISKP-Angriffen in den Provinzen Nangarhar und Kunar (ACLED, 19. Mai 2022).

Anfang August 2022 berichtete die deutsche Wochenzeitung Die Zeit mit Bezug auf Angaben der Vereinten Nationen, dass am Wochenende zwischen 5. und 7. August “mehr als 120 Menschen getötet oder verletzt wurden. Die Afghanistan-Mission der UN (UNAMA) forderte angesichts dieser Zahl mehr Sicherheit für Minderheiten, damit diese religiöse Feierlichkeiten ohne weitere Angriffe begehen könnten. Am Sonntag traf Berichten zufolge ein dritter Anschlag binnen drei Tagen einen Bus in einem mehrheitlich von Schiiten bewohnten Teil Kabuls. Die Terrormiliz ‚Islamischer Staat‘ (IS) hatte sich bereits zu zwei Bombenanschlägen am Wochenende in einem anderen schiitischen Viertel bekannt. Die Taliban-Regierung gab keine Stellungnahme ab.“ (Die Zeit, 8. August 2022, siehe auch The Washington Post, 6. August 2022)

Weitere Informationen zur Gruppe ISKP finden sich in Abschnitt 3.2 des vorliegenden Dokuments.

Am 1. Oktober 2021 berichtete Pajhwok Afghan News unter Bezugnahme auf die Kabuler Polizei, dass bei einem Selbstmordanschlag im Kaadsch Bildungszentrum im Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi am 30. September 2022 25 Menschen getötet und 31 weitere verletzt wurden. UNAMA zufolge liege die Anzahl der Toten bei 35 und die der Verletzten bei 82 Menschen (Pajhwok, 1. Oktober 2022).

Mehrere Quellen berichteten zwischen September und Oktober 2022 von Anschlägen auf Moscheen, bei denen jeweils zwischen vier und 21 Menschen getötet und zwischen 12 und 57 verletzt wurden. Die Angriffe erfolgten in den Provinzen Herat, Kunduz und Kabul (Pajhwok, 20. August 2022; Pajhwok, 4. September 2022; UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 8; Pajhwok, 24. September 2022; ACLED, 13. Oktober 2022).

Laut dem Bericht des UNO-Generalsekretärs an den UNO-Sicherheitsrat vom Juni 2022 sehen sich die de-facto-Behörden der Taliban mit einer wachsenden Zahl von Problemen bei der Staatsführung und der Sicherheit konfrontiert, darunter auch Spannungen an den Grenzen zu mehreren Nachbarländern (UNSC, 15. Juni 2022, S. 4).

In der zweiten Aprilhälfte berichteten das BAMF und ACLED von nächtlichen, pakistanischen Luftangriffen gegen die Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP) am 16. April 2022 in den Provinzen Kunar, Paktika und Chost, bei denen je nach Quelle 40 bis 45 Zivilist·innen ums Leben kamen (BAMF, 25. April 2022, S. 1; ACLED, 20. April 2022). Die Angriffe durch das pakistanische Militär, die entlang der Durand-Linie stattfanden, waren die ersten pakistanischen Angriffe auf Afghanistan seit der Machtübernahme durch die Taliban (ACLED, 20. April 2022). Laut dem BAMF wirft Pakistan den Taliban in Afghanistan vor, nichts gegen die von afghanischem Boden aus agierende TTP zu unternehmen. Eine Woche zuvor fand ein Angriff der TTP auf pakistanische Sicherheitskräfte statt (BAMF, 25. April 2022, S. 1). Mit Stand 20. April 2022 bekannte sich die pakistanische Regierung laut ACLED nicht zu den Angriffen, forderte jedoch von den Taliban, die Grenzregionen vor militanten Gruppierungen zu sichern (ACLED, 20. April 2022).

Einem Artikel der Jamestown Foundation (JF) vom 14. Jänner 2022 zufolge ist der Konflikt zwischen Pakistan und den Taliban auf die Uneinigkeit über die Rechtmäßigkeit der Durand-Linie, des Grenzverlaufs von 1893, zurückzuführen. Sollte der Streit um die Errichtung eines Grenzzauns nicht gelöst werden, könnte eine Eskalation der Spannungen zu Zusammenstößen zwischen den beiden Ländern führen, so die Einschätzung des JF-Artikels im Jänner 2022 (JF, 14. Jänner 2022). Im September 2022 berichtete der UNSC von vereinzelten sicherheitsrelevanten Vorfällen an der afghanisch-pakistanischen Grenze, darunter ein mutmaßlicher bewaffneter Zusammenstoß zwischen Taliban-Sicherheitskräften und der pakistanischen Armee an der Grenze des Distrikts Dangam in der Provinz Kunar (UNGA/UNSC, 14 September 2022, p. 5). Am 23. Oktober 2022 berichtete Pajhwok Afghan News, dass pakistanische Kräfte eine Woche zuvor in der Nähe der Durand-Linie im Distrikt Spin Boldak in der Provinz Kandahar das Feuer auf afghanische Zivilist·innen eröffnet hatten. Dabei wurde eine Frau getötet und acht weitere Menschen verletzt (Pajhwok, 23. Oktober 2022). BBC News berichtete, dass afghanische Taliban-Kräfte pakistanischen Quellen zufolge am 11. Dezember bei einem „unprovozierten“ Bomben- und Schussangriff auf die Grenzstadt Chaman sechs Zivilisten in Pakistan töteten und mindestens 17 weitere verletzten (BBC, 13. Dezember 2022).

Seit der Machtübernahme der Taliban im August bauen sich einem Artikel von RFE/RL zufolge in Teilen Nordafghanistans Spannungen zwischen ethnischen Usbek·innen, Turkmen·innen und Tadschik·innen und Taliban-Kämpfern auf, die in den der Berichterstattung vorangegangenen Monaten in die Gegend vorgedrungen sind und größtenteils der Volksgruppe der Paschtun·innen angehören (RFE/RL, 29. Jänner 2022). Im Mai 2022 berichtete das BAMF, dass Anfang Mai 300 paschtunische Taliban in die Provinz Badachschan ausrückten, um dort tadschikische und usbekische Taliban zu ersetzen (BAMF, 9. Mai 2022, S. 1). Das BAMF berichtete auch von Spannungen zwischen der Taliban de-facto-Regierung und Tadschikistan im Mai. Tadschikistan betrachte die Taliban-Machtübernahme in Afghanistan mit Argwohn. Laut dem BAMF gewährt Tadschikistan der NRF, die auch aus Tadschiken bestehe, Unterschlupf und unterstützt sie (BAMF, 23. Mai 2022, S. 1).

Laut UNO-Quellen gebe es mit Stand Juni 2022 keine Anzeichen dafür, dass die Taliban Schritte unternommen hätten, um die Aktivitäten ausländischer terroristischer Kämpfer im Land einzuschränken. Terroristische Gruppen würden größere Freiheiten als zuvor genießen. Die de-facto-Behörden Afghanistans wiesen dies zurück (UNSC, 15. Juni 2022, S. 4). Am 31. Juli 2022 wurde der Anführer von al-Qaida, Ayman al-Zawahiri, bei einem Drohnenangriff im Zuge einer Anti-Terror-Operation der CIA in der afghanischen Hauptstadt Kabul getötet (BBC, 3. August 2022).

Weitere Informationen zu diesem Vorfall und dem Verhältnis der Taliban zu al-Qaida finden sich in Abschnitt 3.1.2 des vorliegenden Dokuments.

Die Zahl der allein seit dem 1. Jänner 2021 konfliktbedingt Binnenvertriebenen belief sich mit Stand vom 31. August 2022 auf mehr als 822.546 Menschen (UNHCR, 29. September 2022, S. 1). Allein im Zeitraum von 10. April bis 30. Juni 2022 dokumentierte das UNHCR 30.205 neue konfliktbedingte Binnenvertriebene (UNHCR, 27. September 2022, S. 1).

2. Die Taliban

Ausführliche Informationen zu den Strukturen und verschiedenen Fraktionen innerhalb der Taliban finden sich im Bericht zum COI-Webinar mit Katja Mielke und Emran Feroz (ACCORD, März 2022).

In einem Bericht vom Mai 2016 beschrieb das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo die Taliban als eine Dachorganisation verschiedener, miteinander lose verbundener aufständischer Gruppen. Unter diesen befinden sich mehr oder weniger autonome Gruppen mit unterschiedlichen Graden von Loyalität zu der Taliban-Führung und zur Idee des sogenannten Islamischen Emirats Afghanistan. Die Taliban haben eine hierarchische Organisationsstruktur, an deren Spitze ein Amir ul-Muminin (Commander of the Faithful) steht. Dieser gibt moralische, religiöse und politische Erklärungen ab, hat die Aufsicht über Richter, Gerichte und politische Ausschüsse der Taliban, ernennt Schattengouverneure und hat das Kommando über die militärische Organisation inne (Landinfo, 13. Mai 2016, S. 4).

Über die Herrschaft der Taliban in den 1990er-Jahren berichtete BBC im September 2021, dass die Taliban Strafen gemäß ihrer strengen Auslegung des islamischen Rechts einführten und diese auch durchsetzten: Mörder und Ehebrecher wurden öffentlich hingerichtet, Dieben die Gliedmaßen amputiert. Unter der Führung des zurückgezogen lebenden Mullah Mohammed Omar verboten die Taliban auch Fernsehen, Musik, Filme und Make-up und untersagten Mädchen ab 10 Jahren den Schulbesuch (BBC, 7. September 2021).

Laut dem US-amerikanische Congressional Research Service (CRS) verlautbarten die Taliban im Juli 2015, dass der ursprüngliche Anführer der Bewegung, Mullah Omar, bereits 2013 verstorben war. Aus einem umstrittenen Auswahlprozess ging Akhtar Mohammad Mansour als Nachfolger Omars hervor. Mansour wurde seinerseits am 21. Mai 2016 durch einen US-Drohnenangriff getötet. Wenige Tage später erklärten die Taliban, dass einer von Mansours Stellvertretern, Hibatullah Achundsada, zum neuen Anführer der Taliban bestimmt worden war. Seine beiden Stellvertreter sind Mullah Yaqub (Sohn von Mullah Omar) und Siradschuddin Haqqani (operativer Befehlshaber des Haqqani-Netzwerks) (CRS, 19. Mai 2017, S. 16).

BBC berichtete, dass Hibatullah Achundsada im Mai 2016 zum Oberbefehlshaber der Taliban ernannt wurde und nun Führer des sogenannten Islamischen Emirats Afghanistan ist. In den 1980er Jahren beteiligte er sich am islamistischen Widerstand gegen die sowjetische Militäroffensive in Afghanistan, er gilt jedoch eher als religiöser Führer denn als militärischer Befehlshaber. In den 1990er-Jahren leitete Achundsada die Scharia-Gerichte (BBC, 7. September 2021).

Im September 2021 schrieb BBC, dass Siradschuddin Haqqani, der Anführer der als Haqqani-Netzwerk bekannten militanten Gruppe, die mit den Taliban verbunden ist und für einige der tödlichsten Anschläge in dem seit zwei Jahrzehnten andauernden Krieg im Land verantwortlich ist, zum amtierenden Innenminister ernannt wurde. Anders als die Taliban wurde das Haqqani-Netzwerk von den USA als ausländische terroristische Organisation eingestuft. Außerdem unterhält es enge Verbindungen zu al-Qaida (BBC, 8. September 2021). Detailliertere Informationen über mit den Taliban assoziierte Gruppierungen finden sich im gleichnamigen Abschnitt weiter unten.

Weitere Informationen zu mit den Taliban assoziierten Gruppierungen finden sich in Abschnitt 3.1 des vorliegenden Dokuments.

Laut einem BBC-Bericht vom Juli 2021 scheinen die Taliban im Jahr nach dem Friedensabkommen mit den USA im Februar 2020 ihre Taktik von komplexen Anschlägen in Städten und auf militärische Außenposten auf eine Welle gezielter Attentate, die die afghanische Zivilbevölkerung in Angst versetzten, verlagert zu haben. Die Ziele, Journalist·innen, Richter·innen, Friedensaktivist·innen, Frauen in Machtpositionen, schienen darauf hinzudeuten, dass die Taliban nicht ihre extremistische Ideologie, sondern nur ihre Strategie geändert hatten (BBC, 3. Juli 2021).

Das Afghanistan Analyst Network berichtete, dass sich die am 7. September 2021 vorgestellte Übergangsregierung der Taliban beinahe ausschließlich aus einer sehr homogenen Gruppe (beinahe ausschließlich Taliban, Kleriker, Paschtunen) zusammensetzte. Dies würde verdeutlichen, dass die Taliban vor allem um internen Zusammenhalt, ihr Machtmonopol sowie die Unterdrückung offener Meinungsverschiedenheiten bemüht sind (AAN, 15. September 2021). Ein Bericht der International Crisis Group erläuterte, dass die am 22. September vorgestellte Liste der zusätzlich ernannten Regierungsmitglieder die Heterogenität der Regierung nur geringfügig verbessert. Mit den Neuzugängen gehören der neuen 53-köpfigen Regierung nun vier Tadschiken, zwei Usbeken, ein Turkmene, ein Hazara, ein Nuristani und ein Khwaja an. Trotz des anhaltenden internationalen Drucks haben die Taliban keine Frauen und keine Personen aus dem früheren, vom Westen unterstützten politischen Establishment in ihr Kabinett berufen (ICG, 28. September 2021).

Interne Spannungen zwischen hochrangigen Taliban-Führern, namentlich zwischen Baradar und Khalil al-Rahman Haqqani, führten am 11. September 2021 zu Zusammenstößen zwischen den Leibwächtern der beiden. Inhalt der Streitigkeiten war die Struktur der Übergangsregierung, ausgelöst durch Meinungsverschiedenheiten zwischen moderaten und streng-konservativen Köpfen der Taliban-Führungsriege, so Insecurity Insight unter Berufung auf Medienberichte (Insecurity Insight, 12. Oktober 2021, S. 1).

