Anfragebeantwortung zu Georgien: Drogenersatzprogramme, Finanzierung [a‑11790‑1]

22. Dezember 2021

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In einer Studie aus dem Jahr 2021, die vom Institut für Suchtforschung an der Ilia State University in Tiflis in Zusammenarbeit mit der NGO Eurasian Harm Reduction Association (EHRA) sowie weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen herausgegeben wurde, wird erläutert, dass das Angebot von Substitutionstherapien in Georgien zum Zeitpunkt der Veröffentlichung durch die Verordnung N01- 41/n zur Behandlung mit einem speziellen Drogensubstitutionsprogramm des georgischen Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales geregelt sei. Diese Verordnung lege Behandlungsmethoden und Ausschlusskriterien sowie die Behandlungsarten und die zugelassenen Arzneimittel fest (Kurzzeit- und Langzeitentgiftung, kurzfristige Substitutionsbehandlung bis zu sechs Monaten, langfristige Substitutionserhaltungstherapie über mehr als sechs Monate und stationäre Behandlung mit einem Substitutionspräparat). Seit dem 1. Juli 2017 werde die Methadon-Substitutionstherapie aus dem staatlichen Budget finanziert und die Leistungen seien für die Anspruchsberechtigten kostenlos. Es gebe keine Wartelisten und der Bedarf an Opioid-Substitutionstherapie (Opioid Substitution Therapy, OST) sei im Land vollständig gedeckt. Das Verfahren für die Aufnahme sei einfach und dauere nicht länger als einen Tag (Javakhishvili et al, 2021, S. 12-13). Im Rahmen der Studie seien neben einer quantitativen Befragung von insgesamt 685 Personen (Javakhishvili et al, 2021, S. 23), 10 halbstrukturierte qualitative Interviews geführt worden (neun Männer und eine Frau). Von den Befragten der qualitativen Umfrage würden derzeit acht Patienten·innen am Methadon-Substitutionsprogramm und 2 an der Suboxone-Substitutionstherapie teilnehmen; neun Befragte würden an einem staatlichen Substitutionsprogramm teilnehmen und ein/e Patient·in an einem privaten Programm. Die Dauer der Teilnahme der Befragten an den Programmen sei recht unterschiedlich: Die durchschnittliche Dauer betrage 6 Jahre (Mindestdauer 1 Monat, Höchstdauer 14 Jahre) (Javakhishvili et al, 2021, S. 25). Laut den Ergebnissen der qualitativen Studie sei es in manchen Fällen schwierig, die Ersatzdroge während des Ortswechsels zu bekommen – einer/eine der Befragten habe berichtet, dass es nach Ankunft aus einem europäischen Land, in dem er/sie an einem OST-Programm teilgenommen habe, zu einer mehrtägigen Verzögerung bei der Aufnahme in das Programm in Georgien gekommen sei. Der Nachweis, dass er/sie im Ausland an einem OST-Programm teilgenommen habe, sei für die Aufnahme in die Methadon-Substitutionstherapie nicht ausgereichend gewesen, und er/sie sei aufgefordert worden, eine Gesundheitserklärung der örtlichen Poliklinik vorzulegen, was den Aufnahmeprozess verzögert habe (der Vorfall habe sich 2013 ereignet). Nach Angaben eines/einer zweiten Befragten (der/die ebenfalls an einer Substitutionstherapie mit Suboxone im Ausland teilgenommen habe) sei es jedoch seit dem Ankunftstag in Georgien möglich gewesen an einem Methadon-Substitutionstherapieprogramm teilzunehmen, wofür die Analyse von biologischem Material und die Untersuchung durch einen Arzt (das Vorhandensein von Entzugssymptomen) ausreichend gewesen seien (Javakhishvili et al, 2021, S. 26).

