Anfragebeantwortung zu Kolumbien: Gefährdungslage für Opfer von kriminellen und paramilitärischen Gruppen [a-11577-2]

25. Juni 2021

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Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.

Das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) (Englisch: Peace Research Institute Frankfurt, PRIF) veröffentlicht im November 2020 auf seinem Blog einen Beitrag mehrerer Wissenschaftler zur Ermordung sozialer Aktivist·innen in Kolumbien. In dem Beitrag werden folgende allgemeine Informationen zu nichtstaatlichen bewaffneten und kriminellen Gruppen zur Verfügung gestellt:

„Auf der Suche nach Erklärungen für die Gewaltwelle gegen soziale Aktivist*innen betonen sowohl Regierung als auch zahlreiche Beobachter*innen die Bedeutung illegaler Ökonomien und nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen. In der Tat hat die Demobilisierung der FARC in einigen marginalisierten Regionen zur Expansion des Koka-Anbaus, der Kokain-Produktion und auch des illegalen Bergbaus geführt. Um die Kontrolle der entsprechenden Ressourcen und Territorien kämpft ein fragmentiertes Spektrum nichtstaatlicher Gewaltakteure, darunter die verbliebene ELN-Guerrilla (Ejército de Liberación Nacional), diverse Abspaltungen der FARC, die sich der Demobilisierung entzogen haben, verschiedene Nachfolgeorganisationen der seit 2006 offiziell aufgelösten Paramilitärs sowie schlicht kriminelle Banden. Für die illegalen Aktivitäten all dieser Gruppen stellen lokale Gemeinschaften und soziale Organisationen, die sich etwa für Landrechte oder alternative Entwicklungsstrategien engagieren, ein Hindernis dar. Gemäß dieser Analyse besteht das Grundproblem in der prekären Präsenz des kolumbianischen Staates in der breiten Fläche des Landes. Offensichtlich ist der Staat nicht in der Lage, wirksam gegen kriminelle Strukturen vorzugehen und die eigene Bevölkerung zu schützen. Lösungsvorschläge konzentrieren sich dementsprechend darauf, bestehende Maßnahmen zum Schutz sozialer Anführer*innen (Schutzwesten, Bodyguards u.ä.) auszubauen, die Präsenz staatlicher Sicherheitskräfte in den betroffenen Regionen zu stärken sowie illegale Strukturen effektiver zu bekämpfen. […]

Dass Räume mit einer prekären oder selektiven Präsenz des Staates keine ‚unregierten‘ Räume sind, ist mittlerweile breit anerkannt. Mit Blick auf den kolumbianischen Bürgerkrieg beispielsweise ist umfassend dokumentiert, wie Guerrilla-Organisationen und paramilitärische Gruppen lokale Ordnungen aufbauen, die Maßnahmen sozialer Kontrolle mit der Bereitstellung öffentlicher Güter und Dienstleistungen verbinden. Das Verhältnis zum Staat ist dabei unterschiedlich, manchmal wird er vollständig ersetzt, teils zeigt sich aber auch eine (faktische) Arbeitsteilung und mitunter die direkte Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen und Repräsentant*innen auf lokaler Ebene.

Ähnliches konnte für kriminelle Gruppen gezeigt werden. Auch Banden und Mafia-Organisationen, die in Drogenhandel und andere illegale Geschäfte verstrickt sind, befassen sich mit zentralen Aufgaben des Regierens lokaler Gemeinschaften. Dabei pflegen sie häufig vielfältige, mitunter kooperative Beziehungen zu staatlichen Akteuren. Auf lokaler Ebene gehen die Beziehungen zwischen politischen und kriminellen Akteuren dabei über die für illegale Märkte charakteristischen Beziehungen von ‚Schutz‘ und ‚Straflosigkeit‘ hinaus: Lokale Politiker*innen bilden etwa Allianzen oder Abkommen mit kriminellen Gruppen und nutzen sie, um die Bevölkerung zu kontrollieren und mit Gewalt gegen politische Rivalen vorzugehen.“ (HSFK, 4. November 2020)

Die Deutsche Welle (DW), der Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied des Rundfunkverbundes ARD, schreibt in einem Artikel vom August 2020 Folgendes zu kriminellen und illegalen bewaffneten Gruppen in Kolumbien:

„Die sich stetig ausweitende COVID-19-Pandemie hat Kolumbien fest im Griff. Doch das Land kämpft noch an einer anderen Front, nämlich gegen einen Anstieg der Gewalt, und die resultiert aus dem lukrativen Geschäft des Kokainhandels. In diesem Jahr hat das UN-Büro für Menschenrechte in Kolumbien bisher 33 ‚Massaker‘ dokumentiert. Als ‚Massaker‘ im UN-Sinn gelten Tötungsdelikte an mehr als drei Personen am selben Ort durch dieselbe Tätergruppe. In der ersten Hälfte des Jahres 2020 gab es darüber hinaus 97 Morde an Menschenrechtsaktivisten und 41 Morde an ehemaligen Guerilla-Kämpfern der FARC.

Erst in den vergangenen Wochen erschütterten zwei neue Tragödien das Land. Nach der Ermordung von fünf Jugendlichen in Cali durch unbekannte Angreifer wurden am vergangenen Samstag neun junge Leute im Departement Nariño getötet. […]

Stefan Peters, akademischer Direktor des Kolumbianisch-Deutschen Instituts für Frieden (CAPAZ), sagt, die Motive hinter den Morden seien sehr unterschiedlich und nicht immer eindeutig. Im Interview mit der DW kritisiert er die mangelnde Aufklärung der Morde, die zu einem zentralen Problem geworden sei, da die geistigen Urheber der Verbrechen selten bekannt seien. ‚Die Gewalt konzentriert sich in abgelegenen Regionen, richtet sich vor allem gegen die sozial schwache Bevölkerung und wird von Akteuren ausgeübt, die um die territoriale Kontrolle kämpfen. In einigen Fällen gibt es auch eine Beteiligung von staatlichen Akteuren‘, so Peters.

