Anfragebeantwortung zu Nigeria: Behandlung von Sichelzellenkrankheit: Fallzahlen, Behandlung, Kosten und Kostenübernahme, Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf das Gesundheitssystem [a-11415]

18. November 2020

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Verbreitung der Sichelzellenkrankheit in Nigeria

Die Sichelzellenkrankheit, auch bekannt als Sichelzellenanämie, ist eine in Nigeria häufige und lebensbedrohliche hämatologische Erkrankung (NDHA, Oktober 2019, S. xix).

Die Sickle Cell Foundation Nigeria (SCFN), eine nichtstaatliche und gemeinnützige Organisation, die sich der Sichelzellenerkrankung widmet, beschreibt auf ihrer undatierten Webseite, dass Nigeria weltweit die größte Krankheitslast an Sichelzellenerkrankungen zu tragen habe. Über 40 Millionen NigerianerInnen seien Träger des Sichelzellengens und jedes Jahr würden 150.000 Kinder mit Sichelzellenanämie zur Welt kommen. Von diesen würden schätzungsweise 100.000 ihren fünften Geburtstag nicht erleben und meist wegen Unwissenheit und fehlenden Zugangs zu angemessener Diagnose und Versorgung sterben:

„SCD is a major genetic condition in Nigeria. The country has by far the largest burden of the disorder anywhere in the world. Over 40 million Nigerians are carriers of the sickle cell gene and an estimated 150,000 babies are born every year with sickle cell anaemia (Hb SS). Sadly, an estimated 100,000 of these babies do not live to celebrate their fifth birthday; they die mostly from ignorance and lack of access to proper diagnosis and care.” (SCFN, ohne Datum (a))

Eine von der Nationalen Bevölkerungskommission Nigerias 2018 durchgeführte Umfrage zu Demographie und Gesundheit aus dem Jahr 2018 (Nigeria Demographic and Health Survey 2018) gibt an, dass der Nationale Strategische Aktionsplan zur Prävention und Kontrolle nichtübertragbarer Krankheiten des Bundesgesundheitsministeriums Nigerias im Jahr 2015 geschätzt habe, dass ungefähr 24 Prozent aller NigerianerInnen das Gen mit der Anlage zur Sichelzellenkrankheit tragen würden. Darauf basierend wird geschätzt, dass 2 Prozent der Bevölkerung, 3,4 Millionen NigerianerInnen an der Sichelzellenkrankheit leiden würden:

„The 2018 NDHS, for the first time in a DHS survey, collected information on sickle cell disease (SCD) and sickle cell trait (SCT). […] The National Strategic Plan of Action on Prevention and Control of Non-Communicable Diseases under Nigeria’s Federal Ministry of Health has estimated that approximately 24% of Nigerians have SCT (Federal Ministry of Health 2015a). Also, it is estimated that when the prevalence of SCT is above 20%, SCD can be as high as 2% (Federal Ministry of Health 2015a). According to this estimation, over 3.4 million Nigerians currently have SCD (Federal Ministry of Health 2015a).” (NDHS, Oktober 2019, S. 265)

Behandlung der Sichelzellenkrankheit in Nigeria

Das britische Innenministerium (UK Home Office) veröffentlicht im Jänner 2020 ein Dokument zur medizinischen und Gesundheitsversorgung in Nigeria, das auch einen kurzen Abschnitt zur Sichelzellenkrankheit umfasst. Darin wird eine Auskunft einer MedCOI (Medical Country of Origin Information)[1] - Kontaktperson angeführt, die gesagt habe, dass fast alle Krankheiten oder Gesundheitsstörungen in Nigeria behandelt werden könnten, insbesondere in einigen privaten Krankenhäusern in Lagos, die über umfangreiche Ressourcen verfügen würden. Diese seien jedoch sehr teuer und normalerweise für arme Menschen nicht zugänglich. Viele der tertiären Gesundheitseinrichtungen, insbesondere im südlichen Teil des Landes, seien in der Lage, mit solchen Krankheiten umzugehen. Bestimmte hochtechnische Eingriffe wie Herz- oder Knochenmarktransplantationen seien aber nicht bekannt. Der MedCOI - Kontakt habe außerdem angegeben, dass alle Gesundheitsstrukturen des tertiären Sektors in der Lage seien, Sichelzellenkrankheit zu behandeln und dass daher eine Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern möglich sei, da die meisten Gesundheitszentren öffentlich seien:

„The MedCOI country contact noted ‘Almost all diseases or ill-health conditions can be managed in the country especially in some highly resourced private hospitals in Lagos. However, they are very expensive and usually out of the reach [for] the poor. Many of the tertiary health facilities especially in the southern part of the country are capable of handling such [diseases]. Certain highly technical surgeries such as heart and bone marrow transplantation are unheard of.’” (UK Home Office, Jänner 2020, S. 9)

„The MedCOI country contact also stated that ‘all tertiary health structures are able to manage SCD. Therefore, treatment in public hospitals is possible as most of tertiary health centres are public structures.’” (UK Home Office, Jänner 2020, S. 21)

Auf der Webseite der Sickle Cell Foundation Nigeria (SCFN) findet man die Information, dass die SCFN mit Unterstützung von Spendern den Betrieb von Sichelzellen-Kliniken überwachen und kostenlos Medikamente und medizinische Ausrüstung bereitstellen würde. (SCFN, ohne Datum). Die Webseite gibt nicht an wie viele solcher Kliniken es gibt und wo sich diese befinden:

„With donors’ support, we supervise the running of Sickle Cell Clinics including the free provision of drugs and some equipment in a few States in Nigeria. More States will be added when financial provision permits. Already, these clinics have recorded improvement in the quality of lives and death rates among their patients. The goal of this intervention is to demonstrate to the host State Governments, the beneficial impact of Sickle Cell Clinics on the lives of affected persons and hopefully, encourage them to take over the running of the Clinics and expand their coverage within the State.” (SCFN, ohne Datum (b))

Ijeoma N. Diaku-Akinwumi und weitere Autoren veröffentlichen im September 2016 einen akademischen Artikel mit dem Thema Bluttransfusionen für PatientInnen mit Sichelzellenkrankheit in Nigeria. Der Artikel beschreibt, dass die Verfügbarkeit von sicherem Spenderblut eine Schlüsselrolle in der Behandlung der Sichelzellenkrankheit darstelle. Die chronische Transfusionstherapie (chronic transfusion therapy, CTT), mit deren Hilfe der Anteil des Sichelhämoglobins niedriger gehalten werde, sei die Standardversorgung für die primäre und sekundäre Schlaganfallprävention und -behandlung sowie von PatientInnen mit wiederkehrenden Episoden von akutem Thorax-Syndrom (acute chest syndrome) oder schweren Schmerzen. Sie würde auch die Lebensqualität der PatientInnen verbessern. An der dem Artikel zugrunde liegenden Studie hätten 31 Krankenhäuser von insgesamt 129 öffentlichen sekundären und tertiären Krankenhäusern Nigerias teilgenommen. Jedes der 31 teilnehmenden Krankenhäuser würde über Einrichtungen für Vollbluttransfusion verfügen, allerdings würden nur 14 über Blutkonserven aus Erythrozytenkonzentrat (packed red blood cells) verfügen. Keines der teilnehmenden Krankenhäuser verfüge über bestrahlte Blutprodukte. Zentral verwaltete Blutbankdienste habe es in sechs (19 Prozent) der untersuchten Krankenhäuser gegeben. Auf die Frage, wie oft sie einem Patienten, der an Sichelzellenkrankheit leide wegen Nichtverfügbarkeit von Blut keine Transfusion geben konnten, hätten 17 Krankenhäuser (55 Prozent) angegeben, dass dies ein bis zwei Mal im Monat der Fall gewesen sei, während sieben Krankenhäuser (23 Prozent) gemeldet hätten, dass dies drei Mal oder öfter der Fall gewesen sei. Nur eines der an der Studie teilnehmenden Krankenhäuser habe keine Blutknappheit für seine Sichelzellen-PatientInnen gemeldet:

„Availability of safe blood obtained from voluntary, non-remunerated donors, plays a key role in the standard of care of patients with SCD. Indeed, 40–60% of patients with SCA would require blood transfusion in childhood with many receiving multiple transfusions outside of a chronic transfusion program. Chronic transfusion therapy (CTT), to keep the proportion of sickle haemoglobin (HbS) below 30% of total, is the standard of care for primary and secondary stroke prevention and management of patients with recurrent episodes of acute chest syndrome or severe painful events. It also improves the patient's quality of life. Peri-operative blood transfusion before major surgery is also frequently indicated to improve outcome. […]