Die oben genannte Verordnung N01- 41/n zur Durchführung und Behandlung mit einem speziellen Drogensubstitutionsprogramm der georgischen Ministerin für Binnenvertriebene aus den besetzten Gebieten Georgiens, Arbeit, Gesundheit und soziale Angelegenheiten wurde zuletzt im August 2021 abgeändert und kann, zusammen mit allen konsolidierten Versionen, in georgischer Sprache unter folgendem Link abgerufen werden:

·      Verordnung N01- 41/n zur Behandlung mit einem speziellen Drogensubstitutionsprogramm des georgischen Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, 8. Juli 2014
https://matsne.gov.ge/ka/document/view/2374811?publication=0

Die oben angeführte Studie des Instituts für Suchtforschung an der Ilia State University in Tiflis erläutert weiters, dass zum Jahresende 2020 Bezugsberechtigte in Georgien eine Substitutionstherapie im Rahmen von Methadon- und Suboxon-Programmen (Suboxone®, Kombinationspräparat aus Buprenorphin und Naloxon) in Anspruch nehmen könnten. Das Methadonprogramm werde von den staatlichen Behörden durchgeführt; für das Suboxonprogramm gebe es zwei öffentliche Abteilungen - eine in Tiflis und eine weitere in Kutaisi, der Rest sei privat. Die Kosten für das staatliche Programm würden derzeit vollständig durch die für das Programm bereitgestellten Budgetmittel gedeckt; Klient·innen privater Programme würden selbst für die Behandlung zahlen. Die Kosten für die Behandlung in einem privaten Programm würden sich nach der Menge der erhaltenen Medikamente richten. Zusätzlich zu den Ersatzmedikamenten sollten sowohl die öffentlichen als auch die privaten Kliniken ihren Klient·innen eine Reihe von Gesundheitsdiensten anbieten (Gesundheitsüberwachung, verschiedene Tests und Untersuchungen sowie die Dienste eines Psychologen und eines Sozialarbeiters). Mit Stand 2020 gebe es in den verschiedenen Regionen Georgiens 22 staatliche Programme zur Opioid-Substitutionstherapie; neun davon würden sich in Tiflis befinden und jeweils ein Programm sei in den folgenden Städten angesiedelt: Batumi, Bordschomi, Gori, Kobuleti, Kutaissi, Osurgeti, Poti, Satschchere, Telawi, sestaponi und Sugdidi. Private Subuxon-Substitutionsprogramme würden unter der Federführung der Georgische Medizinische Gesellschaft für Suchtfragen („Georgian Medical Corporation for Addiction“) von zehn Organisationen durchgeführt: Vier davon befänden sich in Tiflis und in den folgenden Städten gebe es jeweils eine Organisation: Batumi, Gori, Kobuleti, Kwareli, Kutaissi und Senaki (Javakhishvili et al, 2021, S. 13-15).

In einem Entscheidungstext des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom Oktober 2021 finden sich folgende Informationen aus dem COI-CMS der BFA Staatendokumentation zu den Behandlungsmöglichkeiten von Drogensucht in Georgien (letzte Änderung: 29.03.2021):

„Das staatliche Programm betreffend Drogensucht enthält den stationären begleiteten Entzug mit einer Rehabilitationsphase, den ambulanten Entzug mittels Methadonabgabe und deren Reduktion über zwei bis vier Wochen sowie zeitlich nicht befristete Drogenersatzprogramme. Neben Methadon ist Drogenersatztherapie mittels Suboxone möglich. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Buprenorphin (Opioid) und Naloxon (Opioid-Antagonist). Gewisse Co-payments für die Methadonabgabe sind seit 2017 weggefallen (SEM 21.3.2018; vgl. BDA 2019). Es gibt häufigen Methadonmangel, was zu schwerwiegenden Folgen für jene Personen führen kann, die auf diesen Wirkstoff angewiesen sind. Es gibt mangelnde Erfahrung bei der Dosierung von Methadon (EASO MedCOI 16.5.2019).

