Anfragebeantwortung zum Irak: Lage der Schabak insbesondere in Mossul; freie Ausübung der Religion, Rückkehrsituation [a-11037]

26. Juli 2019

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Bericht zur Religionsfreiheit vom Juni 2019 (Berichtszeitraum: 2018), dass es im Irak etwa 350.000 bis 400.000 Schabak gebe, dreiviertel von ihnen seien SchiitInnen und der Rest SunnitInnen. Die meisten von ihnen würden in der Provinz Ninawa leben. Ein Sitz im irakischen Parlament sei einem Angehörigen der Schabak vorbehalten. Der Bericht erwähnt, dass religiöse Führer christlicher Gemeinschaften im Distrikt Hamdaniya (östlich der Stadt Mossul gelegen, Anm. ACCORD) eine schiitische Schabak-Miliz der Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilisation Forces, PMF; Haschd) beschuldigt hätten, christliche Frauen in Bartella und anderen Orten im Distrikt Hamdaniya sexuell belästigt zu haben beziehungsweise sexuell übergriffig geworden zu sein. Die Schabak-Miliz werde vom Abgeordneten des irakischen Parlaments, Hunain Qado, und seinem Bruder Waad angeführt. Ein Vertreter des Stadtrates in Bartalla habe Gerichtsdokumente mehrerer Fälle veröffentlicht, in denen Angehörige der Miliz wegen Diebstahl, Schikanen und sexueller Belästigung angeklagt worden seien. Führende Mitglieder der sunnitischen Schabak-Gemeinschaft in Hamdaniya hätten ähnliche Vorwürfe erhoben. Es habe Berichte gegeben, denen zufolge die Behörden der Autonomen Region Kurdistan sich gegenüber Minderheiten, darunter auch Schabak, in den Gebieten im Nordirak, die sowohl von der irakischen Zentralregierung als auch von der kurdischen Autonomieregierung beansprucht würden, diskriminierend verhalten hätten:

„The Shabak number between 350,000 and 400,000, three-fourths of whom are Shia and the rest Sunni; most are located in Ninewa.“ (USDOS, 21. Juni 2019, Section 1)

„The law reserves nine of the COR’s [Council of Representatives] 329 seats for members of minority communities: five for Christian candidates from Baghdad, Ninewa, Kirkuk, Erbil, and Dohuk; one for a Yezidi; one for a Sabean-Mandean; one for an ethnic Shabak; and one for a Faili Kurd from Wasit. […]

Representatives of minority religious communities said that, while the central government did not generally interfere with religious observances and even provided security for places of worship and other religious sites, including churches, mosques, shrines, and religious pilgrimage sites and routes, minority groups continued to face harassment, including sexual assault, and restrictions from local authorities in some regions. Christian religious leaders continued to publicly accuse the Iranian-backed Shabak Shia PMF militia 30th Brigade, controlled by Iraqi parliament member Hunain Qado and his brother Waad, of harassment and sexual assaults on Christian women in Bartalla and elsewhere in Hamdaniya District. The chair of the municipal council of Bartalla made public court documents from several cases involving militiamen charged with theft, harassment, and sexual harassment. Shabak Sunni leaders in Hamdaniya made similar allegations. […]

There were reports of KRG [Kurdistan Regional Government] authorities discriminating against minorities, including Turkomans, Arabs, Yezidis, Shabaks, and Christians, in territories claimed by both the KRG and the central government in northern Iraq.“ (USDOS, 21. Juni 2019, Section 2)

Detailliertere Informationen zu den Spannungen zwischen christlichen Gemeinschaften und Schabak in der Ninawa-Ebene finden sich in folgendem Blogeintrag des Irakanalysten Joel Wing sowie in einem Artikel auf Kirkuk Now aus dem Jahr 2019:

 