Out of Nigeria's 129 public secondary and tertiary hospitals, 31 hospitals participated in the study. […] Although all the hospitals have facilities for whole blood transfusion, only 14 (45%; one secondary and 13 tertiary) provide true packed red blood cells. Washed red cells were available in two tertiary hospitals, and leukocyte-depleted cells in one tertiary hospital. No hospitals provided irradiated blood products. Centrally-administered blood banking services were available in six (19%) of the hospitals in the survey: four in the South-West and two in the North-West zone. When asked how often they were unable to transfuse a SCD patient because of unavailability of blood, 17 (55%) responded, 1–2 times monthly while seven (23%) had scarcity three or more times monthly. However, the frequency of requests for blood transfusion was not documented. Only one tertiary hospital based in the South-East zone, reported no scarcity of blood for their SCD patients.” (Diaku-Akinwumi et al., 27. September 2016)

Der Artikel fährt fort, dass alle Zentren, die an der Studie teilgenommen haben, die Spender auf Hepatitis B testen würden, fast alle auf HIV (97 Prozent) und 87 Prozent würden die Spender auch auf Hepatitis C testen (87 Prozent). Alle Zentren würden Kreuzproben von AB0 und Rhesus D durchführen, Einrichtungen für eine erweiterte Phänotypisierung oder ein Screening auf Alloantikörper würden nicht zur Verfügung stehen. Eine routinemäßige Kontrolle der Patienten auf Eisenüberladung sei unter Verwendung von Serum-Ferritin in sechs von 25 Krankenhäusern (24 Prozent) möglich gewesen. 17 Krankenhäuser (55 Prozent) des tertiären Sektors boten ihren PatientInnen chronische Transfusionstherapie (CTT) im Zeitraum von zwei Jahren vor Teilnahme an der Studie an, allerdings konnten in 15 Krankenhäusern (88%) aufgrund von Blutmangel Programme nicht aufrechterhalten werden. Die mangelnde Fähigkeit der Krankenhäuser leukozytendepletierte Erythrozytenkonzentrate herzustellen, werfe Bedenken hinsichtlich der Sicherheit vor diversen Transfusionsreaktionen auf. Erythrozytenkonzentrat könne in weniger als der Hälfte der befragten Krankenhäuser und in etwa der Hälfte der Krankenhäuser, die CTT anbieten würden, hergestellt werden, was darauf hindeute, dass die Wirksamkeit von Transfusionen in diesen Krankenhäusern derzeit nicht optimal sei:

„Most of the centers screen the donors for HIV (97%), hepatitis B (100%) and hepatitis C (87%). All centers carry out only ABO and Rhesus D cross-matching; facilities for extended phenotyping or screening for alloantibodies were not available. Routine monitoring of patients for iron overload was possible in six of the 25 hospitals (24%) using serum ferritin. […] Seventeen (55%) tertiary hospitals offered CTT to adult or pediatric patients with SCD within 2 years preceding the study. However, in 15 (88%), that attempted CTT, the program could not be sustained mainly due to unavailability of blood. The major indications for chronic transfusion included previous stroke in 14 (82%) patients, recurrent acute chest syndrome in seven (41%), high ischemic stroke risk in two (12%), chronic leg ulcer in five (29%) and pulmonary hypertension in one patient (6%). […] Inability of our hospitals to produce leukocyte-depleted packed red cells raises concerns for safety from diverse transfusion reactions. Moreover, packed red cells could be produced by less than half of all hospitals surveyed and about half of the hospitals offering CTT, implying that the efficacy of transfusions is currently suboptimal in these hospitals.” (Diaku Akinwumi et al., 27. September 2016)

Zu den Risiken einer chronischen Transfusionstherapie in Nigeria sowie zum Vermögen der Krankenhäuser, diese Therapie in sicherer Weise anzubieten, schreiben Diaku-Akinwumi und andere Autoren in dem Artikel vom September 2016, dass das Risiko von durch Blut übertragenen Infektionen umso größer sei, je mehr Bluteinheiten verabreicht werden. HIV, Hepatitis B und C würden fast universell getestet, aber es sei wichtig zu beachten, dass SpenderInnen und PatientInnen, die Chronische Transfusionstherapie erhalten, nicht in allen Zentren auf Syphilis untersucht würden. Falciparum Malaria sei in Nigeria endemisch und stelle für Menschen, die mit SCD leben würden, eine erhebliche Morbiditäts- und Mortalitätsgefahr dar. Kein Krankenhaus habe aber das Spenderblut auf Malariaparasiten untersucht. Darüberhinaus sei Eisenchelation[2] entweder nicht verfügbar oder sehr teuer. Nur ein Pharmaunternehmen, Novartis, würde orales Deferasirox zur Eisenchelation vertreiben. Aufgrund der hohen Kosten sowie anderer damit verbundener Ausgaben und der Nichtverfügbarkeit von Apheresegeräten sei der Einsatz von Chronischer Transfusionstherapie derzeit schwer zu gewährleisten. Andere anhaltende Herausforderungen wie die instabile Stromversorgung, das Risiko von durch Transfusionen übertragbaren Infektionen und Transfusionsreaktionen würden die Möglichkeiten der nigerianischen Krankenhäuser, sichere Chronische Transfusionstherapie zu bieten, weiter einschränken:

The more units of blood received, the greater the risk of blood-borne infections. HIV, hepatitis B and C were tested for almost universally but it is important to note that donors and chronically transfused patients were not routinely screened for syphilis in all centers currently offering CTT. Falciparum malaria is endemic in Nigeria and poses a significant threat of morbidity and mortality to people living with SCD. However, no hospital screened donor blood for malaria parasites. […] In addition, iron chelation is either not available or it is very expensive. Only one pharmaceutical company, Novartis, distributes oral Deferasirox for iron chelation. Its high cost in addition to other associated expenses and the unavailability of apheresis machines makes the use of CTT, as standard care, difficult to achieve at the moment. Other persistent challenges including inconsistent power supply, unavailability, the risk of transfusion-transmissible infections and transfusion reactions further limit our hospitals’ ability to deliver safe CTT.” (Diaku Akinwumi et al., 27. September 2016)

Eine andere akademische Publikation von Oyesola O. Ojewunmi und weiteren AutorInnen vom Juni 2019 beschäftigt sich mit aktuellen Perspektiven der Sichelzellenkrankheit in Nigeria und kommt in zusammenfassender Weise zu ähnlichen Schlüssen wie Diaku-Akinwumi im Artikel vom September 2016. Bluttransfusionen seien eine lebensrettende Therapie zur Behandlung von Komplikationen der Sichelzellenkrankheit, insbesondere in der Behandlung und der Prävention von Schlaganfällen und akutem Thoraxsyndrom. Die Haupthindernisse für eine erfolgreiche chronische Bluttransfusionstherapie, insbesondere in den Ländern Afrikas südlich der Sahara, seien jedoch die Nichtverfügbarkeit von Blut für eine regelmäßige Transfusion. Der Artikel ergänzt, dass der schlechte Zugang zu umfassenden Behandlungszentren, die Kosten der Transfusion, die sozioökonomische Belastung der Familien, sowie kulturelle und religiöse Überzeugungen weitere Hindernisse darstellen würden:

„Blood transfusion is a life-saving therapy for the management of complications of SCD especially in the treatment and prevention of stroke and acute chest syndrome. […] However, the major impediments to successful chronic blood transfusion therapy particularly in countries in sub-Saharan Africa are the unavailability of blood for regular transfusion, poor access to comprehensive treatment centers, cost of transfusion, socio-economic burden on the families, cultural and religious beliefs, risk of allo-immunisation, iron overload and transfusion transmissible infections.” (Ojewunmi et al., 25. Juni 2019)

Ein Beitrag über eine mögliche Nachbehandlung in Nigeria im Falle einer im Ausland durchgeführten Stammzellentransplantation bei SichelzellenpatientInnen wurde im November 2019 publiziert:

·      Akinsete, Adeseya Michael: Sickle Cell Disease Post-Transplant Care Challenges in Nigeria: Systematic Institutional Neglect of Medical Tourism, 13. November 2019
https://doi.org/10.1182/blood-2019-126120

Kosten und Kostenübernahme der Behandlungen von Sichelzellenkrankheit, Krankenversicherung in Nigeria