Das staatliche Programm – Drogensucht – beinhaltet im Detail:

·       Stationären Entgiftung und Primärrehabilitation

·       Verabreichung von Substitutionsmedikamenten und die medizinische Überwachung (die Beschaffung von Substitutionsmedikamenten für die Programmempfänger erfolgt im Rahmen des Programms – ‚Versorgung der Bevölkerung mit spezifischen Medikamenten‘) in Tiflis und den Regionen (Kakheti, Imereti, Guria, Samegrelo-Zemo Svaneti)

·       Das Programm ist für die Bürger Georgiens mit Drogenabhängigkeit bestimmt (SSA o.D.g) […]

Die Zuzahlung erfolgt durch den Patienten bei Durchführung der Substitutionsbehandlung, die sich auf 150 GEL [ca. 37,50 Euro] pro Patient während eines Monats beläuft. Die Zuzahlung gilt nicht für Patienten mit HIV-Infektion (SSA o.D.g). Die stationäre Entgiftung der Drogenabhängigen und die primäre Rehabilitation werden vollständig vom Staat finanziert (SSA 28.2.2020; vgl. SSA o.D.g). Laut IOM Tbilisi dauert es für prioritär zugelassene Personen etwa zwei Wochen, bis mit dem Entzug begonnen werden kann. Wer keines der Kriterien erfüllt, muss mit einer Wartezeit von ungefähr drei Monaten rechnen. Außerhalb des staatlichen Programms gibt es keine Wartezeiten. Die Kosten dafür betragen etwa GEL 3.000 [ca. 750 Euro] (SEM 21.3.2019).” (BVwG, 18. Oktober 2021)

Eine Anfragebeantwortung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom 3. Quartal 2021 an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) befasst sich mit Behandlungsmöglichkeiten und der medizinischen Versorgung von drogenabhängigen Rückkerhrer·innen in Georgien und enthält folgende Informationen zum georgischen Methadonprogramm:

„Eine Behandlung wäre in folgenden Einrichtungen grundsätzlich möglich. Dennoch gilt zu berücksichtigen, dass eine genaue Aussage zu den Behandlungsmöglichkeiten erst nach einer Erstuntersuchung durch eine/n lokale/n Arzt/Ärztin erfolgen kann. Die rückkehrende Person kann sich an das Center for Mental Health and Prevention of Addiction (Methadonprogramm) wenden: Adresse: 21a, Kavtaradze Street, Tiflis.

Wenn seine/ihre derzeitige Dosis 20 mg oder weniger beträgt, kann er/sie sich problemlos anmelden. Bei einer höheren Dosis sollte die Person jedoch eine ärztliche Bescheinigung der derzeitigen Klinik in Deutschland vorlegen, aus der die tägliche Dosis und die Dauer der Teilnahme am Programm hervorgehen. Diese Bescheinigung sollte zum Zeitpunkt der Einreise nicht älter als 10 Tage sein. Der/die Rückkehrende muss dieses Dokument ins Georgische übersetzen und von einem Notar beglaubigen lassen. Kann er/sie dieses Dokument nicht vorweisen, wird er/sie mit der niedrigsten Dosis (20 mg) aufgenommen. Außerdem muss die Person ihren georgischen Ausweis vorlegen. IOM Georgien kann Ihnen dabei helfen, wenn Sie uns das Dokument einige Tage vor seiner/ihrer Ankunft zusenden. Die Person wird in der Klinik untersucht, erhält ein allgemeinmedizinisches Attest (Kosten: 70 GEL) [ca. 20,30 Euro, Anmerkung ACCORD] und wird in das Programm aufgenommen. Der Rest der Behandlung ist kostenlos. Bitte beachten Sie, dass die Einschreibung nur an Wochentagen, nicht am Wochenende und nur vor 14.00 Uhr möglich ist. Da die Person nach ihrer Rückkehr mehrere Tage lang selbständig bleiben muss, wäre es gut, wenn sie einen Vorrat an Methadon mit dem entsprechenden Rezept mit sich führt. […] Methadon wird nicht in Apotheken verkauft. Es kann nur im Rahmen von Substitutionsprogrammen bezogen werden und ist für georgische Staatsangehörige kostenlos.

