Anfragebeantwortung zu El Salvador: L1. Lage von Personen, die nicht mit Banden kooperieren bzw. von deren Familienmitgliedern; Staatlicher Schutz bei Bedrohung durch kriminelle Banden (Mara Salvatrucha) [a-11802-3]

4. Februar 2022

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1. Lage von Personen, die nicht kooperieren bzw. von deren Familienmitgliedern

Dr. Thomas Boerman, ein unabhängiger Experte für Gewalt und Bandenaktivitäten in Mittelamerika, erklärt in einem Artikel in der Zeitschrift „Immigration Briefings“ vom Dezember 2019, dass für Banden im nördlichen Dreieck von El Salvador, Guatemala und Honduras jede Handlung, die deren Zielen entgegenlaufe, ein Zeichen von „Respektlosigkeit“ und eine „Beleidigung“ sei, die eine gewalttätige, öffentlich sichtbare Strafmaßnahme erfordere. Zu diesen Handlungen würden zum Beispiel die Ablehnung von Schutzgeldforderungen, die Verweigerung erzwungener Dienstleistungen oder des Eingehens einer ausbeuterischen Beziehung zwischen Mann und Frau, gegen die Banden gerichtete politische Äußerungen oder die Teilnahme an von Kirchen, Schulen oder Gemeinschaften organisierten Präventivmaßnahmen gegen das Bandenwesen sowie die Kooperation mit Polizei, Gerichten und Staatsanwält·innen zählen (Boerman, Dezember 2019, S. 10).

In einem undatierten Interview der Organisation Terre des Hommes mit dem salvadorianischen Menschenrechtsanwalt Pedro Cruz nennt dieser mehrere Gründe, warum Personen Opfer von Bandengewalt würden: zum Beispiel das Leben in einem Stadtteil, der von einer rivalisierenden Bande beherrscht werde, die Weigerung, mitzumachen oder Schutzgeld zu bezahlen und, im Fall von Frauen oder Mädchen, die Weigerung, Geliebte eines Bandenmitglieds zu werden (Terre des Hommes, ohne Datum).

Das US-amerikanische Wochenmagazin The Atlantic zitiert in einem etwas älteren Artikel aus dem Jahr 2018 eine 78-jährige Frau, die auch den Bürgerkrieg in El Salvador 1980-1992 erlebt hatte. El Salvador sei jetzt schlimmer als zu Zeiten des Bürgerkriegs, dann damals hätte man sich zumindest frei bewegen können, während man jetzt eine Erlaubnis dafür brauche. Betrete man das Gebiet einer Bande und sei dort unbekannt, dann werde man getötet (The Atlantic, 4. März 2018).

Laut Dr. Boerman nehme die Schwere der Bedrohung gegen ein Individuum mit der Zeit nicht ab, auch wenn die Bande eine Drohung nicht sofort umsetze. Eine Drohung gegen eine bei der Bande in Ungnade gefalle Person nicht wahrzumachen, widerspreche dem Selbstverständnis der Bande und unterlaufe ihren Ruf und den Respekt für sie, da damit die Botschaft ausgesendet werde, dass die Bedrohung mit der Zeit nachließe und die Bande die Person in Frieden weiterleben ließe. Die Bedrohung für ins Visier genommene Personen und ihnen nahestehende Personen ginge auch nicht nur von einem einzelnen Bandenmitglied aus, sondern aufgrund der starken Gruppenidentität und „dem institutionellen Gedächtnis“ der Bande von der gesamten Gruppe. Das gelte auch, wenn das Bandenmitglied, von dem die Drohung ausgegangen sei, in Haft, verstorben oder kein Bandenmitglied mehr sei. Sollte ein bedrohtes Individuum fliehen und später zurückkehren, so wäre es nach seiner Rückkehr einem höheren Risiko ausgesetzt als zuvor, da die Flucht als ein gegen die Bande gerichteter Akt gesehen werde. Eine Bestrafung der geflüchteten Person solle der Gemeinschaft zeigen, dass ein versuchtes Entkommen durch Flucht noch größere Vergeltung nach sich ziehe. Zudem könne die Flucht eines Individuums auch eine Gefahr für die zurückbleibende Familie darstellen, da diese von Banden aufgesucht werde, um von ihr Informationen über dessen Aufenthaltsort zu erzwingen (Boerman, Dezember 2019, S. 11).

Das spanische Nachrichtenportal elDiario.es zitiert in einem Artikel vom Juni 2021 eine nach Spanien geflüchtete Frau aus El Salvador, deren Mann wegen Trunkenheit seine Arbeit verloren habe und zur Zusammenarbeit mit einer Bande gezwungen worden sei. Er hätte einen Parkplatz bewachen müssen, wo es Waffen gegeben habe und ein Heft mit den Namen aller im Stadtteil lebenden Personen sowie aller Personen, die Geldschulden gehabt hätten. Es sei ein Zeitpunkt gekommen, an dem er befürchtet habe, für viele Jahre ins Gefängnis zu müssen, und er sei geflohen und habe sie und die Familie zurückgelassen. Die Bandenmitglieder seien gekommen, hätten eine Pistole auf sie gerichtet und sie gefragt, wo ihr Mann sei. Jeden Tag hätten sie die Familie kontrolliert und die Telefonnummer gefordert, um mit ihm Kontakt aufnehmen zu können. Ihr Leben sei in Gefahr gewesen, egal ob ihr Mann nun zurückkäme oder nicht (elDiario.es, 14. Juni 2021).

Dass sich die Bedrohung eines einzelnen Familienmitgliedes auch auf andere Teile der Familie erstrecken könne, werde auch im Fall eines Umzugs des bedrohten Individuums an einen anderen Ort offenbar, so Dr. Boerman in dem bereits oben zitierten Artikel. Man könne nicht einfach in das Haus eines aufnahmebereiten Verwandten ziehen, sondern müsse darauf achten, wo dessen Wohnort sei. So sei zum Beispiel im Falle einer Flucht vor den Mara Salvatrucha (MS-13) kein Umzug in ein anderes von den MS-13 kontrolliertes Gebiet möglich. Der Umzug in ein von einer anderen Bande kontrolliertes Gebiet rufe aber deren Misstrauen hervor und deren Bandenmitglieder gingen gegen Fremde und oft auch jene, die ihnen Unterkunft böten, vor, da sie als Fremde unbekannt und nicht dem betreffenden Gebiet zugehörig seien. Die umgezogenen Personen würden oft wie Gefangene am neuen Wohnort leben, aus Angst sowohl vor den Banden, vor denen sie geflohen seien, als auch vor jenen, die den neuen Wohnort kontrollierten (Boerman, Dezember 2019, S. 8-9).

Gefährdung aufgrund von Familienzugehörigkeit bestehe auch für die Kinder von Polizist·innen, lokalen politischen Funktionär·innen, Mitgliedern des Klerus, und anderen in der Gemeinschaft, die gegen Banden Stellung bezogen hätten oder von Banden in diesem Sinne wahrgenommen würden oder die mit Institutionen verbunden seien, die für Rechtsstaatlichkeit einstünden, so Boerman weiters. Banden würden die Eltern für deren soziale, politische oder moralische, gegen Banden gerichtete Werte bestrafen, indem sie deren Kinder unter Druck setzten (Boerman, 2019, S. 13).

Im März 2019 berichtet die Washington Post (WP), sie habe 21 Polizist·innen identifiziert, die vor Drohungen und Angriffen der MS-13 geflohen seien. Ein Polizist habe in den USA um Asyl angesucht, nachdem Bandenmitglieder gedroht hätten, seinen Sohn aus der Volkschule in einer ländlichen Gegend El Salvadors zu entführen. Aufgrund der niedrigen Gehälter von 300-400 US-Dollar lebten die Beamt·innen oft in denselben Stadtvierteln wie die Bandenmitglieder. Ein ehemaliger Mitarbeiter einer Polizeieinheit zur Bandenbekämpfung, der inzwischen auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus warte, habe erzählt, dass die Banden mehr Kontrolle hätten als die Polizei. Wenn die Polizist·innen heimgingen, dann lebten sie in Stadtvierteln, wo einem Polizisten 100 Bandenmitglieder gegenüberstünden, wodurch sie „leichte Opfer“ seien (WP, 3. März 2019).

