Anfragebeantwortung zu Georgien: Strahlentherapie bei der Behandlung von Krebs (oder von gutartigen Tumoren); Therapiekosten [a-11041]

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19. Juli 2019

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Verfügbarkeit und Qualität

Über die Seite des georgischen Gesundheitsministeriums (Ministry of Health, MoH) ist ein mit April 2018 datiertes Dokument mit dem Titel „Cancer Profile“ zugänglich. Laut diesem Dokument umfasse das Basispaket des 2013 gestarteten Universal Health Care Program die Behandlung von onkologischen PatientInnen, insbesondere durch Chemotherapie, Hormontherapie und Strahlentherapie sowie durch Untersuchungen und Medikamente im Zusammenhang mit diesen Verfahren. Das Programm beinhalte alle Arten von Labor- und instrumentellen Untersuchungsverfahren im Zusammenhang mit geplanten präoperativen, perioperativen und postoperativen Perioden. Im Rahmen des staatlichen Programms der Überweisungsdienste werde die Finanzierung der Behandlung von PatientInnen in Betracht gezogen, wenn ein anderes staatliches Programm oder die Versicherung die notwendigen medizinischen Leistungen nicht abdecken könne (z.B.: nuklearmedizinische Leistungen, adjuvante Therapie), oder ihre Behandlung in diesem Stadium in Georgien nicht möglich sei und sie eine medizinische Behandlung im Ausland benötigen würden (z.B.: hochdosierte Chemotherapie, Knochenmarktransplantation, etc.). Eine Reihe von Hightech-Diagnostika und medizinischen Dienstleistungen seien in Georgien noch nicht verwirklicht (hochdosierte Chemotherapie, Knochenmarktransplantation, etc.), weshalb PatientInnen ins Ausland reisen müssten. 2016 und 2017 hätten rund 8.960 (850 davon teilweise durch den Staat finanziert - 850 Fälle) onkologische PatientInnen Georgien verlassen, um medizinische Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Zu den Anbietern von onkologischen Therapien wird im Dokument erwähnt, dass die meisten medizinischen Einrichtungen, die onkologische Dienstleistungen im Land anbieten würden, private gewinnorientierte Kliniken („profit clinics“) seien. Die medizinischen Einrichtungen würden über geeignete medizinisch-technische Ausstattung verfügen, darunter Hightech-Geräte zur Behandlung onkologischer Erkrankungen. Im Rahmen des Universal Healthcare State Program würden in 243 medizinischen Einrichtungen verschiedene Behandlungsformen (dringende und geplante operative Behandlung, Strahlentherapie, Hormon- und Chemotherapie) durchgeführt. Auf nationaler Ebene würden zwölf medizinische Einrichtungen Strahlentherapie (davon 10 in Tiflis) und 65 medizinische Einrichtungen Chemo- und Hormontherapie (davon 33 in Tiflis) anbieten. In Tiflis, Kutaisi und Batumi seien sechs Strahlentherapieabteilungen funktionsfähig. In Tiflis gibt es drei Zweigstellen für Brachytherapie (interne Strahlentherapie). In Georgien würden KrebspatientInnen alle Arten der Nuklearmedizin zur Verfügung stehen, einschließlich Diagnoseverfahren mit Technetium 99m (Tc-99m), radioaktiver Jodtherapie und Positronen-Emissions-Tomographie (PET). In Tiflis würden alle Arten der Nuklearmedizin angeboten:

„The Basic Package of the Universal Health Care Program launched in 2013 includes the treatment of oncologic patients, specifically chemotherapy, hormone therapy and radiotherapy and investigations and medications related to these procedures. The program covers all types of laboratory and instrumental investigations related to planned preoperative, perioperative and postoperative periods. […]

Within the state program of referral services is considered financing citizens with various diagnosis, when another state program, or insurance cannot cover their necessary medical services (e.g.: nuclear medicine services, Adjuvant therapy), or their treatment at that stage is impossible in Georgia and they need medical treatment abroad (e.g.: high dosage chemotherapy, bone marrow transplantation, etc.). […]

A number of high - tech diagnostic and medic al services are not implemented in Georgia yet (high dosage chemotherapy, bone marrow transplantation, etc.) and because of this patients have to travel abroad.