Dauer der Registrierung: Georgische Staatsangehörige müssen nur ihren georgischen Ausweis für die allgemeine staatliche Krankenversicherung vorlegen und dürfen keine private Versicherung haben. Es dauert ein paar Tage. Die Kosten für die Methadon-Substitution werden vom Staat übernommen und die Einschreibung kann sofort erfolgen.“ (IOM, 3. Quartal 2021a, S. 1-2)

Dieselbe Anfragebeantwortung von IOM vom 3. Quartal 2021 geht auch auf die Behandlung mit Buprenorphin (Suboxon) ein:

„In Tiflis und einigen anderen Städten gibt es auch ein Substitutionsprogramm für Buprenorphin (Suboxon). Der Rückkehrende sollte sich an das kommerzielle ambulante Buprenorphinprogramm in der Poliklinik Medison, 83/11, Vazha-Pshavela Ave. in Tbilissi wenden. Der Rückkehrende sollte eine ärztliche Bescheinigung aus Deutschland vorlegen, wo er sich derzeit im Programm befindet. Das Dokument sollte seinen Namen, das Datum und die Dauer der Teilnahme am Programm sowie die aktuelle Tagesdosis von 6 mg enthalten. Das Dokument sollte übersetzt und beglaubigt werden und der Klinik vorgelegt werden. Nach der Ankunft sollte die Person sich in jeder Poliklinik ein medizinisches Formular 100 ausstellen lassen, in dem sein Medikamentenbedarf angegeben ist, und sich an das Programm wenden. Die Kosten für 2 mg Buprenorphin betragen 18 GEL (=USD 5,4) [ca. 5.20 Euro, Anmerkung ACCORD], jede weitere 2 mg kostet zusätzlich 3 GEL (=USD 0,9) [ca. 0,87 Euro, Anmerkung ACCORD]. Die Anmeldegebühr beträgt 40 GEL (=USD 12,1) [ca. 11.6 Euro, Anmerkung ACCORD].“ (IOM, 3. Quartal 2021a, S. 1)

Das in der obigen Anfragebeantwortung von IOM als für das Methadonprogramm zuständig genannte Zentrum für psychische Gesundheit und Suchtprävention („Center for Mental Health and Prevention of Addiction“, MHPA) ist eine Regierungsorganisation, die eigenen Angaben nach für die Umsetzung der staatlichen Programme zu „Sucht“ und „Psychiatrie“ verantwortlich ist. Auf der Website der Organisation findet sich ein Beitrag vom September 2020, der das georgische Ersatztherapieprogramm („replacement therapy program”) beschreibt. Demnach sei das staatliche Programm seit Sommer 2017 für Patient·innen gänzlich kostenlos. Das Ersatztherapieprogramm stehe in 21 Dienststellen in ganz Georgien zur Verfügung. Als Ersatztherapie würden Methadonhydrochlorid-Sirup, -Lösung oder -Tabletten verwendet. Die Medikamente werden in einer spezialisierten Einrichtung oder Abteilung unter direkter Aufsicht von medizinischem Personal eingenommen, wodurch ausgeschlossen werde, dass Methadon von einer medizinischen Einrichtung auf den „Schwarzmarkt“ gelange. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hätten bis zu 12.000 Personen das georgische Substitutionstherapieprogramm in Anspruch genommen, wobei die durchschnittliche Tagesdosis 70 Milligramm nicht übersteige. Der/die Patient·in könne zusammen mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin einen individuellen Dosierungsplan aufstellen und nach erfolgreicher Entwöhnung das Programm freiwillig verlassen. Verstoße der/die Patient·in gegen das Behandlungsprogramm, einschließlich der Einnahme von Medikamenten ohne ärztliche Verschreibung, sei er/sie aufgefordert, das Programm zu verlassen. Zu den Hauptkriterien für die Aufnahme in das Programm zähle, dass eine Person über 21 Jahre alt sei und dass mindestens drei Ärzte·innen vor einer medizinischen Kommission die Abhängigkeit von Opioiden bestätigen würden. Personen, die nicht von Opioiden abhängen würden (sondern, z. B. von Marihuana, Amphetamin usw.) würden nicht in das Programm aufgenommen (MHPA, 3. September 2020).

