Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Irak

Berichtszeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2019

Von Oktober 2019 an gingen Sicherheitskräfte, darunter auch Fraktionen der Volksmobilisierungseinheiten, mit exzessiver Gewalt gegen Protestierende vor, die im ganzen Land an Demonstrationen teilnahmen. Dabei wurden mehr als 500 Personen getötet und Tausende verletzt. Todesursache war in vielen Fällen der Einsatz von scharfer Munition und von speziellen Gasgranaten, die für Militäreinsätze entwickelt wurden. Aktivist_innen, Rechtsbeistände, die Demonstrierende vertraten, medizinisches Personal, das Verletzte versorgte, und Medienschaffende, die über die Proteste berichteten, wurden von Geheimdiensten und Sicherheitskräften eingeschüchtert, inhaftiert oder fielen dem Verschwindenlassen zum Opfer. Indem die Behörden den Zugang zum Internet blockierten, wollten sie offenbar verhindern, dass Bilder Verbreitung fanden, die Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte zeigten. Rund 1,55 Mio. Menschen waren 2019 weiterhin innerhalb des Landes vertrieben. Viele lebten in Lagern für Binnenvertriebene, in denen ihr Recht auf Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt war. Die Entscheidung der Behörden, unangekündigt Lager in den Provinzen Anbar und Ninive zu schließen, führte dazu, dass viele Familien ein zweites Mal vertrieben wurden. Tausende Männer und Jungen, die aus Gebieten unter Kontrolle der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS) geflohen, von den PMU und anderen irakischen Sicherheitskräften aufgegriffen und dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen waren, blieben vermisst. Es gab weiterhin zahlreiche Berichte über Folter und andere Misshandlungen von Personen, die von Regierungstruppen oder von Streitkräften der kurdischen Regionalregierung gefangen genommen worden waren. Betroffen waren insbesondere Häftlinge, denen man eine Verbindung zum IS vorwarf. Irakische Gerichte verhängten nach wie vor Todesurteile, einige ergingen nach unfairen Gerichtsverfahren. Der IS griff weiterhin gezielt Zivilpersonen an, indem er Bombenanschläge in Städten verübte und lokale Führungspersönlichkeiten ermordete.

Hintergrund

Obwohl die militärische Rückeroberung von Gebieten unter IS-Kontrolle Ende 2017 abgeschlossen war, unternahmen Regierungstruppen und kurdische Streitkräften 2019 weiterhin kleinere Militäroperationen, einschließlich Luftangriffen, die sich gegen IS-Zellen in den Provinzen Anbar, Diyala und Ninive richteten. Zwar waren inzwischen mehr als 4 Mio. irakische Binnenvertriebene wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, doch in Regionen, in denen der bewaffnete Konflikt besonders starke Schäden hinterlassen hatte, kam der Wiederaufbau nur schleppend voran. Dies galt insbesondere für die Provinzen Anbar, Ninive und Salah al-Din. Die internationale Finanzierung humanitärer Hilfe war weiterhin rückläufig. In den Lagern für Binnenvertriebene führte dies zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung, des Bildungswesens und anderer staatlicher Dienstleistungen.

Nach Beginn der türkischen Offensive im Nordosten Syriens am 9. Oktober 2019 flohen rund 17.000 syrische Flüchtlinge in die Autonome Region Kurdistan-Irak. Zudem gab es weiterhin türkische Luftangriffe in der Region, die sich gegen Mitglieder der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) gerichtet haben sollen.

Am 1. Oktober 2019 brachen landesweit Proteste aus, die mehr Beschäftigungsmöglichkeiten, bessere öffentliche Dienstleistungen und ein Ende der Korruption auf Regierungsebene forderten. Am 24. Oktober 2019 kam es im ganzen Land zu noch größeren Demonstrationen, bei denen der Sturz der Regierung gefordert wurde. Am 1. Dezember 2019 nahm das Parlament das Rücktrittsgesuch von Ministerpräsident Adil Abdul Mahdi an, der das Amt jedoch kommissarisch weiterführte.