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO), eine Agentur der Europäischen Union zur Förderung der praktischen Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten im Asylbereich, veröffentlicht im Juni 2019 einen Bericht zum Irak mit Herkunftsländerinformationen und Handlungsempfehlungen für AsylentscheiderInnen. Dort wird berichtet, dass die Schabak zum Großteil in der Ninawa-Ebene leben würden. Diese Region sei zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der kurdischen Regionalregierung in Erbil umstritten. Dort seien sie Opfer von demographischen Veränderungsstrategien geworden, die Araber einerseits und Kurden andererseits einsetzen würden, um die Demographie zu ihren Gunsten zu verändern. Schabak seien enormen Druck und Schikanen vonseiten der kurdischen Regionalregierung ausgesetzt, sich zu assimilieren und sich als KurdInnen zu definieren:

„The Shabak form an ethnic group consisting of three tribes: Hariri, Gergeri and Mawsili. Approximately 70% identify as Shia. The Shabak are largely living in the Ninewa plains. ISIL’s advance resulted in kidnappings and executions for Shabak who refused to comply with ISIL’s orders. Besides facing violence from ISIL [Islamic State of Iraq and the Levante], the Shabak have been victims of efforts to forcibly alter the demographic balance in their areas of origin in favour of either Arabs or Kurds. The Shabak community is located in an area that is disputed between Erbil and Baghdad. The power struggles between the two governments have affected the Shabak detrimentally and they have faced enormous pressure and harassment from the KRG to assimilate and declare themselves as Kurds.“ (EASO, Juni 2019, S. 71)

Die internationale NGO Minority Rights Group International (MRG), die sich für benachteiligte Minderheiten und indigene Völker einsetzt, schreibt auf ihrem zuletzt im November 2017 aktualisierten Profil zur Minderheit der Schabak im Irak, dass die von Schabak bewohnten Orte on der Ninawa-Ebene Teil des zwischen der kurdischen Regionalregierung und der irakischen Zentralregierung umstrittenen Gebietes seien. Während die kurdische Regionalregierung diese Region als Teil eines zukünftigen größeren Kurdistan ansehe, seien die Schabak in Unterstützer der kurdischen Regionalregierung und Unterstützer der irakischen Regierung geteilt. Manche Schabak würden den Plan bevorzugen, die Ninawa-Ebene zu einer Autonomen Zone für Minderheiten zu machen. Im Zuge des Vormarsches der Gruppe Islamischer Staat (IS) hätten die Schabak zu den Waffen gegriffen. Ein Teil sei als reine Schabak-Brigade in die kurdischen Peschmerga-Einheiten integriert worden, andere hätten sich der Miliz Quwat Sahel Ninewa des Parteienbündnisses Shabak Democratic Assembly angeschlossen. Obwohl viele Schabak-Dörfer vom IS befreit worden seien, würden sich tausende Schabak nach wie vor als Binnenvertriebene in Kurdistan und im Zentral- und Südirak aufhalten. Weder die irakische noch die Verfassung der Autonomen Region Kurdistan würden die Schabak als separate ethnische Gruppe erwähnen. Vor dem Vorrücken des IS in die Siedlungsgebiete der Schabak hätten die Schabak in der Ninawa-Ebene über Schwierigkeiten beim Zugang zu sauberem Wasser, Elektrizität, Unterkünften, Gesundheitsversorgung und anderen grundlegenden Dienstleistungen berichtet. Schabak, die in von Kurdistan kontrolliertem Gebiet und umstrittenen Gebieten gelebt hätten, hätten berichtet, dass Druck auf sie ausgeübt worden sei, politische Ziele der KurdInnen zu unterstützen:

„Shabak villages on the Ninewa plains are part of the disputed territories, the long-term status of which has not been decided. While the Kurdistan Regional Government (KRG) views these regions as forming part of an enlarged future Kurdistan, the Shabak are divided between their support for the KRG and the Iraqi government respectively. Some are in favour of transforming the Ninewa plains area into an autonomous zone for minorities. Since the advance of ISIS, many Shabak men have taken up arms, some of whom were incorporated into the Peshmerga as an all-Shabak brigade, while others joined the Quwat Sahel Ninewa militia, associated with the Shabak Democratic Assembly. While many Shabak villages have been recovered from ISIS control, thousands of Shabak remain internally displaced, spread between the Shi’a-majority areas of central and southern Iraq and the Kurdistan region.