In 2016 - 2017, approximately 8 960 (including partially funding from the state - 850 cases) oncologic patient have left Georgia to receive medical services abroad. (MoH, 16. April 2018, S. 3)

„4. Oncology service providers

Most of the medical institutions that provide oncological services in the country are private profit clinics. Medical institutions are equipped with appropriate medical-technical devices, including high-tech equipment for the treatment of oncological diseases. Various types of treatment (urgent and planned operative treatment, radiation, hormone and chemotherapy) are realized in 243 medical institutions within the framework of the Universal Healthcare State Program. On a national scale, 12 medical institutions provide radiation therapy (including 10 in Tbilisi, 2 in regions), whereas, 65 medical institutions provide chemo- and hormone therapy (including, 33 in Tbilisi, 12 in regions). Six radiotherapy departments are functioning in Tbilisi, Kutaisi and Batumi. There are three branches of brachytherapy in Tbilisi. In Georgia, all types of nuclear medicine are available for cancer patients, including diagnostic procedures that have technetium 99m (Tc-99m), radioactive iodine therapy, and tomography of emission positron (PET). All nuclear services are gathered in Tbilisi.“ (MoH, 16. April 2018, S. 4)

In einer im April 2018 im Journal Radiotherapy and Oncology publizierten Studie befasst sich ein Team von ForscherInnen mit der Qualität der Strahlentherapie in ehemaligen sowjetischen Ländern, darunter auch Georgien. Der Studie zufolge gebe es in Georgien sechs medizinische Zentren, in denen Strahlentherapie erfolgen könne, die Anzahl der Teletherapie-Geräte liege bei 14, das Verhältnis der Anzahl der Teletherapie-Geräte pro 1000 KrebspatientInnen pro Jahr liege bei 1,12. Hier führt die Studie zur besseren Einordnung dieses Wertes an, dass dieser Indikator in Kanada beispielsweise bei 1,5 und in Europa im Schnitt bei 5,3 liege. In Bezug auf qualitative Indikatoren bei der Analyse der Strahlentherapie-Infrastruktur beziehen sich die Forscher unter anderem auf die Wartezeit zwischen dem Tag der Erstvorstellung der PatientInnen in der Strahlentherapie-Einrichtung und dem Beginn der Therapie. Verzögerungen des Beginns der Strahlentherapie könnten das Therapieergebnis negativ beeinflussen. In Australien würden hier 14 Tage als Grenze der Akzeptanz gelten. In Georgien liege diese Wartezeit im Durchschnitt bei sechs Tagen:

„The number of teletherapy machines per 1000 cancer patients/ year is more specific to the target population and thus more adapted to the cancer epidemiology profile of each country. It was 0.81 for the region but ranged from 0.14 in Tajikistan to 1.12 in Georgia. For comparison, this indicator is 1.5 in Canada, 2.3 in the USA, 1.4 in Sweden, 1.6 in Denmark and 1.3 in Australia.” (Rosenblatt et al., 2018, S. 176)

„Undue delays in initiating radiotherapy may adversely influence the outcome. The Australian set of indicators adopted 14 days from the ‘‘ready-for-care” date as the cutoff point of acceptability.” (Rosenblatt et al., 2018, S. 174)

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(Rosenblatt et al., 2018, S. 172)

Die Internationale Atomenergie-Organisation (International Atomic Energy Agency, IAEA) stellt auf ihrer Webseite ein Verzeichnis von Strahlentherapieeinrichtungen (Directory of Radioherapy Centres, DIRAC) bereit. Die in der DIRAC-Datenbank enthaltenen Daten würden aus verschiedenen Quellen stammen und durch die freiwillige Zusammenarbeit von Strahlentherapiezentren und klinischen Einrichtungen auf der ganzen Welt kontinuierlich aktualisiert. Sobald die Daten gesammelt und mit dem DIRAC-Team geteilt worden seien, würden sie einen Prozess der Datenüberprüfung durchlaufen und auf Inkonsistenzen und Vollständigkeit geprüft:

„Data on radiation therapy facilities contained in the DIRAC database are obtained from various sources and they are continuously updated with the voluntary collaboration of radiotherapy centres and clinical institutions spread all over the world. Once data are collected and shared with the DIRAC Team, they undergo a process of data review and verification for any inconsistencies and completeness.” (IAEA, ohne Datum (a))

Für Georgien werden in der DIRAC-Datenbank folgende sich in Betrieb befindlichen Einrichtungen gelistet: MED Center in Batumi (verfüge über zwei Geräte für externe Strahlentherapie), EVEX Kutaisi Oncology Center in Kutaisi (verfüge über zwei Geräte für externe Strahlentherapie), „Newlife“ Ltd. in Tiflis (verfüge über ein Gerät für externe Strahlentherapie), Academician F. Todua Medical Center-Research Institute of Clinical Medicine in Tiflis (verfüge über drei Geräte für externe Strahlentherapie und ein Gerät für interne Strahlentherapie), High Technology Medical Center University Clinic in Tiflis (verfüge über drei Geräte für externe Strahlentherapie und ein Gerät für interne Strahlentherapie), Liv Hospital Radiation Medicine Center in Tiflis (verfüge über drei Geräte für externe Strahlentherapie), Ltd. „Innova" in Tiflis (verfüge über ein Gerät für externe Strahlentherapie), National Center Of Surgery in Tiflis (verfüge über zwei Geräte für externe Strahlentherapie) und das Universal Medical Center in Tiflis (verfüge über ein Gerät für externe Strahlentherapie und ein Gerät für interne Strahlentherapie). (IAEA, ohne Datum (b))

Therapiekosten und Kostenübernahme

Die armenische Nachrichtenseite Panorama veröffentlicht im März 2018 einen Artikel zu den Kosten von Strahlentherapie. Im Artikel wird auf den Direktor des nationalen Zentrums für Onkologie, Armen Tananyan, verwiesen, der mitgeteilt habe, dass Strahlentherapiebehandlung in europäischen Ländern ungefähr 25.000 Dollar kosten würde, im Iran ab 8.000 Dollar erhältlich sei und in Georgien 4.000 Dollar betragen würde:

„А. Тананян отметил, что стоимость курса лучевой терапии в европейских странах составляет порядка 25 тысяч долларов, в Иране от 8 тысяч долларов, в Грузии (по принципу сооплаты) 4 тысячи долларов. В Армении, по словам А. Тананяна, курс прохождения терапии будет стоить порядка 3 тысяч долларов.“ (Panorama, 2. März 2018)

In Bezug auf die Abschätzung der Kosten von Strahlentherapie wird auf einigen Informationsseiten zu Krebsbehandlung allgemein darauf hingewiesen, dass die Kosten aufgrund der Komplexität der Therapie bzw. der unterschiedlichen Therapiedauer variieren würden und schwer vorauszusagen seien:

Radiation therapy can be expensive. It uses complex machines and involves the services of many health care providers. The exact cost of your radiation therapy depends on the cost of health care where you live, what type of radiation therapy you get, and how many treatments you need.” (NIH, 8. Jänner 2019)

Because of the complexity and variation in cancer treatment, it is difficult to predict the actual costs for any cancer patient at the time of diagnosis.” (Cancer Action Network, April 2017, S. 9)

In einem Entscheidungstext des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom Februar 2019 findet sich folgender Ausschnitt aus dem Länderinformationsblatt (LIB) der BFA Staatendokumentation zu den Behandlungsmöglichkeiten Chemo- und Strahlentherapie in Georgien:

Die Krebsbehandlung in Georgien ist von geringer Qualität und Personen, die es sich leisten können, lassen sich in der Türkei behandeln.