Trotz vorhandener interner Spannungen sind die Taliban laut einem Bericht des UNO-Sicherheitsrats (UNSC) vom 26. Mai 2022 großteils geschlossen und geeint (UNSC, 26. Mai 2022, S. 6). Im Inneren sind sie laut UNSC vornehmlich entlang einer Linie zwischen Hardlinern und Moderaten geteilt. Zu den Moderaten zählen dabei langjährige Taliban-Mitglieder, die die Meinung vertreten, dass Beziehungen zu ausländischen Partnern bis zu einem Minimum gepflegt werden müssen und Afghanistan in das internationale System, insbesondere dem globalen Finanzsystem, integriert werden muss. Die Hardliner vertreten einen ideologischeren Ansatz und legen den Fokus weniger auf internationale Beziehungen. Zugeständnisse, die der Jihad-Ideologie der Taliban der letzten 20 Jahre entgegenstehen, werden von den Hardlinern als im Widerspruch zur Scharia stehend gewertet. In gewissem Maße weder dem einen noch dem anderen Lager zuzuordnen sind laut UNSC Siradschuddin Haqqani und das Haqqani-Netzwerk. Sie gelten zwar als mit den Hardlinern alliiert, nehmen jedoch eine pragmatische Sicht ein, um die Interessen der Taliban zu sichern, so der UNO-Sicherheitsrat (UNSC, 26. Mai 2022, S. 8).

Laut UNSC versuchten die Taliban, Militär- und höherrangige Sicherheitskräfte sowie Piloten der Vorgängerregierung zu rekrutieren, um Erfahrungswerte im Kampf gegen den ISKP zu erhöhen. Zudem wurden spezielle Kampfeinheiten für den Kampf gegen den ISKP gegründet (UNSC, 26. Mai 2022, S. 11).

UNHCR berichtete am 2. November 2021, dass die Taliban die USA und andere Länder dazu aufgerufen haben, ihre Regierung anzuerkennen. Bei einem regionalen Treffen zu Afghanistan am 27. Oktober 2021 in Teheran hoben die Außenminister von China, Pakistan, Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan, Russland und vom Iran in einer gemeinsamen Stellungnahme hervor, dass eine politische Struktur, die auf einer breiten Basis beruhe, die einzige Lösung für die Probleme in dem Land sei. Die Außenminister betonten die Bedeutung des Schutzes der Grundrechte aller Afghan·innen, während sie sich gleichzeitig für den Ansatz der Nicht-Einmischung aussprachen. Zwar erkannte bisher noch kein Land die Taliban-Regierung an, jedoch hatten hochrangige Politiker einiger Länder, darunter der Iran, sich mit der De-Facto-Regierung in Kabul außerhalb des Landes getroffen. UNHCR zufolge traten Diplomaten der Taliban-Regierung den Dienst in der afghanischen Vertretung in Pakistan an. Zudem plant die EU laut UNHCR, ihre diplomatische Vertretung in Afghanistan im nächsten Monat wiederzueröffnen (UNHCR, 2. November 2021, S. 1-2).

Mitte September 2022 berichtete der Generalsekretär der Vereinten Nationen von mehreren Taliban-internen Gefechten zwischen paschtunischen und nicht-paschtunischen Taliban-Mitgliedern, unter anderem in den Provinzen Badachschan, Bamiyan, Sare Pul und Tachar. Der bedeutendste interne Machtkampf fand zwischen Taliban-Sicherheitskräften und von Mawlawi Mehdli Mudschahid angeführten Hazara-Taliban-Kämpfern statt (UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 5). Dem United Nations Interregional Crime and Justice Research Institute (UNICRI) zufolge wird die Taliban-Regierung mit einer zunehmenden internen Spaltung konfrontiert und verliert zunehmend Anhänger. Weitere Herausforderungen stellen die Erschöpfung finanzieller Ressourcen, ein Anstieg organisierter Kriminalität, die Anwesenheit ausländischer Terrorgruppen, der Zusammenbruch der nationalen Legitimität und das Scheitern darin dar, internationale Anerkennung zu erlangen. UNICRI identifiziert auf dieser Grundlage fünf große Trends, die sich auf der Landkarte Afghanistans abzeichnen und potenziell regionale sowie globale Auswirkungen haben können: 1. Taliban-interne Spaltungen, 2. Das Vorhandensein regionaler und globaler Terrororganisationen, 3. Zunehmender Widerstand gegen die Taliban, 4. Florieren der Schattenwirtschaft und des Drogenhandels sowie 5. Umfangreiche Bevölkerungsbewegungen (UNICRI, 25. Oktober 2022, S. 4).

2.1 Afghanistan unter der neuerlichen Herrschaft der Taliban

In einem gemeinsamen Bericht vom September 2021 verwiesen Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International (AI), auf Verletzungen der Rechte von Frauen und Mädchen, Einschüchterungen von Menschenrechtsverteidiger·innen, die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung, Repressalien gegen ehemalige Regierungsmitarbeiter·innen sowie auf Schwierigkeiten, denen Geflüchtete und Menschen, die Afghanistan verlassen wollen, ausgesetzt sind (AI et al., September 2021, S. 1).

In einem Bericht der UNO-Generalversammlung wurde erwähnt, dass Taliban-Kämpfer nach der Eroberung Kabuls in der gesamten Hauptstadt Kontrollpunkte errichteten und ihre Patrouillen intensivierten. Bei Hausdurchsuchungen wurde Berichten zufolge zudem nach Regierungsmitarbeiter·innen, Waffen und Eigentum gesucht und diese teilweise beschlagnahmt. Aus einigen Berichten ging hervor, dass die Taliban auch Personen suchten, die „mit Ausländern zusammengearbeitet“ hatten, und diese mitunter auch misshandelten (UNGA, 2. September 2021, S. 5).

Human Rights Watch (HRW) berichtete Anfang August 2021, dass die Taliban, die in Ghazni, Kandahar und andere afghanische Provinzen vorrückten, inhaftierte Soldaten, Polizisten und Zivilist·innen mit angeblichen Verbindungen zur afghanischen Regierung summarisch hinrichteten (HRW, 3. August 2021). Auch die Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC) berichtete Ende Juli 2021von Hinweisen auf unter Verletzung des humanitären Völkerrechts verübten Vergeltungstötungen an Zivilist·innen und Plünderungen von Eigentum, darunter auch das Eigentum ehemaliger und amtierender Regierungsvertreter·innen (AIHRC, 31. Juli 2021).

Im November 2021 veröffentlichte Berichte von UNHCR und FIDH wiesen auf die schwierige Situation für Zivilist·innen seit der Machtübernahme der Taliban hin (UNHCR, 19. November 2021; FIDH, 23. November 2021), insbesondere auf die Lage von Frauen und Mädchen, Menschenrechtsverteidiger·innen, Journalist·innen (FIDH, 23. November 2021) sowie Personen, denen Verbindungen zur früheren afghanischen Regierung, internationalen Organisationen oder den internationalen Streitkräften zugeschrieben werden (UNHCR, 19. November 2021). Im März 2022 berichtete Amnesty International von einer Zunahme an willkürlichen Verhaftungen und Fällen von Verschwindenlassens und der zunehmenden Beschneidung der freien Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit (AI, 21. März 2022, S. 1). Der UNO-Menschenrechtsrat und UNAMA wiesen auf unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch die Taliban-Behörden bei Protesten, Durchsuchungsaktionen und an Kontrollpunkten hin, die teilweise zu Toten und Verletzten führten (HRC, 4. März 2022, S. 7; UNAMA, Juli 2022, S. 18). Nach einem tödlichen Vorfall, gab das Taliban-Innenministerium Ende Februar 2022 Berichten zufolge eine Anweisung heraus, die das Sicherheitspersonal aufforderte, an Kontrollpunkten nicht auf Zivilist·innen zu schießen, Verdächtige nicht zu belästigen, zu beleidigen oder zu schlagen sowie ohne richterlichen Beschluss keine Hausdurchsuchung durchzuführen (HRC, 4. März 2022, S. 7). UNAMA dokumentierte zwischen 15. August 2021 und 15. Juni 2022 mindestens 118 Fälle von übermäßiger Gewaltanwendung durch die de-facto-Behörden (UNAMA, Juli 2022, S. 18).

Mehrere Quellen berichteten, dass die Taliban friedliche Demonstrationen in verschiedenen Provinzen Afghanistans zunehmend gewaltsamen niederschlugen (UNGA, 2. September 2021, S. 2; AAN, 19. August 2021; AI, 8. September 2021; BAMF, 16. Mai 2022, S. 1), unter anderem durch den Einsatz von scharfer Munition, Schlagstöcken und Peitschen (OHCHR, 10. September 2021). Dabei wurden mehrere Menschen getötet und verletzt (OHCHR, 10. September 2021; UNGA, 2 .September 2021, S. 2; AAN, 19. August 2021; AI, 8. September 2021).

Laut einem Bericht von FIDH vom November 2021, ist die Rechtsordnung in Afghanistan seit der Machtübernahme durch die Taliban völlig zusammengebrochen, was zu einer Situation geführt hat, in der es keine Verantwortungspflicht für Fehlverhalten gibt. Die nationalen Gerichte funktionieren nicht mehr, während die Taliban-Gewohnheitsgerichte im ganzen Land ihre Arbeit fortsetzen. Die Polizei und andere Strafverfolgungsbehörden nehmen ihre Aufgaben nicht wahr. Richter und Staatsanwälte leben in Angst vor Racheakten ehemaliger Taliban-Gefangener. Es gibt, so FIDH, keine Anzeichen dafür, dass die Taliban vorhaben, den bestehenden Rechtsrahmen und die juristischen Prozesse zu respektieren (FIDH, 23. November 2021). Laut dem juristischen Online-Nachrichtenportal Jurist, gab das afghanische Justizministerium am 3. Jänner 2022 bekannt, dass unabhängige Anwälte ein neuerliches Zulassungsverfahrung durchlaufen müssen, das vom Ministerium festgelegt wird. Dies ist, der Quelle zufolge, ein Zeichen dafür, dass die Taliban-Regierung dem Berufsstand der Jurist·innen die Unabhängigkeit entziehen wolle (Jurist, 3. Jänner 2022). Einem Bericht der Vereinten Nationen vom 28. Jänner 2022 zufolge hat das Justizministerium UNAMA mitgeteilt, dass Anwälte, die eine Zulassung vom Ministerium bekommen, unabhängig und ungehindert ihrer Arbeit nachgehen können und auch Anwältinnen erlaubt wird, unter Berücksichtigung notwendiger Voraussetzungen, zu arbeiten (UNGA, 28. Jänner 2022, S. 8).

Laut einem Bericht der Associated Press (AP) vom 26. Dezember 2021 teilte Bilal Karimi, der stellvertretende Sprecher der Taliban-Regierung, mit, dass die unabhängige Wahlkommission des Landes und die Wahlbeschwerdekommission aufgelöst wurden. Karimi zufolge seien diese Institutionen für die gegenwärtige Situation in Afghanistan nicht notwendig. Bestehe in Zukunft eine Notwendigkeit für diese Einrichtungen, könne die Taliban-Regierung sie erneut einführen. Auch das Friedensministerium und das Ministerium für parlamentarische Angelegenheiten seien ihm zufolge aufgelöst worden, da sie für die gegenwärtige Regierungsstruktur nicht notwendig seien, so der AP-Bericht (AP, 26. Dezember 2021). Am 23. Mai 2022 berichtete das BAMF von der Auflösung von fünf Institutionen der vorangegangenen Republik, die von der Taliban-Regierung als „unnötig“ erachtet wurden. Darunter die Afghan Independent Human Rights Commission (AIHRC) (siehe auch OHCHR, 26. Mai 2022, S. 4), die Sekretariate des parlamentarischen Ober- und Unterhauses, den nationalen Sicherheitsrat, den hohen Rat für nationale Aussöhnung (High Council for National Reconciliation) sowie die unabhängige Kommission zur Überwachung und Umsetzung der Verfassung (BAMF, 23. Mai 2022, S. 1). Mit der Auflösung des AIHRC stünden Opfern von Menschenrechtsverletzungen und Missbrauch wenige Zufluchtsorte offen, so das OHCHR im Mai 2022 (OHCHR, 26. Mai 2022, S. 4).

Ende März 2022 berichtete HRW, dass die Taliban über Systeme mit sensiblen biometrischen Daten, die westliche Regierungen im August 2021 in Afghanistan zurückgelassen hatten, verfügen und sich dadurch Tausende Afghan·innen in Gefahr befinden. Seit der Machtübernahme durch die Taliban am 15. August sind viele Menschen, die sich selbst für gefährdet halten, untergetaucht und häufig umgezogen. Durch den Zugriff der Taliban auf diese Systeme wird es für diese Menschen möglicherweise sehr viel schwieriger oder gar unmöglich, sich zu verstecken. Die Taliban haben, so HRW, außerdem Maßnahmen ergriffen, um Menschen an der Flucht aus dem Land zu hindern. Bereits 2016 und 2017 hätten die Taliban Berichten zufolge biometrische Daten genutzt, um Menschen ins Visier zu nehmen (HRW, 30. März 2022). Unter Bezugnahme auf Berichte vom 15. Mai 2022, schrieb das BAMF, dass die Taliban ehemalige Soldaten in der Provinz Pandschschir mittels biometrischer Daten identifizierten und festnahmen (BAMF, 16. Mai 2022, S. 1).