2. Staatlicher Schutz bei Bedrohung durch kriminelle Banden und Vorgehen gegen kriminelle Banden, insbesondere Mara Salvatrucha (MS-13)

2.1 Mitgliederzahlen und Wirkungsbereich

Ein etwas älterer Bericht der UNO-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte von Binnenvertrieben aus dem Jahr 2018 stellt fest, dass es unbestätigten Schätzungen zufolge im Land mehr als 60.000 Bandenmitglieder (bei einer Gesamtbevölkerung von 6,5 Millionen) gebe und eine noch größere Zahl an Personen in irgendeiner Form mit den Banden in Verbindung stehen könne. Demgegenüber stünden rund 25.000 Polizist·innen und rund 13.000 bewaffnete Streitkräfte, die im Kampf gegen Bandenkriminalität eingesetzt würden. Banden seien Berichten zufolge in 247 der 262 Gemeinden präsent und es ließe sich daraus schließen, dass sich ihr Einfluss über das ganze Land erstrecke. Die Mara Salvatrucha (MS-13) sei die größte Bande mit rund zwei Drittel aller Bandenmitglieder; ihr größter Rivale sei die Barrio 18-Bande. Die Kontrolle über ein Gebiet und der Einfluss auf die Gemeinschaft seien grundlegend für die Aktivitäten und das Ethos der Banden und es käme häufig zu gewaltsamen Auseinandersetzungen wegen der Kontrolle über ein Gebiet (HRC, 23. April 2018, S. 4).

Laut der honduranischen Zeitung La Prensa operieren in El Salvador die MS-13, Barrio 18 und einige kleinere Banden landesweit in rund 600 Zellen mit insgesamt 70.000 Mitgliedern, wovon rund 17.000 inhaftiert seien. Haupteinnahmequelle der Banden sei Schutzgelderpressung von Gewerbetreibenden und Drogenverkauf in den von ihnen kontrollierten Gebieten (La Prensa, 15. Oktober 2021).

Laut Nachrichtenportal La Prensa Latina Media habe Präsident Bukele in einer Stellungnahme im Dezember 2021 die Banden als irreguläre Armee mit mehr als 70.000 Mitgliedern bezeichnet (La Prensa Latina Media, 28. Dezember 2021).

2.2 Einfluss von Banden und Schutz durch Behörden

Das kanadische Immigration and Refugee Board (IRB) schreibt 2016 in einem Bericht zu einer Fact-Finding-Mission in El Salvador unter Bezugnahme auf Gespräche mit mehreren Quellen, dass Banden landesweit Einfluss hätten und Behörden die Kontrolle über bestimmte Gebiete verloren hätten, da es Banden seien, die entschieden, wer ein Stadtviertel betrete oder verlasse. Die Bevölkerung wisse, welche Bande in ihrem Wohnviertel Einfluss habe. Die Banden würden in vielen Gemeinschaften als de-facto-Autoritäten angesehen. Bandenmitglieder würden auch bei Konflikten zwischen den Einwohner·innen des Stadtviertels intervenieren und die Menschen gingen eher zum Anführer der Bande als zu den Behörden. Die Banden wollten nicht, das staatliche Behörden im Stadtviertel erschienen, und zögen es daher vor, Konflikte selbst durch Androhung von Gewalt zu regeln (IRB, September 2016, Kapitel 4.1).

Die Investigativplattform InSight Crime berichtet in einem älteren Artikel vom Jänner 2016, dass es in vielen Wohngegenden Polizeireviere gebe, wo so gut wie nie Beschwerden von den in der Wohngegend lebenden Bevölkerung einlangten. Das Motto der MS-13 sorge bei der Bevölkerung für eine Geisteshaltung, die sich mit den folgenden Worten zusammenfassen ließe: sieh, höre und schweige, falls Du das Leben genießen möchtest (InSight Crime, 7. Jänner 2016).

Das Nachrichtenportal Vice World News zitiert in einem Artikel vom Juli 2021 die Leiterin eines Nachbarschaftsvereins in einer Wohngegend von Soyapango, nördlich der Hauptstadt San Salvador, über das die MS-13 die komplette Kontrolle habe. Niemand im Viertel könne die Polizei rufen, nicht einmal im Notfall. Wenn man die Notrufnummer 911 wähle und aus irgendeinem Grund eine Polizeistreife komme, dann beschwerten sich die Bandenmitglieder und dieser Verstoß gegen die Regeln der Bande könne einen sogar das Leben kosten. In einem Notfall müsse man die Bande anrufen und diese erlaube einem dann, die Polizei oder die Rettung anzurufen, oder auch nicht (Vice World News, 30. Juli 2021).

In einem Artikel von InSight Crime vom Jänner 2022 wird eine Frau aus einem Nachbarschaftsverein in Las Margaritas, einem Stadtviertel von Soyapango, mit einer ähnlichen Aussage zitiert. Die Banden kontrollierten alles. Selbst wenn es Probleme mit häuslicher Gewalt gebe, wäre es verboten, die Polizei anzurufen. Man müsse mit den Bandenmitgliedern sprechen und diese kümmerten sich darum (InSight Crime, 25. Jänner 2022).

IRB berichtet mit Bezugnahme auf mehrere Interviewpartner·innen, dass die Bevölkerung keine Anzeigen bei den Behörden erstatte, weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen oder kein Vertrauen in die entsprechenden öffentlichen Einrichtungen habe. Es habe vereinzelt Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern der Zivilen Nationalpolizei (PNC) und Bandenmitgliedern gegeben; auch hätten Bandenmitglieder staatliche Einrichtungen, einschließlich der PNC, unterwandert. Zudem würden die Banden auch Polizist·innen bedrohen und sie erpressen, um Informationen von ihnen zu erhalten. Banden sollen auch verstecke Kameras vor Polizeiwachen montiert haben, um zu beobachten, wer diese betrete. Wer Anzeige bei der Polizei erstatte, werde von der Gemeinschaft als „Verräter“ betrachtet und stigmatisiert oder getötet (IRB, September 2016, Kapitel 5.2).

Laut Bericht der UNO-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte von Binnenvertriebenen vom April 2018 könne allein die Tatsache, dass man in einem Stadtviertel lebe, von dem bekannt sei, dass es von einer Bande kontrolliert werde, dazu führen, dass junge Menschen in Verdacht gerieten, Mitglied einer Bande zu sein oder Verbindungen zu dieser zu haben. Einige Personen hätten ihr von Einschüchterungen oder gewalttätigen Vorfällen sowohl durch Bandenmitglieder als auch durch Polizei oder Armee berichtet. Die Menschen wünschten sich ein Leben ohne Bedrohung durch Bandengewalt oder erdrückende Präsenz von Polizei und Militär. Sie hätten das Gefühl, es werde nicht genug getan, um gegen die Gewalt vorzugehen oder Rechtsstaatlichkeit herzustellen, hätten aber auch Angst vor Polizei und Streitkräften, wenn diese in ihre Gemeinschaft kämen (HRC, 23. April 2018, S. 7).

Die NGO Kids in Need of Defence (KIND) zitiert in einem etwas älteren Bericht aus dem Jahr 2017 über gender- und geschlechterbasierte Gewalt sowie Bandengewalt die Meinung eines Polizisten zu einem Gespräch seines Kollegen mit einem 15-jährigen Mädchen. Das Mädchen habe überlegt, das Land zu verlassen, weil sie die Aufmerksamkeit von Bandenmitgliedern ihres Stadtviertels erregt habe. Er habe seinem Kollegen gesagt, sie könnten dem Mädchen nicht davon abraten, wegzugehen, da sie wüssten, dass die Regierung ihr keinen Schutz bieten könne (KIND, 31. Dezember 2017, S. 3).

Laut Human Rights Watch (HRW) gebe es viele Gründe, warum Behörden nicht in der Lage oder willens seien, Staatsbürger·innen, die aufgrund der Bandengewalt um ihre Sicherheit fürchteten, Schutz zu bieten. Die Behörden könnten selbst überwacht und bedroht werden, von Bandenmitgliedern unterwandert sein, über zu wenige Ressourcen verfügen und eine große Anzahl von Fällen in Bearbeitung haben (HRW, Februar 2020, S. 73).

2.3 Lage der Justiz

Das IRB sei von Gesprächspartner·innen aus Justiz und Polizei auf eine hohe Arbeitsbelastung hingewiesen worden. So gebe es landesweit 634 Richter·innen, darunter 12 „Sondergerichte“, die sich mit Fällen von Bandenkriminalität befassten, deren Arbeitsbelastung aber so hoch sei, dass dies zur Ineffizienz des Justizsystems beitrage. Ein hoher Vertreter des Obersten Gerichtshofs habe im Gespräch angegeben, dass Staatsanwält·innen jeweils rund 400-500 Fälle zu bearbeiten hätten, was dazu führe, dass nicht in allen Fällen ermittelt werden könne. Der Jahresbericht der Generalstaatsanwaltschaft spreche mit Stand Mai 2016 von durchschnittlich 358 Fällen pro Staatsanwalt bzw. Staatsanwältin (IRB, September 2016, Kapitel 5.2).

