Welche Position bekleidet Daud Selmursajew? Welche Ämter hatte er bisher inne?

Die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti und das internationale NGO-Netzwerk Institute for War and Peace Reporting (IWPR) bezeichnen Daud Selmursajew 2006 als ersten Stellvertreter des Muftis (islamischer Rechtsgelehrter, Anm. ACCORD) von Tschetschenien (Ria Nowosti, 29. Mai 2006; IWPR, 20. Oktober 2006). Die internationale Nachrichtenagentur Reuters bezeichnet Daud Selmursajew im Juli 2011 als Leiter des Zentrums für islamische Medizin in Grosny (Reuters, 21. Juli 2011), die englischsprachige russische Tageszeitung The Moscow Times nennt ihn in einem Artikel von 2013 Gründer des Zentrums (The Moscow Times, 11. Februar 2013). Die staatliche tschetschenische Nachrichtenagentur Grosny Inform meldet im Juli 2018, dass Ramsan Kadyrow Daud Selmursajew, dem stellvertretenden Gesundheitsminister der Republik Tschetschenien und Direktor des Zentrums für islamische Medizin zum Geburtstag gratuliert habe (Grosny Inform, 14. Juli 2018). Der undatierte Instagram-Account von Daud Selmursajew bezeichnet diesen ebenfalls als stellvertretenden Gesundheitsminister der Republik Tschetschenien und Direktor des Zentrums für islamische Medizin (daud_cim, ohne Datum).

Auf einer inzwischen nicht mehr im Internet zugänglichen Seite des Gesundheitsministeriums der Republik Tschetschenien, die von der russischen Suchmaschine Yandex aber am 10. Dezember 2020 als Kopie abgespeichert wurde, findet sich ein Lebenslauf von Daud Selmursajew, dem stellvertretenden Gesundheitsminister der Republik Tschetschenien. Dieser sei am 14. Juli 1973 im Dorf Za-Wedeno des Rajons Wedeno geboren. Von 1998 bis 2005 habe er am islamischen Institut in Kurtschaloj islamische Theologie studiert. Von 2006 bis 2013 habe er am Institut für Finanzen und Recht in Machatschkala ein Jura-Studium absolviert. Von 2005 bis 2006 sei er Berater des stellvertretenden Regierungsvorsitzenden der Republik Tschetschenien gewesen. Von 2007 bis 2013 sei er Assistent des Oberhauptes der Republik Tschetschenien Ramsan Kadyrow gewesen.

Seit 1999 sei er Direktor des Zentrums für islamische Medizin. Auf Anordnung der Regierung der Republik Tschetschenien sei er seit dem 1. Oktober 2013 stellvertretender Gesundheitsminister der Republik Tschetschenien.

Er sei mit der Regierungsmedaille „Für Verdienste um die Republik Tschetschenien“, mit dem Orden „Für das Einstehen für geistliche Werte“ des Koordinationszentrums der Muslime des Nordkaukasus und 2010 mit der höchsten Auszeichnung der Republik Tschetschenien, dem Achmat-Chadschi-Kadyrow-Orden, ausgezeichnet worden:

„Сельмурзаев Дауд Юшаевич родился 14 июля 1973 года в с. Ца-Ведено, Веденского района ЧИАССР. Заместитель министра здравоохранения Чеченской Республики. Биография заместителя министра здравоохранения Чеченской Республики – Сельмурзаева Дауда Юшаевича

1998 – 2005 г. закончил Курчалоевский Исламский институт по специальности Имам-Богослов.

2006 - 2013 гг. закончил Институт финансов и права г. Махачкала по специальности ‚Юриспруденция‘.

2005 – 2006 гг. советник заместителя Председателя Правительства ЧР.

2007 - 2013 гг. Помощник Главы Чеченской Республики Р.А. Кадырова. С 1999 г. по настоящее время - Директор центра исламской медицины.

На основании распоряжения Правительства ЧР от 08.10.2012 с 1 октября 2013 г. назначен на должность заместителя министра здравоохранения ЧР.

Награжден Правительственной медалью ‚За заслуги перед Чеченской Республикой‘. Награжден Координационным центром мусульман Северного Кавказа орденом ‚За утверждение духовных ценностей‘. 2010 г. награжден высшей наградой Чеченской Республики - орденом А-Х. Кадырова.“ (Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien, ohne Datum (a))

Auf der aktuellen Seite des tschetschenischen Gesundheitsministeriums wird Daud Selmursajew als einer von fünf StellvertreterInnen des Gesundheitsministers angeführt (Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien, ohne Datum (b))

Wie ist der Familienstand von Daud Selmursajew? Hat er Nebenfrauen?