Im Juli 2022 berichtete UNAMA, dass ihre Beobachtungen in den Monaten zwischen August 2021 und Juni 2022 auf spezifische Probleme in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen durch de-facto-Beamte der Generaldirektion des Geheimdienstes (GDI, auch Istikhbarat genannt) in einer Reihe von Provinzen hindeuten. Verhaftungen und Inhaftierungen durch die de-facto-GDI scheinen oft willkürlich zu sein. Nach Berichten, die UNAMA vorliegen, wurden die Betroffenen nicht über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert, und ihre Familienangehörigen wussten oft nicht, wo sie sich aufhielten, oder durften sie nicht besuchen. In einigen Fällen wurde die Inhaftierung mit der Position einer Person als Medienmitarbeiter oder zivilgesellschaftlicher Aktivist begründet. Die befragten Personen hatten keinen Zugang zu einem Verteidiger, und der Zugang zu einem Arzt wurde nur in den Fällen gewährt, in denen die Personen von den de-facto-Beamten der GDI gefoltert oder misshandelt worden waren. Die bisher dokumentierten Fälle zeigen eine Reihe von Formen der Folter und Misshandlung von Gefangenen durch die de-facto-GDI. Tritte, Schläge und Ohrfeigen, Schläge mit Kabeln und Rohren sowie der Einsatz von mobilen Elektroschockgeräten scheinen die häufigsten Methoden zu sein (UNAMA, Juli 2022, S. 18-19).

Im Juni und Juli 2022 berichteten UNAMA und AAN über das Taliban de-facto-Ministerium zur Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters (MPVPV). Wie schon bei ihrer ersten Machtübernahme in den Jahren 1996-2001 ist die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters eine der obersten Prioritäten der neuen Taliban-Regierung. Der Ansicht der Taliban nach ist dies eine der Voraussetzungen für ein islamisches Regierungssystem (AAN, 21. Juni 2022). Laut UNAMA scheint das derzeitige Mandat der de-facto-MPVPV und ihrer Abteilungen auf lokaler Ebene eine Mischung aus Politikgestaltung, Beratung, Überwachung, Beschwerdemanagement und Durchsetzungsbefugnis in einer Reihe von Fragen zu umfassen, die mit der Interpretation der de-facto-Behörden darüber zusammenhängen, was zur Gewährleistung der Verbreitung von Tugend und der Verhinderung von Lastern erforderlich sei. Während die Auslegung dieses weit gefassten Mandats auf lokaler Ebene von Provinz zu Provinz sehr unterschiedlich sein kann, hat UNAMA zwischen August 2021 und Juni 2022 eine zunehmende Aktivität dieser Einrichtung bei der Erteilung von Anweisungen zu Verboten, Verpflichtungen und „Ratschlägen“ zu einer scheinbar unbegrenzten Reihe von Themen beobachtet. Die meisten der von der de-facto-MPVPV erteilten Anweisungen beinhalten eine Beschneidung grundlegender Menschenrechte wie der Bewegungsfreiheit, der Meinungsfreiheit und des Rechts auf Privatsphäre. Darüber hinaus lässt die unklare rechtliche Natur solcher Anweisungen, die oft lediglich von einem Taliban-Sprecher in einem Medieninterview oder über Twitter verkündet werden, Platz für Interpretationen und Missbrauch (UNAMA, Juli 2022, S. 22-23).

Im November 2022 wurden öffentliche Auspeitschungen und Hinrichtungen in Afghanistan wieder aufgenommen. Zwischen 18. November und 16. Dezember wurden Berichten zufolge mehr als 100 Männer und Frauen in mehreren afghanischen Provinzen, darunter Tachar, Logar, Laghman, Parwan und Kabul, öffentlich ausgepeitscht. Die Auspeitschungen fanden in Stadien in Anwesenheit von Taliban-Funktionären und der Öffentlichkeit statt. Anfang Dezember 2022 fand die vermutlich erste öffentliche Hinrichtung seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 statt (OHCHR, 16. Dezember 2022).

2.2 Gefährdete Gruppen

Ausführliche Informationen über die Situation gefährdeter Gruppen nach der Machtübernahme durch die Taliban finden sich auch im Bericht zum COI-Webinar mit Katja Mielke und Emran Feroz. (ACCORD, März 2022)

Mitte August 2022 berichtete das Global Protection Cluster (GPC), dass das Klima in Afghanistan von Angst und Sorge um Sicherheit gekennzeichnet ist, besonders was Personen mit bestimmten Profilen betrifft. Diese Sorge spiegelt sich laut der Quelle in 11.281 Anfragen von Afghan·innen wider, die sich zwischen Jänner und März 2022 an den UNHCR wandten, in den meisten Fällen aufgrund der Sorge um die persönliche Gefährdung/allgemeine Sicherheitslage („safety/security“). Die Quelle erläuterte, dass weiterhin eine hohe Anzahl an Anfragen von ehemaligen Regierungsbeamten, sozialen Aktivist·innen und Journalist·innen mit der Bitte um Unterstützung bei der Außerlandesbringung wegen mutmaßlicher Drohungen und Angst aufgrund ihrer Profile einlangt (GPC, 14. August 2022, S. 3-4).

Der UNO-Sonderberichterstatter bringt in seinem Bericht vom 6. September 2022 zum Ausdruck, dass er ernsthafte Sorgen hinsichtlich der Lage von Minderheiten in Afghanistan seit August 2021 hat, deren Andachtsstätten sowie Gesundheits- und Bildungszentren systematisch angegriffen werden. Deren Mitglieder, so der Bericht, werden willkürlich verhaftet sowie gefoltert und sind Massenexekutionen, Zwangsumsiedelungen und Marginalisierung ausgesetzt und in manchen Fällen gezwungen, das Land zu verlassen (HRC, 6. September 2022, S. 10).

Frauen und Mädchen

Im Juli 2022 berichteten verschiedene Quellen, dass die Taliban die Rechte von Frauen nicht respektieren und diese in den letzten zehn Monate seit ihrer Machtübernahme im August 2021 erheblich beschnitten haben (OHCHR, 15. Juli 2022; SIGAR, 30. Juli 2022, S. 5; FIDH, 1. Juli 2022; AI, Juli 2022, S. 4).

Der UNO-Menschenrechtsrat wies im März 2022 darauf hin, dass Frauen seit dem 15. August 2021 aus dem politischen Leben und aus der Arbeitswelt im weiteren Sinne ausgeschlossen sind. Sie sind in der rein männlichen Regierung nicht vertreten und besetzen nur eine begrenzte Anzahl an Positionen im öffentlichen Dienst (HRC, 4. März 2022, S. 8-9). Am 18. September 2021 lösten die Taliban-Behörden das Ministerium für Frauenangelegenheiten auf, das 2001 eingerichtet worden war, um Geschlechtergleichstellung zu fördern. Die Räumlichkeiten des Ministeriums wurden vom Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters übernommen (HRC, 4. März 2022, S. 8-9; BBC, 17. September 2021). Während der ersten Taliban-Regierung von 1996 bis 2001 war dieses Ministerium zu einem berüchtigten Symbol für Misshandlung, insbesondere von Frauen und Mädchen, geworden (HRW, 29. Oktober 2021).

In einem Artikel berichtete Al Jazeera, dass die Taliban am 3. Dezember 2021 einen Erlass herausgebracht haben, der besagt, dass Frauen nicht als „Eigentum“ betrachtet werden dürfen und dass ihr Einverständnis für eine Eheschließung erforderlich ist. Ein Mindestalter, welches zuvor 16 Jahre betrug, wird im Erlass nicht genannt. Der Erlass lässt auch offen, ob Frauen mehr Rechte in den Bereichen Arbeit und Bildung zugestanden werden. Die Taliban äußerten dem Artikel zufolge zudem, dass Witwen 17 Wochen nach dem Tod des Ehemannes wieder heiraten und den Ehemann selbst wählen dürfen. Langjährige Stammestraditionen sahen es bisher vor, dass eine Witwe einen Bruder des verstorbenen Ehemannes oder einen seiner Verwandten heiratet. Aussagen der Taliban-Führung zufolge habe diese überdies afghanische Gerichte beauftragt, Frauen, insbesondere Witwen in Erbschaftsfragen, gerecht zu behandeln und die Regierung gebeten, Bewusstsein rund um Frauenrechte in der Bevölkerung zu schaffen (Al Jazeera, 3. Dezember 2021). Die Vereinten Nationen berichteten am 28. Jänner 2022, dass der Erlass, mit dem unter anderem das de-facto-Höchstgericht beauftragt wird, über Fälle zu entscheiden, die Frauen betreffen, von manchen begrüßt wurde. Andere kritisierten den Erlass, weil er nicht die volle Breite der Frauenrechte, inklusive dem Recht auf Arbeit sowie dem Recht auf Bildung für Mädchen nach dem 11. oder 12. Lebensjahr, behandelt (UNGA, 28. Jänner 2022, S. 2).

BBC berichtete am 27. Dezember 2021, dass das Ministerium für Tugend und Laster der Taliban-Regierung per Erlass festlegte, dass Frauen, die mehr als 72 Kilometer (45 Meilen) reisen, von einem nahestehenden, männlichen Familienmitglied begleitet werden müssen. Fahrzeugbesitzer werden zudem aufgefordert, Frauen, die keine islamische Kopf- oder Gesichtsbedeckung tragen, die Mitnahme zu verweigern, wobei der Erlass nicht festlegt, welche Bedeckung verwendet werden soll. Die meisten afghanischen Frauen tragen bereits ein Tuch um den Kopf. Der Erlass verbietet außerdem, Musik in Fahrzeugen zu spielen (BBC, 27. Dezember 2021).

Das OHCHR berichtete unter Bezugnahme auf Aussagen von UN-Menschenrechtsexpert·innen am 17. Jänner 2022, dass die Anführer der Taliban in Afghanistan systematische und großflächige geschlechtsbezogene Diskriminierung sowie Gewalt gegen Frauen und Mädchen institutionalisieren. Eine Reihe von restriktiven Maßnahmen, die seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan eingeführt wurden, insbesondere jene, die Mädchen und Frauen betreffen, veranlassten die Expert·innen zur wiederholten Äußerung dieser Sorge. Diese wiesen laut dem OHCHR weiters auf das erhöhte Risiko der Ausbeutung von Frauen und Mädchen hin, etwa durch Menschenhandel zum Zweck von Kinder- und Zwangsehen sowie sexuelle Ausbeutung und Zwangsarbeit. Zu den ausgrenzenden und diskriminierenden Maßnahmen zählen zum Beispiel das Verbot für Frauen, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, die Pflicht, sich nur in Begleitung eines männlichen Verwandten in der Öffentlichkeit aufzuhalten, das Verbot für Frauen, öffentliche Verkehrsmittel unbegleitet zu benutzen sowie eine strenge Kleiderordnung für Frauen und Mädchen (OHCHR, 17. Jänner 2022).

Laut dem UNO-Menschenrechtsrat wirkt sich die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Frauen auch negativ auf andere Aspekte ihres Lebens aus, wie den Zugang zu Gesundheitsdiensten und zur Beschäftigung. In einigen Provinzen wurde Berichten zufolge Frauen der Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt, weil sie nicht von einem Mahram begleitet wurden. Auch das Armutsrisiko für Haushalte, die von Frauen geführt werden, wird als erhöht eingeschätzt, da sie in ihrer Bewegungsfreiheit und Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind (HRC, 4. März 2022, S. 8-9).

Für Frauen, die geschlechterspezifische Gewalt erleben, wirken sich die veränderten Machtverhältnisse zudem negativ auf den Zugang zu Justiz, Schutz und Unterstützung aus. Die Schließung verschiedener Einrichtungen, die sich mit geschlechtsspezifischer Gewalt befassen, wie z. B. Frauenhäuser, hat eine große institutionelle Lücke für Unterstützung und Schutz gefährdeter Frauen und Mädchen verursacht (HRC, 4. März 2022, S. 8-9). Laut einem Bericht des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge „zeichnet sich eine Steigerung von Gewalt gegen Frauen bei gleichzeitiger Verschlechterung der Schutzsituation ab.“ (BAMF, 7. Februar 2022)

Die Maßnahmen betreffen zwar Frauen und Mädchen aller Lebensbereiche, doch die Expert·innen drückten besondere Sorge über die Lage von Menschenrechtsverteidigerinnen, zivilgesellschaftlichen Aktivistinnen und weiblichen Führungspersonen, Richterinnen und Staatsanwältinnen, weiblichen Mitgliedern der Sicherheitskräfte, ehemaligen Regierungsbeamtinnen und Journalistinnen aus. Diese Gruppen sind Belästigungen, Gewaltandrohungen und manchmal der Anwendung von Gewalt in besonderem Ausmaß ausgesetzt. Zudem wurde ihr Zugang zum öffentlichen Raum maßgeblich ausgehöhlt, so das OHCHR (OHCHR, 17. Jänner 2022).

Während Schulen der Sekundarstufe für Buben im Oktober wieder geöffnet wurden, blieben sie für die Mehrheit der Mädchen geschlossen. Viele Lehrerinnen wurden entlassen (IPS, 29. Oktober 2021; ICG, 28. September 2021). In den nördlichen Provinzen Afghanistans wurde es Mädchen der siebten bis zwölften Schulstufe wieder erlaubt, die Schule zu besuchen (UNHCR, 26. Oktober 2021, S. 1). Frauen blieben den Universitäten größtenteils fern und aufgrund neuer Beschränkungen ist unklar, wann und unter welchen Bedingungen sie wieder studieren können (IPS, 29. Oktober 2021). Obwohl die Taliban angekündigt hatten, mit 23. März 2022 die Bildungseinrichtungen wieder für alle Kinder und Jugendlichen zu öffnen, wurde die Entscheidung, Mädchen der 7. bis 12. Klasse die Rückkehr in die Schule zu erlauben, kurz vor den angekündigten Öffnungen revidiert (IPS, 28. März 2022). Laut einem Artikel der britischen BBC hatten lokale Taliban-Beamte – trotz einer fehlenden offiziellen Herangehensweise – bereits 2021 in einer Reihe von Provinzen Sekundarschulen für Mädchen wiedereröffnet. Der chaotische Charakter der Kehrtwende vom März 2022 deutet laut BBC darauf hin, dass die zentrale Führung der Taliban in letzter Minute beschlossen hatte, aus Angst ihre ultrakonservativen Mitglieder zu verärgern, ihr eigenes Bildungsministerium zu überstimmen (BBC, 23. März 2022). Die de-facto-Regierung verschob die Schulöffnung für Mädchen bis auf Weiteres, berichtete Pajhwok am 8. Mai 2022 (Pajhwok, 8. Mai 2022). Der UNO-Menschenrechtsrat berichtete an 6. September 2022, dass Mädchenschulen der Sekundarstufe in 24 der 34 Provinzen geschlossen sind. Dadurch bleibe 850.000 Mädchen der Schulbesuch verwehrt (HRC, 6. September 2022, S. 3-4).