Laut Bericht der UNO-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte von Binnenvertriebenen aus dem Jahr 2018 sei die Zahl von Gewaltverbrechen in El Salvador derart hoch, dass oft auch bei den schwersten Verbrechen wie Mord keine Ermittlungen durchgeführt würden, was zu einem generellen Vertrauensverlust in die Strafverfolgung und das Strafrechtssystem führe. Die Verurteilungsrate bei Straftaten betrage in El Salvador weniger als fünf Prozent. Diese Lage trage zur Entstehung und Aufrechterhaltung eines gesellschaftlichen Umfeldes bei, in dem Banden gedeihen und – selbst im Falle schwerster Verbrechen – beinahe uneingeschränkt straflos operieren könnten. Das führe dazu, dass Personen oder Familien, die sich bei der Meldung von Gewalttaten bei den Behörden keinerlei Schutz oder Hilfe erwarten würden, die Flucht von zu Hause und aus ihrer Gemeinschaft als einzige Möglichkeit sähen, um in Sicherheit zu gelangen (HRC, 23. April 2018, S. 7). Es konnten keine aktuelleren Informationen zu diesem Thema gefunden werden.

2.4 Vorgehen der Regierung gegen Banden

Nach seinem Amtsantritt im Juni 2019 habe Präsident Bukele einen siebenstufigen „Plan für territoriale Kontrolle“ angekündigt. Bis Juli 2020 seien die ersten drei Stufen öffentlich verlautbart worden, Details zum Plan und dessen Umsetzung seien nicht öffentlich gemacht worden (IACHR, 14. Oktober 2021, S. 20). Bis Juli 2020 ergriffene Maßnahmen seien unter anderem die Entsendung von Polizei und Armeepatrouillen in 22 Gemeinden mit dem höchsten Vorkommen krimineller Gruppen sowie Massenverhaftungen gewesen (ICG, 8. Juli 2020, S. 10). In 28 Gefängnissen sei der Notstand ausgerufen worden (CRS, 1. Juli 2020, S. 9). Kommunikation und Geldflüsse in den Gefängnissen seien strenger kontrolliert, Besuche verboten und tausende Bandenmitglieder in andere Gefängnisse verlegt worden (ICG, 8. Juli 2020, siehe auch CRS, 1. Juli 2020, S. 9). Nach einem Anstieg von Gewaltverbrechen im Frühjahr 2020 habe Präsident Bukele den Sicherheitskräften ermöglicht, Bandenmitglieder zur „Selbstverteidigung“ zu töten. Er habe zudem angekündigt, inhaftierte Bandenmitglieder in völlig abgedunkelte Zellen zu sperren und habe die Zusammenlegung von Mitgliedern rivalisierender Banden in gemeinsame Zellen angeordnet (ICG, 8. Juli 2020, S. 11; siehe auch CRS, 1. Juli 2020, S. 15). Im Juli 2021 habe Präsident Bukele angekündigt, die Zahl der Armeestreitkräfte in den nächsten fünf Jahren von 20.000 auf 40.000 verdoppeln zu wollen (Vice World News, 30. Juli 2021). Laut Bericht der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (IACHR) sollen mit Stand Juni 2021 mehr als 8.600 Streitkräfte für Aufgaben der öffentlichen Sicherheit eingesetzt gewesen sein (IACHR, 14. Oktober 2021, S. 25). Die Kommission sei auch über die Existenz von „Todesschwadronen“ informiert worden, die gegen Bandenmitglieder vorgegangen seien. Diese Gruppen sollen Berichten zufolge mit Wissen, Beteiligung oder Duldung der staatlichen Sicherheitskräfte vorgehen. Unter den Mitgliedern dieser Gruppe sollen sich auch Polizist·innen, Mitglieder der Streitkräfte und ehemalige Polizeibeamt·innen befinden (IACHR, 14. Oktober 2021, S. 28-29).

Laut Nachrichtenportal Blickpunkt Lateinamerika, das sich auf einen Bericht der salvadorianischen Internetzeitung El Faro vom 23. August 2021 bezieht, soll es seit Juni 2019 Geheimverhandlungen zwischen Vertretern der Regierung Bukeles und Bandenmitgliedern der MS-13 und der Barrio 18 gegeben haben, um eine Senkung der Mordrate im Gegenzug für bessere Haftbedingungen zu vereinbaren. Die Treffen sollen in den Hochsicherheitsgefängnissen des Landes stattgefunden haben und El Faro lägen Berichte aus dem Gefängnissystem sowie Geheimdienstberichte vor, die dies bestätigten. Seit Monaten habe eine Sondereinheit der Generalstaatsanwaltschaft zu diesen mutmaßlichen Geheimabsprachen ermittelt, im Mai 2021 sei der Generalstaatsanwalt entlassen und seine Sondereinheit aufgelöst worden (Blickpunkt Lateinamerika, 24. August 2021).

Der Artikel von El Faro vom 23. August 2021 ist unter folgendem Link abrufbar:

·      El Faro: Criminal Investigation Found the Bukele Administration Hid Evidence of Negotiations with Gangs, 23. August 2021
https://elfaro.net/en/202108/el_salvador/25670/Criminal-Investigation-Found-the-Bukele-Administration-Hid-Evidence-of-Negotiations-with-Gangs.htm

Die International Crisis Group (ICG) hatte bereits in einem Bericht vom Juli 2020 angedeutet, dass der Rückgang der Mordrate seit 2019 möglicherweise nicht nur dem Erfolg von Präsident Bukeles „Plan für territoriale Kontrolle“ zuzuschreiben sei, sondern auch anderen Faktoren, einschließlich eines möglichen informellen Übereinkommens zwischen den Banden und Behörden, die Bandengewalt und Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Banden zu reduzieren (ICG, 8. Juli 2020, S. 19).

Im Dezember 2021 berichtet die WP mit Bezug auf eine Presseaussendung des Finanzministeriums der USA, das Ministerium habe gegen mehrere hochrangige Beamt·innen der salvadorianischen Regierung, darunter dem Vizeminister für Sicherheit und Direktor des Gefängnissystems, Sanktionen wegen deren mutmaßlicher Rolle bei Geheimverhandlungen zwischen Regierung und inhaftierten Bandenmitgliedern verhängt. Präsident Bukele habe alle Vorwürfe zurückgewiesen. (WP, 8. Dezember 2021)

Die honduranische Zeitung La Prensa berichtet am 15. Oktober 2021 von der Verhaftung von 44 Personen bei einer Razzia gegen Mitglieder der MS-13, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft 94 Haftbefehle vor allem wegen Schutzgelderpressung im nördlich von San Salvador gelegenen Departamento Chalatenango ausgestellt habe. Durch diese Verhaftungen hätten sich laut Behörden 19 Fälle von Verschwörung zum Mord und kriminellen Vereinigungen im Zusammenhang mit illegalem Drogenhandel lösen und Fälle von Vortäuschen von Verbrechen, falscher Zeugenaussage und Freiheitsberaubung aufklären lassen. Laut Ziviler Nationalpolizei habe man fünf mutmaßliche Anführer der MS-13 festnehmen, mehr als 8.000 Dollar, zwei Fahrzeuge, 30 Mobiltelefone und Drogen beschlagnahmen können (La Prensa, 15. Oktober 2021).

La Prensa Gráfica berichtet am 5. Jänner 2022 von der Festnahme von acht Anführern der MS‑13 im Bezirk Italia der Gemeinde (Municipio) Tonacatepeque im Departamento San Salvador sowie in der Gemeinde Colón im Departamento La Libertad (westlich von San Salvador, Anm. ACCORD). Diese sollen für den Anstieg an Morden im November 2021 verantwortlich gewesen sein, einer von ihnen auch für den Mord an einem Soldaten im Oktober 2021. Die Männer sollen Teil der MS-13-Programme[1] „Libertad“ und „Centrales“ sein, die zu den gewalttätigsten in El Salvador gehörten. Laut Direktor der Zivilen Nationalpolizei soll deren Festnahme auch durch die Aussage von Mitgliedern dieser Strukturen, die die Anführer verraten hätten, gelungen sein (La Prensa Gráfica, 5. Jänner 2022).