Chemotherapie und Bestrahlung sind zu 80% bis zu einer Summe von 12.000 [Georgische Lari] GEL [4.160 €] pro Jahr abgedeckt. Die restlichen 20% müssen vom Patienten getragen werden, der auch alle Kosten für Behandlungen über GEL 12.000 zu tragen hat. Obwohl verfügbar bestehen Zweifel an der Qualität von Medikamenten und Behandlungen in der Onkologie, insbesondere, wenn sie vom Staat bereitgestellt werden. Wenn der Patient nicht in der Lage ist, die Kosten zu decken, wird ihm die Behandlung verweigert. Zwar gibt es etliche NGOs und Wohlfahrtsorganisationen, doch sind diese auf Kinder und Behinderte ausgerichtet. (MedCOI)“ (BVwG, 27. Februar 2019)

Auch im 2019 veröffentlichten Länderinformationsblatt der Internationalen Organisation für Migration (IOM) finden sich dieselben Angaben zu Chemotherapie, Strahlentherapie wird nicht gesondert erwähnt:

„Unterstützung: Die Kosten bei Behandlungen von ambulanten Patientinnen und Patienten werden zu 100% übernommen. Behandlungen durch spezialisierte Ärztinnen und Ärzte nach Überführung durch Hausärztin bzw. Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12. 000 GEL), Geburten (bis zu 500 GEL) und Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL).

Kosten: Werden die Kosten nicht zu 100% übernommen, dann müssen Patientinnen und Patienten für die restlichen Kosten selbst aufkommen. Für Rentner/ - innen zahlt der Staat monatlich zusätzlich 100 GEL für einen Zeitraum von 3 Monaten. Die Erstattung erfolgt durch Bürgerämter.“ (IOM, 2019, S. 4)

Eine Anfragebeantwortung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom April 2016 an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erwähnt ein Basispaket, bei dem allfällige Behandlungskosten (darunter Strahlentherapiekosten) bis zu 80 Prozent beziehungsweise bis zu einem Höchstbetrag von 15.000 GEL (umgerechnet rund 4.703€) übernommen werden:

„Georgische Staatsangehörige können am einheitlichen Gesundheitsprogramm teilnehmen. Das Basispaket deckt 80% (Höchstbetrag 15000 GEL) der durch Chemotherapie, Strahlentherapie oder Hormontherapie entstandenen Kosten. Um zu erfahren, ob eine solche Behandlung benötigt wird, müssen medizinische Tests am Krebszentrum durchlaufen werden, diese werden jedoch nicht von der Krankenversicherung abgedeckt. Die Kosten für diese Tests hängen von der individuellen Situation des Patienten ab und werden beim persönlichen Besuch festgelegt.“ (IOM, 8. April 2016, S. 2)

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), der unabhängige Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen in der Schweiz, veröffentlicht im August 2018 einen Bericht zum Zugang zur medizinischen Versorgung in Georgien. In diesem Bericht wird unter anderem das georgische Versicherungssystem (Universal Health Care Program, UHCP) aufgeschlüsselt sowie das durch die Selbstbehalte entstehende Armutsrisiko thematisiert:

„Die allgemeine Krankenversicherung wurde 2013 eingeführt und steht der gesamten Bevölkerung ohne Prämienzahlungen offen. Der Grossteil der Bevölkerung (90 Prozent) sind ihr angeschlossen. Die georgische Regierung verabschiedete das allgemeine Krankenversicherungssystem «Universal Health Care Program» (UHCP), welches im Februar 2013 in Kraft getreten ist. Laut Weltbank (WB) ist die gesamte Bevölkerung ohne finanzielle Beteiligung durch UHCP versichert. Um davon Gebrauch machen zu können, müssen sich die Patient_innen einfach nur beim Leistungserbringer ihrer Wahl zur Erstversorgung registrieren (WB, Juni 2017). Gemäss einer E-Mail-Auskunft einer Kontaktperson der SFH, die in einer georgischen NGO arbeitet, die auf Fragen der öffentlichen Gesundheit spezialisiert ist, steht das UHCP allen offen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand. Personen mit Vorerkrankungen oder Personen mit einem Gesundheitsrisiko sind ebenfalls versichert. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind mehr als 90 Prozent der Bevölkerung durch UHCP versichert, die restlichen 10 Prozent haben eine private Krankenversicherung (WHO, 2017). Gemäss der im Bericht der Weltbank genannten Zahlen von 2015 hatten nur vierzehn Prozent der Bevölkerung eine private Krankenversicherung, von denen fast die Hälfte Staatsangestellte waren (WB, Juni 2017).

