Anfragebeantwortung zu Benin: Ab welchem Alter ist es in Benin üblich bzw. gesetzlich erlaubt einer Arbeit nachzugehen, sodass die elementarsten Lebensbedürfnisse abgedeckt sind? [a-11058-2 (11059)]

16. August 2019

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

 

Das US-Arbeitsministerium (US Department of Labor, USDOL) schreibt in seinem Bericht zu Kinderarbeit vom September 2018 (Berichtszeitraum 2017), dass die Regierung Gesetze und Verordnungen zu Kinderarbeit erlassen habe, das rechtliche Rahmenwerk beim angemessenen Schutz von Kindern vor Kinderarbeit jedoch Lücken aufweise, darunter unzureichende Strafen:

„The government has established laws and regulations related to child labor (Table 4). However, gaps exist in Benin’s legal framework to adequately protect children from child labor, including insufficient penalties.“ (USDOL, 20. September 2018, Section II)

Das Mindestalter für Arbeit liege nach Artikel 166 des Arbeitsgesetzes und Artikel 210 des Kindergesetzbuchs bei 14 Jahren, so das USDOL weiter. Das Mindestalter für gefährliche Arbeit liege nach Artikel 1 der Liste zu gefährlichen Arbeiten bei 18 Jahren. (USDOL, 20. September 2018, Section II)

 

Artikel 166 des Arbeitsgesetzes vom 27. Jänner 1998 zufolge dürfen Kinder unter einem Alter von 14 Jahren nicht in einer Firma beschäftigt werden. Artikel 167 zufolge verfügen junge ArbeitnehmerInnen im Alter von 14 bis 21 Jahren über dieselben Rechte wie die ArbeitnehmerInnen in ihrer Berufsgruppe. Keinesfalls dürfen junge ArbeitnehmerInnen aufgrund ihres Alters von Gehaltskürzungen oder beruflicher Zurückstufung betroffen sein:

„Article 166 : Les enfants ne peuvent être employés dans aucune entreprise avant l'âge de 14 ans.” (Arbeitsgesetz vom 27. Jänner 1998, Artikel 166)

„Article 167 : Les jeunes travailleurs âgés de 14 à 21 ans ont les mêmes droits que les travailleurs de leur catégorie professionnelle. Les jeunes travailleurs ne peuvent en aucun cas subir des abattements de salaires ou déclassements professionnels du fait de leur âge.” (Arbeitsgesetz vom 27. Jänner 1998, Artikel 167)

Artikel 210 des Kindergesetzbuchs zufolge ist das Kind gegen alle Formen der wirtschaftlichen Ausbeutung oder des Missbrauchs zu wirtschaftlichen Zwecken geschützt. In Artikel 210 genannt werden hier speziell folgende Punkte: Schwere der Arbeit im Verhältnis zum Alter des Kindes, die Zeit und Dauer der Arbeit, die Unzulänglichkeit oder das Fehlen einer Vergütung, die Behinderung der körperlichen, geistigen, moralischen, sozialen und geistigen Entwicklung des Kindes durch die Arbeit sowie die Behinderung des Zugangs zu Bildung. Weiters darf ein Kind nicht unter dem Alter von 14 Jahren in einem Unternehmen beschäftigt werden:

„Article 210 : lnterdiction d'exploilation de l'enfant

L'enfant est protégé contre toutes les formes d'exploitation économique ou d'utilisation abusive à des fins économiques. L'abus concerne notamment :

- le poids du travail par rapport à l'âge de l'enfant ;

- le lemps et la durée de travail ;

- l' insuffisance ou l'absence de la rémunération;

- l'entrave du travail par rapport à l'accès à l'éducation, au développement physique, mental, moral, social et spirituel de l'enfant ;

-l'emploi de l'enfant, en entreprise, avant l'âge de quatorze (14) ans.” (Kindergesetzbuch, verabschiedet am 23. Jänner 2015, Artikel 210)

Die oben genannte Liste der gefährlichen Arbeiten (Liste des travaux dangereux interdits aux enfants en République du Bénin), die am 31. Jänner 2011 erlassen worden sei (USDOL, 20. September 2018, References), konnte nicht gefunden werden.