Die bereits angeführten Informationen aus dem COI-CMS der BFA Staatendokumentation zu den Behandlungsmöglichkeiten von Drogensucht in Georgien (letzte Änderung: 29.03.2021) enthalten auch Folgendes zu Aufnahmekriterien für stationäre Entgiftung und primäre Rehabilitation:

„Der für stationäre Entgiftung und primäre Rehabilitation angegebene Leistungserbringer sorgt für die Festlegung der Leistungsempfänger, wobei jenen, die die folgenden Kriterien erfüllen, Vorrang einzuräumen ist:

·       Patienten, die die Komponente 'stationäre Entgiftung und primäre Rehabilitation' des 'staatlichen Programms - Drogenabhängigkeit' noch nicht genutzt haben.

·       Die mit HIV-Infektion/AIDS infizierten Patienten, um die Übertragung von HIV-Infektion/AIDS zu reduzieren.

·       Mitglieder der Familien, die in der 'Einheitlichen Datenbank der sozial schwachen Familien' registriert sind, deren Bewertung 70.000 Einheiten nicht überschreitet.

·       Patienten zwischen 18-25 Jahren

·       Veteranen der militärischen Aktivitäten für die territoriale Integrität, Freiheit und Unabhängigkeit Georgiens und die mit ihnen gleichgestellten Personen (SSA o.D.g)” (BVwG, 18. Oktober 2021)

Laut der bereits zitierten Studie des Instituts für Suchtforschung an der Ilia State University aus dem Jahr 2021 müsse eine Person zur Aufnahme in ein Substitutionsprogramm die Kriterien für ein aktives Abhängigkeitssyndrom von opioiden Substanzen erfüllen (diagnostiziert anhand der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, ICD10). Außerdem sei mindestens eine der folgenden Bedingungen zu erfüllen: Alter von 21 Jahren oder älter, Konsum injizierbarer Opioide, Diagnose von HIV oder AIDS und/oder Schwangerschaft. Das Gesetz erlaube auch Ausnahmen von den angeführten Kriterien im Falle besonderer medizinischer und/oder sozialer Umstände. Für Migrant·innen und Ausländer·innen, die zum Zeitpunkt der Ausreise an einem Substitutionsprogramm im Ausland teilgenommen hätten, sei es ebenfalls möglich, an dem Programm teilzunehmen (Javakhishvili et al, 2021, S. 14).

Eine weitere Anfragebeantwortung von IOM vom 3. Quartal 2021 an die ZIRF des deutschen BAMF behandelt das Thema Unterstützungsmöglichkeiten für drogenabhängige und schutzbedürftige Personen, die nach Georgien zurückkehren wollen:

„Schutzbedürftige Person/en Unterstützende Einrichtungen: Für diese vulnerable Gruppe gibt es keine soziale Unterstützung oder finanzielle Hilfe. In den Substitutionskliniken kann es zwar einige psychosoziale Dienste geben, aber diese gibt es eher selten.“ (IOM, 3. Quartal 2021b, S. 1)

In einer Anfragebeantwortung vom 3. Quartal 2020 der IOM an das ZIRF wird auf Zugang zu Drogenersatz von Rückkehrer·innen bei vorgeschriebener Quarantäne im Rahmen der COVID-19-Pandemie eingegangen:

„Sollte die Person in Georgien ankommen, wenn nach wie vor eine 14-tägige Quarantäne vorgeschrieben ist, kann lediglich das staatliche Substitutionsprogramm Buprenorphine bereitstellen. Das Problem hierbei ist, dass dieses üblicherweise sehr limitiert ist und daher viele Patienten/innen in das staatliche Methadoneprogramm aufgenommen werden. Sollten Allergien oder Kontradiktionen zu Methadon bestehen, und dies auch in der ärztlichen Bescheinigung so vermerkt sein, bekommt die Person Buprenorphine. Wenn nicht, muss die Person die notwendige Dosis für die 14-tägige Quarantäne mitnehmen (alternativ bekommt die Person Methadone in der Quarantäne). Die Person kann sich an das kommerzielle Buprenorphine Programm wenden: URANTI – Zentrum für Medizinische, Sozioökonomische und Kulturelle Angelegenheiten Adresse: Nutsubidze V m/r; block 2a Telefon: 99532 2391245; 99532 2391246 E-Mail: info@uranti.ge Website: www.uranti.ge

