Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG; People’s Protection Units) und der Frauenverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Jin, YPJ; Women’s Protection Units); Fälle von Rekrutierungen Minderjähriger beziehungsweise Entführungen mit dem Ziel der Rekrutierung [a-11047-4 (11050)]

 

9. August 2019

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Rekrutierungspraxis der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG; People’s Protection Units) und der Frauenverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Jin, YPJ; Women’s Protection Units)

Die für auswärtige Angelegenheiten zuständige niederländische Regierungsbehörde Ministerie van Buitenlandse Zaken (BZ) veröffentlicht im Juli 2019 ihren Bericht zur aktuellen Sicherheitslage in Syrien. Dieser geht unter anderem auch auf die von den YPG umgesetzte Wehrpflicht ein. Seit Juli 2014 gebe es in der Demokratischen Föderation Nordsyrien (die unter kurdischer Selbstverwaltung stehende Region in Nordsyrien, die von der Partei der Demokratischen Union (PYD) und ihrem militärischen Arm, den YPG dominiert wird, Anm. ACCORD) einen verpflichtenden Militärdienst von 12 Monaten für alle Männer von 18 bis 30 Jahren, die in dieser Region leben würden. Im Falle einer Wehrdienstverweigerung oder bei einer Festnahme würde ein verpflichtender Wehrdienst von 15 Monaten als Strafmaßnahme verhängt. Dann stehe es dem Wehrdienstleistenden frei, sich einer Miliz anzuschließen. Der Wehrdienstleistende müsse seinen Dienst bei den Yekîneyên Parastina Gel (YPG), dem bewaffneten Arm der PYD, ableisten. Frauen würden ihren Dienst in den in den Frauenverteidigungseinheiten, den Yekîneyên Parastina Jin (YPJ) ableisten. Der Beitritt zu den YPJ erfolge auf freiwilliger Basis.

Theoretisch sei ein Mann, wenn er der einzige Sohn in der Familie sei, von der Wehrpflicht ausgenommen. Wenn eine Familie mehrere Söhne habe, dann müssten diese ihren Wehrdienst nicht gleichzeitig ableisten. Die YPG seien ein wichtiger Bestandteil der Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces, SDF), die aus kurdischen und arabischen Kämpfern sowie aus Angehörigen von Minderheiten bestehen und von den USA unterstützt würden:

„Dienstplicht

Sinds juli 2014 geldt er in de Democratische Federatie van Noord-Syrië een dienstplicht voor alle mannen tussen de achttien en de dertig jaar woonachtig in dit gebied. Waar de dienstplicht voorheen zes maanden was, bedroeg deze tijdens de verslagperiode twaalf maanden. Bij weigering of bij aanhouding wordt vijftien maanden dienstplicht opgelegd. Daarna staat het de dienstplichtige vrij om zich bij een militie aan te sluiten. De dienstplichtigen dienen bij de YPG (Yekîneyên Parastina Gel), de gewapende afdeling van de PYD. Deze zogenaamde bevolkings-beschermingseenheden zorgen voor de bescherming van de buitengrenzen en bestrijden ISIS. Vrouwen dienen bij de vrouwelijke beschermingseenheden (Yekîneyên Parastina Jin, YPJ). Zij kunnen vrijwillig toetreden.

In theorie is een enige zoon vrijgesteld van dienstplicht. Daarnaast geldt in het geval een gezin meerdere zonen heeft dat zij niet gelijktijdig hoeven te dienen. […]

De YPG is een belangrijke component binnen de SDF, een lokale strijdkracht bestaande uit Koerden, Arabieren en minderheden, gesteund door de VS.“ (BZ, 4. Juli 2019, S. 66)

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) berichtet in einer im November 2017 veröffentlichten Aktualisierung seiner Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, unter Berufung auf mehrere Quellen von 2017 Folgendes zur Rekrutierungspraxis der YPG:

„Es wurde gemeldet, dass YPG und Asayish in den Gebieten, die de facto unter ihrer Kontrolle stehen, Zwangsrekrutierungen und Rekrutierungen von Minderjährigen vornehmen. Die Weigerung, den YPG beizutreten, kann Berichten zufolge schwerwiegende Konsequenzen haben, einschließlich Entführung, Inhaftierung und Misshandlung der inhaftierten Personen sowie Zwangsrekrutierung, da die Verweigerung des Kampfes als Ausdruck der Unterstützung von ISIS oder als Opposition zu PYD/YPG interpretiert werden kann. Es wurden einige Fälle gemeldet, in denen die Familienangehörigen von Personen, die sich der Zwangsrekrutierung widersetzten oder aus anderem Grund verdächtigt wurden, mit ISIS in Verbindung zu stehen, von den YPG ins Visiert genommen wurden.“ (UNHCR, 3. November 2017, S. 55-56)