Auch elsalvador.com, die Online-Ausgabe der Zeitung El Diario De Hoy, berichtet einen Tag später, am 6. Jänner 2022, von diesem Einsatz und der Festnahme mutmaßlicher Anführer der MS-13. Quellen aus der Zivilen Nationalpolizei und Anrainer·innen würden jedoch versichern, dass der Bezirk Italia unter Kontrolle von Bandenmitgliedern sei, die ihn in ein Rückzugsgebiet und einen Stützpunkt für Geschäfte und Drogenverteilung verwandelt hätten. Quellen von Diaro de Hoy schätzten, dass es nicht weniger als 700 Bandenmitglieder in der Gegend gebe, die anderen Mitgliedern, gegen die Haftbefehle vorlägen oder die sich im Visier der Polizei befänden, Zuflucht gewährten. Dem Polizeiposten an der Einfahrt in den Bezirk seien hingegen insgesamt nur acht Polizist·innen zugeteilt, die pro Schicht jeweils zu viert Dienst hätten. Die Quellen seien zudem sicher, dass sich unter den am Vortag festgenommen Anführern nicht der für diese Gegend zuständige Ranghöchste befinde, der für alle Gruppierungen der MS-13 in den Gemeinden Tonacatepeque, Guazapa und El Paisnal zuständig sei. Die Quellen seien der Auffassung, dass der Polizeieinsatz vom 5. Jänner 2022 keine Auswirkungen auf die Bandenmitglieder habe und dass, sobald die Razzien vorüber seien, alles „zur Normalität“ zurückkehren werde. Die Bandenmitglieder würden aus ihren Verstecken zurückkehren und wieder ihre Wachposten ein- und ihre Geschäfte aufnehmen, so wie es auch beim letzten Polizeieinsatz im November 2021 gewesen sei (elsalvador.com, 6. Jänner 2022).

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. Februar 2022)

·      Blickpunkt Lateinamerika: El Salvador: Bukele-Regierung führte Geheimverhandlungen mit Mara-Banden, 24. August 2021
https://www.blickpunkt-lateinamerika.de/artikel/el-salvador-bukele-regierung-fuehrte-geheimverhandlungen-mit-mara-banden/

·      Boerman, Thomas: Family As A Social Construct In El Salvador, Honduras, And Guatemala: Visibility And Vulnerability Of Family Members Of Individuals Targeted By Organized Criminal Groups, Immigration Briefings, Issue 19-12, December 2019, verfügbar auf: academia.edu
https://www.academia.edu/41352468/Gangs_and_the_targeting_of_families_in_El_Salvador_Honduras_and_Guatemala

·      Congressional Research Service: El Salvador: Background and U.S. Relations, aktualisiert am 1. Juli 2020,
https://crsreports.congress.gov/product/pdf/R/R43616

·      elDiario.es: Sin asilo tras huir de las maras: “Violaron y mataron a mi hija y amenazaron años después a mi familia a punta de pistola”, 14. Juni 2021
https://www.eldiario.es/catalunya/sociedad/asilo-huir-maras-violaron-mataron-hija-amenazaron-anos-despues-familia-punta-pistola_1_8027404.html

·      El Faro: Criminal Investigation Found the Bukele Administration Hid Evidence of Negotiations with Gangs, 23. August 2021
https://elfaro.net/en/202108/el_salvador/25670/Criminal-Investigation-Found-the-Bukele-Administration-Hid-Evidence-of-Negotiations-with-Gangs.htm

·      ElSalvador.com: Caen dos presuntos cabecillas del Distrito Italia, comunidad controlada por la MS-13, 6. Jänner 2022
https://www.elsalvador.com/noticias/nacional/capturan-presuntos-cabecillas-distrito-italia-ms-mara-salvatrucha/915399/2022/

·      HRC - Human Rights Council: Report of the Special Rapporteur on the human rights of internally displaced persons on her visit to El Salvador, 23. April 2018
https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G18/116/64/PDF/G1811664.pdf?OpenElement

·      HRW- Human Rights Watch: Deported to Danger, Februar 2020, S. 73
https://www.hrw.org/sites/default/files/report_pdf/elsalvador0220_web_0.pdf

·      IACHR - Inter-American Commission of Human Rights: Situation of human rights in El Salvador, 14. Oktober 2021
http://www.oas.org/en/iachr/reports/pdfs/2021_ElSalvador-EN.pdf

·      ICG – International Crisis Group: Miracle or Mirage? Gangs and Plunging Violence in El Salvador, 8. Juli 2020
https://d2071andvip0wj.cloudfront.net/081-miracle-or-mirage.pdf

·      InSight Crime: Living Within the Boundaries of El Salvador's Gang 'War', 7. Jänner 2016
https://insightcrime.org/news/analysis/living-within-the-boundaries-of-el-salvador-gang-war/

·      InSight Crime: The Omnipresent Business of the MS-13, 25. Jänner 2022
https://insightcrime.org/investigations/the-omnipresent-businesses-of-the-ms13/

·      IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Information Gathering Mission Report - Part 1: Gangs in El Salvador and the Situation of Witnesses of Crime and Corruption, September 2016
https://www.irb-cisr.gc.ca/en/country-information/research/Pages/Salvador-2016P1.aspx#41

·      KIND – Kids in Need of Defense: Neither Security nor Justice: Sexual and Gender-based violence and Gang Violence in El Salvador, Honduras, and Guatemala, 31. Dezember 2017
https://supportkind.org/wp-content/uploads/2017/05/Neither-Security-nor-Justice_SGBV-Gang-Report-FINAL.pdf

·      La Prensa: Redada en El Salvador deja a 44 pandilleros detenidos, 15. Oktober 2021
https://www.laprensa.hn/mundo/redada-en-el-salvador-deja-a-44-pandilleros-detenidos-LD2764841

·      La Prensa Gráfica: Caen cabecillas de "los programas más violentos" de la MS-13 por alzar homicidios: "No todas las estructuras están de acuerdo en matar salvadoreños", dice Villatoro, 5. Jänner 2022
https://www.laprensagrafica.com/elsalvador/Autoridades-de-seguridad-brindan-detalles-sobre-captura-de-cabecillas-de-pandilla-en-Distrito-Italia-Tonacatepeque-20220105-0014.html

·      La Prensa Latina Media: Gangs still rule in El Salvador, analysts say, 28. Dezember 2021
https://www.laprensalatina.com/gangs-still-rule-in-el-salvador-analysts-say/

·      MPI – Migration Policy Institute: Gang Membership in Central America: More Complex than Meets the Eye (Autor: Michael Paarlberg), 26. August 2021
https://www.migrationpolicy.org/article/complexities-gang-membership-central-america

·      Terre des Hommes: „Die Maras akzeptieren kein Nein“, ohne Datum
https://www.tdh.de/was-wir-tun/projekte/mittelamerika/el-salvador/die-vermissten-von-el-salvador/die-maras-akzeptieren-kein-nein/

·      The Atlantic: El Salvador's Gangs Are Targeting Young Girls, 4. März 2018
https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/03/el-salvador-women-gangs-ms-13-trump-violence/554804/

·      Vice World News: El Salvador is Trying to Control MS-13 by Doubling its Army, 30. Juli 2021
https://www.vice.com/en/article/m7ekb4/el-salvador-is-trying-to-control-ms-13-by-doubling-its-army

·      WP - Washington Post: It’s so dangerous to police MS-13 in El Salvador that officers are fleeing the country, 3. März 2019
https://www.washingtonpost.com/world/the_americas/its-so-dangerous-to-police-ms-13-in-el-salvador-that-officers-are-fleeing-the-country/2019/03/03/e897dbaa-2287-11e9-b5b4-1d18dfb7b084_story.html?noredirect=on

·      WP - Washington Post: U.S. accuses El Salvador of cutting secret deal with MS-13 to tamp down killings, 8. Dezember 2021
https://www.washingtonpost.com/world/2021/12/08/salvador-bukele-gangs-sanctions/


 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Blickpunkt Lateinamerika ist das Nachrichtenportal des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat; es bezieht Nachrichten über die Agenturen Fides und KAN und kooperiert mit Poonal und der Deutschen Welle.

·      Blickpunkt Lateinamerika: El Salvador: Bukele-Regierung führte Geheimverhandlungen mit Mara-Banden, 24. August 2021
https://www.blickpunkt-lateinamerika.de/artikel/el-salvador-bukele-regierung-fuehrte-geheimverhandlungen-mit-mara-banden/

„Die Regierung des rechtspopulistischen Präsidenten Nayib Bukele soll ohne Kenntnis der Öffentlichkeit Geheimverhandlungen mit Mara-Banden geführt und anschließend versucht haben, Belege für die Gespräche zu vertuschen. Lokalen Medienberichten zufolge hätten die direkten Verhandlungen des Staates mit den als terroristischen Organisationen eingestuften ‚Mara Salvatrucha-13‘, ‚Barrio 18 Revolucionario‘ und ‚Barrio 18 Sureños‘ in den Hochsicherheitsgefängnissen des mittelamerikanischen Landes stattgefunden.