In einer inzwischen nicht mehr im Internet zugänglichen Erklärung für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2018 über Einkünfte, Ausgaben, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von MitarbeiterInnen des Gesundheitsministeriums der Republik Tschetschenien im staatlichen Dienst sowie ihrer Familienmitglieder, die jedoch vom Suchdienst Google als Kopie im Cache gespeichert wurde, werden unter andere, der stellvertretende Gesundheitsminister Daud Selmursajew wie auch seine Frau und vier minderjährige Kinder angeführt. (Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien, ohne Datum (c))

Es konnten keine genaueren Informationen zur Frau und den Kindern von Daud Selmursajew sowie zu einer möglichen Zweitfrau gefunden werden.

Wie ist die Beziehung von Daud Selmursajew zu Ramsan Kadyrow?

Das Profilfoto des oben bereits erwähnten Instagram-Accounts zeigt Daud Selmursajew gemeinsam mit Ramsan Kadyrow:

[Bild entfernt] (daud_cim, ohne Datum)

Auch viele weitere Beiträge auf dem Instagram-Account von Daud Selmursajew (Stand 18. Jänner 2021) zeigen Ramsan Kadyrow:

[Bild entfernt] (daud_cim, ohne Datum)

In einem Beitrag vom 30. Dezember 2020 beglückwünscht Daud Selmursajew Ajschat Kadyrowa, die Tochter von Ramsan Kadyrow, zum Geburtstag und bezeichnet sie als seine „teure Nichte“:

[Bild entfernt] (daud_cim, 30. Dezember 2020)

Im Juli 2020 veröffentlicht der offizielle YouTube-Kanal von Ramsan Kadyrow ein Video zum Geburtstag von Daud Selmursajew. Das Video ist mit folgender Gratulation von Ramsan Kadyrow versehen: Liebe Freunde. Heute hat mein teurer BRUDER, der stellvertretende Gesundheitsminister der Republik Tschetschenien und der Direktor des Zentrums für islamische Medizin, Daud Selmursajew, Geburtstag. Daud Juschajewitsch ist ein sehr anständiger und edler Mensch, der in der ganzen Republik geschätzt und geachtet wird. Er hat eine religiöse und eine weltliche Bildung und zeichnet sich durch Professionalismus und Fleiß aus. Seit vielen Jahren leitet er erfolgreich das Zentrum für islamische Medizin und fördert die Umsetzung von Programmen, die auf die Entwicklung der Gesundheitsversorgung in der Region abzielen. Ich wünsche Daud Juschajewitsch von Herzen alles Gute. Ich wünsche ihm eine starke Gesundheit, Glück und Erfolg bei seiner beruflichen Tätigkeit:

„Дорогие друзья! Сегодня день рождения у дорогого БРАТА, заместителя министра здравоохранения ЧР, директора Центра исламской медицины Дауда Сельмурзаева. Дауд Юшаевич является очень порядочным и благородным человеком, которого ценят и уважают во всей республике. ⠀Он имеет религиозное и светское образование, отличается высоким профессионализмом и трудолюбием. Многие годы успешно руководит Центром исламской медицины, способствует реализации программ, направленных на развитие здравоохранения в регионе. ⠀ Я искренне поздравляю Дауда Юшаевича с днем рождения! Желаю ему крепкого здоровья, счастья и успехов в профессиональной деятельности!“ (Ramsan Kadyrow, 18. Juli 2020)

Über die oben genannten Informationen hinausgehend konnten keine spezifischen Informationen zum Einfluss von Daud Selmursajew gefunden werden.

Informationen zum Zentrum für islamische Medizin (Was ist das Zentrum? Wer steht dahinter? Was sind seine Aufgaben? Beziehung zwischen Daud Selmursajew und dem Zentrum? Werden psychische und andere Krankheiten therapiert? Wenn ja, wie?)