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Exzessive Gewaltanwendung

Zwischen Oktober und Dezember 2019 gingen Sicherheitskräfte mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende vor. Dabei wurden 500 Personen getötet und Tausende verletzt.
Bei den Protesten vom 1. bis zum 7. Oktober 2019 töteten Sicherheitskräfte zahlreiche Menschen und verletzten Tausende, als sie zur Beendigung der Demonstrationen scharfe Munition, Tränengas und Wasserwerfer mit heißem Wasser einsetzten.
Nach Angaben von Augenzeug_innen wurden Protestierende in Bagdad von Scharfschützen getötet, die hinter den Linien der Sicherheitskräfte postiert waren. Protestierende gaben außerdem an, bewaffnete Männer hätten auf sie geschossen und versucht, sie mit Fahrzeugen zu überrollen. In Za’faraniya, einem Stadtviertel von Bagdad, seien Demonstrierende umzingelt und ununterbrochen mit scharfer Munition beschossen worden. Augenzeug_innen berichteten außerdem, Sicherheitskräfte hätten Protestierende, die entkommen wollten, gejagt, eingekreist und mit Metallstangen und Gewehrkolben geschlagen.

In mehreren Städten in den Provinzen im Süden des Landes zündeten Protestierende Gebäude an, die in Verbindung standen zur Regierung, zu politischen Parteien oder zu den Volksmobilisierungseinheiten, die seit 2016 Teil der irakischen Sicherheitskräfte sind. Mindestens zwölf Protestierende kamen bei einem dieser Brände ums Leben. Angehörige der Volksmobilisierungseinheiten töteten einige Protestierende, die versuchten, sich ihren Gebäuden zu nähern.

Eine von Ministerpräsident Adil Abdul Mahdi angeordnete Untersuchung der Vorfälle vom 1. bis 7. Oktober ergab, dass der Tod von 149 Protestierenden und acht Angehörigen der Sicherheitskräfte auf den Einsatz exzessiver Gewalt, wie z. B. die Verwendung scharfer Munition, zurückzuführen war. Mehr als 70 Prozent von ihnen waren durch Schüsse in Kopf oder Brust getötet worden. Die Untersuchung ergab weiterhin, dass hochrangige Befehlshaber der Sicherheitskräfte die Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt zwar nicht angeordnet, wohl aber die Kontrolle über ihre Einheiten verloren hatten. Einige der Befehlshaber wurden in der Folge ihrer Ämter enthoben.

Als am 24. Oktober 2019 eine neue Welle von Protesten ausbrach, reagierten die Sicherheitskräfte wieder mit exzessiver Gewalt. Am 25. Oktober feuerte die Bereitschaftspolizei in Bagdad spezielle Gasgranaten in die Menge, die für Militäreinsätze entwickelt wurden, und laut Augenzeug_innen eher dazu bestimmt waren, Menschen zu töten, als sie auseinanderzutreiben. Sie waren zehnmal schwerer als übliche Tränengaskartuschen und töteten fast jede Person, die davon getroffen wurde. Freiwillige Ersthelfer_innen berichteten, die Granaten seien mitten in die Menge friedlich Protestierender geschossen worden und hätten dazu geführt, dass Männer, Frauen und Kinder ohnmächtig wurden oder erstickten.

Am 28. Oktober 2019 setzten Sicherheitskräfte in der südirakischen Stadt Kerbala scharfe Munition und Tränengas ein, um eine Ansammlung überwiegend friedlich Demonstrierender aufzulösen. Außerdem vertrieben sie friedliche Teilnehmer_innen einer Sitzblockade und versuchten, Protestierende mit Fahrzeugen zu überrollen.

Auch den gesamten November über gingen Sicherheitskräfte mit exzessiver Gewalt gegen Demonstrierende vor, besonders häufig in Bagdad, Basra, Najaf und Nasiriya. In der Nacht vom 27. November 2019 wurden Berichten zufolge in Najaf mindestens zwölf Protestierende bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften getötet. Zuvor hatten Protestierende das iranische Konsulat in der Stadt gestürmt und angezündet. In der darauffolgenden Nacht griffen verschiedene Sicherheitskräfte Protestierende in Nasiriya an und töteten mindestens 30 Personen. Viele weitere wurden verletzt.