Steigende Ausgaben im öffentlichen Gesundheitswesen führten 2017 zu einer Reform des UHCP. Leistungsempfänger_innen wurden nach Einkommen eingeteilt, wodurch Personen mit hohen Einkommen ausgeschlossen wurden. Laut Büro des georgischen Ombudsmanns führte der massive Anstieg der Ausgaben im öffentlichen Gesundheitswesen von 69 Millionen GEL in 2013 (ungefähr 26.3 Millionen CHF beim Wechselkurs vom 22. August 2018) auf 575 Millionen GEL (219 Millionen CHF) in 2015 zu einer Reform des allgemeinen Krankenversicherungssystem in 2017, wobei insbesondere Leistungsempfänger_innen nach Einkommen eingeteilt wurden (Büro des georgischen Ombudsmanns, 16. Januar 2018). Laut Informationswebsite FactCheck wurde am 1. Mai 2017 der allgemeine Ansatz durch einen zielgerichteteren Ansatz ersetzt, mit dem die Ausgaben begrenzt werden sollen: es werden je nach Einkommen verschiedene ‚packages‘ angeboten:

·         Laut FactCheck dürfen Personen, die mehr als 40 000 GEL (15‘270 CHF) im Jahr verdienen, nicht mehr am UHCP teilnehmen (FactCheck, 6. Mai 2017). Gemäss OC Media befinden sich in dieser Kategorie der hohen Löhne ungefähr 32 ‘000 Personen, die trotz ihrem Ausschluss aus dem UHCP noch an einigen Programmen teilnehmen können, wie der Behandlung von Hepatitis C oder der Gesundheitsversorgung für Schwangere (OC Media, 17. März 2017).

·         Gemäss FactCheck gibt es eine zweite Kategorie für Personen, die monatlich mehr als 1000 GEL (380 CHF) verdienen, deren Jahreseinkommen aber 40‘000 GEL nicht übersteigt und die keine private Krankenversicherung haben. Die Personen in dieser Kategorie können die ‚eingeschränkte Version‘ der UHCP nutzen. Sie erhalten weiterhin Rückzahlungen für onkologische Behandlungen und Behandlungen in der Schwangerschaft, inklusive Kaiserschnitt (FactCheck, 6. Mai 2017). Laut OC Media betrifft diese Kategorie bis zu 300‘000 Personen. Sie erhalten vom UHCP 90 Prozent der Kosten einer Notfallbehandlung im Spital zurück. Für geplante Spitalaufenthalte, die mehr als 1000 GEL (382 CHF) kosten, werden 70 Prozent zurückerstattet. Die Personen in dieser Kategorie müssen jedoch zwischen UHCP und einer privaten Versicherung wählen (OC Media, 17. März 2017). Laut E-Mail-Auskunft einer Kontaktperson der SFH vom 24. Juli 2018 können Personen dieser Kategorie, die sich für eine private Krankenversicherung entschieden haben, immer noch dringende Behandlungen oder Krebsbehandlungen erhalten, doch haben sie hierfür einen unterschiedlich hohen Selbstbehalt («co-payment»).

·         Laut FactCheck gibt es eine dritte Kategorie für Personen, deren Monatseinkommen 1000 GEL nicht übersteigt, für Personen mit unregelmässigem Einkommen und Selbständige. Menschen in dieser Kategorie haben weiterhin Zugang zu UHCP, wenn auch mit einigen Einschränkungen. Wenn diese Personen eine private Krankenversicherung abschliessen, erhalten sie nur noch Rückzahlungen für Notfallversorgungen, Krebsbehandlungen und Behandlungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft, inklusive Kaiserschnitt (FactCheck, 6. Mai 2017). Diese Kategorie schliesst laut OC Media auch Personen am Rand von sozialer Verletzlichkeit ein sowie Kinder zwischen sechs und 18 Jahren. Die Personen dieser Kategorie erhalten 100 Prozent der Kosten für Notfallbehandlungen im Spital zurückerstattet und 50 Prozent für geplante Spitalaufenthalte, wenn die Kosten dafür 500 GEL übersteigen (191 CHF). Sie können auch Zahlungen von UHCP erhalten und gleichzeitig privat versichert sein (OC Media, 17. März 2017).