Das ägyptische Nachrichtenportal Arabi 21 berichtet im Jänner 2019, dass laut örtlichen Quellen in Nordsyrien die kurdischen Volksverteidigungseinheiten ihre Zwangsrekrutierungskampagne in der Stadt Raqqa und ihrer Umgebung ausgeweitet hätten. Dies sei vor dem Hintergrund der Drohungen der Türkei, die Region einzunehmen, geschehen. Aktivisten hätten in sozialen Netzwerken Fotos einer Kundmachung der öffentlichen Verwaltung zur Wehrdienstpflicht gepostet. Junge Männer, die im Norden der Provinz Al-Raqqa (Ain Eissa) und im Osten der Provinz Aleppo (Ain Al-Arab/Kobane) wohnhaft seien und den Jahrgängen 1986 bis 2001 angehören würden, würden darin aufgefordert, ihren Wehrdienst zu leisten. Sie müssten sich bis zum 10. Jänner bei den Rekrutierungsbüros melden, sonst würden ihnen eine Geldstrafe und eine Verlängerung des einjährigen Wehdienstes um einen Monat drohen. Gleichzeitig hätten kurdische Einheiten in der Provinz Al-Hasaka angekündigt, den Wehrdienst derer, deren Dienstzeit zu Ende gehe, „aufgrund der Notwendigkeit in der derzeitigen Lage“ um einen Monat zu verlängern. (Arabi 21, 2. Jänner 2019)

 

Noonpost, eine von einem Netzwerk arabischer JournalistInnen betriebene Webseite, die unter anderem Beiträge freiwilliger Bürgerjournalisten aus Syrien veröffentlicht, berichtet im Jänner 2019 ebenfalls über die von Einheiten der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) durchgeführte Rekrutierungskampagne in der Provinz Al-Raqqa. Nachdem die SDF bei ihrer Offensive gegen die Gruppe Islamischer Staat (IS) viele Kämpfer verloren hätten, habe man mit dieser Kampagne die Reihen wieder auffüllen wollen. Die Bewohner der Region hätten diese Rekrutierungen abgelehnt. Junge Männer seien daher von den Einheiten zum Zweck der Rekrutierung unter anderem bei Hausdurchsuchungen festgenommen worden. Es wird ebenfalls die oben bereits erwähnte Kundmachung zur Rekrutierung der Jahrgänge 1986 bis 2001 erwähnt. (Noonpost, 29. Jänner 2019)

 

Watan FM, ein syrischer oppositioneller Radiosender, berichtet im Mai 2019, dass laut Angaben von lokalen Quellen Mitglieder derSicherheitskräfte Asayish und der Militärpolizei in der Provinz Al-Hasaka eine Reihe von Personen festgenommen und sie in Rekrutierungslager gebracht hätten. Bei einer Hausdurchsuchung in einer Schule in Daradscha seien zehn Lehrer festgenommen worden. In den Tagen zuvor hätten die SDF, deren Rückgrat die kurdischen Einheiten bilden würden, in den Gebieten unter ihrer Kontrolle im Nordosten Syriens Dutzende Personen festgenommen, entweder weil man ihnen Mitgliedschaft beim IS vorgeworfen habe oder weil man sie zwangsrekrutiert habe. (Watan FM, 22. Mai 2019)

 

Syria Television, ein aus der Türkei ausgestrahlter, der syrischen Revolution nahestehender Sender, berichtet im Juni 2019, dass die Selbstverwaltung in Nordsyrien ihr Gesetz zur Wehrpflicht abgeändert habe. Nun gelte die Wehrpflicht auch für Männer ab 18 Jahren, die als Binnenflüchtlinge seit mehr als fünf Jahren im Gebiet der Selbstverwaltungsregion leben würden. Der Wehrdienst dauere ein Jahr und werde innerhalb der Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces, SDF) abgeleistet. Die Wehrpflicht von Frauen erfolge auf freiwilliger Basis. Der Artikel erwähnt, dass die SDF in den Regionen unter ihrer Kontrolle, darunter Deir al-Zour, Raqqa und Manbidsch Ende letzten Jahres Personen festgenommen und zwangsrekrutiert hätten, während die Stämme in diesen Regionen diese Rekrutierungen abgelehnt hätten. (Syria Television, 24. Juni 2019)