Während soziale Aktivisten, Umweltschützer und ehemalige FARC-Guerillas weiterhin die Hauptziele der Angriffe sind, gebe es ‚eine neue Dynamik der Gewalt und vor allem grausame Morde an jungen Menschen‘. Über Twitter verurteilte das UN-Menschenrechtsbüro die Morde an den Jugendlichen aufs Schärfste und fügte hinzu, dass Gruppen des organisierten Verbrechens für 78 Prozent der Morde in Kolumbien in diesem Jahr verantwortlich seien, die überwiegende Mehrheit davon in Departements mit ‚illegalen Kokaproduktions-Enklaven‘.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnt vor der Präsenz illegaler bewaffneter Gruppen in mindestens elf Regionen des Landes. Dort sollen diese ein Terrorregime eingeführt haben, das die Coronavirus-Krise ausnutzt, um alle Arten von Misshandlungen gegen die Zivilbevölkerung zu verüben.

Sabine Kurtenbach vom Hamburger GIGA-Institut für Lateinamerikastudien erklärt gegenüber der DW, dass sich unter den Tätern Gruppen von Ex-Paramilitärs, nicht entwaffnete FARC-Kämpfer sowie die Guerilla der ELN befinden, darüber hinaus jedoch auch transnational agierende organisierte Verbrecherbanden, die ihre Präsenz in Kolumbien konsolidieren. ‘Aber auch die kolumbianische Regierung steht in der Mitverantwortung, weil sie es unterlässt, ausreichend Schutz vor Gewalt zu organisieren‘, kritisiert Kurtenbach.“ (DW, 23. August 2020)

Das deutsche Auswärtige Amt (AA) erwähnt in seinem politischen Porträt Kolumbiens vom März 2021:

„Zunehmende Bedrohung geht heute von neuen kriminellen Banden aus, die sich zum Teil aus früheren Paramilitärs rekrutieren. Hinzu kommen ELN und Dissidenten der FARC, die sich dem Demobilisierungsprozess nicht angeschlossen haben. Diese Gruppen finanzieren sich größtenteils durch Drogengeschäfte. Kolumbien zählt zu den Ländern mit der größten Kokainproduktion. Insgesamt ist das Gewaltniveau im Land zwar stark gesunken. Ein aktuelles Problem stellen aber Morde an Personen dar, die sich in den von Organisierter Kriminalität beherrschten Gebieten für soziale Belange oder Schutz der Menschenrechte einsetzen.“ (AA, 5. März 2021)

Zur Verbreitung von kriminellen und paramilitärischen Gruppen berichtet HRW im Juli 2020, dass bewaffnete Gruppen in mindestens elf der 32 kolumbianischen Provinzen, nämlich in Arauca, Bolívar, Caquetá, Cauca, Chocó, Córdoba, Guaviare, Huila, Nariño, Norte de Santander und Putumayo, die lokalen Einwohner·innen darüber informiert hätten, dass sie Regeln zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus einführen würden. In mindestens fünf Provinzen hätten die Gruppen Gewalt angewandt, um das Einhalten der Regeln durchzusetzen, in mindestens vier weiteren hätten sie Gewalt angedroht. (HRW, 15. Juli 2020)

Tatjana Louis, Historikerin und Direktorin der Abteilung Sprachen und Kultur an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universidad de los Andes (Bogotá, Kolumbien) und Autorin zahlreicher Aufsätze über Binnenvertreibung in Kolumbien, schreibt im Oktober 2020 im Rahmen eines Länderprofils zu Flucht und Vertreibung in Kolumbien Folgendes für die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung (BpB):

„Nach der weitgehenden Entwaffnung paramilitärischer Gruppen 2005, ging die Gewalt zwar etwas zurück; Vertreibungen geschehen aber weiterhin und treten seit Beginn des Jahres 2020 wieder vermehrt auf. Dies liegt u.a. daran, dass das durch die Demobilisierung der FARC-Kämpfer entstandene Machtvakuum nicht immer vom Staat ausgefüllt wurde. Die betroffenen Regionen werden seitdem von kriminellen Banden terrorisiert, was sich u.a. in der systematischen Ermordung sozialer Aktivistinnen und Aktivisten äußert. Seit 2016, also dem Jahr, in dem das Friedensabkommen mit der FARC geschlossen wurde, ist die Zahl der Desplazados noch einmal um rund eine Million auf über acht Millionen angestiegen. Vertreibungen kommen grundsätzlich im ganzen Land vor, häufen sich aber in den Regionen, die vom Konflikt besonders betroffen sind. Das sind die im östlichen Kolumbien gelegenen Departamentos Cauca, Nariño, Valle del Cauca, Antioquia und Chocó sowie im Südwesten Putumayo, Caquetá, Guaviare und Vichada und im Norden Norte de Santander. Hauptleidtragende der Vertreibungen ist die ländliche Bevölkerung: 87 Prozent der Betroffenen leben auf dem Land. Rund zwölf Prozent der Opfer sind Afrokolumbianerinnen und -kolumbianer und etwa vier Prozent gehören zur indigenen Bevölkerung. Ein Viertel der vertriebenen Bevölkerung sind Kinder und Jugendliche unter 18, weitere rund 22 Prozent sind zwischen 18 und 29 Jahre alt. Es sind etwas mehr Frauen als Männer betroffen (52 Prozent vs. 48 Prozent).