Wie bereits oben angeführt, wird Daud Selmursajew in verschiedenen Quellen als Leiter des Zentrums für islamische Medizin in Grosny (Reuters, 21. Juli 2011), Gründer des Zentrums (The Moscow Times, 11. Februar 2013) bzw. Direktor des Zentrums (Grosny Inform, 14. Juli 2018; daud_cim, ohne Datum; Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien, ohne Datum (a)) bezeichnet.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), der unabhängige Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen in der Schweiz, führt in einem Themenpapier vom September 2015 Folgendes an:

„Im Februar 2009 wurde das staatliche Islamic Medical Centre auf Anordnung des tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrow eröffnet. […] In den ersten fünf Jahren nach der Eröffnung sollen 240‘000 Personen kostenlos behandelt worden sein.“ (SFH, 8. September 2015, S. 13)

Die englischsprachige russische Tageszeitung The Moscow Times erwähnt in einem Artikel vom Februar 2013, dass das Zentrum für islamische Medizin in Grosny 2008 mit staatlicher Unterstützung eröffnet worden sei. Auf der offiziellen Webseite der tschetschenischen Regierung finde sich laut The Moscow Times ein Statement vom November 2010 zu einem Treffen zwischen Daud Selmursajew, dem Gründer des Zentrums, und Ramsan Kadyrow. Während des Treffens habe Kadyrow das Zentrum für seine wichtige Arbeit gelobt und versichert, dass das neue, vom Staat finanzierte Gebäude des Zentrums alle technischen Anforderungen erfüllen würde. Laut dem Statement habe das Zentrum in den zwei Jahren seit seiner Eröffnung 130.000 PatientInnen behandelt:

„It also did not specify whether Grozny's Center for Islamic Medicine — opened in 2008 with state support and, according to the Southern Federal District's website, still in operation — would fall under the category of ‘charlatanism’ for what its founder, Daud Selmurzayev, describes in an October 2012 interview with Smartnews.ru as ‘the use of the Quran to help drive out demons.’ […]

The official website for the Chechen government carries a statement from November 2010 announcing a meeting held between Selmurzayev and Kadyrov, in which the Chechen leader praises the center for its important work and assures that the center's new state-sponsored building would meet all technical requirements.

According to that statement, the center had treated 130,000 patients since its opening two years earlier.“ (The Moscow Times, 11. Februar 2013)

Der tschetschenische Rundfunksender Put im. A-Ch. Kadyrowa (Deutsch: Weg benannt nach Achmat-Chadschi Kadyrow) veröffentlicht im Februar 2019 auf seiner Facebook-Seite ein Interview mit Daud Selmursajew auf Tschetschenisch. In einer russischen Zusammenfassung unter dem Video wird erläutert, dass laut Selmursajew, dem Direktor des Zentrums für Islamische Medizin in Grosny, diese Einrichtung ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert habe. Sie habe am 1. Februar 2009 ihre Arbeit aufgenommen. In diesem Zeitraum hätten 107 Personen eine Ausbildung absolviert und hätten ein Zertifikat über die Ausübung der Tätigkeit als „theologischer Heiler“ (Russisch: богослов-целитель) bekommen. Ungefähr 550 Spezialisten im Bereich Hidschama (blutiges Schröpfen, Anm. ACCORD), die zuvor außerhalb der Republik Tschetschenien ausgebildet worden seien, hätten sich einer Prüfung unterzogen und ein Zertifikat erhalten. Im Laufe der zehn Jahre, in denen die Klinik arbeite, habe sie Hunderttausende PatientInnen aufgenommen. Die Mehrheit von ihnen habe in der Einrichtung eine Behandlung für sich gefunden. Dank der umfassenden Unterstützung durch das Oberhaupt der Republik, Ramsan Kadyrow, werde die Klinik zum Wohle der Menschen weiterarbeiten, so Selmursajew:

„в студии радио ‚Путь‘ побывал заместитель министра здравоохранения ЧР – директор Центра исламской медицины Дауд Сельмурзаев. Накануне Центр исламской медицины в Грозном отметил свой юбилей-10 лет! Он рассказал, что центр исламской медицины начал свою работу 1 февраля 2009 года. За это время в стенах учреждения прошли обучение и получили свидетельства на осуществление деятельности ‚Богослова-целителя‘ 107 человек. Были экзаменованы с выдачей сертификатов около 550 специалистов в области кровопускания (хиджама), которые ранее проходили обучение за пределами ЧР. За десять лет работы клиника приняла сотни тысяч пациентов. Большинство из них в стенах лечебницы нашли свое исцеление. Благодаря всесторонней помощи, которую оказывает глава республики Рамзан Кадыров, центр продолжает свою работу на благо людей, - сказал Д. Сельмурзаев.“ (Put im. A-Ch. Kadyrowa, 7. Februar 2019)