Die bereits oben zitierte Studie zu Bluttransfusionen für PatientInnen mit Sichelzellenkrankheit in Nigeria von Ijeoma N. Diaku-Akinwumi vom September 2016 gibt an, dass die durchschnittlichen Kosten für eine Bluteinheit bei 4.783,33 Naira liegen würden, was etwa 24 US Dollar entspreche (im November 2020 entsprechen 4.783 Naira circa 11 Euro, Anmerkung ACCORD). Nur eines der Krankenhäuser, die an der Studie teilgenommen haben, würde einen kostenlosen Bluttransfusionsdienst anbieten. Die Kosten für eine Chelations-Therapie unter Verwendung der vom Hersteller empfohlenen alters- und gewichtsadäquaten Dosen von täglich oral verabreichtem Deferasirox würden pro Monat, sofern verfügbar, von 3.000 Naira (entspricht im November 2020 circa 7 Euro, Anmerkung ACCORD) bei Kindern bis 80.000 Naira (entspricht im November 2020 circa 177 Euro, Anmerkung ACCORD) bei Erwachsenen reichen, in US Dollar seien das laut dem Artikel aus dem Jahr 2017 in etwa 15 US-Dollar bis 400 US-Dollar gewesen. Andere Kosten seien nicht geschätzt worden:

„The average cost of one unit of blood is 4783.33 (about US$24) while only one hospital offers free blood transfusion service. Cost of chelation therapy using manufacturer's recommended age and weight appropriate doses of daily oral Deferasirox (Ansura marketed by Novartis, Mushin, Lagos State, Nigeria) where available ranged from 3000.00 (about US$15) in children to 80 000.00 (about US$400) in adults, monthly. The difference in cost is probably associated with the dosage and amounts used, although these were not documented. The other costs associated with blood transfusion were not estimated. […] ” (Diaku-Akinwumi et al., 27. September 2016)

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) bietet in einem Länderinformationsblatt zu Nigeria von 2020 einen kurzen Überblick über das nigerianische Gesundheitssystem, zu Krankenversicherungen und Kostenübernahme, außerdem zum Zugang zur Krankenversicherung für RückkehrerInnen nach Nigeria:

„Das nigerianische Gesundheitssystem besteht sowohl aus öffentlichen als auch aus privaten Gesundheitseinrichtungen. Die meisten öffentlichen Gesundheitseinrichtungen bieten sowohl sekundäre als auch tertiäre Behandlungen an und verfügen über Fachmediziner. Die privaten Gesundheitseinrichtungen sind teurer, aber der Zugang zur medizinischen Versorgung ist für zu Behandelnde einfacher. In Nigeria gibt es sowohl private als auch öffentliche Krankenversicherungen. Leistungen: Die Versicherung deckt 90% der Medikamentenkosten, der medizinischen Beratungsgebühr, der Laboruntersuchungen, der Krankenhausgebühr, und bis zu 21 Tagen kumulierten Krankenhausaufenthalts pro Jahr. Ebenfalls deckt sie 50% der Kosten für radiologische Untersuchungen und Gebühren für chirurgische Eingriffe. Eine private Krankenversicherung ist ebenfalls verfügbar. Der Umfang der Leistungen einer privaten Versicherung hängt vom erworbenen Versicherungsplan ab. Kosten: Für die öffentliche Krankenversicherung sind Selbständige im Rahmen des freiwilligen Sozialversicherungssystems registriert. Der Mitgliedsbeitrag beträgt USD 41,7 (15000 NGN) und wird alle 12 Monate erneuert. Für Personen, die eine formelle Beschäftigung haben und vom Arbeitgeber versichert sind, werden 10% des Gehalts monatlich abgezogen, der Versicherungsschutz erstreckt sich jedoch auf den Ehepartner und vier abhängige Personen. Die Kosten für die private Krankenversicherung variieren je nach Vorliegen von Gesundheitsproblemen und Pflegebedarf. […]

Gesundheitswesen: Zugang, insbesondere für Rückkehrende: Berechtigung und Voraussetzungen: Die öffentliche Krankenversicherung steht allen nigerianischen Staatsbürgern zur Verfügung. Die Vorlage des Personalausweises und die Zahlung des Mitgliedsbeitrags/Beitrags sind die einzige Voraussetzung. Registrierung: Für die öffentliche Krankenversicherung kann die Registrierung online über die NHIS-Website https://www.nhisonline.com.ng/ des National Health Insurance Scheme erfolgen. Nach Zahlung des Mitgliedsbeitrags beträgt die Wartezeit 60 Tage bis zur Aktivierung des Leistungspakets. Notwendige Dokumente: Nationaler Personalausweis und Passfoto.“ (IOM, 2020, S. 4)