Neither the Iraqi nor the Kurdish Constitutions mention the Shabak as a distinct ethnic group, although Iraq’s electoral law reserves one seat in the Council of Representatives for the Shabak minority. Prior to the ISIS advance, Shabak living in the Ninewa plains reported difficulty in accessing clean water, electricity, housing, healthcare and other basic services. Shabak living in the KRG-controlled area and the disputed territories reported heavy pressure to support Kurdish political aims. Since the KRG does not recognize the Shabak as a distinct ethnic group, the Shabak language is not taught in schools and is at risk of extinction.“ (MRG, November 2017)

ImJuni 2019 veröffentlicht die Internationale Organisation für Migration (IOM) einen Bericht zu Rückkehrperspektiven für Binnenvertriebene nach Westmossul. Darin wird erwähnt, dass Mossul zwar traditionell eine ethnisch- und religiös-diverse Stadt gewesen sei, die Verfolgung nichtsunnitischer MuslimInnen durch Al-Qaida und später die Gruppe Islamischer Staat (IS) jedoch zu einer Massenvertreibung christlicher, schiitischer und turkmenischer Gruppen sowie von Schabak geführt habe. Daher seien laut Schätzungen eines der Autoren des Berichts bei einer Befragung von 1.458 BewohnerInnen von Mossul zwischen März und April 2018 etwa 99 Prozent sunnitische MuslimInnen gewesen.

„Although historically Mosul was an ethnically and religiously diverse city, AQI [Al-Qaida in Iraq] and, later, ISIL [Islamic State of Iraq and the Levante] persecution of non-Sunni Muslim groups resulted in massive displacement by Christians, Shia Turkmens, and Shabak. As a result of these waves of displacement by minority groups, Mosul’s population was estimated to be 99 percent Sunni Muslim in a survey of 1,458 'Moslawis‘ conducted by one of the authors in March–April 2018.“ (IOM, Juni 2019, S. 18)

IOM erwähnt in einem weiteren Bericht über Trends bezüglich Vertreibung und Rückkehr vom Oktober 2018 (Beobachtungszeitraum: 2014-2017), dass während arabische und kurdische SunnitInnen weitgehend wieder an ihre Wohnorte zurückgekehrt seien, schiitische Schabak sowie weitere ethnoreligiöse Gruppen weiterhin als Binnenflüchtlinge leben würden. Mehr als 20.000 Binnenflüchtlingsfamilien, die zu diesen ethnoreligiösen Gruppen gehören würden, hätten die Angst aufgrund der Veränderung der ethnoreligiösen Zusammensetzung der Gesellschaft an ihrem ursprünglichen Wohnort als einen der Hauptgründe angegeben, die einer Rückkehr im Wege stehen würden:

„In fact, while Arab Sunni and Kurdish Sunni Muslims have mostly returned home, Turkmen Shia and Sunni Muslims, Yazidis, Christians and Shabak Shias remain displaced across Iraq. For over 20,000 IDP families belonging to these ethnoreligious groups, 'fear due to a change in ethno-religious composition of the place of origin‘ was cited among the top three obstacles to return.“ (IOM, Oktober 2018, S. 31)

In seinen im Mai 2019 veröffentlichten Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus dem Irak schreibt das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR), dass die Rückkehr ethnoreligiöser Minderheiten, darunter von Schabak, Berichten zufolge nur langsam verlaufe und viele weiterhin an dem Ort leben würden, zu dem sie geflohen seien. (UNHCR, Mai 2019, S. 27)