Die staatliche tschetschenische Nachrichtenagentur Grosny Inform berichtet im Februar 2019, dass Ramsan Kadyrow, das Oberhaupt der Republik Tschetschenien, eine Feier anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Zentrums für islamische Medizin in Grosny besucht habe. Kadyrow habe gegenüber dem stellvertretenden Gesundheitsminister der Republik Tschetschenien und gleichzeitig Direktor des Zentrums, Daud Selmursajew, seine Dankbarkeit für die gute Organisation der Arbeit des Zentrums zum Ausdruck gebracht. Kadyrow habe eine Reihe von Spezialisten des Zentrums mit Medaillen „Für Verdienste um die Republik Tschetschenien“, mit Ehrenabzeichen „Für hervorragende Arbeit“ ausgezeichnet und auch Ehrenurkunden und Dankesschreiben des Oberhauptes der Republik Tschetschenien überreicht. Durch Entscheidung der Präsidentin des Achmat-Chadschi-Kadyrow-Fonds, Ajmani Kadyrowa (Kadyrows Mutter, Anm. ACCORD) hätten alle Mitarbeiter des Zentrums finanzielle Prämien erhalten:

„Глава Чеченской Республики Рамзан Кадыров посетил торжественное мероприятие, посвященное десятилетнему юбилею Центра исламской медицины в Грозном. […]

Глава ЧР выразил благодарность заместителю министра здравоохранения ЧР – директору Центра исламской медицины Дауду Сельмурзаеву за высокую организацию работы центра. Он поздравил специалистов ЦИМ с юбилеем и пожелал им здоровья, благополучия и успехов в таком полезном труде, как лечение различных недугов по канонам Ислама.

Кроме того, Р. Кадыров наградил ряд специалистов ЦИМ медалями ‚За заслуги перед ЧР‘, почётными знаками ‚За трудовое отличие‘, а также вручил Почётные грамоты и Благодарственные письма Главы ЧР.

По решению президента РОФ имени Героя России Ахмата-Хаджи Кадырова Аймани Кадыровой всем сотрудникам ЦИМ выделены денежные премии.“ (Grosny Inform, 7. Februar 2019)

Die Nachrichtenagentur Caucasus Times erwähnt in einem Artikel vom Februar 2019, dass die Behandlung im Zentrum für islamische Medizin in Grosny kostenlos erfolge, wie man dort angemerkt habe, da das Zentrum durch Mittel des Achmat-Chadschi-Kadyrow-Fonds unterhalten werde. Aus diesen Mitteln würden auch die Heiler des Zentrums bezahlt:

„За 10 лет своего существования Центр исламской медицины в Грозном принял 1,5 миллиона пациентов из разных регионов России. Об этом в интервью Caucasus Times сообщил целитель-богослов исламского центра — Арби Тимухаев. […]

При этом, как отметили в центре, с вас здесь никто не возьмёт плату за лечение, центр бесплатный, так как содержится за счет средств, выделяемых региональным общественным фондом имени Ахмата-Хаджи Кадырова. Из этих же средств оплачивается труд целителей центра.“ (Caucasus Times, 13. Februar 2019)

Der russischsprachige muslimische Fernsehkanal Alif TV veröffentlichte im November 2019 einen Beitrag zum Zentrum für islamische Medizin in Grosny. Darin wird erwähnt, dass die islamische Klinik bereits seit mehr als zehn Jahren in Grosny arbeite. Es habe eine Zeit gegeben, da hätten sich Zauberer, Magier und einfach auch Scharlatane als Spezialisten auf dem Gebiet der Medizin des Propheten ausgegeben und hätten die Vertrauensseligkeit und das Unwissen der Menschen ausgenutzt. Dann sei mit Unterstützung der Behörden das spezielle Zentrum aufgebaut worden. Daud Selmursajew, der Direktor, habe angegeben, dass im Laufe der zehn Jahre mehr als 400.000 PatientInnen in der Klinik aufgenommen worden seien:

„Исламская клиника работает в Грозном уже более 10 лет. Было время, когда колдуны, маги и просто шарлатаны, пользуясь доверчивостью и незнанием людей, выдавали себя за специалистов в пророческой медицине. Тогда при поддержке властей и появился специальный центр.

Дауд Сельмурзаев - директор: ‚Говоря про результат нашей работы, за эти 10 лет в клинике приняли более 400 т. (четырехсот тысяч) пациентов.“ (Alif TV, 11. November 2019)

Behandelte Krankheiten und Behandlungsmethoden

Die SFH erläutert in ihrem oben bereits zitierten Themenpapier vom September 2015 Folgendes zum Zentrum für islamische Medizin in Grosny:

„Fragwürdige und unmenschliche Behandlungsmethoden im Islamischen Medical Center in Grosny.