Fälle von Rekrutierungen Minderjähriger beziehungsweise Entführungen mit dem Ziel der Rekrutierung

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Jahresbericht zu Menschenhandel (Beobachtungszeitraum April 2018 bis März 2019), dass die YPG und YPJ weiterhin Mädchen und Burschen ab einem Alter von 12 Jahren rekrutieren und ausbilden würden. Internationale Beobachter hätten in den Jahren 2017 und 2018 berichtet, dass YPG-Kräfte Kinder in Binnenflüchtlingslagern in Nordostsyrien rekrutiert hätten:

„The Kurdish People’s Protection Units (YPG/YPJ) continue to recruit, train, and use, boys and girls as young as 12 years old; international observers reported in 2017 and 2018 that YPG forces recruit children from displacement camps in northeast Syria.“ (USDOS, 20. Juni 2019)

Die regierungsunabhängige Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS), deren Schwerpunkt der Berichterstattung auf entwicklungspolitischen Themen liegt, schreibt im Juli 2019, dass die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) eine Vereinbarung mit der UNO getroffen hätten, den Einsatz von Kindersoldaten in den Gebieten unter ihrer Kontrolle in Ostsyrien zu beenden und die Kinder freizulassen. General Mazloum Abdi, der Befehlshaber der SDF, einer Allianz von Gruppen, zu denen auch die YPG gehören würden, habe diesbezüglich eine Vereinbarung unterschrieben, die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren zu stoppen und Offiziere zu belangen, die die neuen Regelungen verletzen würden. Seit 2014 würden die YPG von der UNO als Rekrutierer von Kindersoldaten gelistet, bei der letzten im Jahr 2017 durchgeführten Studie habe man 224 Fälle der Rekrutierung von Kindersoldaten durch die YPG identifiziert:

„The United States-backed Syrian Democratic Forces (SDF) have struck a deal with the United Nations to stop using child soldiers across swathes of eastern Syria under their control and to release all youngsters from their ranks, the U.N. announced Monday. General Mazloum Abdi, the commander of the SDF, an alliance of armed groups that includes the Kurdish People’s Protection Unit (YPG), signed an accord over the weekend to halt recruitment of children under 18 years and to punish any officers who break the new rules. The YPG has been identified as a recruiter of child soldiers in the U.N.’s annual 'list of shame‘ since 2014. In its most recent annual study, the world body confirmed 224 cases of minors being recruited by the group in 2017.“ (IPS, 2. Juli 2019)