Zwischen Jänner und Oktober 2022 wurde von Entführungen von und Drohungen sowie Gewaltanwendung gegen Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen (AI, 1. April 2022) oder die an Demonstrationen gegen die Taliban teilnahmen (UNHCR, 23. Jänner 2022, S. 2; ACLED, 13. Oktober 2022), berichtet.

Am 7. Mai 2022 verabschiedeten die Taliban ein Dekret, dass Frauen in öffentlichen Räumen zum Tragen einer Ganzkörperbedeckung (Burka) verpflichtet, so das BAMF. Bei Verstoß gegen das Dekret soll ein männlicher Vormund zur Verantwortung gezogen werden. Frauen, die sich am Arbeitsplatz nicht an das Dekret halten, werden entlassen. Im Ministerium für Tugend und Laster wurde zur Überwachung des Dekrets eine eigene Abteilung eingerichtet. Berichten zufolge wurde die Ausstellung von Führerscheinen für Frauen von den Taliban ausgesetzt (BAMF, 9. Mai 2022, S. 1). Am 19. Mai 2022 beschloss das Ministerium für Tugend und Laster, dass alle Fernsehmoderatorinnen das Gesicht bedecken, also eine Burka tragen, müssen, wenn sie auf Sendung sind (BAMF, 23. Mai 2022, S. 1).

Im Juli 2022 veröffentlichte Afghanistan-Experte Thomas Ruttig einen Blog-Eintrag, in dem er auf die erratische Frauenpolitik der Taliban Bezug nimmt. Als Beispiel erörtert er einen Fall, „über den der britische Guardian am 18. Juli berichtete. Demzufolge hatte die Personalabteilung des Taleban-Finanzministeriums weibliche Angestellte aufgefordert, nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen und stattdessen einen männlichen Familienangehörigen zu schicken, der ihre Arbeit übernehmen solle. […] Dieser Schritt wurde offenbar wieder zurückgenommen, und zwar nach Protesten betroffener Frauen. […] Selbst wenn die Taleban die Maßnahme wieder zurückgezogen haben, kann man sich nur an den Kopf greifen, wie jemand überhaupt auf eine solche Idee kommen kann. Immerhin handelte es sich – zumindest teilweise – um qualifiziertes Fachpersonal, darunter mindestens eine Abteilungsleiterin.“ (Ruttig, 20. Juli 2022)

Die Taliban-Regierung bekräftigte, dass Frauenrechte im Scharia-Recht geschützt sind, so der UNO-Menschenrechtsrat. Die bisher gesetzten Maßnahmen bieten jedoch Grund zur Sorge darüber, was das in der Praxis für Frauen und Mädchen bedeutet. Das Außerkraftsetzen der Verfassung von 2004 und die Prüfung aller Gesetze stellen den rechtlichen Status der Frau in Frage. Die Auflösung frauenspezifischer Gerichte und der Unwillen der Taliban-Regierung, Richterinnen zuzulassen, beeinflussen den Zugang von Frauen zur Justiz in negativer Weise. Der Sonderberichterstatter ist tief besorgt über verschiedene, sich in der Entwicklung befindliche, Richtlinien, die einen Einfluss auf die Rechte von Frauen und Mädchen haben, etwa der Zugang von Mädchen zu Bildungseinrichtungen der Sekundarstufe, verpflichtende Hidschab-Regelungen oder die Forderung an Frauen, das Haus nur zu verlassen, wenn notwendig. Als besonders besorgniserregend beschreibt der UNO-Menschenrechtsrat den Erlass, der vorsieht, dass männliche Familienmitglieder für das Verhalten von Frauen bestraft werden. Dies setze de-facto die Handlungsfähigkeit der Frauen außer Kraft und fördere häusliche Gewalt. Mit Ausnahme des Erlasses vom 28. Dezember 2021, der unter anderem die Zwangsehe verbietet und Erbrechte für Witwen vorsieht, verletzen die Richtlinien die Rechte von Frauen und Mädchen, so HRC (HRC, 6. September 2022, S. 4). In einem Online-Artikel vom 15. September 2022 berichtete der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig, dass eine neue Anordnung der Taliban vorsieht, dass Frauen öffentliche Gebäude nur mehr in Begleitung eines männlichen Angehörigen (mahram) betreten dürfen und es den Anschein habe, dass diese Anordnung landesweit umgesetzt werde (Ruttig, 15. September 2022).

Im Dezember 2022 wurde berichtet, dass die Taliban Frauen den Zugang zu den Universitäten in Afghanistan verwehrt haben. Der Taliban-Minister für Hochschulbildung kündigte den Schritt am 20. Dezember 2022 an und erklärte, er werde mit sofortiger Wirkung in Kraft treten. (BBC, 21. Dezember 2022)

Angehörige der Vorgängerregierung und der nationalen Sicherheitskräfte

Trotz der Ankündigung einer Generalamnestie für Mitarbeiter·innen und Unterstützer·innen der ehemaligen afghanischen Regierung, erhält UNAMA laut einer Stellungnahme vom 26. Jänner 2022 weiterhin glaubwürdige Meldungen über mutmaßliche Tötungen, Fälle des Verschwindenlassens und anderer Formen von Gewaltausübung gegenüber dieser Personengruppe. Diese Übergriffe wurden von der Justiz nicht untersucht (UNAMA, 26. Jänner 2022).

Zwischen 15. August 2021 und 15. Juni 2022 verzeichnete UNAMA 160 außergerichtliche Tötungen (darunter 10 Frauen), 178 willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, 23 Fälle von Isolationshaft und 56 Fälle von Folter und Misshandlung ehemaliger afghanischer Sicherheitskräfte (ANDSF) und Regierungsmitarbeiter·innen durch die de-facto-Behörden. Diese Vorfälle ereigneten sich in fast allen Teilen des Landes und betrafen eine Reihe von Personen mit unterschiedlicher Verbindung zur ehemaligen Regierung: von hochrangigen Beamten bis hin zu Fahrern, Bodyguards und Verwandten von ehemaligen Regierungs- und ANDSF-Mitgliedern (UNAMA, Juli 2022, S. 13-14).

Amnesty International berichtete am 5. Oktober, dass elf Angehörige der Afghan National Defence Security Forces (ANDSF) der ehemaligen Regierung im Dorf Kahor in der Provinz Daikondi am 30. August von den Taliban widerrechtlich getötet wurden. Neun der ANDSF-Mitglieder wurden Augenzeugen zufolge widerrechtlich exekutiert, nachdem sie kapituliert hatten. Ein Zivilist und ein Mädchen wurden beim Versuch zu fliehen getötet, als die Taliban das Feuer auf eine Menschenmenge eröffneten. Alle 13 Opfer waren Angehörige der Hazara-Ethnie (AI, 5. Oktober 2021).

Afghanische Militärpiloten, die nach der Machtübernahme der Taliban nach Tadschikistan geflohen sind, berichteten RFE/RL, dass die Taliban und mit ihnen in Verbindung stehende militante Gruppierungen sie unter Druck setzen nach Afghanistan zurückzukehren. Sie drohen damit, deren Verwandte in Afghanistan zu töten. Einem Piloten zufolge sind die Taliban im Besitz der Namen aller 143 afghanischen Piloten, die sich derzeit in Tadschikistan befinden. Taliban-Sprecher Zabiullah Mudschahid dementierte, dass die Taliban Angehörige von Piloten bedrohen (RFE/RL, 23. Oktober 2021).

HRW veröffentlichte im November 2021 einen Bericht, der die summarische Hinrichtung oder das gewaltsame Verschwindenlassens von 47 ehemaligen Angehörigen der Afghanischen Nationalen Sicherheitskräfte (ANSF) dokumentiert. Diese Personen umfassten Militärangehörige, Polizisten, Geheimdienstmitarbeiter und paramilitärische Milizen, die sich zwischen dem 15. August und dem 31. Oktober 2021 den Taliban ergeben hatten oder von ihnen aufgegriffen wurden. Der Bericht konzentriert sich auf die Provinzen Ghazni, Helmand, Kandahar und Kunduz. Die Fälle würden aber ein breiteres Muster von Misshandlungen widerspiegeln, die auch in Chost, Paktiya, Paktika und anderen Provinzen gemeldet wurden. Trotz der von den Taliban angekündigten Amnestie für ehemalige zivile und militärische Regierungsbeamt·innen und der Zusicherungen der Taliban-Führung, dass sie ihre Truppen für Verstöße gegen die Amnestie zur Rechenschaft ziehen würden, kam es zu summarischen Tötungen und gewaltsamem Verschwindenlassen. Bereits in den Wochen vor der Eroberung Kabuls wurden in den Großstädten und entlang der wichtigsten Verkehrsrouten Rachemorde, bei denen auch Regierungsbeamte ins Visier genommen wurden, verübt. Dies zeigte sich im Juli, als die Taliban ihre Operationen rund um die Stadt Kandahar ausweiteten und Mitglieder der Sicherheitskräfte, die sich ergeben hatten oder gefangen genommen worden waren, im Schnellverfahren hinrichteten. Ähnliche Muster sind in vielen anderen Provinzen zu beobachten, auch nach dem 15. August.
Die Taliban haben, so HRW im November 2021, durch ihre nachrichtendienstlichen Operationen und den Zugang zu Personalakten, die die frühere Regierung hinterlassen hat, neue Ziele für Verhaftungen und Hinrichtungen ausgemacht. Die Ermordung eines früheren Geheimdienstmitarbeiters, etwa 45 Tage nach der Übernahme der Macht durch die Taliban, lässt, laut HRW, vermuten, dass hochrangige Taliban-Beamte die Tötung angeordnet haben oder zumindest davon wussten.
Die Taliban-Führung wies Mitglieder der sich ergebenden ANSF-Einheiten an, sich zu melden, um ein Schutz-Schreiben zu erhalten. Im Rahmen dieses Amnestieprogramms wurden die registrierten Personen auf Verbindungen zu bestimmten Militär-, Polizei-, Miliz- und Spezialeinheiten oder zu Befehlshabern oder ehemaligen Provinzbehörden überprüft, und sie wurden aufgefordert, ihre Waffen abzugeben. Laut HRW nutzten die Taliban diese Überprüfungen jedoch, um Personen zu inhaftieren und innerhalb weniger Tage nach ihrer Registrierung summarisch hinzurichten oder gewaltsam verschwinden zu lassen (HRW, November 2021, S. 1-2).

Basierend auf Interviews mit einem afghanischen Rechtsprofessor sowie einem Journalisten in London und einem in Kabul berichtete das DIS im Dezember 2021, dass Afghan·innen, die mit der früheren Regierung in Verbindung standen, abhängig von ihrem Beruf und ihrer spezifischen Tätigkeiten von den Taliban unterschiedlich behandelt werden. So seien beispielsweise Beschäftigte des Gesundheitswesens weitgehend von den Taliban verschont geblieben (DIS, Dezember 2021, S. 24).

Am 31. Dezember 2021 berichtete die Khaama Press News Agency (KP), dass Ahmadullah Wasiq, ein Sprecher der Taliban-Regierung, verkündete, die Regierung werde Nachforschungen zu Fällen von Tötungen, Entführung oder Festnahmen ehemaliger Sicherheitskräfte durch Taliban-Mitglieder anstellen. Die Taliban-Regierung stehe laut Wasiq voll und ganz hinter der vom Obersten Führer Hebtullah Achundzada verkündeten Generalamnestie und erlaube niemanden, sie zu verletzen. Wasiq zufolge würden die Fälle in den sozialen Medien eine übertriebene Darstellung bieten und wo die Taliban Vergehen beobachten würden, würden sie den Fällen voll und ganz nachgehen. Einen Tag zuvor hatte Hebtullah Achundzada persönlich bei einem Treffen mit den Provinzbeamten Kandahars die Taliban-Verbündeten aufgefordert, die Generalamnestie zu respektieren und außergerichtliche Tötungen und Bestrafungen zu unterlassen. Diese Reaktionen der Taliban-Regierung stehen laut KP vor dem Hintergrund eines Videos, dass die Folterung eines ehemaligen afghanischen Kommandeurs zeigt und in den sozialen Medien für Aufmerksamkeit gesorgt hatte (KP, 31. Dezember 2021).

Schiitische Minderheit und Hazara

Dem UNO-Menschenrechtsrat zufolge gab es einen Anstieg bei Hassreden gegen Hazara, sowohl online als auch in manchen Moscheen im Zuge des Freitagsgebets, inklusive Aufforderungen Hazara zu töten (HRC, 6. September 2022, S. 10).

UNAMA berichtete im Juli 2022, dass zwischen August 2021 und Juni 2022 IED-Anschläge auf nicht-militärische Ziele wie Moscheen, öffentliche Parks, Schulen und öffentliche Verkehrsmittel am meisten zum Leid der Zivilbevölkerung beitrugen, wobei die meisten Vorfälle vom ISKP beansprucht oder ihm zugeschrieben wurden. In vielen Fällen waren ethnische und/oder religiöse Minderheiten - insbesondere Hazara-Schiiten, schiitische Muslime im Allgemeinen und Sufi-Muslime - das Ziel dieser Anschläge (UNAMA, Juli 2022, S. 10-11).