Die meisten Desplazados suchen Schutz in Großstädten. Die weitaus größte Zahl nimmt nach wie vor die Hauptstadt Bogotá auf, gefolgt von regionalen Zentren wie Medellín, Santa Marta, Cali, Sincelejo und Valledupar. Allerdings entstehen mit der Ankunft der Desplazados häufig neue Schwerpunkte der Gewalt in den Elendsvierteln der Städte. So hat die innerstädtische Vertreibung sowie die Vertreibung aus den Städten in das Umland in den letzten Jahren zugenommen. Bis 2006 waren rund 5.000 Personen jährlich davon betroffen. Diese Zahl hat sich bis 2012 vervierfacht.“ (BpB, 29. Oktober 2020)

The New Humanitarian (TNH) veröffentlicht im März 2021 einen Artikel zur Lage in der Hafenstadt Buenaventura. Der Hafen von Buenaventura, über den mehr als die Hälfte der kolumbianischen Importe und Exporte abgewickelt würden, sei ein Zentrum für den Kokainhandel. Gangs würden sporadische Revierkämpfe innerhalb der Stadt austragen, während Guerillagruppen und paramilitärische Gruppen auch um die Kontrolle der Routen aus der weiteren Region in die Stadt hinein konkurrieren würden. Zu Beginn des Jahres 2021 habe die Stadt eine Welle der Gewalt erlebt, als sich La Local, die wichtigste Gruppe des organisierten Verbrechens, Berichten zufolge in zwei rivalisierende Fraktionen aufgespalten habe. In den ersten 33 Tagen habe es 33 Feuergefechte in verschiedenen Stadtteilen gegeben, bei denen nach Angaben der Interkirchlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden („Inter-Church Justice and Peace Commission“) 1.700 Familien und 6.000 Menschen vertrieben worden seien. Nach Angaben der Denkfabrik Washington Office on Latin America (WOLA) habe es Jänner 2021 dreimal so viele Morde wie im gleichen Monat des Vorjahres gegeben.

Zulma Mosquera, eine Einwohnerin der Stadt, habe TNH berichtet, dass zuerst eine Bande bewaffneter Männer versucht habe, ihren 16-jährigen Sohn zu rekrutieren, dann sei sie selbst wegen ihrer Arbeit an einer Kampagne zur Gewaltprävention bedroht worden. Zulma Mosquera und ihre vier Kinder hätten in der benachbarten Stadt Cali Zuflucht gesucht. Sie habe TNH mitgeteilt, dass sie in Cali Schwierigkeiten hätten, da sie keinen Zugang zu staatlichen Leistungen für Opfer hätten, die durch den Konflikt vertrieben worden seien. Dennoch habe sie das Gefühl, dass sie es besser hätten als in Buenaventura, wo die Banden Kinder gewaltsam rekrutieren würden, Geld von Geschäften erpressen und diejenigen bedrohen oder töten würden, die sich nicht an ihre Ausgangssperren oder „Reviergrenzen“ halten würden.

Das Abkommen von 2016 hätte nicht nur den Konflikt in Kolumbien beenden sollen, sondern auch die Sicherheit erhöhen und den afrokolumbianischen und indigenen Gemeinden in den ländlichen Koka-Anbaugebieten, die von den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC) kontrolliert worden seien, wirtschaftliche Möglichkeiten bieten sollen. Als die FARC entwaffnet worden sei, sei stattdessen ein Vakuum entstanden, das von kriminellen und paramilitärischen Gruppen ausgenutzt worden sei. Kämpfe um die Kontrolle von Handelsrouten und Territorium hätten die Opfer vom Land in Städte wie Buenaventura fliehen lassen und ihre Probleme verschlimmert. Bewaffnete Gruppen und Banden würden heutzutage fast alles in Buenaventura kontrollieren, illegale Steuern von jedem verlangen - bis hin zum kleinsten Straßenverkäufer - und die Preise selbst für die einfachsten Lebensmittel in die Höhe treiben. Nur wenige Einwohner·innen könnten sich die höheren Preise leisten, und das habe dazu geführt, dass lokale Geschäfte hätten schließen müssen und die Arbeitslosigkeit in die Höhe geschossen sei. Der größte Arbeitgeber der Stadt sei der Hafen, wo die Einwohner·innen laut eigenen Angaben die am schlechtesten bezahlten Jobs ohne Sozialleistungen erhalten würden, entlassen würden, wenn sie sich verletzen, und Morddrohungen erhielten, wenn sie versuchen würden, sich gewerkschaftlich zu organisieren. In den Jahren vor dem Friedensabkommen von 2016 sei die Stadt für ihre „Hackhäuser“ („chop houses“) bekannt gewesen, in denen Banden ihre Opfer gefoltert und ermordet hätten, bevor sie ihre Überreste in der Öffentlichkeit hätten liegen lassen, um Angst zu erzeugen. Die Brutalität habe so viel Aufmerksamkeit erregt, dass die Regierung die Region stark militarisiert habe. Doch das Vertrauen in Polizei und Armee sei hier gering. Laut den Bewohner·innen sei es weithin bekannt, dass die bewaffneten Gruppen, von denen sich einige von paramilitärischen Organisationen wie den Vereinigten Selbstverteidigungskräften Kolumbiens abgespalten hätten, dadurch operieren würden, dass sie mit den lokalen Sicherheitskräften, die oft in der Unterzahl seien, zusammenarbeiten würden, sie bestechen oder terrorisieren würden. Laut Gimena Sánchez-Garzoli von WOLA sei die Stadt ein Ort, an dem es vor jedem Häuserblock ein Mitglied des Militärs gebe, bewaffnet mit einem Gewehr und Sonstigem, und direkt vor dessen Augen würden Menschen getötet. (TNH, 3. März 2021)

Freedom House erwähnt in seinem Jahresbericht vom März 2021 zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2020, dass Guerillas, paramilitärische Nachfolgegruppen und gewöhnliche Kriminelle regelmäßig Geschäftsinhaber erpressen würden. (Freedom House, 3. März 2021, G2)