Im Februar 2009 wurde das staatliche Islamic Medical Centre auf Anordnung des tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrow eröffnet. Wie bereits erwähnt, werden in diesem Zentrum neuro-psychiatrische Erkrankungen durch das Vorlesen von Koranversen behandelt. In den ersten fünf Jahren nach der Eröffnung sollen 240‘000 Personen kostenlos behandelt worden sein. Professor Emil Pain von der Higher School of Economics an der National Research University in Moskau beschreibt in einem Artikel aus dem Jahr 2011 in der Zeitschrift Russland Analysen die sogenannten Heilverfahren, welche in dieser Klinik durchgeführt werden. Personen, bei denen man die Diagnose stelle, dass sie vom Teufel besessen seien, würden demnach einer Teufelsvertreibung mittels Auspeitschung unterzogen. In einem Gespräch mit dem Präsidenten Kadyrow soll Daud Selmursajew, der Leiter der Klinik, gesagt haben, dass schon 130‘000 Patienten durch die Anwendung dieser Methode geheilt wurden. Laut den Angaben vom 7. August 2015 von Abdulla Duduev, Chefredakteur der unabhängigen kaukasischen Zeitschrift Dosh, welcher sich auf Informationen aus den Medien beruft, kommen täglich 120 Personen im Sommer und 180 Personen im Winter in diese Klinik. Nach Angaben des Personals der Klinik werde nach der ersten Konsultation klar, für wen diese Therapie geeignet ist und wer sich an ärztliche Fachpersonen wenden muss. Drei bis vier von zehn Patienten seien mit der Behandlung zufrieden. Behandlungen dauern von nur einer Konsultation bis zu ‚Therapien‘ über einen längeren Zeitraum. In der Klinik gibt es ebenfalls stationäre Behandlungen. Es soll laut den Angaben von Abdulla Duduev keine Zusammenarbeit zwischen dem Personal des Islamic Medical Center und den Fachkräften des Gesundheitswesens im Bereich psychischer Gesundheit geben.“ (SFH, 8. September 2015, S. 13-14)

Der Artikel der Moscow Times vom Februar 2013 erwähnt, dass Daud Selmursajew 2012 in einem Interview angegeben habe, dass das Zentrum, das psycho-neurologische Erkrankungen mit der Hilfe von Gebeten aus dem Koran behandle, viele PatientInnen habe, die zuvor von Praktizierenden sowohl der weißen als auch der schwarzen Magie betrogen worden seien:

„It also did not specify whether Grozny's Center for Islamic Medicine — opened in 2008 with state support and, according to the Southern Federal District's website, still in operation — would fall under the category of ‘charlatanism’ for what its founder, Daud Selmurzayev, describes in an October 2012 interview with Smartnews.ru as ‘the use of the Quran to help drive out demons.’

The center, which treats psycho-neurological diseases with the use of prayers from the Quran, gets many patients who have been ‘swindled by practitioners of both black and white magic,’ Selmurzayev told the news agency.“ (The Moscow Times, 11. Februar 2013)

Caucasus Times berichtet in dem oben bereits erwähnten Artikel vom Februar 2019, dass das Zentrum für islamische Medizin in Grosny im Laufe seines zehnjährigen Bestehens 1,5 Millionen PatientInnen aus verschiedenen Regionen Russlands aufgenommen habe, so Arbi Timuchajew, ein „theologischer Heiler“ des Zentrums. Laut seinen Angaben würden sich immer häufiger Menschen, die an psychischen Störungen leiden würden, hervorgerufen unter anderem von einer „sündigen“ und ungesunden Lebensweise (AlkoholikerInnen, Drogenabhängige), an das Zentrum wenden. Ähnlich wie im Christentum Dämonen, die von einem Menschen Besitz ergriffen hätten, mittels Exorzismus ausgetrieben würden, vertreibe ein muslimischer Heiler einen Dschinn mit speziellen Gebeten aus dem Koran, habe man Caucasus Times im Zentrum erklärt. Das Zentrum beschränke sich aber nicht darauf, Verwünschungen zu beseitigen und Dämonen auszutreiben. Laut Aussagen von Mitarbeitern des Zentrums würden 27 „theologische Heiler“ rund um die Uhr in drei Schichten im Zentrum arbeiten. Die Spezialisten des Zentrums würden viele Krankheiten mittels der Anwendung alter Methoden heilen. Das seien Krankheiten in Zusammenhang mit arteriellem Hochdruck und Problemen des Stütz- und Bewegungsapparats. Dabei erfolge die Behandlung, wie im Zentrum angemerkt wurde, kostenlos. Die einzige Bedingung des Zentrums sei die Einhaltung religiöser Vorschriften nach der Behandlung einer Krankheit im Zentrum. Laut Angaben von Arbi Timuchajew würden sich sowohl Frauen als auch Männer ans Zentrum wenden. Häufig würden auch Kinder mitgebracht. Allerdings sollten Frauen und Kinder von einem Mann begleitet werden, dem Ehemann oder Bruder, da alle Mitarbeiter des Zentrums Männer seien:

„За 10 лет своего существования Центр исламской медицины в Грозном принял 1,5 миллиона пациентов из разных регионов России. Об этом в интервью Caucasus Times сообщил целитель-богослов исламского центра — Арби Тимухаев. […]

‚Чаще всего в центр обращаются люди, страдающие психическими расстройствами, в том числе вызванными неправедным и нездоровым образом жизни (алкоголики и наркоманы).

