Anfragebeantwortung zu Somalia: Informationen zur Sicherheitslage in der Stadt Kismayo [a-11012-1]

18. Juni 2019

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Peace Direct, eine internationale Wohltätigkeitsorganisation, die sich für die Beendigung von Kriegen und für Frieden in verschiedenen Ländern einsetzt, schreibt in einem Bericht vom April 2019, dass die EinwohnerInnen von Kismayo weiterhin von Verfolgung, Gewalt, Ungerechtigkeit und anderen bedeutenden Defiziten in Hinblick auf Menschenrechte betroffen seien. Der Bericht von Peace Direct basiert teilweise auf den Ergebnissen eines Workshops mit 24 VertreterInnen von Organisationen der Zivilgesellschaft in Kismayo vom Dezember 2018. Es seien keine angemessenen Mittel vorhanden, Missstände anzuzeigen. Insbesondere der Sicherheitssektor sei von vielen Workshop-TeilnehmerInnen als „unfähig, zur Übernahme voller Verantwortung“ zur Verhinderung gewaltsamer Konflikte und zur Garantie der Sicherheit innerhalb Kismayos eingestuft worden. Trotz der Einschränkungen des Sicherheitssektors hätten die TeilnehmerInnen Kismayo im Vergleich mit den umgebenden Gebieten als friedlich eingestuft. Ein/e anonyme/r TeilnehmerIn habe angeführt, dass der Hauptgrund für ein friedliches Kismayo sei, dass die Regierung des Bundesstaates alle erhaltenen Ressourcen (internationale Hilfe, Mittel aus dem Flughafen, etc.) wieder in den Sicherheitsbereich investiere. In Kismayo herrsche deswegen im Vergleich mit anderen Gebieten in Somalia ein höheres Level an Stabilität und weniger gewaltsamer Konflikt, aber möglicherweise gehe dies auf Kosten der Entwicklung anderer Aspekte einer Gemeindeinfrastruktur:

„In Kismayo, residents continue to face persecution, violence, injustice and other significant barriers to basic human rights. And there are no adequate means for addressing grievances. In particular, the security sector was viewed by many participants as ‘incapable of taking full responsibility’ for preventing violent conflict and ensuring security within Kismayo. That said, participants observed that in spite of the security sector’s limitations, Kismayo is peaceful relative to its surrounding areas. One anonymous participant noted that ‘the main reason Kismayo is peaceful is that the state government here, all the funds and resources they received (international aid, funds from the airport, etc.) are re-invested into security.’ Kismayo thus enjoys higher levels of stability and less violent conflict relative to other areas of Somalia, but at the expense perhaps, of developing other aspects of community infrastructure.“ (Peace Direct, April 2019, S. 22)

Die kenianische Online-Zeitung Standard Digital schreibt im Mai 2019, dass Kismayo im „Sektor 6“ liege, der von kenianischen Streitkräften (Kenya Defence Forces, KDF), äthiopischen und somalischen Streitkräften unter dem Banner der AMISOM kontrolliert werde. Kenianische Truppen würden den alten Flughafen und den Hafen kontrollieren. Corporal Kennedy Otieno (Kommandant einer kenianischen Kampfeinheit am alten Flughafen von Kismayo) habe angegeben, dass, obwohl es kürzlich keine größeren Zwischenfälle gegeben habe, die Soldaten es sich nicht erlauben könnten, in ihrer Wachsamkeit nachlässig zu sein. Major Justus Cheboi (Kommandant am alten Flughafen) habe angegeben, dass man nicht sagen könne, dass die Dinge hier normal seien. „Wir können uns nicht entspannen.“ Lieutenant Colonel Meshack Sinkira Kishoyian (Kommandant des Infanteriebataillons in Kismayo) habe angegeben, dass Kismayo aufgrund der Sicherung und Befriedung nun ein Modell für den Frieden sei und die kenianischen Verteidigungskräfte (KDF) weiterhin die Gebiete kontrollieren würden, die im Jahr 2012 befreit worden seien:

„Kismayo is under sector six controlled by KDF, Ethiopian and Somali forces all under AMISOM. The operational area of Kismayo is divided into two subs sector: north and south. Kenyan troops control the old airport area and the seaport. Under an AMISOM plan of operations 2018-2021, Kenyan troops are mentoring their Somali counterparts ahead of gradual troop withdrawal from the country. According to Lieutenant Colonel Kishoyian [Lieutenant Colonel Meshack Sinkira Kishoyian, the Commanding Officer 2nd Mechanised Infantry Battalion based in Kismayo], the soldiers’ mission is to establish and maintain a safe and secure environment within which the Somali people can rebuild their lives. […]

Cheboi [Major Justus Cheboi, Officer Commanding the old airport] says that their duty also involves ensuring that Kismayo as a capital city is safe as there are also Al Shabaab sympathisers still within. ‘We are also occupying this place to ensure Al-Shabaab who are active in the north including areas such as Jilib do not infiltrate from their strongholds to Kismayo town. We also prevent civilian deaths and attacks on their property,’ says Cheboi. There are also upcoming parliamentary and presidential elections in Jubaland in June and August respectively to protect. […]

Although there have not been any major incidences recently, Otieno [Corporal Kennedy Otieno, a Section Commander who is part of the combat team manning the old airport] says the soldiers cannot afford to lower their guard. ‘You can’t say things are normal here. We can’t relax,’ he said. Lieutenant Colonel says that Kismayo is now a model of peace and KDF still controls the areas it liberated in 2012. ‘Our areas have not changed, we are still in the same positions we liberated in 2012. Kismayo is now a model of peace because it has been secured, pacified and is a classic example of what the Somali people can do when they have peace,’ he says.“ (Standard Digital, 27. Mai 2019)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in seinem Bericht vom Mai 2019, dass die al-Schabaab-Miliz unter anderem im Jänner 2019 einen Anschlag auf einen Stützpunkt der nationalen Sicherheitskräfte in Bar Sunguuni in Kismayo durchgeführt habe:

„Al-Shabaab continued to carry out attacks by suicide vehicle-borne improvised explosive devices. These included a complex attack against a forward operating base of the national security forces at Bar Sunguuni in Kismaayo, Juba Hoose, on 19 January, […]“ (UN Security Council, 15. Mai 2019)

Im Folgenden finden Sie Informationen aus dem Datenbestand des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) zu Somalia (von 1. Jänner bis 18. Juni 2019; Stand: 18. Juni 2019), der nach dem Suchbegriff „Kismayo“ durchsucht worden ist.

 