TNH erwähnt in einem Artikel vom Dezember 2020 zu COVID-19, Konflikt und Vertreibung, dass es in Regionen außerhalb der Stadt Caucasia zwischen September und Dezember 2020 zu drei Vertreibungswellen gekommen sei. Die Stadt sei Teil einer Konfliktzone in der Region Bajo Cauca, in der illegaler Bergbau, Koka-Produktion und Erpressung die wirtschaftliche Lebensgrundlage der rivalisierenden bewaffneten Gruppen seien, deren Gewalt und Drohungen der Grund für die Vertreibungen seien. Die Region Bajo Cauca in der Provinz Antioquia sei eines der vier Gebiete in Kolumbien, in denen die Vertreibungsrate am höchsten sei. Im Gegensatz zu den abgelegeneren Unruheregionen Arauca, Catatumbo und Putumayo sei das Konfliktgebiet um Cauca nur wenige Autostunden von der Großstadt Medellín entfernt und über gut befahrbare Autobahnen erreichbar. Ein Journalist, der mit TNH gesprochen habe, habe angegeben, dass er sich nicht sicher sei, wie viele Morddrohungen er während seiner Arbeit für NP Noticias Online, einem webbasierten Medienunternehmen in der Region, erhalten habe. In den sieben Jahren, in denen er über kriminelle Aktivitäten in Caucasia berichtet habe, seien zwei seiner Kollegen getötet worden. Er habe erklärt, dass die Region seit langem instabil sei, weil es dort territoriale Streitigkeiten zwischen bewaffneten Gruppen um Bodenschätze, fruchtbares Land für den Kokaanbau und die Kontrolle der wichtigsten Drogenhandelsrouten zur Pazifik- und Atlantikküste gebe. Mehr als 50 Prozent der Unternehmen in Caucasia müsse laut dem Journalisten „Vacuna“ zahlen – ein Ausdruck, der Impfstoff bedeute und für die monatlichen Erpressungszahlungen stehe, die von Zivilist·innen geleistet würden, um Probleme mit kriminellen Gruppen zu vermeiden. Die COVID-19-Pandemie scheine laut TNH den Wettbewerb um Ressourcen nur noch intensiver gemacht zu haben. Nachdem ein Lockdown verhängt worden sei, seien die Erpressungseinnahmen gesunken, da viele Geschäfte gescheitert seien und sich die bewaffneten Gruppen auf andere Einnahmequellen hätten konzentrieren müssen, um ihre Aktivitäten zu finanzieren. Laut dem Journalisten würden viele Inhaber·innen kleiner Geschäfte die Stadt verlassen, weil sie in Caucasia keinen Erfolg haben können. Im September 2020 sei ein Friseur von bewaffneten Angreifern getötet worden, als er um neun Uhr morgens seinen Laden geöffnet habe. Er habe die Vacuna seit zwei Monaten nicht mehr bezahlt, also hätten sie ein Exempel an ihm statuiert. (TNH, 10. Dezember 2020)

Human Rights Watch (HRW) erwähnt in einem Bericht vom Februar 2021 zu Tötungen von Menschenrechtsaktivist·innen in abgelegenen Gemeinden, dass in der Region Bajo Cauca in der Provinz Antioquia in vier Fällen zwischen 2016 und 2020 bewaffnete Gruppen Menschenrechtsaktivist·innen offenbar getötet hätten, weil sie ihre „Anweisungen“ nicht befolgt hätten, darunter auch die Zahlung von Erpressungsgeld oder die Forderung, Regierungskräfte oder andere bewaffnete Gruppen nicht zu unterstützen. So sei 2017 Eberto Julio Gómez Mora, Präsident eines Nachbarschafts-Aktionskomitees erschossen worden. 2018 habe es zwei Verurteilungen in dem Fall gegeben. Das Gericht sei zu dem Schluss gekommen, dass er getötet worden sei, weil der Besitzer des Landes, auf dem er gearbeitet habe, eine Erpressungszahlung nicht geleistet habe. In derselben Region sei 2018 Eladio de Jesús Posso Espinosa, Mitglied eines Nachbarschafts-Aktionskomitees, getötet worden, der an einem Programm zur Ersetzung von Koka-Kulturen teilgenommen habe. Tage vor seiner Ermordung habe er eine Zahlung für die Ersetzung erhalten, die er nach seinem Tod immer noch in der Tasche gehabt habe. Die Justiz glaube, dass er sich geweigert habe, eine Erpressungszahlung zu leisten. Laut dem Ermittler sei seine Ermordung ein Zeichen an andere Begünstigte des Programms gewesen. In der Region Caguán in der Provinz Caquetá seien zwischen 2016 und 2020 nach Meinung von Menschenrechtsaktivist·innen und Justizbeamt·innen in drei Fällen Gemeinschaftsführer getötet worden, weil sie die „Anweisungen“ bewaffneter Gruppen nicht befolgt hätten, darunter auch die Zahlung von Erpressungsgeld. Wie die FARC früher hätten von der FARC abtrünnige Gruppen („FARC dissident groups“) Anweisungen mit Regeln für Zivilist·innen ausgeteilt, wie Menschenrechtsaktivist·innen und Leiter lokaler Nachbarschafts-Aktionskomitees mitgeteilt hätten. Es gebe harte Strafen für diejenigen, die sich nicht daran halten würden. Bewaffnete Gruppen würden Personen erpressen, die an Programmen zur Ersetzung von Koka-Kulturen teilnehmen würden, wie HRW berichtet worden sei. Manchmal würden die bewaffneten Gruppen lokale Anführer zwingen, die Begünstigten für sie zu erpressen. Diejenigen, die sich weigern würden, würden bedroht oder getötet, so ein kommunaler Anführer, der aus Caguán geflohen sei. In der Provinz Arauca seien Menschenrechtsverteidiger·innen von bewaffneten Gruppen bedroht worden, um zu erreichen, dass sie sich an die Regeln der Gruppen halten würden, beispielsweise an Treffen der Gruppe teilnehmen, Bestechungsgelder zahlen oder Operationen der Armee abzulehnen. (HRW, Februar 2021, S. 54, 56-57, 59-60, 63-65, 67)