Die in London ansässige Online-Nachrichtenorganisation Middle East Eye (MEE), die Artikel freiberuflicher JournalistInnen und Beiträge von Think Tanks veröffentlicht, schreibt in einem Beitrag vom April 2017 über die Rückkehr von Schabak in ein Dorf nahe Mossul. Viele Häuser in dem Dorf seien ausgebrannt. Ismaeil al-Barghout, ein Rückkehrer, lebe mit seiner Familie nun in einem einzigen Zimmer im Obergeschoss seines zerstörten Hauses. Eine aus Schabak bestehende Miliz patrouilliere im Ort. Schabak seien von mehreren Seiten Druck ausgesetzt, die Gruppe Islamischer Staat (IS) würde die Schabak aufgrund ihrer nichtsunnitischen Praktiken ins Visier nehmen. Viele Schabak würden angeben, kein Vertrauen mehr in die Regierung in Bagdad zu haben, dass sie sie schützen könne. Gleichzeitig würden sie der kurdischen Regionalregierung vorwerfen, Druck auf sie auszuüben, sich als KurdInnen zu identifizieren. So wolle die Regionalregierung die Kontrolle über das Land der Schabak erhalten. Laut Barghout würden die kurdischen Peschmerga und andere bewaffnete Gruppen um die Kontrolle über die Siedlungsregion der Schabak konkurrieren, um die dortigen Ressourcen auszuschöpfen. Die Distrikte Hamdaniya und Sheikhan hätten Ölvorräte:

Drizzle patters over the village of Khazna Tappa, east of the embattled city of Mosul, as members of a Shabak militia stamp their feet tensely in the chilly grey air, assault rifles slung over their body armour. The tiny village, which lies on the green plain of Iraq’s Nineveh province, is home to a growing number of returning families from the Shabak ethnic group who were pushed out of their lands spread over the province, or killed by al-Qaeda and Islamic State (IS) group militants. When Moqdad Hassan Ismaeil al-Barghout opens the gate outside of his partially burned-down concrete home, the security guard standing outside the gate relaxes as he comes out to greet us. 'We were gone for two and a half years,‘ said Barghout, adding that his family only returned in February, when they felt it was sufficiently secure. But when Barghout’s family returned, they found many of the houses in Khazna Tappa had been burned. Half of Barghout’s family home was torched; glass shards covered the floor and snarled black plastic where a cheap plastic door frame once stood evoked images of what used to be. Now the family crowds into a single room upstairs. […]

Iraq’s Shabaks are under pressure on many fronts, with both al-Qaeda and IS targeting Shabaks for their non-Sunni religious practices. Many Shabaks say they have lost trust in the government in Baghdad for being unable to protect them. They also accuse the Kurdistan Regional Government in Iraq’s north of putting pressure on them to identify as Kurds in order to take control of their lands, and Mosul itself. […]

Barghout believes the Peshmerga, as well as other armed forces, are vying for control of Shabak lands in order to seize resources. 'All of them want Shabaks to give loyalty because of the oil underneath Shabak land. There’s oil in [the districts of] Hamdaniya and Sheikhan. The village of Badaniya al-Kabir has oil,‘ he said, referring to areas in Nineveh with Shabak populations.“ (MEE, 18. April 2017)

Das in der Autonomen Region Kurdistan (Irak) ansässige kurdische Mediennetzwerk Rudaw berichtet im Juli 2018 über eine Schabak-Familie, die kürzlich aus Mosul nach Bardarasch in der kurdischen Provinz Dohuk gezogen sei. Nachdem der IS aus Mossul vertrieben worden sei, sei die Familie zunächst wieder dorthin zurückgekehrt, Sicherheitsbedenken hätten sie jedoch schon bald dazu bewogen, wieder wegzuziehen. Es gebe etwa 200.000 Schabak im Irak. Vor dem Krieg mit dem IS habe diese Minderheit vor allem in den Dörfern um Mossul gelebt. Ein binnenvertriebener Schabak habe Rudaw erklärt, dass der Staat in der Region sehr schwach sei. Wenn, so nehme man die Präsenz des Staates nicht gleichmäßig tagsüber und nachts war. Insbesondere Schabak würden sich nicht gänzlich sicher fühlen. Laut Rudaw seien mehr als 50 Familien aufgrund der mangelnden Sicherheit und den unzureichenden Basisdienstleistungen von Mossul nach Dohuk gezogen:

„This Kurdish Shabak family recently moved to Bardarash in Duhok from their home in Mosul. Displaced by the war with ISIS, the family had initially returned to their home following the city’s liberation - but security concerns soon convinced them to leave. There are around 200,000 Shabak Kurds in Iraq. Before the war with ISIS, the ethno-religious minority was concentrated in villages around Mosul.  'The government is very weak. Even if it exists, it is not during both daylight and night. People, especially Shabak, do not feel 100 percent secure when staying at home,‘ said Ahmed Sadiq, one of the Shabak IDPs.
More than 50 Shabak families have moved from Mosul to Duhok due to a lack of security and basic services. They have settled in Bardarash, Shekhan, and Khabat. 'There is no security. The government is a failure in Mosul,‘ said another IDP, Ahmed Shahab.“
(Rudaw, 26. Juli 2018)

Al-Shahid, eine Organisation zur Erstellung und Übersetzung von Medienprodukten mit Fokus auf ZivilistInnen in Post-Konflikt-Gesellschaften in den arabischen Ländern, veröffentlicht im Jänner 2018 einen Artikel, der die Lage für RückkehrerInnen der Schabak-Gemeinschaft in ihre Dörfer bei Mossul schildert. Im Dorf Baz Gerkan seien die meisten Häuser beschädigt oder zerstört worden. Die Schule sei von den Schabak-Dorfbewohnern wieder aufgebaut worden. Wenige Kilometer entfernt hätten sie auch das Grab eines schiitischen Imams wieder hergestellt, das von sunnitischen Extremisten gesprengt worden sei. Das Leben kehre langsam wieder zur Normalität zurück, jedoch seien viele Checkpoints aufgestellt worden, die normalerweise von Schabak, turkmenischen, christlichen oder jesidischen Einheiten der Volksmobilisierungseinheiten (Haschd) besetzt seien. Die irakische Regierung setze auf lokale Kräfte, um für die Sicherheit vor Ort zu sorgen. Ein Schabak aus dem Ort Bartella, der in der Altstadt von Mossul als Polizist einen Checkpoint bemanne, habe erzählt, dass es Zeiten gegeben habe, in denen er die Stadt nur mit Begleitschutz betreten habe. Er sei als Schiit nur auf Polizeistreife und nicht privat dorthin gefahren. Sunnitische MuslimInnen würden in Mossul die Mehrheit bilden und seien auch in den umliegenden Dörfern präsent. Innerhalb der Schabak-Bevölkerungsgruppe gebe es eine kleine sunnitische Gemeinschaft. Laut der Angabe von BewohnerInnen hätten sich viele dieser sunnitischen Schabak dem IS angeschlossen und seien getötet worden. Andere seien mit ihren Familien geflohen:

„In Baz Gerkan village, where fighting damaged or destroyed most of the houses, Shabak residents have rebuilt their school themselves. A few kilometres (miles) away, they have restored the shrine of Imam Rida, the eighth of Shiite Islam’s 12 imams, which was blown up by the Sunni Muslim jihadists who consider Shiites to be heretics. Shabaks, who number around 60,000 in Iraq, have their own language and say they first settled in the Arab country several centuries ago from northern Iran. […]

Life may slowly be returning to normal, but many checkpoints have been set up, usually manned by members of Hashed units from the Shabak, Turkmen, Christian or Yazidi minorities. Iraq is relying on local forces to maintain security on the ground, after declaring in December that the war against IS had been won. […]

'Even before IS, other terrorist groups like Al-Qaeda tried to chase out minorities,‘ said Zein al-Abidine Jamil, a Shabak commander with the Hashed. Another Bartalla Shabak, a policeman manning a checkpoint in the old part of Mosul, recalled the days when he could only enter the city under escort. 'Mosul? I went there on patrol. But never in a personal capacity. Alone Shiite? That would have been madness!‘ he said, speaking on condition of anonymity. Sunni Muslims are a minority in Iraq, but in Mosul they form the majority and also have a presence in villages around the city. The Shabak minority has a small Sunni community within it. But, residents say, many of them joined IS and were killed. Others fled with their families, joining the ranks of the displaced.“ (Al-Shahid, 17. Jänner 2018)