Nach Ankunft wird die Person zur Quarantäne begleitet. Aktuell ist nicht bekannt wo diese stattfindet (üblicherweise in einem Hotel). Dies hängt generell von der Verfügbarkeit der Plätze, sowie dem endgültigen Rückkehrort, ab. Nach Ankunft in der Quarantäne muss die Person die Hotline 144 anrufen und angeben, dass man sich in Quarantäne befindet und Buprenorphine benötigt. Normalerweise gibt es eine/n zuständige/n Arzt/Ärztin, daher ist es wichtig dem/der Arzt/Ärztin dies auch mitzuteilen. Darüber hinaus ist es wichtig anzugeben, dass die Person bereits in Deutschland in einem Substitutionsprogramm war und was die tägliche Dosis ist. IOM Georgien sollte zudem über die Rückkehr informiert werden, da die Kollegen/innen vor Ort die Person entsprechend unterstützen/informieren können.“ (IOM, 3. Quartal 2020, S. 1)

In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnte im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine weiteren Informationen zum Zugang zu Drogenersatzprogrammen für Personen, die über zehn Jahren im Ausland waren, gefunden werden. Es wurden dazu Experten·innen kontaktiert. Sobald eine diesbezügliche Antwort einlangt, werden wir sie Ihnen sofort weiterleiten.

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 22. Dezember 2021)

·      BVwG – Bundesverwaltungsgericht: W182 2151433-4, 18. Oktober 2021 (verfügbar auf RIS – Rechtsinformationssystem)
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20211018_W182_2151433_4_00/BVWGT_20211018_W182_2151433_4_00.html

·      IOM – Internationale Organisation für Migration: Drogenabhängigkeit (veröffentlicht von ZIRF – Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung), 3. Quartal 2020
https://files.returningfromgermany.de/files/2020-3%20Georgien%20Drogenabh%C3%A4ngigkeit.pdf

·      IOM – Internationale Organisation für Migration: Drogenabhängigkeit (veröffentlicht von ZIRF – Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung), 3. Quartal 2021a
https://files.returningfromgermany.de/files/2021-3%20Georgien%20Drogenabh%C3%A4ngigkeit.pdf

·      IOM – Internationale Organisation für Migration: Schutzbedürftigkeit (veröffentlicht von ZIRF – Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung), 3. Quartal 2021b
https://files.returningfromgermany.de/files/2021-3%20Georgien%20Schutzbed%C3%BCrftigkeit.pdf

·      Javakhishvili, Jana, Razmadze, Mariam, Kutelia, Lika, Shengelia, Natia, Lezhava, Lela: Survey of Client Satisfaction with Opioid Substitution Program in Western Georgia (Herausgeber: EHRA - Eurasian Harm Reduction Association, Ilia State University), 2021
http://fileserver.idpc.net/library/OST-Clients-Satisfaction-Survey-Report-EHAR-and-ILiauni-2021.pdf

·      MHPA - Center for Mental Health and Prevention of Addiction: About the Maintenance Therapy Program, 3. September 2020
https://mhpa.ge/en/about-the-maintenance-therapy-program/

·      Verordnung N01- 41/n zur Behandlung mit einem speziellen Drogensubstitutionsprogramm des georgischen Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, 8. Juli 2014
https://matsne.gov.ge/ka/document/view/2374811?publication=0

 

 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Die Studienleiterin Jana Javakhishvili ist Direktorin des Instituts für Suchtstudien an der Ilia State University, dessen Mission es ist, die Kapazitäten Georgiens zur Bewältigung von Suchtproblemen zu stärken. Die Eurasian Harm Reduction Association (EHRA) ist eine gemeinnützige, öffentliche, auf Mitgliedschaft basierende Dachorganisation für Aktivist·innen und Organisationen aus Mittel- und Osteuropa sowie Zentralasien, die psychoaktive Substanzen konsumierende Personen unterstützen.

