Dokument #2049703
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor)
30. März 2021
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Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.
Quellen bezeichnen die Sicherheitslage im Norden und im Zentrum Malis als volatil (Freedom House, 3. März 2021; FEWS NET, Februar 2021, S. 3) bzw. als besorgniserregend (HRC, 3. Februar 2021). Im Norden des Landes sei die Situation stark durch die Aktivitäten extremistischer Gruppierungen wie die Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime und den Islamischen Staat in der erweiterten Sahara geprägt, die ihre Präsenz in der Region kontinuierlich festigen würden. Diese Gruppen seien für Anschläge auf Zivilpersonen und zivile Infrastruktur (Schulen, Krankenhäuser, medizinische Zentren usw.), humanitäre Helfer sowie Mitglieder der Streit- und Sicherheitskräfte verantwortlich. Im Zentrum des Landes würden extremistischen Gruppierungen ihren Einfluss stetig ausweiten und hätten die Zivilbevölkerung mehrerer Dörfer bedroht und angegriffen. Darüber hinaus hätten sie Blockaden rund um manche Dörfer errichtet, wodurch sich die Lebensbedingungen der Betroffenen weiter verschlimmert hätten. Zudem würden sowohl lokale Selbstverteidigungskräfte als auch extremistische Gruppen die bestehenden interkommunalen Konflikte für ihre Zwecke nutzen. Infolgedessen komme es zu anhaltenden Gewaltakten gegen Zivilpersonen, die ins Kreuzfeuer geraten würden. (HRC, 3. Februar 2021, S. 4)
Ähnlich schreibt das deutsche Auswärtige Amt (AA), dass es „[i]nsbesondere im Norden und im Zentrum Malis (Region Mopti) [...] regelmäßig zu Anschlägen und militärischen Kampfhandlungen“ komme und „in den nord-östlichen und zentralen Landesteilen sowie in Gebieten entlang der Grenzen zu Mauretanien, Burkina Faso und Côte d’Ivoire [...] Terrorgruppen aktiv“ seien. Jedoch wird darauf hingewiesen, dass Anschläge „überall in Mali jederzeit möglich“ seien und „[a]uch im Südwesten des Landes und in der Hauptstadt Bamako [...] eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden“ könne (AA, Stand 25. März 2021). So schreibt auch Human Rights Watch (HRW), dass sich die im Norden des Landes anhaltenden und im Zentrum zunehmenden Anschläge islamistischer Gruppierungen nun auch auf südliche Teile des Landes ausgeweitet hätten (HRW, 13. Jänner 2021).
Ernährungssicherheit, Erwerbsmöglichkeiten, soziale Dienstleistungen
Nach Angaben der Vereinten Nationen würden sich die Lebensgrundlagen in Mali aufgrund der kumulativen Auswirkungen von Dürren, bewaffneter Gewalt und Unsicherheit kontinuierlich verschlechtern. Von der zunehmenden Armut seien 78,1 Prozent der Bevölkerung betroffen. Die Landwirtschaft – insbesondere die Subsistenzwirtschaft – mache 80 Prozent der Erwerbstätigkeit aus. Jedoch würden Faktoren wie Bodenverschlechterung, Mangel an Düngemitteln und beschränkter Zugang zu Märkten zu einer überdurchschnittlich hohen Armutsrate von Kleinbauern führen. (WFP, ohne Datum)
Im Jahr 2020 seien aufgrund von Konflikten und Instabilität mehr als 4,3 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen gewesen. Seit 2012 seien jedes Jahr durchschnittlich 3,6 Millionen Menschen (18 Prozent der Landesbevölkerung) von Ernährungsunsicherheit betroffen, darunter 600.000 schwer. Das Ausmaß der Ernährungsunsicherheit unterscheide sich je nach Region und sei im Norden und im Zentrum Malis (Gao, Mopti, Timbuktu) besonders stark. (WFP, ohne Datum)
Die COVID-19-Krise und die durch Regierungen zur Bekämpfung des Virus ergriffenen Maßnahmen wirkten sich negativ auf die sozioökonomische Lage aus. So habe sich einer Studie zufolge das Einkommen von Haushalten um 47,4 Prozent reduziert. Zu den am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen wirtschaftlich relevanten Aktivitäten würden Tätigkeiten im Handel, die Binnenmigration und der physische Zugang zu Märkten zählen. Die Erwerbsmöglichkeiten für arme Teile der Bevölkerung seien zurückgegangen. (FEWS NET, Februar 2021, S. 3–4)