Die Webseite socialprotection.org ist eine mitgliederbasierte Online-Plattform für Wissensaustausch und Kapazitätsaufbau, die durch freien Zugang zu Datenbanken und Publikationen zu mehr sozialer Sicherheit und nachhaltiger Entwicklung beitragen will. Ein Artikel vom 7. Februar 2019, der auf socialprotection.org veröffentlicht wurde, widmet sich den Themen Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung in Nigeria. Darin wird erwähnt, dass von der nationalen Krankenversicherung (National Health Insurance Scheme, NHIS) erwartet worden sei, dass sie Schutz vor sozialen und finanziellen Risiken biete, indem sie die Kosten der Gesundheitsversorgung senke und einen gerechten Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten ermögliche. Zu den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen in Nigeria würden Kinder, Schwangere, Behinderte, ältere Menschen, Vertriebene, Arbeitslose, PensionistInnen und Kranke zählen. Obwohl diese gefährdeten Gruppen manchmal in den Genuss kostenloser Gesundheitsdienste kommen würden, müssten sie für die Gesundheitsdienste weitgehend selbst aufkommen. Kostenlose Gesundheitsdienste und Befreiungsmechanismen seien oft politisch motiviert, würden schlecht umgesetzt und oft nur wenige Jahre zur Verfügung stehen. Trotz Einführung der nationalen Krankenversicherung im Jahr 2005 würde sie weniger als 10% der nigerianischen Bevölkerung abdecken, sodass die vulnerabelsten Gruppen in Nigeria der Gnade der Gesundheitsdienste ausgeliefert seien, die sie sich nicht leisten könnten. Das würde bedeuten, dass die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen in Nigeria keinen sozialen und finanziellen Risikoschutz erhalten würden. Rund 70 Prozent der nigerianischen Bevölkerung sei arm. Die Qualität der angebotenen Gesundheitsdienste sei schlecht und gebe Anlass zu großer Sorge:

„The NHIS was expected to provide social and financial risk protection by reducing the cost of health care and providing equitable access to basic health services. The most vulnerable populations in Nigeria include children, pregnant women, people living with disabilities, elderly, displaced, unemployed, retirees and the sick. Although these vulnerable groups sometime benefit from free health care services and exemption mechanisms, they largely have to pay for health care services. Free health care services and exemption mechanisms are often politically motivated, are poorly implemented, do not become fully operationalised, and sometimes only last a few years. […] Poor coverage: Despite its launch in 2005, NHIS covers less than 10% of the Nigerian population leaving the most vulnerable populations at the mercy of health care services that are not affordable. This means the most vulnerable populations in Nigeria are not provided with social and financial risk protection. Poor people constitutes about 70% of the Nigerian population. […] Health care quality: The quality of health care services delivered is poor and remains a huge source of concern. Most of the PHC facilities that are supposed to meet the health needs of the poor and rural dwellers are in a poor state due to poor budgetary allocation” (socialprotection.org, 7. Februar 2019)

Im September 2020 veröffentlicht Global Citizen, eine Plattform, die Informationen zu den Global Goals und Themen wie unter anderen Bildung, Gesundheit, anbietet, einen Artikel über Mängel des nigerianischen Gesundheitssystems, in dem ÄrztInnenmangel, Unterfinanzierung des Sektors, Unterbezahlung medizinischen Personals, die geringe Zahl krankenversicherter Personen und die schlechte Datenlage problematisiert werden:

·      Global Citizen: 5 Facts Every Nigerian Should Know About Our Health Care, 9. September 2020
https://www.globalcitizen.org/en/content/health-care-facts-nigeria-covid-19/

Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf das Gesundheitssystem

In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine Informationen zu den Auswirkungen von Covid-19 auf die Behandlung von Personen, die unter der Sichelzellenkrankheit leiden gefunden werden. Gesucht wurde mittels ecoi.net und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Nigeria, Covid-19, impact, health care, lockdown, sickle cell disease.

Folgende allgemeine Informationen über die Lage der Gesundheitsversorgung im Zusammenhang mit Covid-19 wurden gefunden:

 