Ein weiterer auf Al-Shahid abrufbarer Artikel vom Jänner 2018 geht ebenfalls auf die Lage der Schabak im Umland von Mossul ein. Viele Ortschaften der Schabak seien stark zerstört worden, RückkehrerInnen hätten ihre Häuser als Ruinen und Schutt vorgefunden. Viele hätten sich über die mangelnde Unterstützung beim Wiederaufbau beschwert. Ein Mann habe gesagt, dass sein Ort komplett zerstört sei. Die BewohnerInnen hätten die Regierung aufgefordert, den Wiederaufbau zu beginnen und die Wasser- und Elektrizitätsversorgung wiederherzustellen:

„Following the defeat of the so-called Islamic State, minorities across Iraq, especially in the northern Nineveh Plains, are attempting to rebuild and move on with their lives. Among these minorities are the Shabaks, a minority group that has lived in northern Iraq for approximately five centuries. […] Many Shabak towns and villages, such as Baz Jarkan, were heavily destroyed, leaving behind ruins and rubble for local residents who have returned to their homes, although many lambast the help they have received in rebuilding their homes.

'This village is home to Shabak, and the neighbourhood as well. We have been living in this area for a long time,‘ said one man. ‚As you can see, this village is completely destroyed. We want the government to start rebuilding and provide us with water and electricity.‘” (Al-Shahid, 18. Jänner 2018)

Das Middle East Research Institute (MERI), eine 2014 in Erbil in der Autonomen Region Kurdistan gegründete, nichtprofitorientierte Organisation, veröffentlicht im August 2017 eine vom United States Institute of Peace (USIP) in Auftrag gegebene Studie zur Lage der Schabak nach dem Konflikt mit dem IS im Nordirak. Für diese Studie wurden im Zeitraum von Mai 2016 bis Jänner 2017 Interviews und Fokusgruppen mit GemeinschaftsführerInnen, AktivistInnen sowie mit religiösen und politischen VertreterInnen der Schabak geführt. Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen des Berichts sei, dass die Gemeinschaft der Schabak vorwiegend mit vier Konflikten konfrontiert sei. Bei zweien gehe es um die Beziehungen zu anderen ethnoreligiösen Gemeinschaften, nämlich sunnitischen AraberInnen und ChristInnen, die anderen zwei Konflikte würden Spaltungen innerhalb der Gemeinschaft betreffen und sich auf die religiöse und ethnische Identität der Gemeinschaft beziehen. Der Vormarsch des IS habe zu einer vermehrten Herausbildung bewaffneter Gruppen geführt, die die Möglichkeit einer gewaltsamen Eskalation nachhaltig steigere. Gleichzeitig habe die komplette Auflösung der vor 2014 gegebenen Strukturen zu vermehrten Diskussionen über Identität geführt, die mit der Entscheidung über den Verwaltungsstatus der umstrittenen Gebiete in der Ninawa-Ebene zu tun hätten:

„One of the main findings of this report is that the Shabak community suffers from four main conflicts. Two relate to relations with other ethno-religious communities, namely Sunni Arabs and Christians, and the other two concern divisions within the community itself, that is, religious and ethnic identity. The rise of IS has impacted conflict dynamics in two distinct ways. On the one hand, it has led to a proliferation of armed groups, significantly increasing the possibility of a violent escalation. On the other hand, the complete rupture of the pre-2014 status quo has resulted in an intensification of identity discussions, which is linked to the settlement of the administrative status of disputed territories on the Nineveh Plain.“ (MERI, August 2017, S. 4)

Die Studie geht im Folgenden noch genauer auf die einzelnen oben erwähnten Konflikte ein, gibt einen Überblick zur Geschichte und zum Siedlungsgebiet der Schabak in der Ninawa-Ebene und beschreibt die Spannungen zwischen Schabak und sunnitischen AraberInnen sowie ChristInnen in der Gegend. Außerdem werden innergemeinschaftliche Auseinandersetzungen um die politische Vertretung sowie die Ausrichtung zur Zentralregierung in Bagdad und zur kurdischen Regionalregierung thematisiert. Der gesamte Bericht ist unter folgendem Link abrufbar:

 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 26. Juli 2019)