Der Rückgang in den Einkommen und Erwerbsmöglichkeiten habe sich bei rund 47,3 Prozent der Haushalte negativ auf ihre Fähigkeit ausgewirkt, ihren Lebensmittelbedarf zu decken. Besonders schwer betroffen seien hiervon die Regionen Bamako, Gao und Kidal und Koulikoro, in denen die Binnenmigration und der Handel eine wichtige Rolle spiele. Allgemein seien städtische Regionen stärker von Problemen beim Zugang zu Lebensmitteln betroffen als der ländliche Raum. (FEWS NET, Februar 2021, S. 3–4)
Das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geht in einem Überblick zu Mali wie folgt auf die Erwerbssituation ein:
„Etwa 60 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Land und betreiben Ackerbau und Viehwirtschaft. Die Verstädterung durch Bevölkerungswachstum und Landflucht nimmt aber rasant zu. Der Staat steht vor der schwierigen Aufgabe, Beschäftigungsperspektiven für die stark wachsende junge Bevölkerung zu schaffen und den Zugang zu Basisdienstleistungen für alle Einwohner zu gewährleisten. [...] Ein Großteil der Bevölkerung erzielt sein Einkommen im informellen Sektor – die Steuereinnahmen des Staates sind entsprechend niedrig.“ (BMZ, ohne Datum)
Arbeitslosigkeit sei im städtischen Raum stärker verbreitet als auf dem Land (UNFPA, November 2020, S. 31; vgl. auch Afrobarometer, 22. Dezember 2020). Frauen seien stärker von Erwerbslosigkeit betroffen als Männer (UNFPA, November 2020, S. 31). Zudem liege die Erwerbslosenquote bei jungen Menschen, die über eine Sekundarausbildung verfügten, über dem landesweiten Durchschnitt, was darauf hinweise, dass die in der Berufsausbildung erworbenen Fertigkeiten einerseits und die Anforderungen von Unternehmen und anderen Akteuren auf dem Arbeitsmarkt andererseits schlecht zueinander passen würden. (UNFPA, November 2020, S. 31; vgl. auch Afrobarometer, 22. Dezember 2020)
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 30. März 2021)
· AA – Auswärtiges Amt: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), Stand 25. März 2021 (Unverändert gültig seit 12. März 2021)
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mali-node/malisicherheit/208258
· Afrobarometer: Au Mali, le chômage est un phénomène urbain, à visage jeune et éduqué, 22. Dezember 2020
https://media.africaportal.org/documents/ad414-le_chomage_au_mali_phenomene_urbain_jeune_et_eduque-depeche_afrobaromete_TDIEJR5.pdf
· BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Mali, ohne Datum
https://www.bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/mali/index.jsp
· FEWS NET - Famine Early Warning System Network: Mali : Perspectives sur la sécurité alimentaire - février à septembre 2021, Februar 2021
https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/MALI%20Perspectives%20sur%20la%20s%C3%A9curit%C3%A9%20alimentaire_FEV_SEPT_2021_vfinal.pdf
· Freedom House: Freedom in the World 2021 - Mali, 3. März 2021
https://www.ecoi.net/de/dokument/2046527.html
· HRC – UN Human Rights Council: Situation of human rights in Mali; Report of the Independent Expert on the situation of human rights in Mali, Alioune Tine [A/HRC/46/68], 3. Februar 2021
https://www.ecoi.net/en/file/local/2046480/A_HRC_46_68_E.pdf
· HRW – Human Rights Watch: World Report 2021 - Mali, 13. Jänner 2021
https://www.ecoi.net/de/dokument/2043671.html
· UNFPA – United Nations Population Fund: Monographic Study on Demography, Peace, and Security in the Sahel: Case of Mali, November 2020
https://wcaro.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/en_-_monographic_study_on_demography_peace_and_security_in_the_sahel_-_case_of_mali_1.pdf
· WFP – World Food Programme: Mali, ohne Datum
https://www.wfp.org/countries/mali
Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen
Das deutsche Auswärtige Amt (AA) ist das Außenministerium der Bundesrepublik Deutschland.