Das Institute for War and Peace Reporting (IWPR), ein in London ansässiges internationales Netzwerk zur Förderung freier Medien, berichtet im März 2018 über den Fall eines 12-jährigen kurdischen Mädchens namens Avin Saroxan, dass von einer Miliz rekrutiert worden sei, die Berichten zufolge in der Provinz Deir ez-Zour gegen den IS kämpfe. Avin sei von Augenzeugen zuletzt vor ihrer Schule im Ort Darbassiye gesehen worden, bevor Männer, die angeblich Mitglieder der Partei der Demokratischen Union (PYD) gewesen seien, sie zu einem Auto geführt hätten und mit ihr davongefahren seien. Ihre Eltern hätten sich mit Vertretern der PKK in Verbindung gesetzt, die zunächst den Vorwurf der Rekrutierung abgestritten hätten. Später hätten sie zugegeben, dass Avin zu einem einmonatigen „Politikkurs“ geschickt worden sei. Avins Onkel habe die Asayish (Sicherheitskräfte der de facto autonomen Region Kurdistan, Anm. ACCORD) für die Entführung seiner Nichte verantwortlich gemacht und angegeben, dass in letzter Zeit mehrere Mädchen im Alter von 13 bis 14 Jahren entführt worden seien. Man habe ihnen Waffen gegeben und sie an die Front in der Provinz Deir ez-Zor geschickt. Laut dem Medienaktivisten Juwan Remmo würden kurdische Milizen, obwohl sie angeben würden, keinen verpflichtenden Militärdienst durchzusetzen, regelmäßig Jugendliche in ihre Reihen aufnehmen. Die PKK und die zu ihr gehörenden Milizen seien dafür bekannt. Laut dem kurdischen Journalisten Raman Youssef seien die Milizen eine attraktive Option für Jugendliche, die von zu Hause weglaufen wollten. Die PKK unterhalte spezielle Trainingslager für neu Rekrutierte in der Gegend Rmeilan (Provinz Al-Hasaka, Anm. ACCORD), in die auch Jugendliche geschickt würden. Berichte von Entführungen seien laut Youssef jedoch übertrieben. Er glaube nicht, dass PKK oder Asayish am helllichten Tage Minderjährige entführen und sie in diese Trainingslager bringen würden. Es habe jedoch Fälle gegeben, in denen Jugendliche in diese Lager geschickt worden seien, weil ihre Eltern sie missbraucht hätten oder die Töchter minderjährig beziehungsweise gegen ihren Willen hätten verheiraten wollen. Die eigentliche Problematik sei laut Youssef, dass Mädchen es schwer hätten, eine Miliz wieder zu verlassen, wenn sie ihr einmal beigetreten seien. Nach einem Beitritt werde die Kommunikation mit den Familien unterbunden und es sei den Mädchen nicht erlaubt, zu ihren Familien zurückzukehren. Laut dem Menschenrechtsaktivisten Modr al-Asaad würden Milizen Jugendliche mit einer Kombination aus Drohungen und Anreizen anlocken. Viele Entführungen minderjähriger Mädchen und Burschen seien Teil einer Methode von Zuckerbrot und Peitsche in einem Ausmaß, dass sie in der Provinz Al-Hasaka und anderen Regionen unter Kontrolle der PKK und ihrer Milizen (gemeint sind die der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehenden YPG, Anm. ACCORD) fast schon zur Norm geworden seien:

The case of a 12-year old Kurdish Syrian girl recruited to fight alongside local militias has highlighted ongoing concerns about the recruitment of child soldiers by Kurdish forces. Avin Saroxan appeared on a Kurdish TV channel dressed in military uniform with a group of other underage girls in Deir ez-Zor, apparently all engaged in fighting against Islamic State forces. According to eye-witnesses, Avin was last seen standing outside her school in the city of Darbassiye in al-Hasaka Rif before men believed to belong to the Democratic Union Party (PYD) took her to a black car and drove away. Her parents contacted officials from the Kurdish Workers’ Party (PKK) who initially denied any knowledge of the incident. Later, they acknowledged that Avin had been sent to what they described as a political training course for one month. ‘Asayish forces [the police force of the autonomous Kurdish cantons] kidnapped Avin in an act of revenge over an issue related to the marriage of her sister Amina,‘ Avin’s uncle Aram Saroxan told Syria Stories. 'Those militias recently kidnapped several young girls from Darbassiye, all aged between 13 and 14 years-old, handed them weapons, and threw them into the frontline battles in Deir ez-Zor province.‘ […]

Kurdish journalist Raman Youssef said that the militias were a convenient and attractive destination for young runaways. ‘The PKK is renowned for convincing people to join its ranks, particularly teenagers, and has always implemented this practice in all Kurdish regions. It also has special training camps to support and guide new recruits in the Rmeilan region. Tens of minors are sent there after being taken from their parents to receive special training for long periods of time,’ Youssef said. However, he said that reports of abductions were exaggerated. ‘I do not buy into the stories that the PKK and the Asayish forcefully kidnap minors in broad daylight and take them to training camps,’ Youssef continued. ‘There were cases where teenagers were sent to training camps because their families abused them, where under-aged girls were forced into marriage, or where they were forced into marrying men they did not wish to marry and into dropping out of school. These actions often ended with the suicide of some girls.’ The issue was, he said, that girls found it hard to extricate themselves once they had joined the ranks of the militias. ‘After that they are isolated and all communications with their families are interrupted for a long time and even if they wanted to return to their parents, they would not be allowed to do so,’ he concluded. Modr al-Asaad, a human rights activist, said that the militias lured teenagers with a combination of threats and enticements. ‘Numerous kidnappings of minors and underage girls to serve in militias have been conducted using a carrot-and-stick policy to the point where such practices became the norm in al-Hasaka province and all regions under the control of the PKK and its militias,’ he said. ‘This is considered a legal and moral violation, as children should not be recruited and sent to fight in battles and wars. This is a war crime.’” (IWPR, 29. März 2018)

Auf Daraj, einer eigenen Angaben zufolge unabhängig finanzierten Plattform, auf der arabische JournalistInnen Artikel zu in der Region weniger beachteten Themen wie Zivilrechten und Gender veröffentlichen, findet sich ein Artikel vom Oktober 2018 zur Rekrutierung von Kindern durch die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Die konkreten Fälle von Rekrutierungen Minderjähriger, die erwähnt werden, beziehen sich auf die Jahre 2016 bis 2018.