Die schiitische Hazara-Gemeinschaft im Westen der Stadt Kabul, insbesondere im Viertel Dasht-e Barchi, ist seit 2016 verstärkt das Ziel einiger der tödlichsten Anschläge in der Stadt, schildert ein AAN-Artikel vom 17. Jänner 2022. Hazara und Schiit·innen wurden aber auch in anderen Teilen Afghanistans angegriffen. Nach der Machtübernahme der Taliban im August setzten Angriffe auf das Viertel für eine kurze Zeit aus. Doch danach wurde es wieder Ziel einer neuen Serie von Attentaten und Bombenanschlägen, weshalb die Angehörigen der Hazara-Volksgruppe und schiitische Muslim·innen dort besonders gefährdet sind, Opfer einer anhaltenden Serie gezielter Tötungen zu werden (AAN, 17. Jänner 2022).

Amnesty International (AI) berichtete Mitte August 2021 von der brutalen Ermordung von neun Hazara im Distrikt Malistan Anfang Juli durch die Taliban, nachdem diese die Kontrolle über die Provinz Ghazni übernommen hatten (AI, 19. August 2021).

Hunderte Hazara-Familien wurden seit der Taliban-Machtübernahme aufgefordert, ihre Häuser und Ackerböden zu verlassen. Viele von ihnen leben nun in Zelten oder unter Bäumen. Die meisten Vertreibungen erfolgten in ländlichen Gebieten (ABC, 15. Oktober 2021). Nach erfolgten Zwangsdelogierungen in den Provinzen Daikondi, Uruzgan und Kandahar wurden Anfang Oktober laut HRW hunderte Familien in der südlichen Provinz Helmand und in der nördlichen Provinz Balkh vertrieben. Am stärksten betroffen sind 15 Dörfer in Daikondi und Uruzgan, wo im September mindestens 2.800 Hazara vertrieben wurden. In vielen Fällen wurden den Betroffenen nur einige Tage Zeit eingeräumt, um die Orte zu verlassen und es wurde ihnen nicht die Möglichkeit gegeben, bestehende rechtliche Ansprüche geltend zu machen. Die Delogierungen erfolgten unter Androhung von Konsequenzen und ohne rechtliche Grundlage (HRW, 22 Oktober 2021).

Das DIS führte im Dezember 2021 unter Bezugnahme auf zwei Expertengespräche an, dass die Hazara in Afghanistan seit der Machtübernahme durch die Taliban beim Zugang zum Rechtssystem und bei den Ressourcen diskriminiert werden (DIS, Dezember 2021, S. 28).

In einem Bericht vom November 2021 wies Amnesty International darauf hin, dass schon mit dem Abzug der ersten amerikanischen Soldat·innen Anfang Mai 2021 die Angst, in Zukunft noch ungeschützter dem Terror ausgeliefert zu sein, unter den Hazara wuchs. Durch den Rückzug der US- und NATO-Truppen würden Terroristen des ISKP Raum und Möglichkeiten zur Entfaltung erhalten, so die Befürchtung (AI, 15. November 2021).

Andere religiöse Minderheiten

USDOS berichtete im Juni 2022 von der Festnahme von 22 Anhänger·innen der islamischen Ahmadiyya-Strömung im Jahr 2021, darunter Minderjährige. Laut internationalen Ahmadiyya-Organisationen hätten Taliban-Mitglieder manche der Festgenommenen körperlich misshandelt und gezwungen, eine ISKP-Anhängerschaft zu gestehen. Mit Jahresende 2021 wurden 10 entlassen, während 18 weiterhin in Haft waren (USDOS, 2. Juni 2022).

Laut einem Bericht der US- Commission on International Religious Freedom (USCIRF) sind Afghan·innen, die nicht der strikten Interpretation des sunnitischen Islam der Taliban folgen oder anderen Glaubensgruppen angehören oder Atheist·innen sind, großer Gefahr ausgesetzt. Viele Gruppen, wie Konvertit·innen zum Christentum, Baha’i oder Ahmadiyya-Muslime üben laut USCIRF aus Furcht vor den Taliban und vor dem ISKP ihren Glauben im Geheimen aus (USCIRF, April 2022, S. 1).

Journalisten und Medienbedienstete

Human Rights Watch erklärte im März 2022, dass die Taliban-Behörden weitreichende Zensur und Gewalt gegen die afghanischen Medien in den Distrikt- und Provinzzentren anwenden und damit die kritische Berichterstattung in Afghanistan drastisch einschränken. Die Situation für Journalist·innen außerhalb Kabuls scheint wesentlich schlechter zu sein als innerhalb der Hauptstadt, insbesondere für Frauen. Journalist·innen in den Provinzen haben berichtet, dass Taliban-Mitglieder sie und ihre Kollleg·innen bedrohen, festhalten und verprügeln würden. Viele Journalist·innen sahen sich gezwungen, sich selbst zu zensieren und nur über Aussendungen der Taliban und offizielle Ereignisse zu berichten. Journalistinnen waren am stärksten von Repressionen betroffen. Journalist·innen in ganz Afghanistan haben erklärt, dass die Taliban ihre Arbeit stark einschränken und damit gegen das afghanische Mediengesetz und die internationalen Menschenrechtsstandards zur Meinungs- und Medienfreiheit verstoßen. Schätzungsweise 80 Prozent der Journalist·innen in ganz Afghanistan haben seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 ihren Arbeitsplatz verloren oder ihren Beruf aufgegeben, und Hunderte von Medienunternehmen wurden geschlossen (HRW, 7. März 2022).

Amnesty International (AI) berichtete Anfang September 2021, dass Journalist·innen und Kameraleute der afghanischen Medien Ariana, Tolo und Etilaat-e-Roz nach eigenen Angaben von Taliban-Kämpfern verprügelt und festgenommen wurden, als sie versuchten, über Proteste zu berichten. Ihre Ausrüstung wurde beschlagnahmt und Filmmaterial zerstört (AI, 8. September 2021). Auch Reporter ohne Grenzen (RSF) erwähnte, dass afghanische Journalist·innen von den Taliban schikaniert, verhaftet und mit Kabeln geschlagen wurden. Einige Reporter·innen wurden misshandelt bis hin zu Folter. Sowohl in Kabul als auch in den Provinzhauptstädten kam es Anfang September vermehrt zu Zwischenfällen mit Medienvertreter·innen (RSF, 10. September 2021). Am 19. September 2021 verkündeten die Taliban “11 Journalismus-Regeln”, die afghanische Journalist·innen strikt befolgen müssen und die Zensur und Repressalien Tür und Tor öffnen könnten (RSF, 22. September 2021).

ACLED verzeichnete mehr als ein Dutzend Vorfälle, bei denen Taliban-Mitglieder seit Mitte August Journalisten angegriffen und Radiosender geschlossen haben (ACLED, 2. Dezember 2021).

HRW berichtete im November 2021, dass Beamte des Taliban-Geheimdienstes Todesdrohungen gegen Journalisten·innen, die Taliban-Beamte kritisieren, aussprechen und von Journalist·innen verlangen, dass sie alle Berichte vor der Veröffentlichung zur Genehmigung vorlegen. Neue Richtlinien des Ministeriums für Sitte und Tugend schreiben die Kleidung von Journalistinnen im Fernsehen vor und verbieten Unterhaltungsprogramme mit weiblichen Darstellern. Laut HRW spiegeln die neuen Medienvorschriften der Taliban und die Drohungen gegen Journalist·innen die allgemeinen Bemühungen wider, jegliche Kritik an der Taliban-Herrschaft zum Schweigen zu bringen. Das Verschwinden jeglichen Raums für abweichende Meinungen und die Verschärfung der Beschränkungen für Frauen in den Medien und in der Kunst seien verheerend, so HRW. Mehrere Journalist·innen berichteten, dass sie unmittelbar nach der Veröffentlichung von Berichten über Misshandlungen durch die Taliban von lokalen Beamten vorgeladen worden seien.
Medienmitarbeiter·innen berichteten, dass schwer bewaffnete Beamte des Taliban-Geheimdienstes ihre Büros aufsuchten und die Journalist·innen warnten, in ihrer Berichterstattung nicht das Wort „Taliban“ zu verwenden, sondern in allen Veröffentlichungen auf das „Islamische Emirat“ zu verweisen. In einer Provinz wiesen Beamte des Geheimdienstes lokale Medien an, das Wort „Selbstmordattentäter“ durch das Wort „Märtyrer“ zu ersetzen, nachdem in einem veröffentlichten Bericht erwähnt worden war, dass ·Innenminister Siradschuddin Haqqani die Familien von Selbstmordattentätern geehrt hatte (HRW, 22. November 2021).

In einer Veröffentlichung vom 11. Jänner 2022 forderte das Committee to Protect Journalists (CPJ) von der Taliban-Regierung, die Journalist·innen Faisal Modaris, Idris Rahimi und Milad Azizi unverzüglich und bedingungslos freizulassen und aufzuhören, Journalist·innen aufgrund ihrer Tätigkeit zu verhaften. Die drei Journalisten, die für den Youtube-Kanal Kabul Lovers tätig sind, wurden am 6. Jänner 2022 gemeinsam mit Azizis Bruder Rashid Azizi von bewaffneten Taliban-Mitgliedern in einem Kabuler Restaurant festgenommen, so CPJ unter Berufung auf Aussagen von Personen vor Ort sowie Twitter-Postings (CPJ, 11. Jänner 2022).

Laut einem Bericht der BBC vom 21. November 2021 enthalten die jüngsten Richtlinien der Taliban, die an afghanische Fernsehsender ausgegeben wurden, acht neue Regeln: darunter das Verbot von Filmen, die gegen die Prinzipien der Scharia und die afghanischen Werte verstoßen. Verboten sind auch Comedy- und Unterhaltungsshows, die die Religion beleidigen oder von den Afghan·innen als anstößig empfunden werden könnten. Die Taliban legten außerdem fest, dass ausländische Filme, die fremde kulturelle Werte fördern, nicht ausgestrahlt werden dürfen. Ein Mitglied einer Organisation, die Journalist·innen in Afghanistan vertritt, führte an, dass die Ankündigung neuer Beschränkungen unerwartet kam und einige der Regeln nicht praktikabel seien. Sollten die Regeln umgesetzt werden, könnten seiner Einschätzung nach Sender gezwungen sein zu schließen (BBC, 21. November 2021).

Personengruppe der LGBTIQ

In einem Artikel vom 2. November 2021 berichtete France 24 von einem Telefoninterview mit Kimahli Powell, dem Leiter von Rainbow Railroad, der einzigen LGBTIQ-Organisation vor Ort in Afghanistan, zur Situation von LGBTIQ in Afghanistan. Powell zufolge habe die Organisation Berichte darüber erhalten, dass Namen von Personen die Runde machen würden, die verdächtigt werden, der LGBTIQ-Personengruppe anzugehören. In manchen Fällen könne es sogar lebensgefährlich sein, auf einer solchen ad-hoc-Liste zu landen. Die Organisation wisse mit Sicherheit, dass die Taliban „Tötungslisten“ im Umlauf habe, auf denen LGBTIQ-Personen stehen würden, so Powell laut France 24. Diese Listen seien höchstwahrscheinlich in der Zeit des Machtvakuums nach dem Abzug der US-Truppen entstanden, indem genauestens darauf geachtet worden sei, wer auf den Evakuierungslisten ausländischer Menschenrechtsgruppen gestanden habe. Durch das Stellen von Fallen und durch Datenlecks scheinen die Taliban diese Listen aktiv ergänzt zu haben, äußerte Powell gegenüber France 24. Es hätten sich Personen an Rainbow Railroad gewandt, die dubiose E-Mails erhalten hätten. Die Absender hätten behauptet, in Verbindung mit Rainbow Railroad zu stehen und um Daten sowie den Reisepass der Empfänger·innen gebeten. Dadurch wisse die Organisation, dass Informationen durchgesickert sind (France 24, 2. November 2021).

Am 26. Jänner 2022 berichtete HRW in einer Pressemitteilung über die Veröffentlichung eines 43-seitigen HRW-Berichtes zur Lage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen in Afghanistan, der auf 60 Interviews mit LGBTIQ-Afghan·innen basiert. LGBTIQ-Personen in Afghanistan finden sich in einer zunehmend verzweifelten Lage wieder und sehen sich unter der Taliban-Regierung massiven Bedrohungen ihrer Sicherheit und ihres Lebens gegenüberstehen, so die Pressemitteilung.

Viele der Interviewten berichteten, dass die Taliban sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität angegriffen oder bedroht haben. Andere berichteten von Missbrauch durch Familienmitglieder, Nachbar·innen und Lebensgefährt·innen, die nunmehr die Taliban unterstützen und der Meinung sind, sich gegen LGBTIQ-Personen wenden zu müssen, um ihre eigene Sicherheit zu garantieren. Manche der Interviewten flohen aufgrund von Angriffen der Taliban oder der Verfolgung durch deren Anhänger von zuhause oder sahen das Leben, das sie sich über die Jahre aufgebaut hatten, über Nacht zusammenbrechen.

Afghanistan war bereits vor der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 ein gefährlicher Ort für LGBTIQ-Personen. 2018 verabschiedete die ehemalige Regierung ein Gesetz, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen explizit kriminalisiert. Die Interviewten hatten bereits vor der Machtübernahme durch die Taliban Misshandlung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität erlebt. Doch mit der Machtübernahme verschlechterte sich die Lage bedeutend, so HRW. Die Taliban bekräftigten die Gesetzgebung der Vorgängerregierung und manche der Anführer schworen, bei den Rechten von LGBTIQ-Personen eine harte Linie zu verfolgen (HRW, 26. Jänner 2022)

Die afghanische Online-Nachrichtenagentur Khaama Press berichtete im Juli 2022, dass die Taliban die Arbeit der australischen Journalistin und Schriftstellerin Lynne O'Donnell, die für das Magazin Foreign Policy tätig ist, missbilligten, da diese zu LGBTQ-Personen berichtete und es laut Taliban „keine Homosexuellen" im Land gebe (KP, 21. Juli 2022).