·      Javakhishvili, Jana, Razmadze, Mariam, Kutelia, Lika, Shengelia, Natia, Lezhava, Lela:.: Survey of Client Satisfaction with Opioid Substitution Program in Western Georgia (Herausgeber: EHRA - Eurasian Harm Reduction Association, Ilia State University), 2021
http://fileserver.idpc.net/library/OST-Clients-Satisfaction-Survey-Report-EHAR-and-ILiauni-2021.pdf

„At the time of report writing, the supply of substitution therapy in Georgia is regulated by the Order N01- 41/n of the Minister of Labor, Health and Social Affairs of Georgia on the treatment with a special drug substitution program, which defines the treatment method and exclusion criteria, as well as its types and permitted pharmaceutical products (short-term and long-term detoxification, short-term substitution treatment for up to 6 months, long-term substitution maintenance treatment for more than 6 months, and inpatient treatment using a substitute pharmaceutical product). […] From July 1, 2017, methadone substitution therapy is being funded from the state budget and services are free for the beneficiaries. There are no waiting lists and demand for OST [Opioid Substitution Therapy] is fully satisfied in the country. The procedure of inclusion is simple and takes not more than one day. […]

By the end of 2020, in Georgia beneficiaries can engage in substitution therapy in methadone and suboxone programs (Suboxone®, combined drug buprenorphine, naloxone; this program has been operating since 2012). The methadone program is implemented by the government agencies; As for the suboxone program, there are two public divisions – one in Tbilisi and another one in Kutaisi, the rest is private. Public program expenses currently are fully covered by the budget allocated for the program; Private program clients pay for the treatment themselves. The cost of treatment in a private program is determined by the amount of medication received. In addition to substitute medication, both public and private clinics are supposed to offer their beneficiaries a variety of health care services (health monitoring, various tests and examinations; also, the services of a psychologist and social worker).

To be included in the program, a person must meet the criteria for an active dependence syndrome on opioid substances (diagnosed using the International Classification of Diseases, ICD10); Also, at least one of the following: • Age 21 years and above • Injectable use of opioids • Diagnosis of HIV or AIDS • Pregnancy

Migrants and foreign nationals who were involved in a substitution program abroad at the time of departure also have the opportunity to participate in the program. The law also allows exceptions to the listed criteria in the case of special medical and/or social testimony.

As for 2020, in the different regions of Georgia there are 22 state-owned opioid substitution therapy programs in different regions of Georgia; 9 of them are in Tbilisi and there is one program in each of the following cities: Batumi, Borjomi, Gori, Kobuleti, Kutaisi, Ozurgeti, Poti, Sachkhere, Telavi, Zestaponi and Zugdidi. There is one program in each of the following two penitentiary institutions of Georgia (out of 15 institutions, including treatment, rehabilitation, women and adolescent facilities): Tbilisi N8 and Kutaisi N2 facilities (LEPL National Agency for Health, 2020). […]

As for private substitution programs, under the auspices of the Georgian Medical Corporation for Addiction operate 10 organizations which implement Subuxone substitution programs: 4 of them are in Tbilisi and there is one organization in each of the following cities: Batumi, Gori, Kobuleti, Kvareli, Kutaisi and Senaki (Sikharulidze, 2020)” (Javakhishvili et al, 2021, S. 12-15)

„The study was conducted using mixed methods approach. The so-called sequential research design was used: Initially, a qualitative component of the study was conducted, which was a round of semi-structured interviews with the opioid substitution therapy (OST) patients in western Georgia regarding their experience of involvement in the OST program. The results obtained in the qualitative component were utilized to refine the questionnaire to be used in the quantitative part of the study. […] The quantitative component of the study was conducted with a representative sample of patients of the OST programs in western Georgia. The following procedure was used to determine the sample size: The centers were divided into two categories: public institutions of the substitution therapy (methadone substitution and Subuxone substitution therapy providing institution) and private institutions (Subuxone substitution therapy institution). The sample size was calculated separately for each category. […] Finally, the total sample size (119+ 319 +247 = 685) was limited to 685 persons.” Tag (Javakhishvili et al, 2021, S. 22-23)