Im November 2016 habe der 14-jährige Baschar al-Ahmad von sich aus ein Trainingslager bei Al-Malikiya in der Provinz Al-Hasaka absolviert, um in der Handhabung von Waffen ausgebildet zu werden. Als seine Familie zum Lager gekommen sei, um ihn zu besuchen, habe ein Verantwortlicher dort gesagt, dass sie ihren Sohn vergessen solle, so ein Nahestehender der Familie.

Eine Mutter aus Afrin habe in einem Gespräch Mitte 2017 berichtet, dass ihr Sohn, der 2001 geboren worden sei, im Jahr 2016 von den YPG rekrutiert worden sei. Er sei in ein Rekrutierungszentrum gebracht worden und habe einen Zettel unterschrieben, dessen Inhalt er nicht verstanden habe, da er weder lesen noch schreiben könne. Er sei zurückgekehrt mit der vollen Absicht, den YPG beizutreten.

Ein weiterer Vorfall wird geschildert, bei dem ein 12-jähriger Bursche namens Mustafa Alo im Dezember 2017 während einer Hochzeitsfeier seines Onkels von Kämpfern der SDF mitgenommen und in ein Trainingslager westlich von Kobane gebracht worden sei. Zunächst hätten die Eltern nichts über den Verbleib ihres Sohnes gewusst, schließlich hätten sie erfahren, dass ihr Kind zwangsrekrutiert und in ein Lager in der Nähe von Dscharabulus gebracht worden sei. Laut Angaben eines Cousins von Mustafa Alo handle es sich dabei um ein Lager speziell für die Ausbildung von Kindern, in dem sich Dutzende entführte Minderjährige befinden würden.

Laut Berichten von Kindern und ihren Familien sowie Menschenrechtsorganisationen würden die YPG Kinder mithilfe von Veranstaltungen anziehen, diese würden Kaumin (plural: Kauminat) genannt und es gebe speziell an Kinder gerichtete Zusammentreffen. Dort würden laut Angaben eines Menschenrechtsaktivisten aus Afrin Kinder in den Prinzipien der PYD unterwiesen und man bereite sie geistig darauf vor, Waffen zu tragen, indem man ihnen Slogans wie „Vergeltung ist der Weg zur Freiheit“ und „wir bekämpfen die Welt im Namen unseres Führers“ beibringe. YPG-Kämpfer würden im Schulcurriculum, das die PYD vorgebe, als Idealmenschen und Nationalhelden dargestellt.

Der Artikel berichtet des Weiteren von einem 17-jährigen Mädchen namens Awish Bozan, das im Oktober 2018 aus seinem Haus in Kobane fortgegangen und seither nicht zurückgekehrt sei. Die Familie habe vom Büro der PYD erfahren, dass Awish in die Fraueneinheiten YPJ rekrutiert worden sei. Laut Angaben ihres Onkels sei Awish über soziale Medien rekrutiert worden. Die PYD und die zu ihr gehörenden bewaffneten Gruppen würden über soziale Medien mit den Kindern in Kontakt treten und sie mit Ideen von Freiheit und Unabhängigkeit, der Idee „seine eigene Frau zu sein“, anlocken. (Daraj, 25. Oktober 2018)

 

Weitere Informationen zur Rekrutierung von Frauen in die YPJ finden sich auch in folgender älterer ACCORD-Anfragebeantwortung vom September 2018:

·      ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Syrien: Zwangsrekrutierungen von Frauen durch die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) oder die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in den von Kurden kontrollierten Gebieten [a-10722], 28. September 2018
https://www.ecoi.net/de/dokument/1453739.html

 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 9. August 2019)

·      ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Syrien: Zwangsrekrutierungen von Frauen durch die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) oder die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in den von Kurden kontrollierten Gebieten [a-10722], 28. September 2018
https://www.ecoi.net/de/dokument/1453739.html