HRW erwähnt in demselben Bericht, dass es laut mehreren Gesprächspartner·innen eine große Herausforderung für Staatsanwält·innen und Ermittlerinnen sei, rechtzeitig am Tatort einzutreffen, um die Beweise zu sichern. Viele Tötungen würden in entlegenen Gebieten stattfinden, weit entfernt von der nächsten Staatsanwaltschaft. Staatsanwält·innen seien in vielen Gegenden ernsthaften Sicherheitsrisiken ausgesetzt. Die Einschüchterung der Gemeinden durch bewaffnete Gruppen behindere die Ermittlungen zusätzlich. Zeugen würden oft keine Auskunft geben, aus Angst, getötet zu werden oder gezwungen zu werden, ihr Land zu verlassen, sollten bewaffnete Gruppen erfahren, dass sie ausgesagt hätten. Manche würden auch der Polizei oder den Staatsanwält·innen nicht vertrauen, weil sie unter anderem befürchteten, dass diese Informationen an bewaffnete Gruppen weitergeben würden. (HRW, Februar 2021, S. 120-121)

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), ein Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen die unter anderem Dienste zur Recherche über Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellen, schreibt in einer Schnellrecherche vom März 2021 zu kriminellen Gruppen, Drogenhändlern und staatlichem Schutz in der Provinz Valle del Cauca unter Bezugnahme auf verschiedene Quellen Folgendes zu Schutzmöglichkeiten für Personen, die von kriminellen Gruppen bedroht werden:

„Laut einer E-Mail vom 5. März 2021 an die SFH von einer Kontaktperson, die Researcher ist und sehr gute Kenntnisse über Kolumbien hat, ist der kolumbianische Staat nicht in der Lage, eine Person, die von einer kriminellen Gruppe bedroht wird, wirksam zu schützen. Der Staat verfüge zwar über das Schutzprogramm der nationalen Schutzeinheit (UNP), doch würden sehr viele Menschen einen solchen Schutz benötigen, und es habe bereits Morde in der Anwesenheit von Leibwächtern gegeben. Laut einer E-Mail vom 7. März 2021 von einer Kontaktperson, die Expertin in Menschenrechtsfragen in Kolumbien ist, sei es unwahrscheinlich, dass eine Person, die eine kriminelle Gruppe oder Drogenhändler in Cali öffentlich denunziert habe, wirksam von den Behörden geschützt würde. Ein Grund dafür sei die überall herrschende Korruption und die weit verbreitete Angst, insbesondere in der Provinz Valle del Cauca. Laut dieser Kontaktperson wären Schutzmassnahmen oft nicht ausreichend, um einen Angriff abzuwehren, selbst wenn die Person solche Massnahmen erhalten würde (was überhaupt nicht garantiert sei). Die lokalen Beamt_innen würden selbst bedroht, wenn sie solche Angriffe voraussehen oder abwehren. Es komme auch vor, dass sie von den kriminellen Gruppen bezahlt würden, um wegzuschauen oder solche Schutzmassnahmen zu verzögern. Laut einer E-Mail vom 10. März 2021 von einer Kontaktperson, der Experte in Sicherheitsfragen in Kolumbien ist, sei es unwahrscheinlich, dass eine Person, die eine kriminelle Gruppe oder Drogenhändler in Cali öffentlich denunziert habe, wirksam vor Drohungen dieser Gruppen geschützt würde.

Eine Umsiedlung ist wirkungslos, insbesondere wenn die kriminelle Gruppe über landesweite Netzwerke verfügt. Laut der Kontaktperson, die Researcher ist und sehr gute Kenntnisse über Kolumbien hat, sei es schwierig, Aussagen über die Wirksamkeit von Umsiedlungen einer bedrohten Person in eine andere Region oder Stadt zu machen. Wenn die kriminelle Gruppe eine lokal organisierte Drogenhändlerbande sei, könnte eine solche Umsiedlung den Drohungen ein Ende setzen. Doch wenn diese Drohungen von einer wichtigeren Organisation kommen würden, die auf nationaler Ebene tätig ist (und zum Beispiel mit den Clans del Golfo/Urabeños/Gaitanistas zusammenhängt), sei es sehr wahrscheinlich, dass die Person auch in einer grösseren Stadt bedroht wäre. Laut der Kontaktperson, die Expertin in Menschenrechtsfragen in Kolumbien ist, erstrecken sich die Netzwerke von Drogenhändlern oft über das ganze Land. Deshalb sei es nicht selten, dass eine Person in einen anderen Landesteil flüchte, um sich bedeckt zu halten, doch sobald sie entdeckt würde, wäre sie wieder in Gefahr. Diese Kontaktperson berichtete, dass sie Kenntnisse von einem Fall einer Person habe, die fünf- bis achtmal innerhalb des Land geflohen sei und sich immer wieder das gleich Gefährdung abgespielt habe. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass diese kriminellen Gruppen gegen Familienangehörige der Zielperson vorgehen. Laut der E-Mail vom 10. März 2021 von einer Kontaktperson, der Experte in Sicherheitsfragen in Kolumbien ist, sei die Wirksamkeit einer Umsiedlung schwierig einzuschätzen, ohne die Identität der kriminellen Gruppe zu kennen. Viele Drogenhändlergruppen seien nur in bestimmten Regionen tätig. Es hänge davon ab, wie weit die Gruppe auf nationaler Ebene befehligt und kontrolliert werde, welche Allianzen sie möglicherweise mit Gruppen in anderen Teilen des Landes habe und wie sie in die korrupten Netzwerke der nationalen Behörden eingebunden sei.“ (SFH, 12. März 2021, S. 6-7)

Das IRB schreibt in einer Anfragebeantwortung vom Mai 2020 zu angebotenem Schutz für Opfer des Golf-Clans (Autodefensas Gaitainistas de Colombia, AGC), dass es wenige Informationen zu Schutz für die Opfer des Golf-Clans gebe. AI habe in einem Bericht vom November 2017 die Meinung zum Ausdruck gebracht, dass die Regierung die Sicherheit von Zivilist·innen nicht gewährleisten könne, solange die Behörden gegen die andauernden Bedrohungen durch Guerillas und paramilitärische Gruppen nicht vorgehen würden.