3. Weitere Akteure

In einem im September 2021 veröffentlichten Bericht wies die dänische Einwanderungsbehörde (DIS) darauf hin, dass die Taliban trotz der rasanten Entwicklungen und ihrer Kontrolle über fast ganz Afghanistan nicht der einzige Akteur im Land sind (DIS, September 2021, S. 12).

3.1 Mit den Taliban in Verbindung stehende Gruppen

3.1.1 Haqqani Network

Ausführliche Informationen zu den verschiedenen Fraktionen innerhalb der Taliban finden Sie auch im Bericht zum COI-Webinar mit Katja Mielke und Emran Feroz (ACCORD, März 2022).

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) hielt in einem Bericht vom Dezember 2021 fest, dass das Haqqani-Netzwerk (HQN) in den späten 1980er Jahren, ungefähr zu der Zeit des Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan, entstanden ist. Der Begründer des HQN, Dschalauddin Haqqani, baute Mitte der 1980er Jahre Beziehungen zu Osama Bin Laden auf und schloss sich 1995 den Taliban an. Nach dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 zog Haqqani sich nach Pakistan zurück, von wo aus das HQN unter der Führung seines Sohnes Siradschuddin weiterhin Terroraktivitäten in Afghanistan plante und ausführte. 2015 wurde Siradschuddin Haqqani zum stellvertretenden Leiter der Taliban ernannt (USDOS, 16. Dezember 2021).

Das Haqqani-Netzwerk wurde von US-Behörden oftmals als ein „entscheidender Wegbereiter“ für al-Qaida bezeichnet, so das CRS. Das Netzwerk verfügte während seiner Hochzeit im Zeitraum von 2004 bis 2010 über rund 3.000 Kämpfer und Unterstützer, allerdings wird gegenwärtig von einer weitaus geringeren Zahl ausgegangen. Trotzdem ist das Netzwerk immer noch in der Lage, Operationen durchzuführen, darunter größere Bombenanschläge in Kabul und anderen Teilen Afghanistans. Die Gruppe scheint sich nun verstärkt auf Entführungen zu konzentrieren, die das Ziel haben mögen, finanzielle Mittel zu lukrieren und die Bedeutung dieser Gruppierung in der Öffentlichkeit zu propagieren (CRS, 19. Mai 2017, S. 20).

USDOS hielt im oben genannten Bericht fest, dass angenommen wird, dass das HQN etwa 3.000 bis 5.000 Kämpfer umfasst und in Afghanistan und Pakistan tätig ist.

Das HQN bezieht einen Großteil seiner Mittel aus der Besteuerung des lokalen Handels, Erpressung, Schmuggel und anderen legalen und illegalen Geschäften. Zusätzlich zu den Mitteln, die das HQN als Teil der afghanischen Taliban erhält, erhält es auch Mittel von Geldgebern aus Pakistan und den Golfstaaten (USDOS, 16. Dezember 2021).

Wie BBC im September 2021 berichtete, wurde Siradschuddin Haqqani nach dem Tod seines Vaters Dschalaluddin Haqqani zum neuen Anführer des Haqqani-Netzwerks, das für einige der gewalttätigsten Anschläge verantwortlich gemacht wird, die in den letzten Jahren in Afghanistan gegen die afghanischen Streitkräfte und ihre westlichen Verbündeten verübt wurden. Das Haqqani-Netzwerk ist derzeit eine der mächtigsten und gefürchtetsten militanten Gruppen in der Region. Manche sagen, es sei sogar einflussreicher als der ISKP (BBC, 8. September 2021b).

Auf der Grundlage eines Skype-Interviews mit einer gut informierten Journalistin mit umfassenden und aktuellen Kenntnissen über die Lage in Afghanistan stellt die dänische Einwanderungsbehörde (DIS) fest, dass das Haqqani-Netzwerk den am stärksten anti-westlich eingestellten Teil der Taliban darstellt und wahrscheinlich die Politik der Taliban in Zukunft bestimmen wird. Das Haqqani-Netzwerk soll zudem sehr enge Beziehungen zu al-Qaida unterhalten und auch in gewisser Weise mit dem ISKP in Verbindung stehen. Es wird berichtet, dass zwischen den (ehemaligen) afghanischen Sicherheitsdiensten und den westlichen Geheimdiensten Einigkeit darüber besteht, dass das Haqqani-Netzwerk in die Durchführung der sehr blutigen Terroranschläge des ISKP in Kabul, denen hauptsächlich Hazara zum Opfer fielen, involviert war (DIS, September 2021, S. 38).

Laut einem Bericht des UNSC vom 26 Mai 2022 besetzt das Haqqani-Netzwerk wichtige Posten in der de-facto Taliban-Regierung, etwa das Innenministerium oder das Ministerium für Flüchtlingsangelegenheiten. Es kontrolliert wichtige Bereiche wie Inneres, den Geheimdienst, Pässe und Migration. Das HQN ist laut UNSC das Lager, das militärisch am besten ausgestattet ist, und es kontrolliert eine Reihe bewaffneter Truppen, etwa die Eliteeinheit Badr 313. Das HQN kontrolliert mittlerweile großteils die Sicherheit in Afghanistan, einschließlich in der Hauptstadt Kabul (UNSC, 26. Mai 2022, S. 9). Zudem pflegt das Netzwerk engste Kontakte zu al-Qaida. Zum ISKP sind laut UNSC lediglich Verbindungen auf lokaler Ebene zu einfachen Mitgliedern denkbar. Unter Bezugnahme auf einen Mitgliedsstaat berichtete der UNO-Sicherheitsrat, dass das HQN Anknüpfungspunkte zur TTP hat und Siradschuddin Haqqani von der de-facto-Regierung für Vermittlungsgespräche zwischen der TTP und Pakistan vorrangig eingesetzt wurde (UNSC, 26. Mai 2022, S. 10-11).

3.1.2 al-Qaida

Bezüglich der Präsenz von al-Qaida in Afghanistan schrieb das CRS 2017, dass US-Behörden bis ins Jahr 2015 der Ansicht waren, dass die Gruppe nur über eine minimale Präsenz im Land verfüge (weniger als 100 Mitglieder) und vorwiegend im Nordosten des Landes vor allem als Unterstützer anderer aufständischer Gruppen aktiv sei. Ende 2015 haben US-Spezialeinheiten und Einheiten der afghanischen Streit- und Sicherheitskräfte jedoch ein großes Trainingslager der al-Qaida in der Provinz Kandahar ausgehoben und zerstört. Dies weist darauf hin, dass al-Qaida zuvor ihre Präsenz im Land ausgeweitet hatte. So korrigierten Kommandeure der US-Streitkräfte im April 2016 ihre Schätzungen zur Zahl der al-Qaida-Kämpfer in Afghanistan auf 100-300 Mann und sprachen von zunehmend engeren Beziehungen zwischen al-Qaida und den Taliban. Afghanische Behörden gehen indes von 300 bis 500 al-Qaida-Kämpfern im Land aus (CRS, 19. Mai 2017, S. 17).

Dem CRS zu Folge wird al-Qaida immer noch eine Präsenz in Afghanistan zugeschrieben, und ihre jahrzehntelangen Verbindungen zu den Taliban scheinen in den letzten Jahren stark geblieben zu sein. Im Mai 2021 berichteten die UN-Beobachter, dass al-Qaida die Kommunikation mit der Taliban-Führung minimiert hat, um die diplomatische Position der Taliban nicht zu gefährden. Im Oktober 2020 töteten afghanische Streitkräfte einen hochrangigen al-Qaida-Funktionär, der Berichten zufolge mit Taliban-Kräften zusammenarbeitete, was Fragen zu den Verbindungen zwischen al-Qaida und den Taliban und zu den Absichten der Taliban in Bezug auf al-Qaida weiter unterstreicht. Im Allgemeinen deuten Einschätzungen der US-Regierung darauf hin, dass die Taliban ihren Verpflichtungen zur Terrorismusbekämpfung in Bezug auf al-Qaida nicht nachkommen. Laut Berichten des US-Verteidigungsministeriums unterhalten die Taliban Verbindungen zu al-Qaida und haben al-Qaida-Mitglieder in ihre Streitkräfte und Kommandostruktur integriert (CRS, 11. Juni 2021, S. 1-2).

Laut dem zuständigen Beobachtungsteams des UNO-Sicherheitsrates, ist al-Qaida in mindestens 15 afghanischen Provinzen präsent, hauptsächlich in den östlichen, südlichen und südöstlichen Regionen. Al-Qaida operiert in dieser Region unter dem Schutz der Taliban von den Provinzen Kandahar, Helmand und Nimrus aus (UN-Sicherheitsrat, 21. Juli 2021, S. 14).

BBC berichtete Anfang September 2021, dass al-Qaida mit den Taliban durch einen Treueschwur („bay'ah“) verbunden ist, der erstmals in den 1990er Jahren von Osama Bin Laden seinem Taliban-Kollegen Mullah Omar angeboten wurde. Dieser Schwur wurde seither mehrmals erneuert, obwohl dies von den Taliban nicht immer öffentlich bestätigt wurde. Im Rahmen des Friedensabkommens mit den USA im Jahr 2020 verpflichteten sich die Taliban, weder al-Qaida noch anderen extremistischen Gruppen zu gestatten, in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu operieren. Sie bekräftigten dieses Versprechen wenige Tage nach der Übernahme von Kabul am 15. August. Allerdings scheinen sie al-Qaida nicht öffentlich abzulehnen. Al-Qaida unterhält zudem Berichten zufolge enge Verbindungen zum Haqqani-Netzwerk, das Teil der Taliban ist (BBC, 7. September 2021).

Laut DIS schätzt die Journalistin und Afghanistan-Expertin Sune Engel Rasmussen, dass al-Qaida in Zukunft noch stärker in Afghanistan Fuß fassen wird, entweder direkt durch die Taliban oder aufgrund der entstehenden Gesetzlosigkeit in entlegenen Teilen des Landes. Es ist bereits bekannt, dass al-Qaida in Afghanistan unter dem Schutz der Taliban steht, was sich künftig auf die Situation der Hazara auswirken könnte (DIS, September 2021, S. 38). Dem US-Unterstaatssekretär für Verteidigungspolitik (Under-Secretary of Defence for Policy) Colin Kahl zufolge stellt al-Qaida in Afghanistan vermutlich ein komplexeres Problem dar als der ISKP. Seiner Einschätzung zufolge könnte al-Qaida bereits in ein oder zwei Jahren wieder genug Kapazitäten aufgestellt haben, um Angriffe außerhalb von Afghanistan durchzuführen (UNHCR, 2. November 2021, S. 1).

In einem Artikel vom 20. September 2021 schrieb der Politikwissenschaftler Antonio Giustozzi, dass die Zusammensetzung der ersten Taliban-Regierung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass Afghanistan erneut eine Basis für die Al-Qaida werden könnte, Fragen aufwirft. Die Taliban verhandelten nach der Unterzeichnung des Doha-Deals neue Vereinbarungen mit dschihadistischen Gruppierungen aus. Taliban-Quellen zufolge haben die drei dschihadistischen Gruppierungen Lashkar-e Taiba, Lashkar-e Jhangvi und die Islamische Bewegung Usbekistans der Unterzeichnung solcher Vereinbarungen zugestimmt, die sie einer umfassenderen Kontrolle durch die Taliban unterstellen, ihre Bewegungsfreiheiten einschränken und ihnen verbieten Handlungen gegen andere Länder zu setzen. Andere Gruppen, die zahlenmäßig überwiegen, verweigerten die Unterzeichnung oder versuchten durch langwierige Verhandlungen Zeit zu gewinnen. Zu Letzteren zählen insbesondere Al-Qaida und Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP).

Die „pro-dschihadistische Lobby“ hat laut Giustozzi dennoch gute Chancen sich in Kabul zu etablieren. Das HQN ist in der Regierung mit vier Ministerposten, darunter dem des Innenministers, stark vertreten und hat aufgrund seiner Kontrolle über Kabul augenscheinlich Einfluss auf die Regierungsaktivitäten. Al-Qaida wird, der Einschätzung des Wissenschaftlers zufolge, sein Schicksal nicht vom ungewissen Ausgang der Machtkämpfe in Kabul abhängig machen und traf bereits Vorbereitungen, für den Fall, dass sie ihre Verbündeten innerhalb der Taliban verlieren. Al-Qaida hat TTP im zweiten Halbjahr 2021 dazu ermutigt, unter dem Schutz des HQN in die Region Loya Paktia umzuziehen. Örtlichen Quellen zufolge ziehen nun auch alte Al-Qaida-Mitglieder von Wasiristan in die afghanische Provinz Paktia um - ein weiteres Anzeichen dafür, dass Al-Qaida das Gebiet zu seinem neuen Rückzugsgebiet machen will (Giustozzi, 20. September 2021).

Die Taliban und al-Qaida pflegen, einem UNSC-Bericht vom 26. Mai 2022 zufolge, weiterhin enge Beziehungen. Mitgliedsländer des Sicherheitsrats schätzen, dass al-Qaida unter den Taliban ein sicherer Hafen gewährt wird und ein größerer Handlungsspielraum freisteht. Der al-Qaida-Anführer Ayman al-Zawahiri, der mit Stand Februar 2022 erwiesenermaßen am Leben ist, und die um ihn versammelte al-Qaida-Führungsriege halte sich Berichten zufolge in Afghanistan, insbesondere im Osten des Landes zwischen den Provinzen Zabul und Kunar sowie entlang der pakistanischen Grenze, auf, so der UNSC-Bericht (UNSC, 26. Mai 2022, S. 3, 12-13).