· AA – Auswärtiges Amt: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), Stand 25. März 2021 (Unverändert gültig seit 12. März 2021)
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mali-node/malisicherheit/208258
„Anschläge sind überall in Mali jederzeit möglich. Insbesondere im Norden und im Zentrum Malis (Region Mopti) kommt es regelmäßig zu Anschlägen und militärischen Kampfhandlungen. In den nord-östlichen und zentralen Landesteilen sowie in Gebieten entlang der Grenzen zu Mauretanien, Burkina Faso und Côte d’Ivoire sind Terrorgruppen aktiv. [...] Auch im Südwesten des Landes und in der Hauptstadt Bamako kann eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden.“ (AA, Stand 25. März 2021)
Afrobarometer ist ein panafrikanisches Recherchenetzwerk, das mittels Umfragen Daten zu Demokratie, Regierungsführung und Lebensqualität in afrikanischen Ländern erhebt.
· Afrobarometer: Au Mali, le chômage est un phénomène urbain, à visage jeune et éduqué, 22. Dezember 2020
https://media.africaportal.org/documents/ad414-le_chomage_au_mali_phenomene_urbain_jeune_et_eduque-depeche_afrobaromete_TDIEJR5.pdf
„La population en emploi représente 96% de la main-d'œuvre, et donc la population au chômage représente 4% de cette main-d'œuvre. Le taux d'emploi de la maind'œuvre n'est inférieur à 90% que dans les régions de Bamako et Gao-Kidal (87% chacune). Il est plus élevé en milieu rural qu'en milieu urbain, presque le même entre hommes et femmes, plus élevé chez les 36-60 ans que chez les plus jeunes et les plus âgés, et semble décroitre avec le niveau d'éducation, ce qui sous-entend que le chômage croit avec le niveau d'éducation.“ (Afrobarometer, 22. Dezember 2020, S. 2)
Das Famine Early Warning System Network (FEWS) ist eine von der United States Agency for International Development (USAID) und dem US Department of State (USDOS) eingerichtete Website, die Informationen und Analysen zum Thema Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern anbietet.
· FEWS NET - Famine Early Warning System Network: Mali: Perspectives sur la sécurité alimentaire - février à septembre 2021, Februar 2021
https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/MALI%20Perspectives%20sur%20la%20s%C3%A9curit%C3%A9%20alimentaire_FEV_SEPT_2021_vfinal.pdf
„Situation sécuritaire : Elle reste volatile à travers la zone centre et nord du pays et le nord des régions de Ségou et de Koulikoro. Elle est marquée par la poursuite de l’intensification des opérations militaires, les attaques armées, des affrontements entre groupes armés, des assassinats ciblés et la pose d’engins explosifs.“ (FEWS NET, Februar 2021, S. 3)
„L’avènement de la COVID-19 avec les mesures de restrictions prises par les Gouvernements dans le cadre de la lutte contre cette maladie a affecté négativement l’environnement socio-économique et réduit le revenu pour 47,4 pour cent des ménages selon ENSAN de Septembre 2020. Selon la même enquête, les activités de commerce pour 79 pour cent des communautés, le mouvement des populations pour 63,1 pour cent, le transfert des exodants pour 62,9 pour cent, l’accès physique aux marchés pour 48 pour cent sont les activités les plus touchées par les effets de la COVID-19 et réduisant les opportunités d’emploi et de revenus pour les pauvres. [...]