Ein medizinischer Beitrag zu den Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf die Versorgung einer unter Tuberkulose leidenden Patientin liefert auch generelle Aussagen über die Auswirkungen auf das nigerianische Gesundheitssystem. So seien Notfallversorgungsdienste an Orten, die von der Pandemie hart getroffen wurden, überfordert, während viele medizinische Dienste, die nicht mit Covid-19 in Zusammenhang stehen, zurückgefahren oder ganz eingestellt worden seien. Die unzureichende Inanspruchnahme wichtiger medizinischer Dienste durch PatientInnen mit dringenden Gesundheitsbedürfnissen, die nicht Covid-19 betreffen, stelle ein wichtiges Problem für das Gesundheitssystem dar. Die Pandemie habe viele bereits bestehende Mängel des nigerianischen Gesundheitssystems verstärkt. Überweisungen und Konsultationsanfragen würden weitgehend davon abhängen, dass die Patienten die Überweisungsschreiben selbst überbringen würden und es gebe nur spärliche, öffentlich zugängliche Informationen über die Kontaktdaten der Gesundheitsdienstleister. Die kombinierten Auswirkungen der eingeschränkten Zugänglichkeit von Klinik-/Labordiensten, der unzureichenden Infrastruktur für eine effektive Erbringung von Ferngesundheitsdiensten und der Schwierigkeit, medizinische Konsultationen zwischen den Praxen zu erleichtern, hätten sich negativ auf die Gesundheitsversorgung von Patienten mit nicht mit COVID-19 zusammenhängenden Gesundheitsproblemen und auf die letztendlichen Behandlungserfolge dieser Patienten ausgewirkt:

„The Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) pandemic is a global phenomenon that has greatly shaped the first half of the year 2020, with projected long-lasting effects across all sectors- notably the health sector [4]. While many emergency care services in 'hard-hit' locations have been overwhelmed by the number of patients plagued by the virus, many non-COVID-19-related medical services have been scaled back or shut down altogether [5]. The under-utilization of important medical services by patients with non-COVID-19-related urgent and emergent health needs is constituting an important problem for health care systems [6]. Patients delay presentation at hospitals despite life threatening symptoms and healthcare workers are having to deal with a 'trade-off between the patients' needs for procedures and the need to protect the caregivers from infection. […] The COVID-19 pandemic amplified many preexisting deficiencies of the healthcare delivery system in Nigeria, notably, the infrastructure important for the establishment of effective tele-medical services. Most healthcare providers in the country utilize paper medical records and lack electronic patient referral systems [9]; referrals and consultation requests largely rely on the patients being the couriers of the request letters [10] and there is sparse, publicly available information of the contact details for healthcare providers. The combined effects of the reduced accessibility to clinical/laboratory services, insufficient infrastructure for effective telehealth service delivery and the difficulty in facilitating inter-practice medical consultations have negatively impacted health care delivery to, and the eventual outcomes of, patients with non-COVID-19-related health problems.” (Abikoye, 6. August 2020)

Die gemeinnützige Organisation für Forschung und Interessensvertretung Good Governance Africa, berichtet in einem Artikel vom Juli 2020 über Nigeria und sein schwaches Gesundheitssystem während der Covid-19 Pandemie. Die Kürzungen in der Finanzierung des Gesundheitswesens würden sich angesichts der Pandemie noch gravierender auswirken. Die Pandemie habe viele Unzulänglichkeiten im nigerianischen Gesundheitssystem aufgezeigt, habe der designierte Präsident der nigerianischen Akademie der Wissenschaften, Professor Ekanem Braide gesagt. Braide habe das primäre Gesundheitssystem des Landes als „sehr schwach“ bezeichnet, die meisten Gesundheitseinrichtungen seien heruntergekommen, das Gesundheitspersonal konzentriere sich in den Hauptstädten der Bundesstaaten. Braide habe weiters gesagt, dass das Gesundheitssystem mit der steigenden Zahl von Covid-19-Fällen überfordert sei und Routine-Gesundheitsdienste nicht so effektiv erbracht würden, wie sie sollten. Der Artikel berichtet auch, dass einige Krankenhäuser gezögert hätten, PatientInnen mit Krankheiten, die nicht mit Covid-19 in Zusammenhang stehen, aufzunehmen:

„The reduction in health funding was even more serious given the pandemic. The pandemic has thrown up many inadequacies in Nigeria’s health system, including its primary health care, the president-elect of the Nigerian Academy of Sciences, Professor Ekanem Braide told Africa In Fact. Describing the country’s primary health care system as ‘very weak,’ Braide said, most health facilities are run-down, with health workers mostly concentrated in state and local government capitals. ‘With the rising number of COVID-19 cases, the health system is overwhelmed. Routine health services are not being rendered as effectively as should be.’ […] Some hospitals were reluctant to accept patients suffering from ailments unrelated to COVID-19.” (Good Governance Africa, 22. Juli 2020)