Am 31. Juli 2022 wurde der Anführer von al-Qaida, Ayman al-Zawahiri, bei einem Drohnenangriff im Zuge einer Anti-Terror-Operation der CIA in der afghanischen Hauptstadt Kabul getötet. Laut US-Angaben habe Zawahiri, der 2011 nach dem Tod Osama Bin Ladens al-Qaeda übernommen hatte, von seinem Versteck aus die Zweigstellen von al-Qaida in der ganzen Welt koordiniert. Offiziellen Angaben zufolge befand sich Zawahiri auf dem Balkon seines Verstecks („safe house“), als er von der Drohne getötete wurde (BBC, 3. August 2022). Michael Kugelman, der stellvertretender Direktor und Senior Associate am Woodrow Wilson International Center for Scholars, führt eAnfang August 2022 in einem von Al Jazeera veröffentlicht Kommentar an, dass der Drohnenangriff, bei dem Al-Qaida-Führer Ayman al-Zawahiri getötet wurde, die Taliban in eine interne Krise gestürzt habe. Die Taliban seien durch die unilaterale US-Militäraktion gedemütigt, und ihre unermüdliche Behauptungen, sie hätten „Terroristen“ keinen Raum gegeben, als Lügen entlarvt worden (Al Jazeera, 5. August 2022).

Die schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) berichtete am 2. November 2022, dass Berichten zufolge das Haus, in dem al-Zawahiri getötet wurde, „einem hochrangigen Berater von Sirajuddin Haqqani, dem Innenminister der Taliban“ gehört. „Die Al-Kaida-Mitglieder sollen sich gemäss Berichten weiterhin im Süden und Osten Afghanistans aufhalten, wo die Gruppe seit jeher präsent ist. Möglicherweise haben sich einige Kernmitglieder nach Westen in die Provinzen Farah und Herat verlagert. Gemäss Experten hat sich al Kaida von einer zentral gesteuerten Terrororganisation zu einem Splitternetzwerk mit verschiedenen autonomen Ablegern entwickelt und befindet sich weiterhin in einem Umbruchprozess.“ (SFH, 2. November 2022, S. 18)

3.2 Islamischer Staat in der Provinz Khorasan (ISKP)

Das Congressional Research Service (CRS) des US-amerikanischen Kongresses hält in einem Bericht vom Mai 2017 fest, dass ein Ableger der Gruppe Islamischer Staat seit Mitte 2014 in Afghanistan aktiv ist. Der Ableger heißt Islamischer Staat in der Provinz Khorasan (ISKP), wird häufig aber auch Islamischer Staat von Irak und der Levante-Khorasan, ISIL-K, bezeichnet (CRS, 19. Mai 2017, S. 20).

Der IS hat seine Operationen in Afghanistan am 10. Jänner 2015 offiziell aufgenommen, als pakistanische und afghanische Kämpfer dem IS die Treue geschworen haben. Seither hat sich der ISKP als einer der brutalsten Arme der Gruppierung erwiesen, der ungeschützte Ziele angreift, auf die schiitische Bevölkerung abzielt, Sufis tötet und Schreine zerstört sowie eigene Dissidenten enthauptet, deren Kinder entführt und deren Witwen heiratet, schreibt die Jamestown Foundation (JF) (JF, 6. April 2018).

Der ISKP hat seine Basis in der Provinz Nangarhar errichtet, einem strategischen Standort an der Grenze zu Pakistan. Die Rekrutierung erfolge auf beiden Seiten der durchgängigen Grenze und biete die Möglichkeit, etwa einem Militärschlag, leicht zu entkommen, so die JF (JF, 6. April 2018).

Der ISKP hat von Anfang an schiitische Gruppen, ausländische Truppen, die Sicherheitskräfte, die afghanische Zentralregierung sowie die Taliban, welche zuvor von keiner aufständischen Gruppe herausgefordert worden waren, als ihre Ziele festgelegt (JF, 6 April 2018).

2019 berichtete der UNO-Sicherheitsrat, dass sich die ISKP-Hochburgen in Afghanistan zum Berichtszeitpunkt in den östlichen Provinzen Nangarhar, Kunar, Nuristan und Laghman befinden (UNSC, 1. Februar 2019, S. 7).

Neben den Taliban hat sich ein erheblicher Teil der US-Operationen gegen den ISKP gerichtet, so CRS. Zudem wurden einige Anführer des ISKP seit 2016 bei US-Luftangriffen getötet und afghanischen Kräfte haben zwei ISKP-Anführer im Frühling 2020 festgenommen (CRS, 11. Juni 2021, S. 5-6).

Der UNO-Sicherheitsrat berichtete im May 2022, dass ISKP-Anführer Sanaullah Ghafari noch am Leben ist und die Gruppe leitet. Der ISKP hat laut dem Sicherheitsrat finanzielle Ressourcen und wurde durch Freilassungen aus dem Gefängnis und neuen Rekrutierungen gestärkt. Im ersten Quartal 2022 war ein Anstieg an ISKP-Rekrutierungen zu beobachten, auch wenn die Taliban erfolgreich darin waren, die Geschwindigkeit des ISKP einzudämmen und dessen territoriale Ambitionen in diesem Zeitraum einzuschränken. Schätzungen zufolge verfügt der ISKP mit Stand Mai 2022 über 1.500 bis 4.000 Kämpfer, die sich insbesondere in den Provinzen Kunar, Nangarhar und möglicherweise Nuristan befinden. In den Provinzen Badachschan, Faryab, Dschuzdschan, Kunduz and Tachar werden laut UNSC verdeckte Zellen des ISKP vermutet (UNSC, 26. Mai 2022, S. 6, 17-19).

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berichtet, dass der ISKP trotz territorialer, führungsmäßiger, personeller und finanzieller Verluste in den Provinzen Kunar und Nangarhar im Jahr 2020 in andere Provinzen vorgedrungen ist, darunter Nuristan, Badghis, Sari Pul, Baghlan, Badachschan, Kunduz und Kabul, wo Kämpfer Schläferzellen gebildet haben. Die Gruppe hat ihre Positionen in und um Kabul gestärkt, wo sie die meisten ihrer Anschläge verübt hat, die sich gegen Minderheiten, Aktivist·innen, Regierungsangestellte und die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte richteten. Dabei hat der ISKP die Rekrutierung und Ausbildung neuer Anhänger in den Vordergrund gestellt. Laut dem Sicherheitsrat hofft der ISKP, die Hardliner unter den Taliban und andere Kämpfer anzulocken, die das Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und den Taliban zum Frieden in Afghanistan ablehnen, sowie Kämpfer aus Syrien, dem Irak und anderen Konfliktgebieten zu rekrutieren (UNSC, 21. Juli 2021, S. 14-15).

Nach dem Angriff auf den Flughafen von Kabul am 26. August 2021 wird darüber spekuliert, ob der ISKP in der Lage ist, die Kontrolle der Taliban herauszufordern, was zu einer Fortsetzung der Feindseligkeiten im Land führen kann. Grundsätzlich gilt der ISKP jedoch mit Stand Oktober 2021 als ein Akteur mit begrenzten militärischen Kräften in Afghanistan. Der ISKP hat keine territoriale Kontrolle und die Zahl seiner Kämpfer ist begrenzt. Der ISKP wurde von den Taliban sowie von der afghanischen Armee, unterstützt durch US-Luftangriffe, aus den Basen in Nangarhar und Kunar vertrieben. Etwa 70.000 mittlerweile mit US-Ausrüstung ausgestatteten Taliban-Anhängern stehen einige Tausend ISKP-Anhänger gegenüber. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass der ISKP in der nächsten Zeit eine Rolle spielt, da einige Taliban-Kämpfer mit der von den Taliban eingeschlagenen Richtung nicht einverstanden sein könnten, insbesondere für den Fall, dass die Taliban sich für eine gemäßigte und integrative Linie entscheiden. Dies kann dazu führen, dass einige Taliban die Seiten wechseln und zum ISKP überlaufen. Das Gleiche kann passieren, wenn es zu Spaltungen unter den Taliban kommt. Darüber hinaus wurden im Zusammenhang mit der Machtergreifung der Taliban viele Gefangene freigelassen, von denen einige möglicherweise mit dem ISKP in Verbindung standen, was den Einfluss des ISKP stärken könnte. Des Weiteren besteht die Befürchtung, dass der ISKP ausländische Kämpfer aus Zentralasien oder Pakistan rekrutieren könnte, die sich vermutlich in Afghanistan aufhalten. Die USA hoffen darauf, den ISKP weiterhin durch Luftangriffe von außerhalb Afghanistans, anzugreifen, während die Taliban davon ausgehen, den ISKP ohne externe Hilfe bewältigen zu können (Landinfo, 2. September 2021; BBC, 29. Oktober 2021). Dem US-Unterstaatssekretär für Verteidigungspolitik (Under-Secretary of Defence for Policy) Colin Kahl zufolge könnte der IS in Afghanistan bereits in sechs Monaten stark genug sein, um Angriffe außerhalb des Landes, darunter auch in den USA, durchzuführen (UNHCR, 2. November 2021, S. 1). RFE/RL berichtete im Oktober über einen Anstieg von ISKP-Angriffen zwischen September und Oktober, der Experten zufolge auf die fehlende US-Präsenz und die unbeabsichtigte Freilassung hunderter ISKP-Anhänger durch die Taliban zurückzuführen ist. In der Bevölkerung werden Stimmen laut, die eine Eskalation der Gewalt zwischen den Taliban und dem ISKP befürchten (RFE/RL, 13. Oktober 2021). Während der ISKP die Taliban unter dem Vorwurf nicht streng genug zu sein als Abtrünnige betrachtet, erachten die Taliban ISKP-Anhänger als ketzerische Extremisten (BBC, 29. Oktober 2021).

Der ISKP stellt HRW zufolge für bestimmte Bevölkerungsgruppen, etwa Angehörige der Hazara, eine ernsthafte Bedrohung dar. Seit etwa 2015 begann der ISKP insbesondere in schiitischen Vierteln Moscheen, Krankenhäuser, Schulen und andere zivile Einrichtungen anzugreifen. Bei den Angriffen wurden mindestens 1.500 Zivilist·innen getötet und tausende weitere verletzt. Die Angriffe fanden unter anderem in Kabul, Dschalalabad und Herat statt. Der ISKP griff in der Vergangenheit auch Journalist·innen, zivilgesellschaftliche Aktivist·innen, Gesundheitspersonal und insbesondere Mädchenschulen an. Seit 2020 ist ein Anstieg der Angriffe zu beobachten (HRW, 25. Oktober 2021). Bei einem Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee am 15. Oktober 2021 in der Stadt Kandahar wurden mehr als 50 Menschen getötet und mehr als 80 verletzt. Ein weiterer Angriff auf eine schiitische Moschee in Kunduz am 8. Oktober kostete mindestens 50 Menschen das Leben, während mehr als 100 Personen verletzt wurden. Beide Angriffe erfolgten während des Freitagsgebets (CSW, 18. Oktober 2021). Nach dem Kandahar-Anschlag ließ der ISKP verlautbaren, dass Schiit·innen in ihren Häusern und Gemeinden angegriffen werden würden und dass diese Angriffe „vom Abschlagen des Kopfes bis zum Zerstückeln von Gliedmaßen reichen werden“ (HRW, 25. Oktober 2021).

Die Vereinten Nationen berichteten am 28. Jänner 2022, dass Angriffe, die vom ISKP durchgeführt oder ihm zugeschrieben werden, zugenommen haben. Zudem haben sich die Angriffe über die Grenzen der bisherigen Angriffsziele Kabul und Ostafghanistan hinaus ausgeweitet. Zwischen dem 19. August und dem 31. Dezember verzeichnete die UN 152 Angriffe durch den ISKP in 16 Provinzen im Vergleich zu 20 Angriffen in 5 Provinzen im selben Zeitraum 2020 (UNGA, 28. Jänner 2022, S. 5).

Die Jamestown Foundation wies im März 2022 auf eine massive Medienkampagne des ISKP gegen die Taliban hin. Ziel der Kampagne sei es, die Taliban als Regierungsorgan zu delegitimieren und als religiöse Autorität zu diskreditieren. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen steht die Darstellung, dass sich die Taliban als eine einst fromme und ehrenwerte Bewegung vom Islam entfernte, moralisch korrumpiert wurde und ihre Gründungsprinzipien verraten habe (JF, 11. März 2022).

Der UNO-Menschenrechtsrat berichtete im März 2022 von glaubwürdigen Hinweisen, die UNAMA/OHCHR seit August 2021 erhalten hatten und die auf die Tötung von mehr als 50 Personen, die der Zugehörigkeit zum ISKP verdächtigt wurden, hinweisen. Dabei handelte es sich bei etwa 35 um außergerichtliche Tötungen, die den Taliban- Behörden zugeschrieben werden (HRC, 4. März 2022, S. 6).

Laut einem Artikel der Jamestown Foundation vom Juli 2022 hat der ISKP im Jahr 2022 seine Bemühungen verstärkt, potenzielle Anhänger in tadschikischen Gemeinden in ganz Afghanistan und in der gesamten Region anzuwerben. Der ISKP und seine Anhänger haben dementsprechend ihre Propagandaproduktion in tadschikischer Sprache ausgeweitet und die Taliban als paschtunenzentriert und feindlich gegenüber den anderen ethnischen Gruppen Afghanistans dargestellt. Dabei steht insbesondere die Unterdrückung der Tadschiken durch die Taliban und die Gewalt gegen sie im Fokus, während die ISKP als Mittel zur Zerschlagung der willkürlich gezogenen Grenzen Zentralasiens, zur Zerstörung der tadschikischen Regierung und zur Bildung einer IS-Provinz in Transoxiana oder ‚Chorasan‘ inszeniert wird (JF, 15. Juli 2022).

Laut UNAMA verursachten zwischen August 2021 und Juni 2022 IED-Anschläge auf nicht-militärische Ziele wie Moscheen, öffentliche Parks, Schulen und öffentliche Verkehrsmittel, die meist vom ISKP beansprucht oder ihm zugeschrieben wurden, am meisten Leid unter der Zivilbevölkerung (UNAMA, Juli 2022, S. 10-11).