Enthüllungen der Tageszeitung ‚El Faro‘ vom Montag, den 23. August 2021 würden Beweise über die Treffen liefern. Das Blatt sei im Besitz von ‚Kopien von Hunderten von Berichten aus dem Gefängnissystem, die seit Juni 2019 Dutzende von geheimen Treffen zwischen Beamten und Bandenführern bestätigen‘. Auch Geheimdienstberichte würden der Faro-Redaktion vorliegen. Den Quellen zufolge hätten Regierungsvertreter mit den Mara-Banden Vereinbarungen und Absprachen getroffen, etwa weniger Morde und Gewalt im Tausch für verbesserte Haftbedingungen.

Auch Privilegien für Mara-Bandenmitglieder nach den Parlamentswahlen 2021 seien besprochen worden, so ‚El Faro‘. Seit Monaten schwelt in El Salvador der Skandal um die Geheimgespräche. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelte mit der Sondereinheit ‚Catedral‘ seit Monaten und hatte die Treffen mit Audios, Fotos, Dokumenten und Zeugenaussagen dokumentiert. Im Mai 2021 waren die unabhängigen Richter des Verfassungsgerichts und der Generalstaatsanwalt Raúl Melara durch das Parlament, in welchem die Bukele-Partei die Mehrheit hat, entlassen worden. Melaras Nachfolger Rodolfo Delgado, der dem Bukele-Lager zugerechnet wird, löste die Ermittlungsgruppe anschließend auf.“ (Blickpunkt Lateinamerika, 24. August 2021)

Dr. Thomas Boerman hat für zahlreiche Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen als Consultant zu Banden in El Salvador und anderen mittelamerikanischen Ländern gearbeitet sowie zahlreiche Artikel und Berichte zu organisierter Kriminalität und genderbasierter Gewalt in El Salvador und anderen Ländern verfasst bzw. mitverfasst.

·      Boerman, Thomas: Family As A Social Construct In El Salvador, Honduras, And Guatemala: Visibility And Vulnerability Of Family Members Of Individuals Targeted By Organized Criminal Groups, Immigration Briefings, Issue 19-12, December 2019, S. 8-11; 13, verfügbar auf: academia.edu
https://www.academia.edu/41352468/Gangs_and_the_targeting_of_families_in_El_Salvador_Honduras_and_Guatemala

„Complicating the situation further is the fact that internally displaced persons (IDPs) cannot simply move into the homes of any family member able and willing to take them in as they must be mindful of where those family members live. For example, if one is fleeing the Mara Salvatrucha (MS13), they cannot relocate to another MS13-controlled area, which, by definition, may involve moving to a Barrio 18 (aka Mara 18) controlled zone. Like MS13, however, Barrio 18 members are obsessed with knowing who is in their territory and predictably confront and victimize strangers (and oftentimes those who harbor them) criminally or harm or kill them simply because they are unknown entities and do not belong in the territory. Due to their social visibility, IDPs are often forced to live as virtual prisoners in the home because they still fear being located by those whom they fled, plus they are likely to be at risk from gangs and/or other violent actors that operate in the area where they are now living. As a result, both for their own safety as well as the safety of the family members who are harboring them—whose social visibility increases as a result of taking them in—IDP adults are often unable to work, and children are unable to attend school because doing so involves venturing out into the new community, further increasing their visibility and vulnerability.” (Boerman, Dezember 2019, S. 8-9)

„Actions that challenge or thwart gangs’ objectives, such as rebuffing demands for extortion, coerced service, or exploitative male-female relationships; espousing anti-gang political sentiments; participating in community, church, or school-based gang prevention or intervention activities; or cooperating with police, prosecutors, or courts are perceived as challenges, ‘insults’, and acts of ‘disrespect’ that demand a violent, punitive, and publicly visible response.” (Boerman, Dezember 2019, S. 10)

„First, once targeted, the gravity of the threat toward an individual typically does not diminish across time, oftentimes even over the course of years. At times, threats are acted on immediately whereas in other instances, there may be a passage of time—even a significant amount of time—before the targeted individual is subjected to harm. There are many internal and external variables that may affect the timing of a gang’s decision to act on threats. Those factors are unlikely to be known to those outside the gang, but the passage of time without harm cannot be taken to mean that the risk no longer exists; this would violate the most fundamental tenets of gang culture and mentality. In fact, failure to subject people to harm once they have fallen into disfavor would not only erode the respect and reputation that is so important to gangs and gang members, but it would also undermine the very strategy upon which gangs operate because it would convey a message that if enough time passes, the threat will dissipate and the gang will let you go on with your life.

Second, gangs are defined by a group identity and an institutional memory and operate with a sense of solidarity wherein members are almost unconditionally willing to act violently on behalf of those with whom they share favorable relationships, such as other gang members, family members, and friends. This means that, in addition to being at risk from any particular gang member, targeted individuals and their loved ones are likely to be at risk from the gang as a whole, or other clicas (individual gang cells) associated with that gang. Because gangs operate with an institutional memory, even if the members through whom the threat originated are now in prison, dead, out of the area, or no longer involved with the gang, the targeted individuals and their family members would typically remain at risk.

Third, the act of fleeing or going into hiding to avoid gangs’ demands and risk of harm is perceived as a challenge and antagonistic act, so if one flees and is forced by circumstances to return to the area or relocates and is later found, the level of risk that he or she encounters is likely to be substantially higher than at the time of his or her departure. Beyond a desire to punish the individual who fled, the intent is to convey a message to the larger community that attempting to escape by fleeing will result in even more serious reprisals. The act of fleeing may also result in risk to the family members left behind as gangs routinely seek them out to coerce information on the person who fled[.]“ (Boerman, Dezember 2019, S. 11)

„Others at risk due to their familial relationships can include the children of police officers, local political officials, clergy members, and/or others who have taken an actual or perceived anti-gang stance within the community or are affiliated with institutions that take a pro-rule-of-law position. In these instances, gangs essentially impose a multa (fine, penalty) upon the parents as a result of their pro-rule-of-law, antigang social, political and/or moral values by laying claim to their children. In addition to punishing, terrorizing, and controlling the parents, coercing these youth may also reflect a gang’s desire to strike a strategic and/or symbolic blow against the institutions that the parents represent.” (Boerman, S 13)

Das Congressional Research Service (CRS) ist der Recherchedienst des US-amerikanischen Kongresses.

·      CRS - Congressional Research Service: El Salvador: Background and U.S. Relations, aktualisiert am 1. Juli 2020, S. 9
https://crsreports.congress.gov/product/pdf/R/R43616

„The first phase of the plan involved deploying police and military forces into 17 high-crime communities and on public transportation and declaring a state of emergency in 28 prisons. The state of emergency tightened the ‘extraordinary measures’ already implemented in the prisons to include preventing visitors, blocking communications networks in and around prisons, and transferring inmates to more secure facilities.” (CRS, 1. Juli 2020, S. 9)

„Experts have expressed concern that these types of killings may increase now that President Bukele has authorized killings of gang members for ‘self-defense’ by security forces and the subjection of gang inmates to abuses.” (CRS, 1. Juli 2020, S. 15)

elDiario.es ist ein spanisches digitales Nachrichtenportal.

·      elDiario.es: Sin asilo tras huir de las maras: “Violaron y mataron a mi hija y amenazaron años después a mi familia a punta de pistola”, 14. Juni 2021
https://www.eldiario.es/catalunya/sociedad/asilo-huir-maras-violaron-mataron-hija-amenazaron-anos-despues-familia-punta-pistola_1_8027404.html

„Mi marido bebía mucho y se quedó sin empleo. Así que lo pusieron a trabajar para la pandilla. No te puedes negar. Tenía que guardar un parking donde había armas y también el libreto con todos los nombres de la colonia y la gente que debía dinero. Llegó un momento que pensó que iría a la cárcel, le caerían muchos años, y huyó. ‘Nos dejó solas, a mí y a mis hijos, aún hoy se lo recuerdo. Vinieron los mareros, me apuntaron a punta de pistola, preguntando dónde estaba. Cada día nos controlaban y nos pedían el teléfono para intentar hablar con él. Me salvó haberle dado el dinero que mi marido había dejado en un bote, pero nuestra vida corría peligro, tanto si volvía como si no’.” (elDiario.es, 14. Juni 2021)

Elsalvador.com ist die Onlineausgabe der salvadorianischen Zeitung El Diaro de Hoy.