·      Arabi 21: Die kurdischen Einheiten weiten Zwangsrekrutierung aus und lehnen Beendigung des Wehrdienstes ab ["الوحدات" الكردية توسع التجنيد الإجباري وترفض إنهاء الخدمة], 2. Jänner 2019
https://arabi21.com/story/1149069/%D8%A7%D9%84%D9%88%D8%AD%D8%AF%D8%A7%D8%AA-%D8%A7%D9%84%D9%83%D8%B1%D8%AF%D9%8A%D8%A9-%D8%AA%D9%88%D8%B3%D8%B9-%D8%A7%D9%84%D8%AA%D8%AC%D9%86%D9%8A%D8%AF-%D8%A7%D9%84%D8%A5%D8%AC%D8%A8%D8%A7%D8%B1%D9%8A-%D9%88%D8%AA%D8%B1%D9%81%D8%B6-%D8%A5%D9%86%D9%87%D8%A7%D8%A1-%D8%A7%D9%84%D8%AE%D8%AF%D9%85%D8%A9

·      Daraj: Die Syrischen Demokratischen Kräfte rekrutieren weiterhin Kinder

[قسد مستمر في تجنيد الأطفال: "أولاد القضيّة"... قتلاها] 25. Oktober 2018
https://daraj.com/%D9%82%D8%B3%D8%AF-%D9%85%D8%B3%D8%AA%D9%85%D8%B1-%D9%81%D9%8A-%D8%AA%D8%AC%D9%86%D9%8A%D8%AF-%D8%A7%D9%84%D8%A3%D8%B7%D9%81%D8%A7%D9%84-%D8%A3%D9%88%D9%84%D8%A7%D8%AF-%D8%A7%D9%84%D9%82/

·      IPS – Inter Press Service - News Agency: U.S.-backed Kurds to Halt Child Soldier use in Syria, 2. Juli 2019
http://www.ipsnews.net/2019/07/u-s-backed-kurds-halt-child-soldier-use-syria/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=u-s-backed-kurds-halt-child-soldier-use-syria

·      IWPR – Institute for War and Peace Reporting: Underage Girls Recruited to Kurdish Forces - Concerns that military forces are using child soldiers, 29. März 2018
https://www.ecoi.net/de/dokument/1428301.html

·      BZ - Netherlands Ministry of Foreign Affairs: Thematisch ambtsbericht Syrië; De veiligheidssituatie, 4. Juli 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2012710/TAB_Syrie_2019.pdf

·      Noonpost: Mit dem Ziel der Rekrutierung… Volksverteidigungseinheiten führen Festnahmekampagne in Raqqa durch [بهدف التجنيد.. الوحدات تشن حملات اعتقال في الرقة], 29. Jänner 2019
https://www.noonpost.com/content/26369

·      Syria Television: Selbstverwaltung ändert Gesetz zur Wehrpflicht in den Gebieten unter ihrer Kontrolle ["الإدارة الذاتية" تعدل قانون الخدمة الإجبارية في مناطق سيطرتها], 24. Juni 2019
https://www.syria.tv/content/%D8%A7%D9%84%D8%A5%D8%AF%D8%A7%D8%B1%D8%A9-%D8%A7%D9%84%D8%B0%D8%A7%D8%AA%D9%8A%D8%A9-%D8%AA%D8%B9%D8%AF%D9%84-%D9%82%D8%A7%D9%86%D9%88%D9%86-%D8%A7%D9%84%D8%AE%D8%AF%D9%85%D8%A9-%D8%A7%D9%84%D8%A5%D8%AC%D8%A8%D8%A7%D8%B1%D9%8A%D8%A9-%D9%81%D9%8A-%D9%85%D9%86%D8%A7%D8%B7%D9%82-%D8%B3%D9%8A%D8%B7%D8%B1%D8%AA%D9%87%D8%A7

·      UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Syrian Arab Republic; Update V, 3. November 2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1416983/90_1509950296_2017-11-03-unhcr-syria-protection-considerations-v.pdf

·      USDOS – US Department of State: 2019 Trafficking in Persons Report: Syria, 20. Juni 2019
https://www.ecoi.net/de/dokument/2010916.html

·      Watan FM: Zwangsrekrutierungskampagne der kurdischen EInheiten, bei der sogar Lehrer rekrutiert werden [حملة تجنيد إجباري للوحدات الكردية تشمل حتى المعلمين], 22. Mai 2019
https://watan.fm/news/syria-news/124687