Die Rechercheabteilung des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB), des für Asyl und Migration zuständigen kanadischen Verwaltungstribunals, stellte im Oktober 2020 eine Übersicht zur Covid-19 Lage inklusive Fallzahlen, Testrate, Maßnahmen der Regierung zur Verfügung:

·      IRB – Immigration and Refugee Board of Canada: Immigration and Refugee Board of Canada Research Directorate COVID-19 bulletin - Nigeria, 21. Oktober 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2040328.html

 

 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 18. November 2020)

·      Abikoye, Temiloluwa Moyosoreoluwa: Collateral damage: the impact of the COVID-19 pandemic on the care of a patient with tuberculous neuroretinitis in Lagos, Nigeria, 6. August 2020
https://www.panafrican-med-journal.com/content/series/35/2/135/full/

·      Akinsete, Adeseya Michael: Sickle Cell Disease Post-Transplant Care Challenges in Nigeria: Systematic Institutional Neglect of Medical Tourism, 13. November 2019
https://doi.org/10.1182/blood-2019-126120

·      Diaku-Akinwumi, Ijeoma N. et al: Blood transfusion services for patients with sickle cell disease in Nigeria, 27. September 2016
https://academic.oup.com/inthealth/article/8/5/330/2198280

·      Europäische Kommission: MedCOI: Sharing of Medical Country of Origin Information, further cooperation with collecting new MedCOI, extra training of national authorities’ officials aimed on the collection and usage of MedCOI in individual cases, development of a structural..., 3. Oktober 2018
https://ec.europa.eu/knowledge4policy/projects-activities/medcoi-sharing-medical-country-origin-information-further-cooperation-collecting_en

·      Global Citizen: 5 Facts Every Nigerian Should Know About Our Health Care, 9. September 2020
https://www.globalcitizen.org/en/content/health-care-facts-nigeria-covid-19/

·      Good Governance Africa: Nigeria: A pandemic and a weak health system, 22. Juli 2020
https://gga.org/nigeria-a-pandemic-and-a-weak-health-system/

·      IOM – International Organisation for Migration: Länderinformationsblatt Nigeria 2019, 2020
https://files.returningfromgermany.de/files/CFS%202019%20Nigeria%20DE.pdf

·      IRB – Immigration and Refugee Board of Canada: Immigration and Refugee Board of Canada Research Directorate COVID-19 bulletin - Nigeria, 21. Oktober 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2040328.html

·      MSD Manual: Sekundäre Eisenüberlastung, zuletzt aktualisiert Februar 2019
https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/bluterkrankungen/eisen%C3%BCberlastung/sekund%C3%A4re-eisen%C3%BCberlastung

·      NDHS - National Population Commission: Nigeria Demographic and Health Survey 2018, Oktober 2019
https://www.dhsprogram.com/pubs/pdf/FR359/FR359.pdf

·      Ojewunmi, Oyesola O. et al: Current perspectives of sickle cell disease in Nigeria: changing the narratives, 25. Juni 2019
https://www.researchgate.net/publication/334593509_Current_perspectives_of_sickle_cell_disease_in_Nigeria_changing_the_narratives

·      SCFN - Sickle Cell Foundation Nigeria: Sickle Cell Disorder Registry Nigeria (SCDRN), ohne Datum (a)
https://www.sicklecellfoundation.com/sickle-cell-disorder-registry/

·      SCFN - Sickle Cell Foundation Nigeria: Services, ohne Datum (b)
https://www.sicklecellfoundation.com/services/

·      socialprotection.org: Health care in Nigeria: Challenges and recommendations, 7. Februar 2019
https://socialprotection.org/discover/blog/health-care-nigeria-challenges-and-recommendations

·      UK Home Office: Country Policy and Information Note Nigeria: Medical and Healthcare issues, Jänner 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2022818/NGA_-_Medicalissues_-_CPIN_-_v3.0.finalG.pdf

 



[1] Das von der Europäischen Union geförderte Projekt MedCoi (Medical Country of Origin Information) bietet europäischen Ländern eine Plattform für den Austausch und die Erforschung von Informationen über die Verfügbarkeit von medizinischer Behandlung in Herkunftsländern. (Europäische Kommission, 3. Oktober 2018)

[2] Bei einer Chelations-Therapie werden im Allgemeinen Medikamente verabreicht, die Eisen binden und aus dem Körper entfernen. Ziel einer Chelat-Therapie ist die Verringerung des Eisengehalts im Körper (MSD Manual, zuletzt aktualisiert Februar 2019).