·      ElSalvador.com: Caen dos presuntos cabecillas del Distrito Italia, comunidad controlada por la MS-13, 6. Jänner 2022
https://www.elsalvador.com/noticias/nacional/capturan-presuntos-cabecillas-distrito-italia-ms-mara-salvatrucha/915399/2022/

„Fuentes de la PNC y lugareños aseguran que el Distrito Italia ha sido abandonado al poder de las pandillas que lo han vuelto un refugio, un bastión económico y de distribución de drogas.

Fuentes de El Diario de Hoy estiman que en esa comunidad (que son tres etapas) hay no menos de 700 miembros de pandillas que han hecho de ese vecindario un bastión al cual llegan a refugiarse otros pandilleros que tienen órdenes de captura o que son objetivos de interés policial. Mientras que el puesto policial, situado a la entrada del lugar, solo hay cuatro elementos policiales por turno, de un total de ocho asignados al puesto.

Entre los cabecillas capturados ayer no está el máximo responsable de esa comunidad, que también tiene a su cargo todas las agrupaciones de la MS-13 con presencia en todo el municipio de Tonacatepeque, Guazapa y El Paisnal, aseguraron.

Las fuentes consideran que el operativo de ayer no impacta a esa agrupación criminal, pues pasada esa incursión, todo vuelve a la ‘normalidad’, es decir, los pandilleros regresan de los lugares a donde se fueron a refugiar para evadir el operativo y vuelven a sus puestos de vigilancia y a sus negocios.

Así sucedió con el operativo del pasado 11 de noviembre. Los pandilleros escaparon hacia la colonia Altos del Tejar, en Tonacatepeque. Una vez que se retiraron las fuerzas de seguridad, regresaron.” (elsalvador.com, 6. Jänner 2022)

HRC – UN Human Rights Council ist der UNO-Menschenrechtsrat, eine zwischenstaatliche Einrichtung innerhalb der Vereinten Nationen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte.

·      HRC – UN Human Rights Council: Report of the Special Rapporteur on the human rights of internally displaced persons on her visit to El Salvador, 23. April 2018, S. 4; 7
https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G18/116/64/PDF/G1811664.pdf?OpenElement

„Unverified estimates of gang membership put the number of gang members at over 60,000 (out of a total population of 6.5 million people), while many more may be associated in some form with gangs. This compares with roughly 25,000 police officers and some 13,000 armed forces personnel deployed to combat gang-related crime. The gangs reportedly maintain a presence in some 247 out of the 262 municipalities, which implies that their influence extends throughout the country. The Mara Salvatrucha, or MS-13, is the largest gang with some two thirds of total gang members; its main rival is the 18th Street (Barrio 18) gang. The control of territory and influence over communities is fundamental to gang operations and ethos, and gangs frequently violently dispute the control of territories.” (HRC, 23. April 2018, S. 4)

„The extent of violent crime is such that there is often no investigation carried out into even the most serious crimes, including homicides, resulting in a general lack of faith in law enforcement and the criminal justice system. The criminal conviction rate in El Salvador is less than 5 per cent. 7 Such a situation indicates a deeply worrying law enforcement deficit and demonstrates that the police and the investigation service are overwhelmed and underequipped to respond to the challenges they face, including the extraordinary levels of homicide. It also creates and perpetuates an environment and society in which gangs can flourish and function with almost absolute impunity from prosecution for even the most egregious crimes. This leads individuals and families, who see no prospect of remedy or protection in reporting violence to the authorities, to see their only option as fleeing their homes and communities to find safety. […]

Simply living in a known gang neighbourhood could result in young people being suspected of being gang members or associated with them, and some described incidents of violence or intimidation by both the gangs and the police or military. […]

When community members were asked what they wanted for the future, they described their hopes for a normal life with safe neighbourhoods, secure streets and the everyday interactions and activities that they were currently deprived of — a life without the threat of gang violence or an oppressive police and military presence. While community members said that they felt that not enough was being done to tackle the violence and establish the rule of law, they also noted that they feared the police and armed forces when they came into their communities.” (HRC, 23. April 2018, S. 7)

Human Rights Watch (HRW) ist eine international tätige Menschenrechtsorganisation.

·      HRW - Human Rights Watch: Deported to Danger, Februar 2020, S. 73)
https://www.hrw.org/sites/default/files/report_pdf/elsalvador0220_web_0.pdf

„There are many reasons why authorities are unable or unwilling to help protect Salvadoran citizens who are afraid for their safety, including the fact that they themselves are monitored and threatened, authorities’ offices have also been infiltrated by gangs, they lack resources, and carry large caseloads.” (HRW, Februar 2020, S. 73)

Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (Inter-American Commission for Human Rights – IACHR) ist ein aus sieben unabhängigen Expert·innen bestehendes, in Washington (USA) ansässiges, unabhängiges Organ der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), dessen Aufgabe es ist, Menschenrechte in der amerikanischen Hemisphäre zu schützen und zu fördern.

·      IACHR - Inter-American Commission of Human Rights: Situation of human rights in El Salvador, 14. Oktober 2021, S. 20, 25; 28-29
http://www.oas.org/en/iachr/reports/pdfs/2021_ElSalvador-EN.pdf

„Finally, as it was indicated in the context of the public hearing ‘Violence and citizen security in El Salvador’, held on November 11, 2019, the Territorial Control Plan allegedly had up to seven stages, of which only three have been publicly announced. To date, no details about their design and implementation have been published. According to the information received by the IACHR, the Territorial Control Plan, in its entirety, has been declared classified information under Article 19, b of the Law on Access to Public Information, for a period of seven years.” (IACHR, 14. Oktober 2021, S. 20)

„Currently over 8,626 military officers are allegedly appointed to public security tasks.” (IACHR, 14. Oktober 2021, S. 25)

„60. The IACHR has also been informed about the presence of ‘extermination groups’ or ’death squads’ in charge of the social cleansing of gang members. Such groups reportedly act with the knowledge, participation or acquiescence of the state security forces. Pursuant to the information gathered by the University Institute of Human Rights of the Central American University, within the last five years, the Office of the Attorney General has identified at least 10 different extermination groups and, between 2018 and January 2020, it managed to dismantle 8 different structures made up of at least 33 police officers, 9 members of the armed forces and 81 individuals, including former police officers. A total of 161 deaths, allegedly of gang members, were attributed to the ten extermination groups identified. The lack of investigations and the impunity that persists in these cases is a determining factor for the prevalence of these groups.” (IACHR, 14. Oktober 2021, S. 28-29)

Die International Crisis Group (ICG), eine unabhängige, nicht profitorientierte Nicht-Regierungsorganisation, die mittels Informationen und Analysen gewaltsame Konflikte verhindern und lösen will.

·      ICG – International Crisis Group: Miracle or Mirage? Gangs and Plunging Violence in El Salvador, 8. Juli 2020, S. 10-11; 19
https://d2071andvip0wj.cloudfront.net/081-miracle-or-mirage.pdf

„To date, the Territorial Control Plan has focused mostly on law enforcement in 22 prioritised municipalities.66 Its measures have included the permanent deployment of police and military patrols; mass detentions; and the provision of new personal equipment (such as boots and uniforms) for security forces. The government also tightened controls on communications and money flow in jails, and confined as well as transferred thousands of gang members.” (ICG, 8. Juli 2020, S. 10)

„The plan originally included twelve municipalities, then was extended to cover seventeen, and eventually 22 at the end of July 2019. National authorities chose these municipalities because they featured the greatest presence of criminal groups, but since these are also the most populous towns, some critics have suggested the end goal was to appeal to more voters. Crisis Group interviews, government official, police commissioner, evangelical pastor, San Salvador, October and December.” (ICG, 8. Juli 2020, S. 10, Fußnote 66)

„Alleging that the killing spree was ordered from the country’s jails – apparently suggesting that authorities had not succeeded in cutting communications between prison-based leaders and the outside after all – Bukele announced that prisoners would be confined to cells so that, in his words, ‘they could not see a beam of sunlight’. […] Bukele ordered that members of different gangs share the same cells, reversing what had become standard practice in El Salvador’s jails over the past sixteen years, with consequences examined in Section VI.7.” (ICG, 8. Juli 2020, S. 11)

„The government argues that its Territorial Control Plan accounts for the reduction in homicides following the new president’s assumption of power in June 2019. But statistical evidence studied by Crisis Group shows that the correlation between the plan and the reduction in homicides is not straightforward. It suggests that, even if the plan has played a role, other elements have also contributed. These include structural changes criminal gangs have undergone in recent years and, potentially, unofficial policies beyond the Territorial Control Plan – namely, an alleged informal understanding between officials and gangs to reduce gang violence and security forces’ clashes with gangs.” (ICG, 8. Juli 2020, S. 19)

InSight Crime ist ein Nachrichtenunternehmen und eine Nichtregierungsorganisation mit Büros in Medellín (Kolumbien) und Washington (USA), die sich auf die Berichterstattung und Recherche zu organisierter Kriminalität in Lateinamerika und der Karibik spezialisiert hat. Sie ist Teil des Global Investigative Journalism Network.