In einem Bericht von ACAPS, einem unabhängigen Informationsanbieter, der sich auf die Analyse und Bewertung humanitärer Bedürfnisse in Krisensituationen spezialisiert hat, vom November 2019 über Vertreibungen in Chocó sei angegeben worden, dass laut einem Bericht des UNO-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) vom 22. Oktober 2019 die staatliche Präsenz gering sei und der Staat den Schutz von Einzelpersonen oder bestimmten Gruppen vor Gewalt nicht garantieren könne. Auch das Observatory for the Protection of Human Rights Defenders, das gemeinsam von der International Federation for Human Rights und der World Organization Against Torture betrieben wird, habe mehrmals berichtet, dass die Behörden nicht in der Lage seien, Menschenrechtsverteidiger·innen oder Gemeinden zu schützen, die von Mitgliedern des Golf-Clans bedroht würden. (IRB, 21. Mai 2020)

Die BpB erwähnt im Oktober 2020:

„Der Staat kann die Sicherheit der Bevölkerung in den Regionen, in denen nach der Auflösung der FARC ein Machtvakuum entstand, nicht garantieren, sodass weiterhin Menschen von der letzten noch verbliebenen größeren Guerillagruppe ELN (Ejército de Liberación Nacional), wiederbewaffneten FARC-Kämpfern oder kriminellen Banden getötet oder vertrieben werden.“ (BpB, 29. Oktober 2020)

Ein in Kolumbien ansässiger Experte, der sich mit Binnenvertreibung und deren Ursachen befasst, schrieb in einer E-Mail Auskunft vom 21. Juni 2021, es sei ihm nicht dazu bekannt, dass gefährdete Personen vom Staat umgesiedelt würden. Allgemein könne zu Ortswechseln aber gesagt werden, dass in Kolumbien Binnenvertreibungen grundsätzlich stattfinden würden. Zwischen 2016 und 2020 seien über 950.000 Menschen vertrieben worden; im laufenden Jahr seien es bereits über 30.000 (Zahlen laut Unidad para las víctimas). Die Opfer von Vertreibungen würden zumeist in die größeren Städte gehen, wo sie in den Elendsvierteln ankommen würden. Dies bedeutet aber nicht unbedingt Sicherheit. Je nach Bedrohungslage würden die Betroffenen auch innerhalb der Städte weiter vertrieben, von einem Elendsviertel ins nächste, oder würden Opfer von Anschlägen. (Experte für Binnenvertreibung, 21. Juni 2021)

Weitere Informationen zu Schutzmöglichkeiten entnehmen Sie bitte auch der Ihnen übermittelten Anfragebeantwortung a-11577-1 sowie Kapitel 5 des folgenden IRB-Berichts zu einer vom 4. bis 8. März 2019 durchgeführten Fact-Finding-Mission zu Konfliktdynamiken seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der kolumbianischen Regierung und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens - Volksarmee (FARC-EP):

·      IRB – Immigration and Refugee Board of Canada: Colombia: Fact-Finding Mission Report; Conflict Dynamics in the Post-FARC-EP Period and State Protection, März 2020
https://www.irb-cisr.gc.ca/en/country-information/research/Pages/colombia-2020.aspx

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 25. Juni 2021)

·      AA – Auswärtiges Amt: Kolumbien: Politisches Porträt, 5. März 2021
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kolumbien-node/politisches-portraet/212762

·      BpB – Bundeszentrale für politische Bildung: Flucht und Vertreibung in Kolumbien, 29. Oktober 2020
https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/suedamerika/317594/kolumbien-flucht-und-vertreibung

·      DW – Deutsche Welle: Neue Spirale der Gewalt in Kolumbien, 23. August 2020
https://www.dw.com/de/neue-spirale-der-gewalt-in-kolumbien/a-54630910

·      Experte für Binnenvertreibung: E-Mail-Auskunft, 21. Juni 2021

·      Freedom House: Freedom in the World 2021 - Colombia, 3. März 2021
https://www.ecoi.net/de/dokument/2046504.html

·      HRW – Human Rights Watch: Colombia: Armed Groups’ Brutal Covid-19 Measures, 15. Juli 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2033585.html

·      HRW – Human Rights Watch: Colombia: Protection Gaps Endanger Rights Defenders, Februar 2021
https://www.ecoi.net/en/file/local/2045295/colombia0221_web_0.pdf

·      HSFK - Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung: Die politische Logik der Gewalt. Zur Ermordung sozialer Aktivist*innen im Kontext autoritärer lokaler Ordnungen in Kolumbien, 4. November 2020
https://blog.prif.org/2020/11/04/die-politische-logik-der-gewalt/

·      IRB – Immigration and Refugee Board of Canada: Colombia: Fact-Finding Mission Report; Conflict Dynamics in the Post-FARC-EP Period and State Protection, März 2020
https://www.irb-cisr.gc.ca/en/country-information/research/Pages/colombia-2020.aspx

·      IRB – Immigration and Refugee Board of Canada: Colombia: Gulf Clan (Clan del Golfo) [Autodefensas Gaitanistas de Colombia (AGC), Los Urabeños, Clan Úsuga], including its leaders, structure, areas of operation, activities and the profile of its targets; ability to track its targets; state response and protection offered to victims (2017-May 2020) [COL200218.FE], 21. Mai 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2031507.html

·      SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe: Kolumbien: Kriminelle Gruppen, Drogenhändler und staatlicher Schutz in der Provinz Valle del Cauca, 12. März 2021
https://www.ecoi.net/en/file/local/2051069/210312_KOM_Groupes_armes_Protection_de.pdf

·      TNH – The New Humanitarian (ehemals: IRIN News): COVID-19 fuels growing conflict and displacement in Colombia, 10. Dezember 2020
https://www.thenewhumanitarian.org/news-feature/2020/12/10/colombia-mass-killings-displacement-settlements-covid

·      TNH – The New Humanitarian (ehemals: IRIN News): In a lawless Colombian city, gang violence and ‘structural racism’ collide, 3. März 2021
https://www.thenewhumanitarian.org/news-feature/2021/3/3/lawless-colombian-city-gang-violence-and-structural-racism


 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Freedom House ist eine in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation, die sich mit Recherchen und Advocacy-Arbeit zu Demokratie, politischen Freiheiten und Menschenrechten befasst.