3.3 Widerstandsgruppen

Mehrere Quellen berichteten, dass neben der Nationalen Widerstandsfront (NRF) neue, bewaffnete Anti-Taliban-Gruppen entstanden sind (ACLED & APW, April 2022, S. 9; UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 4; UNICRI, 25. Oktober 2022, S. 8-9). Deren Größe und operative Kapazitäten seien allerdings schwer einzuschätzen. Unter Bezugnahme auf UNAMA berichtete der UNSC, von mindestens 22 aktiven Gruppierungen in mindestens 26 Provinzen, von denen jedoch keine bedeutende territoriale Kontrolle innehabe (UNGA/UNSC, 14. September 2022, S. 4). Das United Nations Interregional Crime and Justice Research Institute (UNICRI) nennt im Oktober 202214 bewaffnete Gruppierungen, darunter die NRF, die Afghanistan Freeedom Front (AFF), das Supreme Resistance Council, Freedom Uprising und andere. Der Quelle zufolge haben viele der Gruppen bereits in unterschiedlichen Landesteilen militärische Operationen gegen die Taliban durchgeführt. Diese derzeit noch kleinen Grupperungen könnten sich der Quelle zufolge in eine große und ernstzunehmende Widerstandsbewegung gegen die Taliban entwickeln (UNICRI, 25. Oktober 2022, S. 8-9).

Von UNICRI interviewte Quellen bestätigten, dass in den Provinzen Parwan, Kapisa, Dschuzdschan, Faryab, Sare Pul, Baghlan, Herat, Bamiyan und Daikundi bereits Anführer in Erscheinung getreten sind. In dieser aufkommenden Widerstandsbewegung werden der Quelle zufolge bekannte Figuren wie Marschall Dostom oder Atta Mohammad Noor, aber auch neue und junge Namen aus der tadschikischen, der Hazara- und der usbekischen Gemeinschaft bedeutend sein. Eine dieser neuen Fronten stellt Ahmad Masoud mit seiner Gruppe dar, eine andere stellt die Fatemiyoun-Armee – eine schiitische Gruppe unter den Hazara – dar, die bereits begonnen hat, sich für einen bewaffneten Konflikt gegen die Taliban zu reorganisieren. Sollte dies eintreffen, würden sich die Taliban in einem neuerlichen, langwierigen Konflikt wiederfinden (UNICRI, 25. Oktober 2022, S. 8-9).

ACLED berichtete am 12. Mai 2022, von der Zunahme von Angriffen der NRF gegen die Taliban Ende April/Anfang Mai in den nördlichen Provinzen, besonders in Baghlan, Pandschschir und Tachar. Auch die Afghanistan Freedom Front (AFF), die im Februar 2022 gegründete National Liberation Front of Afghanistan (NLFA) und der ISKP griffen die Taliban landesweit an. Die AFF habe angegeben, Taliban in den Provinzen Kabul, Laghman und Parwan sowie den Sitz des Taliban-Geheimdienstes in der Provinz Baghdis angegriffen zu haben. Die NLFA beanspruchte mehrere Angriffe auf die Taliban in den Provinzen Kabul, Kandahar, Chost und Paktia für sich, so ACLED (ACLED, 12. Mai 2022).

Im September 2021 berichtete das DIS von der Bildung der NRF durch Anhänger der ehemaligen afghanischen Regierung und lokale Milizen im Pandschschir-Tal unter der Führung des ehemaligen Vizepräsidenten Afghanistans, Amrullah Saleh und Ahmad Massoud. Vor der Eroberung von Pandschschir durch die Taliban soll die NRF aus mehreren tausend Mann bestanden haben und mit Ausrüstung der afghanischen Armee ausgestattet gewesen sein. In den Tagen nach der Einnahme von Pandschschir durch die Taliban hat Massoud geschworen, dass die NRF den Widerstand gegen die Taliban fortsetzen werde (DIS, September 2021, S. 12). Die Vereinten Nationen berichten ebenfalls im September 2021, dass diverse Oppositionsfiguren die Gründung von Widerstandskräften sowie von Gremien zur Koordinierung der lokalen Verteidigungsbewegungen verkündeten, was durch viele Parlamentarier, Provinzräte, Volksälteste und religiöse Führer unterstützt wurde. Nach der Einnahme Kabuls am 15. August hat der ehemalige Vizepräsident Amrullah Saleh Afghan·innen über soziale Medien dazu aufgefordert, sich dem Widerstand anzuschließen, und sich selbst zum verfassungsgemäßen Übergangspräsidenten erklärt (UNGA, 2. September 2021, S. 2-3).

Das BAMF berichtete, dass Ahmad Massoud, Anführer der NRF, am 5. Mai 2022 die Gründung des hohen NRF-Rates vorschlug, in dem Versuch, alle Widerstandsgruppen zu vereinen. Am 8. Mai 2022 kämpften die NRF und die NLF in der Provinz Baghlan erstmals zusammen gegen die Taliban. Am selben Tag lief der Leiter des Taliban-Geheimdienstes Malik Dara zur NRF im Pandschschir-Tal über. Im Distrikt Warsadsch in der Provinz Tachar nahm die NRF laut BAMF am 5. Mai bis zu zehn Dörfer ein. Diese Ereignisse wurden laut dem BAMF von den Taliban dementiert (BAMF, 9. Mai 2022, S. 1).

4. Quellen

(Zugriff auf alle Quellen 22. Dezember 2022, wenn nicht anders angegeben)


5. Kurzbeschreibungen der Quellen

Das Afghanistan Analysts Network (AAN) ist eine unabhängige, gemeinnützige Forschungsorganisation mit Hauptsitz in Kabul.

ABC News ist der öffentlich-rechtliche Rundfunksender Australiens.

Die Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIHRC) war eine nationale Menschenrechtsorganisation in Afghanistan, die sich der Verbreitung, Wahrung und Kontrolle von Menschenrechten und der Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen widmet.

Afghan Peace Watch (APW) is a non-profit organization focused on the production of information and research on security, political violence, civic activism, human rights violations, humanitarian efforts and strategic developments in Afghanistan.

Al Jazeera ist ein in Qatar ansässiger arabischer Nachrichtensender.

Amnesty International (AI) ist eine internationale regierungsunabhängige Menschenrechtsorganisation mit Hauptsitz in London.

Das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) sammelt, analysiert und kartiert Informationen zu Krisen und Konflikten in Afrika, Süd- und Südostasien und im Nahen Osten und stellt Datensätze zu konfliktbezogenen Vorfällen bereit.

Associated Press News (AP) ist eine Nachrichtenagentur mit Sitz in New York.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist die für die Durchführung von Asylverfahren und die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes zuständige Bundesbehörde Deutschlands. Das BAMF koordiniert außerdem die Integrationsförderung und betreibt darüber hinaus Forschung im Bereich der Migration.

Die British Broadcasting Corporation (BBC) ist eine britische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt mit Hauptsitz in London.

Die parlamentarische Versammlung des Europarates (CoE-PACE) ist eine interparlamentarische Organisation, die aus 318 Delegierten aus den Parlamenten der Mitgliedstaaten besteht und sich mit Demokratie, Menschenrechten und politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen befasst.

Das Committee to Protect Journalists (CPJ) ist ein Komitee von NGOs mit Sitz in den USA zum Schutz von Journalist·innen.

Der Forschungsdienst des US-Kongresses (Congressional Research Service, CRS) ist eine Forschungseinrichtung für öffentliche Angelegenheiten.

Christian Solidarity Worldwide (CSW) ist eine christliche Advocacy-Organisation, die weltweit für Religionsfreiheit eintritt und in Sachen Religionsfreiheit auf Regierungen einzuwirken.

Die Zeit ist eine deutsche Wochenzeitung.

Das Department of Foreign Affairs and Trade (DFAT) ist das Außenministerium Australiens. Sein Ziel ist die Förderung und der Schutz der internationalen Interessen Australiens mit Blick auf die Sicherheit und den Wohlstand des Landes.

Das Danish Immigration Service (DIS) ist die in Dänemark für Einwanderung, Einreise und Aufenthalt von Ausländer·innen zuständige Behörde des Ministeriums für Einwanderung und Integration.

France24 ist ein internationaler Nachrichtensender im Maghreb und in den französischsprachigen Ländern Afrikas.

Giustozzi, Antonio hat einen PhD von der London School of Economics and Political Science und ist Senior Research Fellow am Royal United Services Institute sowie Gastprofessor am King’s College London. Er ist spezialisiert auf Afghanistan, Pakistan und politische Unruhen.

Die Internationale Föderation für Menschenrechte (Fédération internationale des ligues des droits de l'Homme, FIDH) ist ein Dachverband von Menschenrechts-NGOs.

Human Rights Watch (HRW) ist eine internationale Nichtregierungsorganisation mit Sitz in New York City, die sich für den weltweiten Schutz der Menschenrechte einsetzt.

Insecurity Insight erforscht Bedrohungen, denen Menschen ausgesetzt sind, die in gefährlichen Umgebungen leben und arbeiten. Die Datenerhebungs- und Analysemethoden der Organisation liefern Erkenntnisse, die für Entwicklungshelfer·innen, Hilfsorganisationen und alle, die sich mit dem Schutz von Gesundheitspersonal, Pädagog·innen, Binnenvertriebenen und Flüchtlingen befassen, relevant sind.

Die International Crisis Group (ICG), gegründet 1995 und ansässig in Brüssel, ist eine transnationale, unabhängige Nonprofit-Organisation, die durch feldbasierte Analysen und Fürsprache auf hoher Ebene daran arbeitet, tödliche Konflikte zu vermeiden, mildern oder lösen.

The Inter Press Service – News Agency (IPS) ist eine weltweit tätige, nichtstaatliche Nachrichtenagentur ohne Erwerbszweck, die sich schwerpunktmäßig mit Fragen der Entwicklung, der Globalisierung, der Menschenrechte und der Umwelt befasst.

Die Jamestown Foundation (JF) ist eine unabhängige, unparteiische und gemeinnützige Organisation mit Sitz in Washington, D.C., die Informationen zu Terrorismus, den ehemaligen Sowjetrepubliken, Tschetschenien, China und Nordkorea zur Verfügung stellt

Jurist ist eine Online-Plattform für rechtliche Nachrichten und Kommentare. Dahinter steht ein Team von etwa 50 Studierenden der Rechtwissenschaften, Redakteur·innen, Kommentator·innen, Designer·innen und Entwickler·innen aus 12 Rechtsfakultäten in den USA, im Vereinigten Königreich und in Indien. Die Plattform wird in Zusammenarbeit mit der University of Pittsburgh School of Law in Pittsburgh, Pennsylvania, in den USA betrieben.

Die Khaama Press News Agency (KP) ist eine afghanische Online-Nachrichtenagentur.

Das norwegische Zentrum für Herkunftslandinformationen Landinfo ist eine unabhängige Einrichtung innerhalb der norwegischen Einwanderungsbehörden, die verschiedenen Akteuren innerhalb der norwegischen Einwanderungsbehörden COI-Dienste zur Verfügung stellt.

Die Schwedische Einwanderungsbehörde (Migrationsverket) ist eine Regierungseinrichtung, die für die Entscheidungsfindung und Bereitstellung von Dienstleistungen in den Bereichen Asyl, Migration und Staatsbürgerschaftswesen zuständig ist. Die Behörde betreibt eine Datenbank für Herkunftsländerinformationen namens Lifos.

Das Hohe Kommissariat der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) ist eine Abteilung des Sekretariats der Vereinten Nationen mit dem Auftrag, Menschenrechte zu fördern und zu schützen sowie Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.

Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) ist eine Rundfunkanstalt, die 1949 von der amerikanischen antikommunistischen Organisation National Committee for a Free Europe gegründet wurde und vom US-Kongress finanziert wird. Sie liefert Nachrichten aus Ländern in Osteuropa, Zentralasien und dem Nahen Osten.

Reporters Sans Frontières (RSF) (Deutsch: Reporter ohne Grenzen) ist eine in Paris ansässige internationale Nichtregierungsorganisation, die sich mittels Berichterstattung zu Verletzungen der Pressefreiheit für den Schutz der Meinungsfreiheit einsetzt.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), gegründet 1936, ist ein Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen die, neben mehreren Tätigkeitsbereichen, Dienste zur Recherche über Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellen.

Das Amt des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) ist eine US-Behörde, die sich mit der Aufsicht über den Wiederaufbau in Afghanistan befasst.

Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) ist eine politische Mission der Vereinten Nationen, welche auf der am 28. März 2002 vom UNO-Sicherheitsrat beschlossenen Resolution 1401 basiert.

Die UNO-Generalversammlung (UN General Assembly, UNGA) ist die Vollversammlung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen.

Das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) ist eine Behörde der Vereinten Nationen mit dem Mandat zum Schutz und zur Unterstützung von Flüchtlingen und zur Hilfestellung bei freiwilliger Rückkehr, lokaler Integration und Neuansiedelung in einem Drittland.

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN Human Rights Council (HRC), ehemals bekannt als UN Commission on Human Rights bzw. Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen), ist ein zwischenstaatliches Gremium innerhalb der Vereinten Nationen, das sich für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte weltweit einsetzt.

Das United Nations Interregional Crime and Justice Research Institute (UNICRI) ist eines der fünf Forschungs- und Trainingsinstitute der Vereinten Nationen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC), eines der sechs Hauptorgane der UNO, ist dafür verantwortlich, Frieden und internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten. Der UNSC veröffentlicht regelmäßig Berichte über ihre internationalen Missionen und weltweiten Entwicklungen, die Politik, Sicherheit, Menschenreche etc. betreffen.

Das US Department of State (USDOS) ist das Außenministerium der Vereinigten Staaten von Amerika.

Die US Commission on International Religious Freedom (USCIRF) ist eine staatliche Einrichtung der Vereinigten Staaten zur Beobachtung des Zustands der Meinungs- und Gewissens-, sowie der Religions- und Glaubensfreiheit im Ausland.

Dieses Themendossier beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche. Es ist als Einstieg in bzw. Überblick über ein Thema gedacht und stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen sind Arbeitsübersetzungen für die keine Gewähr übernommen werden kann. Chronologien stellen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jede Aussage wird mit einem Link zum entsprechenden Dokument referenziert.

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