 

Einer im April 2016 an der Université du Québec à Montréal veröffentlichten Dissertation von Loren Violette Ahonoukoun zufolge habe Benin im Jahr 2011 das Dekret Nummer 2011-029 zur Liste der gefährlichen Arbeiten beschlossen. Mit dem Dekret sei häusliche Arbeit in die Liste der gefährlichen Arbeiten aufgenommen worden:

„Finalement, le Bénin a adopté en 2011 le décret no 2011-029 portant fixation de la liste des travaux dangereux en République du Bénin. Ce décret intègre finalement le travail domestique dans la liste des travaux dangereux pour les enfants. Cette décisiona d'ailleurs été saluée par le CEACR [Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations] dans son rapport de 2014.” (Ahonoukoun, April 2016, S. 65 - 66)

Das von der Weblogy Group betriebene Nachrichtenportal aCotonou veröffentlicht im September 2014 einen Artikel der in Regierungsbesitz befindlichen Tageszeitung La Nation. Laut dem Artikel sei das Dekret Nummer 2011-029 vom Jänner 2011 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels gerade aktualisiert worden. Insgesamt seien mehr als 20 Beschäftigungen, die als gefährlich für Kinder gelten würden, in die Liste aufgenommen worden, darunter Maschinenbau, die Rückgewinnung von Eisenmetallen und Zimmerei:

„Au total, plus d’une vingtaine de types d’activités ont été recensés sur la liste des travaux considérés comme dangereux pour les enfants. La construction mécanique, la récupération des métaux ferreux, la menuiserie et la construction métalliques leur sont interdites en raison de certains risques comme l’exposition à la chaleur, au bruit, à la projection des particules métalliques, à l’exposition aux gaz et vapeurs.“ (La Nation, 23. September 2014)

In einem Bericht zu den wichtigsten Ergebnissen einer vom Nationalen Institut für Statistik und Wirtschaftsanalyse (Institut National de la Statistique et de l’Analyse Économique, INSAE) von Benin durchgeführten Erhebung zu Demographie und Gesundheit von 2019[1] findet sich auf Seite 380 eine Tabelle zur Beteiligung von Kindern zwischen fünf und 17 Jahren an wirtschaftlichen Aktivitäten. Die Tabelle weist den jeweiligen Prozentsatz der Kinder, die in der Woche vor der Datenerhebung an wirtschaftlichen Aktivitäten beteiligt waren, nach Alter und soziodemographischen Merkmalen gegliedert aus.

Der Tabelle zufolge seien 8,9 Prozent der männlichen Kinder zwischen 15 und 17 Jahren 43 Stunden oder mehr an wirtschaftlichen Aktivitäten beteiligt gewesen und 34,6 Prozent weniger als 43 Stunden.

In der Stadt Cotonou seien 2,7 Prozent der (männlichen und weiblichen) Kinder zwischen 15 und 17 Jahren 43 Stunden oder mehr an wirtschaftlichen Aktivitäten beteiligt gewesen und 18,8 Prozent weniger als 43 Stunden.

Im Departement Borgou (dessen Hauptstadt Parakou ist, Anm. ACCORD) seien 15 Prozent der Kinder zwischen 15 und 17 Jahren 43 Stunden oder mehr an wirtschaftlichen Aktivitäten beteiligt gewesen und 47,6 Prozent weniger als 43 Stunden.

Im Departement Donga (dessen Hauptstadt Djougou ist, Anm. ACCORD) seien 7,6 Prozent der Kinder zwischen 15 und 17 Jahren 43 Stunden oder mehr an wirtschaftlichen Aktivitäten beteiligt gewesen und 27,1 Prozent weniger als 43 Stunden. (INSAE, 2019, S. 380)

In der Studie finden sich zudem weitere Tabellen zur Beteiligung von Kindern zwischen 5 und 17 Jahren an häuslichen Arbeiten (INSAE, 2019, Tabelle 18.6, S. 381) und zu Kinderarbeit (INSAE, 2019, Tabelle 18.7, S. 382)

 

Im Folgenden finden Sie Informationen zum Arbeitsmarkt und zu Armut:

 

Einem Länderüberblick des United Nations Development Programme mit Stand Juli 2018 zufolge würden 49,6 Prozent der Bevölkerung unter der Einkommensarmutsgrenze von 1,90 US-Dollar (etwa 1,70 Euro, Anm. ACCORD) täglich leben. 69,1 Prozent der Bevölkerung ab dem Alter von 15 Jahren würden einer Beschäftigung („employment“) nachgehen. 73,5 Prozent der insgesamt Beschäftigten ab dem Alter von 15 Jahren würden von weniger als 3,10 US-Dollar (etwa 2,80 Euro, Anm. ACCORD) täglich leben. 88 Prozent der insgesamt Beschäftigten seien als nichtbezahlte mithelfende Familienangehörige und selbstständige Erwerbstätige beschäftigt. (UNDP, Stand: 15. Juli 2018)

Der Länderüberblick enthält zudem weitere Daten zu Armut sowie zum Arbeitsmarkt und Jugendlichen aus unterschiedlichen Quellen:

 

Weitere Informationen zu den oben genannten Daten entnehmen Sie bitte auch folgendem Dokument:

 