Willkürliche Inhaftierung und Einschüchterung

Im Zusammenhang mit den Demonstrationen wurden Aktivist_innen und ihre Rechtsbeistände, medizinisches Personal, das Verletzte versorgte, und Medienschaffende, die über die Proteste berichteten, von den Geheimdienst- und Sicherheitskräften sowie von Angehörigen der Volksmobilisierungseinheiten systematisch eingeschüchtert. Betroffen waren insbesondere Personen, die das Vorgehen der Sicherheitskräfte kritisierten. In vielen Fällen wurden Aktivist_innen in Gewahrsam bedroht, geschlagen und gezwungen, Erklärungen zu unterschreiben, in denen sie versprachen, künftig nicht mehr zu protestieren, bevor man sie freiließ. Aktivist_innen sagten aus, die Sicherheitskräfte hätten sie gewarnt, dass ihre Namen auf einer Liste des Geheimdienstes stünden.

In Bagdad berichteten Aktivist_innen, Männer in Zivil, die sich als lokale Geheimdienstmitarbeiter ausgaben, hätten sie zu Hause besucht und zu ihren Aktivitäten während der Proteste verhört. In keinem dieser Fälle häten sie einen Haftbefehl oder einen Durchsuchungsbeschluss vorgelegt. In Bagdad und Kerbala wurden verletzte Protestierende in Krankenhäusern festgenommen. Dies führte dazu, dass viele Verletzte gar nicht erst medizinische Hilfe in Anspruch nahmen. In Kerbala berichteten einige Festgenommene, Sicherheitskräfte hätten Protestierende, darunter auch Minderjährige, bei Verhören geschlagen und verletzt.

Von Anfang Oktober bis Ende Dezember 2019 wurden zahlreiche Protestierende und Aktivist_innen aus Bagdad, Amara, Kerbala und anderen Orten von Sicherheitskräften entführt oder fielen dem Verschwindenlassen zum Opfer. Einige wenige wurden nach ein paar Tagen oder Wochen wieder freigelassen. In Bagdad erschossen Unbekannte mehrere Demonstrierende und griffen die Büros lokaler oder regionaler Medien an, die über die Proteste berichteten.

Ausgangssperre und Blockade des Internets

Die Behörden verhängten im Oktober und November 2019 häufig Ausgangssperren und blockierten mehrfach das Internet im ganzen Land – mit Ausnahme der Autonomen Region Kurdistan-Irak. Später war ein eingeschränkter Zugang zum Internet wieder möglich, die sozialen Medien blieben jedoch blockiert. Es wurde weithin angenommen, dass die Behörden das Internet während der Niederschlagung der Proteste abgeschaltet hatten, um zu verhindern, dass Fotos und Videos Verbreitung fanden, die das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte zeigten.

Region Kurdistan-Irak

Als nach türkischen Luftangriffen am 24. Januar 2019 viele zivile Opfer zu beklagen waren, brachen am 26. Januar in der Nähe einer türkischen Militärbasis in der Gemeinde Shiladze (Provinz Dohuk) Unruhen aus. Lokale Medien und Aktivist_innen berichteten, dass einige Protestierende den Militärstützpunkt gestürmt und Feuer gelegt hätten und zwei von ihnen getötet worden seien. Am 27. Januar nahm der Geheimdienst der Autonomen Region Kurdistan-Irak (Asayish) zahlreiche Protestierende, Aktivist_innen, Medienschaffende und Zivilpersonen fest, bei denen es sich lediglich um Passant_innen gehandelt haben soll. Einige der Festgenommenen kamen in den folgenden Tagen und Wochen wieder frei, gegen andere wurde Anklage erhoben. Die meisten Angeklagten kamen nach Tagen oder Wochen gegen Kaution frei. Ebenfalls am 27. Januar 2019 nahm der Asayish einen Journalisten und zwei Aktivisten fest, die nach Aussagen ihrer Verwandten auf dem Weg zu einer Versammlung in der Stadt Duhok waren, um die Protestaktionen in Shiladze zu unterstützen. Gegen sie erging Anklage. Anfang März kamen sie gegen Kaution frei.