‚Подобно тому, как в христианском целительстве вселившихся в человека бесов изгоняют методом экзорцизма (с помощью молитв и обрядов), мусульманский лекарь удаляет джинна специальными молитвами из Корана‘, — объяснили в центре.

Однако центр не ограничивается снятием порчи и изгнанием бесов. По словам сотрудников центра, в центре работают 27 богословов – целителей, которые работают круглосуточно в три смены. Специалисты центра лечат многие болезни с применением древних методик. Это болезни, связанные с высоким артериальным давлением, проблемами опорно-двигательного аппарата.

При этом, как отметили в центре, с вас здесь никто не возьмёт плату за лечение, центр бесплатный, так как содержится за счет средств, выделяемых региональным общественным фондом имени Ахмата-Хаджи Кадырова. Из этих же средств оплачивается труд целителей центра.

Единственным условием центра является соблюдение религиозных канонов после того, как больной стал лечится в центре.

‚Соблюдая каноны ислама, вы уже себе помогаете‘, — отметили в центре.

По словам Арби, в центр обращаются как мужчины, так и женщины. Часто привозят детей. Однако, как отметил целитель, женщин и детей должен сопровождать мужчина, либо супруг, либо брат. Ведь все сотрудники центра – мужчины.

6 февраля Центр исламской медицины в Грозном отметил свой 10-летний юбилей. В 2009 году он был открыт по инициативе Главы Чеченской Республики Рамзана Кадырова.

По словам Р. Кадырова, открытие ЦИМ в Грозном было правильным решением и статистика его востребованности сама за себя говорит.“ (Caucasus Times, 13. Februar 2019)

Der Beitrag von Alif TV vom November 2019 zum Zentrum für islamische Medizin in Grosny gibt zu den Behandlungsmethoden der Klinik an, dass ausschließlich durch das Lesen des Korans und von Doaa-Gebeten (Fürbitten, Stoßgebete, Anm. ACCORD) sowie durch die Anwendung von Mitteln, die in den Hadithen (Aussagen und Taten des Propheten Mohammed Anm. ACCORD) erwähnt würden und deren nützliche Eigenschaften von der Wissenschaft bestätigt worden seien, behandelt werde. Das Erste sei eine Konsultation beim Arzt. Darauf würden direkt die Anwendungen folgen. Die Reaktionen der PatientInnen seien unterschiedlich: Kopfschmerzen, ein unangenehmes Gefühl im Brustbereich und selbst das Erscheinen eines Dschinns.

Die PatientInnen würden rund um die Uhr aufgenommen, die Klinik arbeite also 24 Stunden am Tag. Die Konsultation, die Untersuchung und auch die Verordnung des Arztes seien absolut kostenlos. In der Klinik würden 27 qualifizierte SpezialistInnen in drei Schichten arbeiten. Diese hätten in verschiedenen arabischen Ländern studiert. Außerdem gebe es einen speziellen Behandlungsraum für Hidschama (blutiges Schröpfen, Anm. ACCORD):

„Методы лечения исламской клиники

Лечат в центре исламской медицины исключительно чтением Корана и дуа, а также упоминаемыми в хадисах средствами, полезные свойства которых подтвердила наука. Первым делом - консультация с врачом. А после – непосредственно процедура. Головная боль, дискомфорт в области груди и даже проявления джинна. Реагируют пациенты по-разному. […]

Прием, обследование и назначение врача у нас проводится абсолютно бесплатно. В клинике работают 27 квалифицированных специалистов, в 3 смены. Они учились в разных арабских странах. Также у нас имеется специальный кабинет для хиджамы‘.“ (Alif TV, 11. November 2019)

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwähnt in einem Bericht vom Dezember 2018 zu Menschenrechtsverletzungen in der Republik Tschetschenien, insbesondere gegenüber LGBT-Personen, dass in Bezug auf letztere auch über eine Art islamischer Exorzismus berichtet worden sei. Familienmitglieder hätten insbesondere weibliche LGBT-Personen für einer Art Therapie gegen Dämonen ins Zentrum für islamische Medizin in Grosny gebracht:

„The situation of females with non-heterosexual orientation is also important to mention. […] Interestingly, also a kind of Islamic exorcism procedure is reported for which purpose families brought their relatives, particular females, to the Centre for Islamic Medicine in Grozny for a sort of therapy against demons.“ (OSZE, 20. Dezember 2018, S. 14)

Auch das Norwegian Helsinki Committee, eine NGO, die sich für Menschenrechte einsetzt, schreibt in einem Bericht von 2018 zur Lage von LBT-Frauen im Nordkaukasus, dass eine der üblichsten Methoden, um die sexuelle Orientierung einer Person zu korrigieren, eine zwangsweise Behandlung am Zentrum für islamische Medizin sei oder das Einladen eines Mullahs für eine Art Exorzismus-Ritual, um den „Dschinn zu vertreiben“:

„One of the most common methods of correcting a person’s sexual orientation is compulsory treatment at the Center for Islamic Medicine or inviting the mullah for a kind of exorcism ritual – ‘casting out the jinn’. Many parents, even the ones who have a university degree, turn to ‘experts on the casting out of jinns’. The girls themselves often believe in jinns and even think that their sexual orientation is a result of their being possessed by a male jinn who has fallen in love with them and is causing them to be disgusted with men. Five respondents in total had undergone a jinn exorcism after their relatives found out about their sexual orientation. If the exorcist tells the ‘guardians’ that the girl is possessed by a jinn, she then begins compulsory treatment. And if he (exorcism specialists in the North Caucasus are all men) believes that she is ‘clean’, the girl has no way of justifying her orientation.“ (NHC, 2018, S. 25)

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 25. Jänner 2021)

·      Alif TV: Исламская клиника в Грозном приняла 400 тыс. Пациентов [Die islamische Klinik in Gronsy hat 400.000 Patienten aufgenommen], 11. November 2019
https://alif.tv/islamskaya-klinika-v-groznom-prinyala-400-tys-patsientov/

·      Caucasus Times: Грозный стал Центром исламской медицины: его постели 1,5 миллиона человек [Grosny ist zum Zentrum der islamischen Medizin geworden. Es wurde von 1,5 Millionen Menschen besucht], 13. Februar 2019
https://caucasustimes.com/ru/groznyj-stal-centrom-islamskoj-mediciny-ego-posteli-1-5-milliona-chelovek/

·      daud_cim [Daud Selmursajew]: Instagram-Profil, ohne Datum (verfügbar auf Instagram, Zugriff am 22. Jänner 2021)
https://www.instagram.com/daud_cim/

·      daud_cim [Daud Selmursajew]: Instagram-Post, 30 Dezember 2020 (verfügbar auf Instagram)
https://www.instagram.com/p/B6tmYeFogfI/

·      Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien: Сельмурзаев Дауд Юшаевич [Selmursajew Daud Juschajewitsch], ohne Datum (a) (verfügbar auf Yandex)
https://yandexwebcache.net/yandbtm?lang=ru&fmode=inject&tm=1610698140&tld=ru&la=1607612672&text=%22%D0%A1%D0%B5%D0%BB%D1%8C%D0%BC%D1%83%D1%80%D0%B7%D0%B0%D0%B5%D0%B2%20%D0%94%D0%B0%D1%83%D0%B4%20%D0%AE%D1%88%D0%B0%D0%B5%D0%B2%D0%B8%D1%87%22&url=https%3A%2F%2Fwww.minzdravchr.ru%2Fdlya-naseleniya%2Fselmurzaev-daud&l10n=ru&mime=html&sign=e3b610cc0a5cc346afab37aacada157b&keyno=0

·      Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien: Министерство – руководство [Ministerium - Leitung], ohne Datum (b)
https://www.mzchr.ru/ministerstvo/rukovodstvo/

·      Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien: Сведения о доходах, расходах, об имуществе и обязательствах имущественного характера лиц, замещающих должности государственной гражданской службы Чеченской Республики в Министерстве здравоохранения Чеченской Республики, членов их семей за период с 1 января 2018 года по 31 декабря 2018 года [Angaben über Einkünfte, Ausgaben, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Personen, die im zivilen staatlichen Dienst der Republik Tschetschenien im Gesundheitsministerium der Republik Tschetschenien einen Posten innehatten, sowie ihrer Familienmitglieder im Zeitraum 1. Jänner 2018 bis 31. Dezember 2018], ohne Datum (c) (verfügbar auf Google)
https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:hEpLwO5CRn0J:https://www.minzdravchr.ru/deyatelnost/svedeniya-o-dokhodakh%3Ftask%3Dcallelement%26format%3Draw%26item_id%3D60186%26element%3D1e4afb8f-d475-476b-bacf-09b43c425220%26method%3Ddownload%26index%3D0+&cd=12&hl=de&ct=clnk&gl=at&client=firefox-b-e