„A total of 10 semi-structured interviews were conducted within the study (9 men, 1 woman). […] Among the study respondents currently there are 8 patients involved in the methadone substitution program, and 2 − in Suboxone substitution therapy; 9 respondents are benefiting from the state program of substitution therapy and 1 is benefiting from a private program. The duration of the respondents’ involvement in the program is quite diverse: the average duration is 6 years (minimum duration of 1 month, maximum − 14 years, SD 4.42); 7 of them have been receiving continuous treatment since the day of enrollment in the program. The mean age of onset of illegal psychoactive substance use in the study respondents is 20 years (SD 1.5); The most commonly used illegal substances were: morphine, heroin, opium; Some of the respondents also have experience of using a substitute drug for non-medical purposes.” (Javakhishvili et al, 2021, S. 25)

„In some cases, it was difficult to get the substitute drug during the location change − one of the respondents reported that after arriving from a European country, where he/she was involved in OST, there was a delay of several days in joining the program in Georgia. Document proving that he/she was part of the OST program abroad was not sufficient for enrollment in the methadone substitution therapy and they were asked to submit a Health Declaration Form from the local polyclinic, which delayed the enrollment process (this happened in 2013). However, according to the information received from the second respondent (who was also involved in Suboxone substitution therapy abroad), tey were able to participate in a methadone substitution Therapy program since the day of their arrival in Georgia, for which the analysis of biological material and the examination by a doctor (the presence of withdrawal symptoms) were sufficient.” (Javakhishvili et al., 2021, S. 26)

Das Zentrum für psychische Gesundheit und Suchtprävention („Center for Mental Health and Prevention of Addiction“, MHPA) ist eine georgische Regierungsorganisation, die für die Umsetzung der staatlichen Programme zu „Sucht“ und „Psychiatrie“ verantwortlich ist.

·      MHPA - Center for Mental Health and Prevention of Addiction: About the Maintenance Therapy Program, 3. September 2020
https://mhpa.ge/en/about-the-maintenance-therapy-program/

„The replacement therapy program in Georgia was first implemented in 2004 with funding from the Global Fund. The program was designed for several dozen patients and was fully funded by the Global Fund. Due to the effectiveness of the program, after a certain period of time, a methadone replacement therapy program was launched in our country in 2008, which was implemented on the principle of co-financing within the state program (with the participation of the patient and the state). The methadone replacement therapy program has never been a private program, it has always been implemented by the Ministry of Health. The principle of co-financing was abolished in the summer of 2017 and the state program became absolutely free for patients. […]

As for the main criteria for enrollment in the program, a person must be over 21 years of age, at least three doctors must be confirmed by a medical commission consisting of a narcologist to depend on opioid drugs. Non-opioid (eg marijuana, amphetamine, etc.) addicts will not be included in the program. Methadone hydrochloride syrup, solution or pills are used for supportive therapy. The medicine is taken in a specialized institution or department under the direct supervision of medical staff, which excludes the possibility of methadone entering the ‘black market’ from a medical institution. After taking the drug, the container in which the beneficiary received the medication is placed in a specially designated place for disposal. The beneficiary is obliged to verbally say goodbye to the security guard when leaving. Patients undergo regular urination testing for narcotic / psychotropic substances to prevent ‘street’ drugs. In case of violation of the treatment regimen by the patient, including taking drugs without a doctor’s prescription, he will be asked to leave the program. […]

At present, up to 12 thousand beneficiaries benefit from the Georgian replacement therapy program, the average daily dose of each of them does not exceed 70 milligrams; The patient can, together with the narcologist, make an individual dosing schedule and, after successfully overcoming the addiction, voluntarily leave the program. In 2019, about 5,000 beneficiaries left the program (since 2008, the program has served a total of 18,808 citizens), most of them voluntarily, although there have been cases of expulsion of beneficiaries from the program due to regime violations.

The Replacement Therapy Program operates in 21 departments throughout Georgia, with no departments or offices located near the educational institution. First of all, it has a positive effect on the economic and social conditions of patients.”(MHPA, 3. September 2020)