Binnenvertriebene

Etwa 1,55 Mio. Menschen waren 2019 infolge des bewaffneten Konflikts gegen den IS weiterhin innerhalb des Landes vertrieben. Die meisten von ihnen lebten in Lagern und informellen Siedlungen in den Provinzen Anbar, Ninive und Salah al-Din.
Familien von Binnenvertriebenen mussten weiterhin viele Hindernisse überwinden, um offizielle Dokumente zum Personenstand zu erhalten, was ihr Recht auf Freizügigkeit und den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Schulen und anderen staatlichen Leistungen einschränkte. Die Sicherheitskräfte bedrohten mehrfach Rechtsbeistände, die Familien mit mutmaßlichen Verbindungen zum IS helfen wollten, offizielle Dokumente zu erhalten und nahmen sie in einigen Fällen fest.

Binnenvertriebene in Lagern im gesamten Irak waren mit Einschränkungen ihres Rechts auf Freizügigkeit konfrontiert, wenn sie versuchten, das Lager zu verlassen, und sei es auch nur, um sich medizinisch behandeln zu lassen. Die kurdische Regionalregierung versuchte weiterhin, arabische Binnenvertriebene daran zu hindern, in Heimatorte zurückzukehren, die in Gebieten unter kurdischer Kontrolle lagen, deren Zugehörigkeit jedoch zwischen der kurdischen Regionalregierung und der irakischen Zentralregierung strittig war. Viele Männer und unbegleitete Jungen, die sich wegen mutmaßlicher Verbindungen zum IS in Gefängnissen der kurdischen Regionalregierung befunden hatten und entweder ohne Anklage oder nach Verbüßung einer Strafe freigelassen worden waren, lebten in Lagern für Binnenvertriebene auf kurdischem Gebiet. Sie kehrten nicht in ihre von der irakischen Zentralregierung kontrollierten Herkunftsgebiete zurück, weil sie fürchteten, dort von den Sicherheitskräften erneut festgenommen oder drangsaliert zu werden.

In den Provinzen Anbar und Ninive schlossen die irakischen Behörden völlig unerwartet mehrere Lager für Binnenvertriebene und zwangen die Bewohner_innen, entweder in zusammengelegte Lager in der Nähe zu ziehen oder in ihre Heimatorte zurückzukehren. Damit wurde ihr Recht auf freiwillige, würdevolle und sichere Heimkehr verletzt. Viele Menschen wurden auf diese Weise zum zweiten Mal zu Binnenvertriebenen. Humanitäre Hilfsorganisationen hatten es schwer, Menschen zu erreichen und ausfindig zu machen, denen eine Rückkehr in ihre Heimatorte von lokalen Akteuren und Sicherheitskräften verweigert wurde, weil man sie verdächtigte, mit dem IS in Verbindung zu stehen.

Nach Angaben humanitärer Hilfsorganisationen lebten immer mehr Binnenvertriebene, die in ihre Herkunftsgebiete zurückgekehrt waren, unter sehr schwierigen Bedingungen. Einige Familien, besonders diejenigen, denen man eine Verbindung zum IS nachsagte, wurden von örtlichen Milizen und anderen bewaffneten Männern aus ihren Häusern vertrieben. Die Angreifer beschlagnahmten oder zerstörten das Hab und Gut der Familien, setzten Frauen sexualisierten Übergriffen aus und schüchterten sie ein.

Verschwindenlassen

Binnenvertriebene, denen eine Verbindung zum IS unterstellt wurde, "verschwanden" häufig, nachdem Sicherheitskräfte der irakischen Zentralregierung sie bei Straßenkontrollen, in Lagern oder bei der Rückkehr in ihren Heimatort festgenommen hatten. Viele dieser Festnahmen erfolgten in Gebieten, die früher vom IS kontrolliert wurden oder als Hochburg der bewaffneten Gruppe galten.

Das Schicksal Tausender Männer und Jungen, die in den Jahren zwischen 2014 und 2018 von den Volksmobilisierungseinheiten und anderen Regierungstruppen bei ihrer Flucht aus Gebieten unter IS-Kontrolle inhaftiert worden waren, blieb im Dunkeln. Ihr Verschwinden führte dazu, dass es viele weibliche Haushaltsvorstände gab, die unter dem Stigma einer mutmaßlichen Verbindung zum IS litten.