·      Grosny Inform: Р. Кадыров поздравил с днем рождения заместителя министра здравоохранения ЧР Дауда Сельмурзаева [Ramsan Kadyrow hat dem stellvertretenden Gesundheitsminister der Republik Tschetschenien zum Geburtstag gratuliert], 14. Juli 2018
https://www.grozny-inform.ru/news/society/98022/

·      Grosny Inform: Центр исламской медицины в Грозном отметил свой 10-летний юбилей [Das Zentrum für islamische Medizin in Grosny hat sein 10-jähriges Jubiläum gefeiert], 7. Februar 2019
https://www.grozny-inform.ru/news/society/105362/

·      IWPR - Institute for War and Peace Reporting: Storm Over Miss Chechnya Contest, 20. Oktober 2006
https://iwpr.net/global-voices/storm-over-miss-chechnya-contest

·      NHC – Norwegian Helsinki Committee: Violence against lesbian, bisexual and transgender women in the North Caucasus region of the Russian Federation, 2018
https://www.ecoi.net/en/file/local/2010333/Violence-against-LBT-women-in-North-Caucaucasus.pdf

·      OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa: OSCE Rapporteur’s Report under the Moscow Mechanism on alleged Human Rights Violations and Impunity in the Chechen Republic of the Russian Federation [ODIHR.GAL/76/18/Corr.1], 20. Dezember 2018
https://www.osce.org/odihr/407402?download=true

·      Put im. A-Ch. Kadyrowa: В студии радио «Путь» побывал директор Центра исламской медицины Дауд Сельмурзаев [Im Studio des Radios „Weg“ war der Direktor des Zentrums für islamische Medizin Daud Selmursajew], 7. Februar 2019 (verfügbar auf Facebook)
https://www.facebook.com/trkput/videos/%D0%B2-%D1%81%D1%82%D1%83%D0%B4%D0%B8%D0%B8-%D1%80%D0%B0%D0%B4%D0%B8%D0%BE-%D0%BF%D1%83%D1%82%D1%8C-%D0%BF%D0%BE%D0%B1%D1%8B%D0%B2%D0%B0%D0%BB-%D0%B4%D0%B8%D1%80%D0%B5%D0%BA%D1%82%D0%BE%D1%80-%D1%86%D0%B5%D0%BD%D1%82%D1%80%D0%B0-%D0%B8%D1%81%D0%BB%D0%B0%D0%BC%D1%81%D0%BA%D0%BE%D0%B9-%D0%BC%D0%B5%D0%B4%D0%B8%D1%86%D0%B8%D0%BD%D1%8B-%D0%B4%D0%B0%D1%83%D0%B4-%D1%81%D0%B5%D0%BB%D1%8C%D0%BC%D1%83%D1%80%D0%B7%D0%B0%D0%B5%D0%B2/375345513256820/

·      Ramsan Kadyrow: Рамзан Кадыров поздравляет Дауда Юшаевича с днем рождения [Ramsan Kadyrow gratuliert Daud Juschajewitsch zum Geburtstag], 18. Juli 2020 (verfügbar auf YouTube)
https://www.youtube.com/watch?v=Tk85krS2V7Y

·      Reuters: Islamic healers treat wounds in Russia's Chechnya, 21. Juli 2011
https://www.reuters.com/article/us-russia-chechnya-healers/islamic-healers-treat-wounds-in-russias-chechnya-idUSTRE76K4ON20110721

·      Ria Nowosti: Имидж Чечни. Мужчин в камуфляже сменили девушки в туниках [Das Image Tschetscheniens. Männer in Tarnanzügen haben die Frauen in Kleidern abgelöst], 29. Mai 2006
https://ria.ru/20060529/48777525.html

·      SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe: Tschetschenien: Gesundheitswesen und Behandlung psychischer Erkrankungen und Störungen, 8. September 2015
https://www.ecoi.net/en/file/local/1207822/1788_1444397073_150908-rus-pdbs-gesundheitswesen-themenpapier.pdf

·      The Moscow Times: Kadyrov Urges Shaman Crackdown, 11. Februar 2013
https://www.themoscowtimes.com/2013/02/11/kadyrov-urges-shaman-crackdown-a21427