·         Laut FactCheck umfasst die letzte Kategorie Personen, die als sozial verletzlich gelten und diejenigen, die in der Datenbank als sozial verletzlich registriert sind und zwischen 70‘000 und 100‘000 Punkte erreichen, Kinder zwischen sechs und 18 Jahren, Lehrer_innen und Menschen mit Behinderungen. Diese Personen haben vollen Zugang zum UHCP und können sich gleichzeitig auch privat versichern (FactCheck, 6. Mai 2017). Diese Kategorie, welche die Hauptzielgruppe für die Regierung darstellt und fast 1,7 Millionen Personen umfasst, beinhaltet laut OC Media auch Pensionierte und Kinder unter fünf Jahren. Die Menschen in dieser Kategorie erhalten vollständigen Zugang zu UHCP und können sich gleichzeitig auch privat versichern (OC Media, 17. März 2017). […]

Das UHCP verbessert den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, hat aber wenig Auswirkung auf die durch Patient_innen zu zahlende Selbstbehalte. Das stellt ein ernsthaftes Armutsrisiko für Menschen mit geringem Einkommen dar. Laut WB sind die am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen diejenigen, die am meisten von der Einführung des UHCP profitieren konnten. Die Zahl der Arztbesuche von Kranken aus dieser Bevölkerungsschicht ist signifikant gestiegen. Insbesondere wurde bei der stationären Versorgung eine Verbesserung beim Zugang zur Gesundheitsversorgung für benachteiligte Personen festgestellt (WB, Juni 2017). Laut E-Mail-Auskunft einer Kontaktperson der SFH vom 24. Juli 2018, die für die CIF [Curatio international Foundation, eine georgische NGO, die auf das Gesundheitswesen spezialisiert ist] arbeitet, hat sich zwar der Zugang zur Gesundheitsversorgung durch das UHCP für Kranke verbessert, doch bei der Verarmung durch ‚out-of-pocket payments‘ oder durch die von den Patient_innen selbst zu tragende Kosten gab es gar keine Veränderungen. Zwischen 2012 und 2015 hat sich die Zahl der Haushalte, die von katastrophal hohen Gesundheitsausgaben betroffen sind, sogar um sechs Prozent von 28 auf 34 Prozent erhöht. Diese Erhöhung ist hauptsächlich auf die Ausgaben für Medikamente zurückzuführen. Laut WB bleiben die Kosten, die von den Patient_innen selbst getragen werden müssen, mit einem für 2015 geschätzten Anteil von rund 66 Prozent die Hauptfinanzierungsquelle für den Gesundheitssektor. Dies, obwohl die öffentlichen Gesundheitsausgaben zwischen 2012 und 2015 von 4 auf 8.4 Prozent erhöht wurden (WB, Juni 2017). Laut WHO bedeuten die hohen selbst zu tragenden Kosten einen ungleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung und stellen eine starke finanzielle Last dar, insbesondere für niedrige Einkommen. Dadurch verschärft sich das Armutsrisiko und kann einen negativen Einfluss auf die Gesundheit haben (WHO, 2017). Laut WB sind die öffentlichen Ausgaben für Medikamente für ambulante Patient_innen besonders niedrig (weniger als 0.5 Prozent), was bedeutet, dass die Patient_innen ihre Medikamente meistens selbst kaufen müssen. Für fast 80 Prozent der Bevölkerung, und insbesondere für die ländliche Bevölkerung, hat das UHCP den Zugang zu Medikamenten nicht verbessert. Der Anteil der Haushalte, bei denen die Gesundheitsausgaben mehr als einen Viertel ihrer Gesamtausgaben ausmachte, blieb zwischen 2010 und 2015 stabil bei 10 Prozent der Gesamtbevölkerung (WB, Juni 2017). CIF stellte in einer Studie, die vom Büro des georgischen Ombudsmanns zitiert wurde, fest, dass die Ausgaben für Medikamente eine der grössten finanziellen Belastungen für die Bevölkerung darstellte, die ungefähr zwei Drittel der Kosten für Patient_innen (‚out-of-pocket payments‘) und ungefähr 57 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben ausmachten (Büro des georgischen Ombudsmanns, 16. Januar 2018).“ (SFH, 28. August 2018, S. 3-6)

 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 19. Juli 2019)