Bei einer Granatenexplosion vor dem Verwaltungshauptgebäude seien am 21. Mai 2019 zwei Personen verwundet worden. Am 12. Mai sei eine Handgranate auf ein Teegeschäft geworfen worden, jedoch auf nicht bebautem Land gelandet. Am 9. Mai sei es aus nicht bekannten Gründen zu Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften (des Bundesstaates, Anm. ACCORD) Jubbalands und einer bewaffneten Gruppe gekommen. Am 13. April hätten Unbekannte eine Handgranate auf ein Teegeschäft in Kismayo geworfen. Vier Personen seien verletzt worden. Am 27. März sei es zu Zusammenstößen zwischen einer bewaffneten Gruppe und Leibwächtern von Colonel Mohamed Buule gekommen, nachdem eine Handgranate auf das Haus des Colonels geworfen worden sei. Am 27. Februar sei es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und mutmaßlichen al-Schabaab-Kämpfern gekommen. Am 19. Februar sei eine Handgranate auf den Stützpunkt der Sicherheitskräfte von Jubbaland geworfen worden. Die Granate sei aber auf leerstehendem Gebiet gelandet. Am 18. Februar hätten Kämpfer der al-Schabaab nach einem Streit über Steuerabgaben einen Angehörigen des Clans Gaaljecel getötet. Am 16. Februar habe ein mutmaßliches Mitglied der al-Schabaab eine Handgranate auf die „Junction base“ nahe der Moschee Haji Jama geworfen. Am 13. Februar sei es nach einem Versuch, Rauschgift zu plündern/beschlagnahmen, zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und dem Militär gekommen. Am 10. Februar habe ein unbekannter Angreifer vor dem Büro des Distrikt-Kommissars eine Handgranate auf Sicherheitsbeamte geworfen. Die Granate sei in einem leerstehenden Bereich gelandet. Am 17. Jänner seien Kämpfer der al-Schabaab und vom sogenannten Islamischen Staat (ISIS) im Gebiet Kismayo zusammengestoßen. Am 17. Jänner habe Berichten zufolge ein Polizist einen Zivilisten erschossen, als dieser nicht angehalten habe. Am 7. Jänner habe ein mutmaßlicher Kämpfer der al-Schabaab eine Granate auf den Stützpunkt der Jubbaland Intelligence and Security Agency (JISA) nahe der Kreuzung Argo im Stadtteil Farjano in der Stadt Kismayo geworfen. Die Granate sei auf einem offenen Gelände explodiert. Am 6. Jänner habe nach der Tötung eines Soldaten der JISA eine Gruppe bewaffneter Männer, die demselben Clan wie der Verstorbene angehört hätten, die Polizeikräfte von Jubbaland im Polizeihauptquartier im Marinestützpunkt angegriffen. Die bewaffnete Gruppe habe den vermeintlichen Täter unter Zwang aus dem Polizeihauptquartier entfernen wollen:

„21 May. A hand grenade explosion in Kismayo wounded two people at the headquarters of the Administration.“

„12 May. An unidentified armed person hurled a hand grenade targeting a teashop in Kismayo, which landed on an empty land.“

„09 May. In Kismayo, Jubaland security forces clashed with an armed group due to an unknown cause.“

„13 April. Unknown armed people hurled a hand grenade at a tea shop in Kisamyo. As a result, four people were injured.“

„27 March. An armed group clashed with the bodyguards of Colonel Mohamed Buule after the former hurled a hand grenade at the Colonel's house.“

„27 February. Police retaliated after they were attacked by suspected AS fighters in Kismayo.“

 „19 February. A hand grenade was thrown at a Jubaland Security Forces' base in Kismayo and landed in an open space.“

„18 February. AS fighters killed a man from the Gaaljecel clan after a dispute over taxation.“

„16 February. A suspected AS member hurled a hand grenade at Junction base located near Haji Jama Mosque“

„13 February. Police and military clashed when the military attempted to loot women who were selling the local narcotic mirra in Kismayo. No casualty reported.“

„10 February. Unidentified assailant hurled a hand grenade at local security forces who were at Kismayo District Commissioner's office and landed on an empty space.“

 „17 January. AL Shabaab fighters & ISIS [Islamic State of Iraq and Syria] militants clashed in the area in Kismayo.“

„17 January. A police officer reportedly shot and killed a civilian in Kismayo when he failed to stop.“

„On 7 Jan 2019, a suspected Al Shabaab fighter hurled a hand grenade at a Jubbaland Intelligence and Security Agency (JISA) base near Argo junction at Farjano village in Kismayo town. The grenade exploded in an open space.“

„On 6 Jan 2019, following the killing of a Jubbaland Intelligence and Security Agency (JISA) soldier on the same day in Kismayo, a group of armed men from the same clan as the deceased attacked Jubbaland police forces at police headquarters at Marine base, Kismayo. The armed group attempted to forcefully remove the perpetrator of the killing who was arrested by other police officers. There were reports of injuries.“ (ACLED, Stand: 18. Juni 2019)

 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 18. Juni 2019)