Im September 2019 forderte die irakische Menschenrechtskommission das Parlament auf, einen bereits 2015 eingebrachten Gesetzentwurf zu verabschieden, der das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, das der Irak 2010 ratifiziert hatte, in nationales Recht überführen sollte. Ende 2019 war dies jedoch noch nicht geschehen.

Folter und anderweitige Misshandlungen

Es gab 2019 zahlreiche Berichte über Folter und anderweitige Misshandlungen von Gefangenen, die sich in Gewahrsam der zentralirakischen Regierung oder der kurdischen Regionalregierung befanden. Vor allem Inhaftierte, die man verdächtigte, mit dem IS in Verbindung zu stehen, wurden während der Verhöre gezwungen, "Geständnisse" zu unterzeichnen. Die Gerichte akzeptierten nach wie vor unter Folter erpresste Angaben als Beweise, insbesondere in Verfahren gegen Angeklagte, denen eine Verbindung zum IS zur Last gelegt wurde.

Die irakische Menschenrechtskommission berichtete, dass sich die Bedingungen in den Haftanstalten verschlechterten, da sie stark überbelegt waren. Grund dafür war die steigende Zahl von Inhaftierten, denen Kontakte zum IS nachgesagt wurden.

Todesstrafe

Für Straftaten in Zusammenhang mit Terrorismus, für Drogendelikte sowie für Mord und Entführung wurden weiterhin Todesurteile verhängt.

Irakische und ausländische Staatsangehörige, denen man Verbindungen zum IS zur Last legte, wurden nach grob unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt. Oft hatten sie keinen Zugang zu einer angemessenen Verteidigung und wurden auf der Basis von "Geständnissen" verurteilt, die unter Folter erzwungen worden waren.

Verstöße von bewaffneten Gruppen

Der IS verübte weiterhin Mordanschläge und Bombenattentate auf Zivilpersonen. Er übernahm die Verantwortung für ein Bombenattentat in der Stadt Kerbala am 20. September 2019, bei dem mindestens zwölf Zivilpersonen starben und fünf weitere verletzt wurden. In den Provinzen Diyala und Ninive ermordete der IS lokale Führungspersönlichkeiten. Damit wollte die bewaffnete Gruppe offenbar erreichen, dass die Bevölkerung vor einer Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften zurückschreckte und IS-Kämpfer_innen sich uneingeschränkt in dem Gebiet bewegen konnten.

Unter Aufsicht des Ermittlerteams der Vereinten Nationen (UNITAD) zur strafrechtlichen Aufarbeitung der vom IS begangenen Verbrechen im Irak wurde in der Region Sinjar (Provinz Ninive) ein Massengrab geöffnet. Die sterblichen Überreste konnten als die jesidischen Männer und Jungen identifiziert werden, die der IS im August 2014 getötet hatte. Das Schicksal von mehr als 3.000 jesidischen Frauen und Mädchen, die von der bewaffneten Gruppe entführt worden waren, blieb im Dunkeln.

In den Zentralprovinzen wurden mehr als 400 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in Brand gesetzt, mutmaßlich vom IS. Die irakischen Behörden ordneten eine Untersuchung an, Einzelheiten wurden jedoch nicht öffentlich gemacht.

Veröffentlichungen von Amnesty International

Iraq: Deadly sniper attacks and intimidation as protesters face intensifying crackdown (Press release, 9. October 2019)

Iranian tear gas grenades among those causing gruesome protester deaths in Iraq (Press release, 31. October 2019)

Iraq: Horrific scenes as security forces resort to lethal force to disperse Karbala protests (Press release, 29. October 2019)

Iraq: Rein in security forces to prevent a bloodbath (Press release, 9. November 2019)

Iraq: Stop security forces from threatening forcibly disappearing and abusing activists (Press release, 18. October 2019)

Iraq: Fist around freedom of expression tightens (MDE 14/9962/2019)

Iraq: Stop forced return of hundreds of internally displaced people (Press release, 28. August 2019)

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