·      InSight Crime: Living Within the Boundaries of El Salvador's Gang 'War', 7. Jänner 2016
https://insightcrime.org/news/analysis/living-within-the-boundaries-of-el-salvador-gang-war/

„Inside many of these colonies are police stations that receive almost no complaints from people living in the neighborhood. The motto of the MS13 captures the spirit of the gang effect: see, hear, and be silent. Its longer version has a higher degree of cynicism: see, hear, and be silent if you want to enjoy life.” (InSight Crime, 7. Jänner 2016)

·      InSight Crime: The Omnipresent Business of the MS-13, 25. Jänner 2022
https://insightcrime.org/investigations/the-omnipresent-businesses-of-the-ms13/

„’They control everything. Even if there are issues with domestic violence, it’s forbidden to call the police. You have to speak with them and they take care of it,’ said one older woman belonging to a neighborhood association in Las Margaritas.” (Insight Crime, 25. Jänner 2022)

Das Immigration and Refugee Board of Canada (IRB) ist ein für Asyl und Migration zuständiges kanadisches Verwaltungsgericht, das eine COI-Rechercheabteilung unterhält.

·      IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: El Salvador: Information Gathering Mission Report - Part 1: Gangs in El Salvador and the Situation of Witnesses of Crime and Corruption, September 2016, Kapitel 4.1 und 5.2
https://www.irb-cisr.gc.ca/en/country-information/research/Pages/Salvador-2016P1.aspx#41

„Gangs exert their influence all over the country. Authorities have lost control over territory to gangs, as the latter decide who enters and who leaves from neighbourhoods. Gangs are very vigilant in controlling their territories and they question whoever enters these territories. According to El Faro, people in El Salvador know which gang exerts its influence in the neighbourhood in which he or she lives. […] The gang leaders in the community also intervene to settle conflicts among residents in the neighbourhood. Sources indicated that when settling disputes with other members of their community, people usually go to the gang leader rather than to authorities. El Faro provided the example of a woman who went to see the gang leader in her neighbourhood to complain about domestic violence and abuse by her husband. The gang leader reportedly threatened her husband and the violence against her ceased. El Faro explained that the gangs do not want state authorities arriving in the neighbourhood and prefer to resolve conflicts themselves through threats of violence.” (IRB, Kapitel 4.1, September 2016)

„Sources indicated that the justice system is inefficient, with high levels of impunity. The PDDH [Procuraduría para la Defensa de los Derechos Humanos (Büro der Ombudsperson für die Verteidigung der Menschenrechte)] also indicated that the justice system is weak and investigations are not comprehensive. The National Coordinating Committee of Unions and Associations of Workers in the Judiciary (Coordinadora Nacional de Sindicatos y Asociaciones del Órgano Judicial, CONASOJ) indicated that there are 634 judges in El Salvador, including 12 ‘special tribunals’ that hear cases related to gangs, but the workload is so high that it contributes to the inefficacy of the justice system. Also, the Chief Justice of the Criminal Chamber of Supreme Court of Justice (Corte Suprema de Justicia, Sala de lo Penal, CSJ-SP) indicated that prosecutors have around 400 to 500 cases each, which means that not all of them get investigated as [translation] ‘they need to prioritize.’ An annual report produced by the FGR indicates that, as of May 2016, prosecutors had an average of 358 cases each. The FGR report also indicates that the FGR has 1,031 judicial employees and 772 administrative staff. Despite the rise in homicides and crimes, resources to investigate all complaints and crimes continues to be limited. The CSJ-SP gave the view that efforts to address impunity are not sufficient. […]

Sources indicated that people prefer not to file complaints with authorities due to either fear of reprisals or retaliation, or due to lack of confidence in public institutions receiving complaints. The IGSP indicated that there have been isolated cases of collusion between members of the PNC with gangs. Other sources stated that if someone files a complaint against a gang or gang member, the person will likely face reprisals as gangs have infiltrated many state institutions, including the PNC. AEAS indicated that gangs also blackmail and threaten police officers into passing them information. Sources also indicated that gangs surveil police stations through cameras clandestinely posted in trees located at the front of these stations in order to monitor people going into the police station. For this reason, many people also decide not to file complaints with the police. Sources indicate that people who file complaints with authorities are stigmatized in their communities and are considered ‘traitors’ or are killed.” (IRB, Kapitel 5.2, September 2016)

KIND – Kids in Need of Defense ist eine in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation, die sich für den Schutz unbegleiteter und von ihren Familien getrennter Kinder einsetzt.

·      KIND – Kids in Need of Defense: Neither Security nor Justice: Sexual and Gender-based violence and Gang Violence in El Salvador, Honduras, and Guatemala, 31. Dezember 2017, S. 3)
https://supportkind.org/wp-content/uploads/2017/05/Neither-Security-nor-Justice_SGBV-Gang-Report-FINAL.pdf

„One of my [police] officers was talking to a 15-year-old girl who was thinking of leaving the country because she was receiving attention from gang members in her neighborhood. I said that we can’t tell her not to go, because we know the government can’t offer her protection.” (KIND, 31. Dezember 2017, S. 3)

La Prensa ist eine honduranische Tageszeitung.

·      La Prensa: Redada en El Salvador deja a 44 pandilleros detenidos, 15. Oktober 2021
https://www.laprensa.hn/mundo/redada-en-el-salvador-deja-a-44-pandilleros-detenidos-LD2764841

„Al menos 44 personas fueron arrestadas la madrugada de este viernes en El Salvador durante una redada contra la pandilla Mara Salvatrucha (MS13), incluido un ciudadano nicaragüense, informó la Fiscalía y la Policía. La Fiscalía General de la República (FGR) giró 94 órdenes administrativas de detención en el norteño departamento de Chalatenango principalmente por el delito de extorsión. Además, según el Ministerio Público, con las detenciones se ‘resuelven’ 19 casos de conspiración en delitos de homicidio y asociaciones delictivas relacionadas con el tráfico ilícito de drogas. También, señaló, ‘son esclarecidos delitos de simulación de delito, falso testimonio y privación de libertad’.

Por su parte, la Policía Nacional Civil (PNC) informó que se realizaron más de 63 allanamientos que permitieron la detención cinco supuestos cabecillas de la MS13 y la incautación de más de 8.000 dólares, dos vehículos, 30 teléfonos celulares y drogas. […]

El Salvador es asediado por la MS13, Barrio 18 y otras pandillas minoritarias que poseen más de 600 células en todo el país y a las cuales el Gobierno atribuye la mayoría de los crímenes. Las pandillas cuentan con unos 70.000 miembros, de los que casi 17.000 se encuentran encarcelados. A estas pandillas se atribuyen los altos índices de asesinatos que han situado al país como uno de los más violentos del mundo, con tasas de 103 y 81,7 muertes violentas por cada 100.000 habitantes en 2015 y 2016, respectivamente.

Las principales fuentes de financiación de estas estructuras son la extorsión de comerciantes y el tráfico de drogas al menudeo en los territorios que controlan. El Ejecutivo de Nayib Bukele implementa desde 2019 el Plan Control Territorial (PCT), al que le atribuye la caída de los asesinatos en los últimos años.” (La Prensa, 15. Oktober 2021)

La Prensa Gráfica ist eine salvadorianische Tageszeitung.

·      La Prensa Gráfica: Caen cabecillas de "los programas más violentos" de la MS-13 por alzar homicidios: "No todas las estructuras están de acuerdo en matar salvadoreños", dice Villatoro, 5. Jänner 2022
https://www.laprensagrafica.com/elsalvador/Autoridades-de-seguridad-brindan-detalles-sobre-captura-de-cabecillas-de-pandilla-en-Distrito-Italia-Tonacatepeque-20220105-0014.html

„Ocho cabecillas y corredores de Mara Salvatrucha MS-13 fueron capturados en la noche del martes y presentados este miércoles por las autoridades de Seguridad en el Distrito Italia en la jurisdicción del municipio de Tonacatepeque de San Salvador.