·      Freedom House: Freedom in the World 2021 - Colombia, 3. März 2021
https://www.ecoi.net/de/dokument/2046504.html

„Guerrillas, paramilitary successor groups, and common criminals regularly extort payments from business owners“ (Freedom House, 3. März 2021, G2)

Human Rights Watch (HRW) ist eine internationale Nichtregierungsorganisation mit Sitz in New York City, die sich für den weltweiten Schutz der Menschenrechte einsetzt.

·      HRW – Human Rights Watch: Colombia: Armed Groups’ Brutal Covid-19 Measures, 15. Juli 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2033585.html

„Human Rights Watch found that armed groups have informed local populations they were imposing rules to prevent the spread of Covid-19 in at least 11 of Colombia’s 32 states – Arauca, Bolívar, Caquetá, Cauca, Chocó, Córdoba, Guaviare, Huila, Nariño, Norte de Santander, and Putumayo. In at least five, the groups used violence to enforce compliance, and in at least another four threatened violence. The groups have communicated, usually through pamphlets and WhatsApp messages, a wide range of measures that include curfews; lockdowns; movement restrictions for people, cars, and boats; limits on opening days and hours for shops; as well as banning access to communities for foreigners and people from other communities.“ (HRW, 15. Juli 2020)

·      HRW – Human Rights Watch: Colombia: Protection Gaps Endanger Rights Defenders, Februar 2021
https://www.ecoi.net/en/file/local/2045295/colombia0221_web_0.pdf

„Bajo Cauca (Antioquia state) […]

OHCHR documented 15 killings of human rights defenders in Bajo Cauca occurring between 2016 and 2020, while the Human Rights Ombudsperson’s Office documented 34. […]

In four cases, armed groups apparently killed human rights defenders because they supposedly did not obey their ‘orders,’ including to pay extortion or to refrain from supporting government forces or other armed groups.

On February 16, 2017, members of the AGC [Gaitanist Self-Defense Forces of Colombia] killed Eberto Julio Gómez Mora, 47, president of a Neighborhood Action Committee in the municipality of Cáceres. Two men arrived at Gómez Mora’s house around 7 p.m. and shot him. In February 2018, two members of the AGC were sentenced to almost 18 years in prison for the homicide. The court concluded that they had killed Gómez Mora because the owner of the land he was working had not made an extortion payment. […]

Eladio de Jesús Posso Espinosa, 38, a Neighborhood Action Committee member who participated in the coca crop substitution program, was killed on October 31, 2018. Days before his killing, Posso Espinosa had received a coca substitution payment, which he still had in a pocket when he was found dead. Judicial authorities believe he was killed because he refused to make an extortion payment. His homicide was a message to other beneficiaries of the coca substitution program, an investigator said. […]

In three other cases, human rights and judicial officials believe community leaders were killed because they did not comply with armed groups’ ‘orders,’ including to pay extortion fees. Like the FARC in the past, FARC dissident groups have distributed ‘manuals’ establishing ‘rules’ for civilians, local human rights officials and leaders of Neighborhood Action Committees told us, and have imposed severe punishments on those failing to comply. […] Armed groups also extort people participating in coca substitution plans, forcing them to pay a portion of the government benefits, a communal leader, a local human rights official and a member of a humanitarian organization told Human Rights Watch. At times, the armed groups have coerced communal leaders into extorting beneficiaries on the groups’ behalf. ‘Those who refuse to do it are threatened or killed,’ a communal leader who fled Caguán told Human Rights Watch. […]

Armed groups have threatened human rights defenders in Arauca state. […] In many cases, armed groups threaten human rights defenders to ensure compliance with the groups’ ‘rules,’ such as attending the groups’ meetings, paying extortion fees, or rejecting operations by the army.“ (HRW, Februar 2021, S. 54, 56-57, 59-60, 63-65, 67)

„A big challenge for prosecutors and investigators is arriving at the scene of a crime in time to protect the evidence, several told Human Rights Watch. Many killings occur in remote areas far from the nearest prosecutor’s office. Prosecutors face serious security risks in many areas. […]

Armed groups’ intimidation of communities further impedes investigations. Witnesses often will not provide information, for fear of being killed or forced to leave their land, should armed groups learn that they have testified. Some do not trust police or prosecutors either, fearing they may leak information to armed groups or fail to make progress in investigations.“ (HRW, Februar 2021, S. 120-121)

Das Immigration and Refugee Board of Canada (IRB) ist ein unabhängiges Verwaltungsgericht, das für Entscheidungen in Asyl- und Einwanderungsverfahren zuständig ist.

·      IRB – Immigration and Refugee Board of Canada: Colombia: Gulf Clan (Clan del Golfo) [Autodefensas Gaitanistas de Colombia (AGC), Los Urabeños, Clan Úsuga], including its leaders, structure, areas of operation, activities and the profile of its targets; ability to track its targets; state response and protection offered to victims (2017-May 2020) [COL200218.FE], 21. Mai 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2031507.html

Information on protection offered to victims of the Gulf Clan was scarce among the sources consulted by the Research Directorate within the time constraints of this Response. In a November 2017 report, Amnesty International expressed the opinion that the government cannot ensure the safety of civilians while ongoing threats from the guerrillas and paramilitary groups go unchallenged by the authorities (Amnesty International 22 Nov. 2017). A November 2019 report by ACAPS, an independent and bias-free information provider specializing in humanitarian needs analysis and assessment in crisis situations (ACAPS n.d.), on the displacements caused by the clashes between the AGC and the ELN in the Chocó region, stated that, according to a report by the UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) dated 22 October 2019, ‘state presence is low and the state cannot guarantee protection to individuals or specific groups from violence’ (ACAPS 5 Nov. 2019, 2). The Observatory also reported several times that the authorities are not in a position to protect human rights defenders or communities that are threatened by members of the Gulf Clan (The Observatory May 2018, 5, 46). For further information on protection measures offered by the state, see the Fact-Finding Mission Report on Colombia, published in May 2020.