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) bezieht sich in einem Länderüberblick zu Benin vom Mai 2019 auf Angaben der Economist Intelligence Unit (EIU), ein britisches Unternehmen, das Prognosen, Risikoanalysen und Beratungsleistungen anbietet. Es werde erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019 mit 6,5 Prozent (Steigerung, Anm. ACCORD) stabil bleibe, mit einem leichten Anstieg der im Jahr 2018 erwarteten 6 Prozent. Dieses Wachstum werde durch starke Aktivitäten in der Landwirtschaft (insbesondere in der Baumwollindustrie), hohe öffentliche Investitionen in die Infrastruktur, steigende Nachfrage im Inland und hohe private Investitionen gestützt. Es werde erwartet, dass die Nahrungsmittelinflation leicht von 0,8 Prozent im Jahr 2018 auf 0,7 Prozent im Jahr 2019 sinke:

„According to the Economist Intelligence Unit (EIU), the country’s real GDP [gross domestic product] is expected to remain robust in 2019 at 6.5 percent, slightly up from the estimated 6 percent in 2018. This growth is supported by strong activity in agriculture (and particularly the cotton industry), high public investment in infrastructure, growing domestic demand and high private investments. The food inflation in 2019 is expected to slightly decline from 0.8 percent in 2018 to 0.7 percent in 2019 due to the good performance of the agricultural sector. Inflation is well below the UEMOA (Union Economique et Monétaire Ouest Africaine) convergence rate of 3 percent.“ (FAO, 20. Mai 2019)

Die Weltbank (World Bank Group), eine multinationale Entwicklungsbank, erwähnt in einem zuletzt im März 2019 aktualisierten Überblick zu Benin, dass Armut trotz eines stetigen stabilen Wirtschaftswachstums in den vergangenen beiden Jahrzehnten aufgrund des eingeschränkten Per-Kopf-Wachstums (nur 1,6 % zwischen 2006 und 2016) weiterhin weit verbreitet sei. 2015 sei die nationale Armutsrate auf 40,1 Prozent geschätzt worden:

„Despite steady, robust economic growth over the past two decades, poverty remains widespread owing to limited growth in per capita terms (only 1.6% during 2006–2016). National headcount poverty rates were estimated at 40.1% in 2015. Female-headed households experience lower levels of poverty (28% compared to 38% for male-headed ones), but generally women suffer from a lack of economic opportunity and are under-represented in high-level decision-making positions.  The education and health sectors account for a significant share of public expenditure (23% and 7%, respectively, on average). Greater public spending efficiency and a more equitable geographical distribution of resources would pave the way for lower poverty rates and more inclusive growth.“ (World Bank Group, 22. März 2019)

Die wirtschaftsliberale Bertelsmann Stiftung, eine deutsche gemeinnützige Denkfabrik mit Sitz in Gütersloh, schreibt in ihrem 2018 veröffentlichten Transformationsindex zu Benin (Berichtszeitraum: 1. Februar 2015 bis 31. Jänner 2017), einem Ländergutachten zu politischer Partizipation, Rechtsstaatlichkeit, Stabilität demokratischer Institutionen, sozioökonomischer Entwicklung etc., dass es einen Mindestlohn gebe, der jedoch kaum 2 Euro täglich (CFA 40.000 pro Monat) überschreite. Der Großteil der Menschen profitiere aufgrund ihrer informellen Beschäftigung oder der Abhängigkeit von Subsistenzlandwirtschaft nicht davon. Beschränkungen der Arbeitsstunden sowie Gesundheits- und Sicherheitsstandards würden nur selten umgesetzt. Die Regierung habe einige Fortschritte erzielt, so habe sie etwa einzelne Millenniums-Entwicklungsziele erreicht, jedoch bleibe das Gesamtbild weiterhin miserabel, insbesondere in Hinblick auf den steigenden Anteil der extremen Armut und Unterernährung:

„There is a formal minimum wage, which however hardly surpasses €2 per day (CFA 40,000 per month). Most people do not benefit from this due to their informal employment or dependence on subsistence agriculture. Restrictions on working hours, and health and safety standards are rarely enforced. The government has made some progress, but Benin – as most African countries – failed to achieve all the Millennium Development Goals (MDGs). Individual goals were met, particularly educational goals. However, the overall picture remains miserable, in particular with regard to the rising share of extreme poverty and undernourishment.” (Bertelsmann Stiftung, 2018, S. 19)

 


 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 16. August 2019)

 


[1] Die Erhebung wurde unter Aufsicht des Ministeriums für Planung und Entwicklung (Ministère du Plan et du Développement) im Rahmen des unter anderen von der United States Agency for International Development (USAID) finanzierten und vom Consultingunternehmen ICF implementierten Programms zu Erhebungen zur Demographie und Gesundheit (Demographic and Health Surveys, DHS) durchgeführt. Weitere Informationen zu den beteiligten Organisationen und Behörden entnehmen Sie bitte Seite ii des Berichts.