Son señalados como responsables del alza de homicidios registrada en noviembre pasado. Parte del grupo presentado hoy fue capturado en Colón, entre ellos el acusado por el asesinato de un soldado en octubre, en el cantón El Botoncillal del referido municipio. […]

Villatoro informó que los dos grupos de capturados forman parte de los programas de la MS, ‘Libertad’ y ‘Centrales’, que considera son los más violentos de El Salvador. A ellos les adjudicó el repunte de homicidios en noviembre por una disputa interna. […]

El director de la Policía Nacional Civil (PNC), Mauricio Arriaza Chicas, aseguró que se ha logrado dar con los delincuentes por medio de declaraciones de los mismos miembros de las estructuras, quienes han delatado a los cabecillas.” (La Prensa Gráfica, 5. Jänner 2022)

La Prensa Latina Media ist ein in Memphis/Tennessee (USA) ansässiges Medienunternehmen, das Nachrichten in Englisch und Spanisch anbietet.

·      La Prensa Latina Media: Gangs still rule in El Salvador, analysts say, 28. Dezember 2021
https://www.laprensalatina.com/gangs-still-rule-in-el-salvador-analysts-say/

„’It is not easy to confront that cancer which grew during 30 years, it is not easy to confront an irregular army of more than 70,000 members who have army guns, army grenades supplied by earlier administrations,’ the president said.” (La Prensa Latina Media, 28. Dezember 2021)

Das Migration Policy Institute (MPI) ist eine in Washington und Brüssel ansässige Forschungseinrichtung zu den Themen Flucht und Migration.

·      MPI – Migration Policy Institute: Gang Membership in Central America: More Complex than Meets the Eye (Autor: Michael Paarlberg), 26. August 2021
https://www.migrationpolicy.org/article/complexities-gang-membership-central-america

„Currently, MS-13 and Barrio 18 (also simply called ‘the letters’ and ‘the numbers,’ respectively) are organized under a decentralized franchise model with neighborhood-level clicas operating largely independently from one another and directed by local palabreros (‘shot-callers’). Clicas can range in size from less than a dozen to several hundred members, and may be organized into groups called programs, which ultimately answer to a ruling council called the ranfla, made up of senior gang leaders incarcerated in El Salvador. (MPI, 26. August 2021)

Terre des Hommes ist eine Non-Profit-Organisation, die sich weltweit für Kinderrechte einsetzt.

·      Terre des Hommes: „Die Maras akzeptieren kein Nein“, ohne Datum
https://www.tdh.de/was-wir-tun/projekte/mittelamerika/el-salvador/die-vermissten-von-el-salvador/die-maras-akzeptieren-kein-nein/

„Manche wohnen in einem Stadtteil, der von einer rivalisierenden Mara beherrscht wird, und werden deshalb als Feind gesehen. Manche verschwinden, weil sie sich weigern, mitzumachen. Manche werden getötet, weil sie das Schutzgeld nicht bezahlen wollen. Wenn es eine Frau oder ein Mädchen trifft, dann häufig, weil sie sich weigert, die Geliebte eines Marero zu werden. Wir betreuen ein solches Mädchen. Sie musste in eine andere Stadt umziehen und wir haben ihr geholfen, eine Familie zu finden, bei der sie leben kann. Die Maras akzeptieren kein Nein. Wenn sie auf ein Mädchen stehen, dann muss dieses Mädchen darauf eingehen. Wenn sie nicht will, dann ärgern sie sich und bedrohen sie.“ (Terre des Hommes, ohne Datum)

The Atlantic ist eine US-amerikanische Wochenzeitschrift.

·      The Atlantic: El Salvador's Gangs Are Targeting Young Girls, 4. März 2018
https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/03/el-salvador-women-gangs-ms-13-trump-violence/554804/

„El Salvador today is worse than during the war, Lucia told me. ‘During the war, at least we could roam freely,’ she said.’ Nowadays, you have to get permission. If you enter gang territory and nobody knows you—te vas pa el norte,’ she said, laughing at her own double meaning. Typically, when Salvadorans say el norte, or ‘the north,’ they’re referring to the United States. Instead, to explain her meaning, Lucia pointed to the blue sky overhead. She preferred to use the slang for homicide, my fixer said. Te vas pa el norte—they’ll send you up.“ (The Atlantic, 4. März 2018)

VICE World News ist ein Nachrichtenportal, der sich nach eigenen Angaben auf investigativen Journalismus und die Produktion von Videos zu zahlreichen Themen spezialisiert und Teil der VICE Media Group ist.

·      Vice World News: El Salvador is Trying to Control MS-13 by Doubling its Army, 30. Juli 2021
https://www.vice.com/en/article/m7ekb4/el-salvador-is-trying-to-control-ms-13-by-doubling-its-army

„Blanca, who asked VICE World News to change her name for fear of retribution, is the leader of a community group in a neighborhood in Soyapango, north of the capital San Salvador. The complete control that the notorious MS-13 gang has over her community means it's not safe to reveal its exact location. […]

‘We will double our Armed Force in the next five years, starting today. Every 15 weeks, a group of new soldiers will be introduced,’ tweeted the president, aiming to increase the army’s 20,000 troops to 40,000. […]

‘No one can call the police [in her community], not even to transfer an emergency patient. If you call 911 and a patrol arrives for some reason, then the gang members will complain and that offense could even cost your life,’ says Blanca. ‘In an emergency, the gang has to be called and they may or may not authorize the call to the police or an ambulance.’” (Vice, 30. Juli 2021)

Washington Post (WP) ist eine US-amerikanische Tageszeitung.

·      WP - Washington Post: It’s so dangerous to police MS-13 in El Salvador that officers are fleeing the country, 3. März 2019
https://www.washingtonpost.com/world/the_americas/its-so-dangerous-to-police-ms-13-in-el-salvador-that-officers-are-fleeing-the-country/2019/03/03/e897dbaa-2287-11e9-b5b4-1d18dfb7b084_story.html?noredirect=on

„There is no list in either El Salvador or the United States of Salvadoran police officers who have fled the country. But The Washington Post has identified 15 officers in the process of being resettled as refugees by the United Nations and six officers who have either recently received asylum or have scheduled asylum hearings in U.S. immigration courts. In WhatsApp groups, police officers have begun discussing the possibility of a migrant caravan composed entirely of Salvadoran police — a caravana policial, the officers call it. […]

With salaries of $300 to $400 per month, the low-level police officers who make up the majority of the force often have no choice but to live in neighborhoods vulnerable to gangs. And so, in the vast majority of the cases, police officers are killed when they are home from work or are on leave. In August, Manuel de Jesús Mira Díaz was killed while buying construction materials. In July, Juan de Jesús Morales Alvarado was killed while walking with his 7-year-old son on the way to school. In November, Barrera Mayén was killed after taking leave to spend time at home with his family.

The police investigated a number of the killings since 2014 and found members of the major gangs responsible.

‘They have more control than we do. When we go home, we’re in neighborhoods where there’s one police to 100 gang members. We’re easy victims,’ said one officer in the country’s anti-gang unit, who, after being threatened by MS-13 in his home, is awaiting refugee status from the United Nations. He spoke on the condition of anonymity out of fear for his safety. […]

In one case, concerning a police officer now applying for asylum in U.S. immigration courts, gang members threatened to kidnap the officer’s child at an elementary school in rural El Salvador.” (WP, 3. März 2019)

·      WP - Washington Post: U.S. accuses El Salvador of cutting secret deal with MS-13 to tamp down killings, 8. Dezember 2021
https://www.washingtonpost.com/world/2021/12/08/salvador-bukele-gangs-sanctions/

„The Treasury Department announced Wednesday that it was imposing sanctions on two Salvadoran officials for their roles in the alleged gang negotiations: Osiris Luna Meza, the vice minister of justice and director of the prison system, and Carlos Amilcar Marroquín, head of a major social welfare agency. The men organized meetings with jailed gang leaders, the department said in a statement.

As part of the negotiations, the department alleged, Bukele’s government ‘provided financial incentives to Salvadoran gangs MS-13 and 18th Street’ in 2020 to ensure that the number of ‘confirmed homicides’ remained low. The gang leaders agreed to back Bukele’s party, New Ideas, in legislative elections in 2021, the department alleged. The party captured a supermajority in congress.

Bukele has denied negotiating with gangs as president or in his previous job as mayor of San Salvador. He has credited his security policies for reducing El Salvador’s homicide rate to its lowest level in more than two decades. But disappearances have surged in recent years, according to watchdog groups.

Bukele rejected the U.S. accusations Wednesday.” (WP, 8. Dezember 2021)



[1] In der Bandenstruktur sind Programme („programas“) übergeordnete Gruppen, die jeweils mehrere auf Ebene der Wohngegend operierende Gruppen, sogenannte „clicas“, umfassen können (MPI, 26. August 2021).