The New Humanitarian (TNH), vormals Integrated Regional Information Networks“ (IRIN), ist eine institutionell unabhängige Nachrichtenagentur, die schwerpunktmäßig über Krisen berichtet und sich für eine Verbesserung humanitärer Hilfsmaßnahmen einsetzt.

·      TNH – The New Humanitarian: COVID-19 fuels growing conflict and displacement in Colombia, 10. Dezember 2020
https://www.thenewhumanitarian.org/news-feature/2020/12/10/colombia-mass-killings-displacement-settlements-covid

„’There have been three major displacements in regions outside of the city since September,’ journalist Éder Narváez Sierra told The New Humanitarian, flanked by two large state-provided bodyguards as he drank a coffee in a small bakery in Caucasia.

The city is part of a conflict zone in Colombia’s northern Bajo Cauca region, where illegal mining, coca production, and extortion are the economic lifeblood of the rival armed groups whose violence and threats are behind the string of displacements. […]

The sub-region of Bajo Cauca, in Antioquia, is one of four areas in Colombia where displacement rates have been highest. Unlike the more remote troubled regions of Arauca, Catatumbo, and Putumayo, the conflict zone around Caucasia is just a few hours drive from the major city of Medellín, along accessible highways.

Narváez Sierra isn’t sure how many death threats he has received while working for NP Noticias Online, a web-based media company in the region. In the seven years he has been covering criminal activity in Caucasia, two of his colleagues have been killed. He explained that the region has long been unstable due to territorial disputes between armed groups over mineral riches, fertile land for coca cultivation, and control of major drug-trafficking routes to the Pacific and Atlantic coasts.

‘More than 50 percent of businesses in Caucasia have to pay the vacuna,’ said Narváez Sierra, using the common slang term (the ‘vaccine’) for the monthly extortion payments paid by civilians to avoid problems with criminal groups. […]

The COVID-19 pandemic only appears to have made the competition for resources more intense. After the lockdown was imposed, extortion incomes dropped as many businesses failed, and armed groups had to focus on other revenue streams to finance their activities.

‘Many small business owners are leaving the city because they can’t succeed here,’ Narváez Sierra said. ‘In September, a barber was killed by armed assailants as he opened his shop at nine in the morning. He hadn’t paid the vacuna in two months, so they made an example of him.’“ (TNH, 10. Dezember 2020)

·      TNH – The New Humanitarian (ehemals: IRIN News): In a lawless Colombian city, gang violence and ‘structural racism’ collide, 3. März 2021
https://www.thenewhumanitarian.org/news-feature/2021/3/3/lawless-colombian-city-gang-violence-and-structural-racism

„The port of Buenaventura, which handles more than half of Colombia’s imports and exports, is a centre for cocaine trafficking. Gangs wage sporadic turf wars within the city, while guerrilla and paramilitary groups also vie for control of the routes into town from the wider region. At the beginning of this year, the city experienced a surge of violence as La Local, the main organised crime group, reportedly split into two rival factions. In the first 33 days, there were 33 firefights in various city neighbourhoods, displacing 1,700 families and 6,000 people, according to the Inter-Church Justice and Peace Commission. There were three times as many homicides this January compared to the same month last year, according to the Washington Office on Latin America (WOLA) think tank.

For Mosquera, 38, the troubles began to hit too close to home. First, a gang of armed men tried to recruit her 16-year old son, whose name she declined to reveal. Then, they threatened Mosquera herself for her work on a violence-prevention campaign. ‘Literally, I was paralysed [by fear],’ she said. ‘This is when they kill me,’ she recalled thinking. On the night of 17 January, Mosquera and her four children drove to the neighbouring city of Cali to seek refuge. She told TNH by phone that they were struggling in Cali as they couldn’t access government benefits for victims displaced by conflict. Still, she felt they were better off than in Buenaventura, where the gangs recruit children forcibly, extort money from businesses, and threaten or kill those who don’t observe their curfews or ‘turf borders’. […]

As well as aiming to end the conflict, Colombia’s 2016 accords were supposed to increase security and provide economic opportunities for Afro-Colombian and Indigenous communities in the rural coca-producing areas that had been controlled by the Revolutionary Armed Forces of Colombia (FARC) guerrillas. Instead, when the FARC disarmed, this led to a vacuum exploited by criminal and paramilitary groups. Battles for control of trafficking routes and territory have sent victims fleeing from the countryside to cities like Buenaventura, making their problems worse. Armed groups and gangs control almost everything in Buenaventura nowadays, demanding illegal taxes from everyone – down to the smallest street vendor – driving up the price of even the most basic groceries. Few residents can afford the higher prices, and that has caused local businesses to close, increasing sky-high unemployment. The city’s largest employer is the port, where residents say locals get the lowest-paying jobs with no benefits, are fired if they get injured, and receive death threats if they try to unionise. […]

In the years prior to the 2016 peace agreement, the city was known for its ‘chop houses’, where gangs tortured and murdered victims before leaving their remains in public to generate fear. The brutality drew so much attention that the government heavily militarised the region. But there’s little trust here in the police or the army. Residents say it’s widely known that the armed groups – several of which splintered off from paramilitary organisations like the United Self-Defense Forces of Colombia – operate by colluding with, bribing, or terrorising local security forces, which are often outnumbered. ‘We have a place where you literally have a member of the military armed with a rifle and everything on every block. And right in front of them, people are getting killed,’ Gimena Sánchez-Garzoli, WOLA’s Andes director, told TNH.“ (TNH, 3. März 2021)

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