La baisse des revenus et des opportunités d’emploi à cause de la COVID-19 a affecté négativement les capacités de satisfaction des besoins alimentaires pour environ 47,3 pour cent des ménages et de façon sévère pour 8,4 pour cent. Les régions de Bamako (68,5 pour cent), Gao et Kidal (68,1 pour cent), Koulikoro (58,4 pour cent) sont les plus touchées en raison de l’importance de la migration et du commerce dans la vie des ménages et qui ont été fortement perturbés. Le milieu rural semble être moins touché par les difficultés d’accès aux denrées alimentaires que le milieu urbain où ces difficultés sont signalées par 74,8 pour cent des communautés contre 47,8 pour cent en milieu rural. [...] Les licenciements économiques, la baisse des échanges commerciaux internationaux, la baisse des transferts de migrants, et la baisse des opportunités de main d’œuvre en lien avec la COVID-19, rendent précaires les revenus des ménages pauvres surtout en milieu urbain avec comme conséquence directe des difficultés d’accès aux vivres.“ (FEWS NET, Februar 2021, S. 3–4)
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN Human Rights Council, HRC) ist ein zwischenstaatliches Gremium innerhalb der Vereinten Nationen, das sich für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte weltweit einsetzt.
· HRC – UN Human Rights Council: Situation of human rights in Mali; Report of the Independent Expert on the situation of human rights in Mali, Alioune Tine [A/HRC/46/68], 3. Februar 2021
https://www.ecoi.net/en/file/local/2046480/A_HRC_46_68_E.pdf
„In the northern regions, the situation has been marked by the activity of violent extremist groups, including the Group for the Support of Islam and Muslims and Islamic State in the Greater Sahara. These groups have continued to consolidate their presence in the area, sometimes fighting one another in order to achieve their aims. These groups have launched attacks on civilians, civilian infrastructure (such as schools, hospitals and health centres), humanitarian workers and the defence and security forces. [...]
In central Mali, violent extremist groups have continued to extend their influence and have attacked and threatened the civilian population in several villages. They have also imposed blockades on some villages, causing a further deterioration in living conditions. In addition, self-defence groups and violent extremist groups have continued to exploit intercommunal conflicts. This has led to continuous violence against civilians, who have ended up trapped between these groups.” (HRC, 3. Februar 2021, S. 4)
Der United Nations Population Fund (UNFPA) ist der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen.
· UNFPA – United Nations Population Fund: Monographic Study on Demography, Peace, and Security in the Sahel: Case of Mali, November 2020
https://wcaro.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/en_-_monographic_study_on_demography_peace_and_security_in_the_sahel_-_case_of_mali_1.pdf
„As might be expected, unemployment is higher in urban than in rural areas (11.4% compared to 8.6%). Unemployment rates for young people who have completed secondary education are higher than the national average, indicating a poor fit between the qualifications gained in the initial vocational training system and the requirements of businesses and other economic players on the labour market. Women are the most affected by unemployment, with a rate of 10.6% compared to 8.3% for men.” (UNFPA, November 2020, S. 31)
Das World Food Programme (WFP) ist das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen.
· WFP – World Food Programme: Mali, ohne Datum
https://www.wfp.org/countries/mali
„The cumulative effects of frequent drought, armed violence and widespread insecurity have contributed to a progressive deterioration of livelihoods in the country. Poverty is on the rise, affecting 78.1 percent of people, and food insecurity levels are twice as high in families headed by women– a reflection of widespread gender inequalities.
Agriculture – mainly in the form of subsistence production – represents 80 percent of employment. However, land degradation, lack of fertilizers, post-harvest losses due to poor storage and processing capacity, and limited access to markets contribute to smallholder farmers suffering from higher-than-average poverty rates. [...]
As a result of conflict and instability, more than 4.3 million people required humanitarian assistance in 2020. Every year since the 2012 crisis, 3.6 million people (18 percent of the population) on average, experience food insecurity, including 600,000 people severely affected. Food insecurity varies from one region to another with the north and central regions (Gao, Mopti, Timbuktu) particularly affected.“ (WFP, ohne Datum)