Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Behandlung von Kiefergelenksarthrose, Behandlungsmöglichkeiten im Bereich der Kieferchirurgie [a-11002]

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4. Juni 2019

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In einer E-Mail-Auskunft vom Juni 2019 teilt Melissa Kerr Chiovenda, Assistenzprofessorin für Anthropologie an der Zayed University in Abu Dhabi, mit, dass sie sich zum Zeitpunkt unserer Anfrage in Afghanistan befunden habe und folgende Informationen in Kabul in Erfahrung habe bringen können. In Afghanistan gebe es eine Reihe guter ZahnärztInnen. Es handle sich dabei jedoch um private ZahnärztInnen. PatientInnen müssten die Behandlung selbst finanzieren, da die Zahnbehandlung nicht durch eine Versicherung oder eine staatliche medizinische Versorgung abgedeckt sei. Die Zahnbehandlung in Afghanistan sei im Vergleich zur Zahnbehandlung in höher entwickelten Ländern günstiger. Die Kosten für schwerwiegende Erkrankungen seien jedoch immer noch beträchtlich. Dies bedeute, dass sich der Großteil der afghanischen Bevölkerung eine derartige Behandlung nicht leisten könne. Ein Gesprächspartner habe Kerr Chiovenda mitgeteilt, dass er für ein Implantat etwa 2.000 US-Dollar bezahlt habe. Weiters habe sie erfahren, dass die Behandlung einer Kiefergelenkserkrankung nicht durch staatliche Unterstützung abgedeckt werde. Staatliche Unterstützung werde nur bei schwersten Krankheiten oder Verletzungen gewährt, eine Kiefergelenkserkrankung werde nicht als schwer genug angesehen:

„First, there are a number of good dentists in Afghanistan. However, they are private dentists and people need to use their own money to pay for them, as dental care is not covered by insurance or by state provided medical assistance.

Dental care in Afghanistan is less expensive than when compared to dental care in more developed countries. However, costs for serious problems are still considerable and thus mean that most of the population would not be able to afford it. For example, I spoke to someone who had one implant and paid about 2000 USD.

I was told that something like TMJ disorder would not be covered by the state assistance. State assistance is only provided in the most severe illness or injury, and this would not be considered severe enough.” (Kerr Chiovenda, 3. Juni 2019)

Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) widmet sich auf ihrem Essential Medicines and Health Products Information Portal dem „Essential Package of Hospital Services“ (EPHS) des afghanischen Gesundheitsministeriums (Ministry of Public Health, MoPH) aus dem Jahr 2005. Das EPHS lege laut der WHO fest, welche Dienstleistungen von welchen Krankenhäusern (Bezirk-, Provinz- oder Regionalkrankenhaus) erbracht würden. (WHO, ohne Datum) Im EPHS selbst werden zahnmedizinische Dienstleistungen („dental services“) zu jenen grundlegenden Leistungen gezählt, die von einem Distriktkrankenhaus zur Verfügung gestellt werden. (MoPH, 2005, S. 47-48) Unter der konkreten Aufschlüsselung von Zahn- und Munderkrankungen im EPHS findet sich jedoch auch die Kiefergelenkserkrankung („Temporomandibular joint disorders“) mit dem Zusatz „wenn notwendig, nach Kabul verweisen“. Diese Erkrankung könne der EPHS-Liste zufolge weder auf Distrikt- noch auf Provinzebene, sondern nur in einem Regionalkrankenhaus behandelt werden. (MoPH, 2005, S. 16).

 

Auf der Webseite der Medizinischen Universität Kabul findet sich auch ein Abschnitt zum zahnmedizinischen Lehrkrankenhaus. Diesen Informationen zufolge habe das zahnmedizinischen Lehrkrankenhaus in Übereinstimmung mit der nationalen Gesundheitsstrategie im August 2013 eine sechs Betten umfassende Abteilung für Kieferchirurgie eingerichtet. Dieses Spezialprogramm sei 2014 gestartet:

In August 2013, the efforts of the Department of Teaching Clinic and the head of Kabul University of Medical Sciences. In accordance with the National Strategy and the Office, the following activities were undertaken in accordance with the Development Plan:

• Creation of Jaw Surgery Services in the Dentistry Teaching Clinic with 6 beds for 24-hour.
• The specialility program was started on 25/12/1392.” (Kabul University of Medical Sciences, ohne Datum)

Auf derselben Webseite werden auch die Dienstleistungen des zahnmedizinischen Lehrkrankenhauses angeführt, darunter findet sich auch die Entfernung von Knorpel („catalog“) im Bereich des Kiefers:

Hospital services

[…]

At the Department of Prosthodontics:

• Dragging teeth

• Removal of catalog in the jaw areas

• Treatment of distressed areas

• Surgical procedures for oral gavage

• Treating infections of the face areas” (Kabul University of Medical Sciences, ohne Datum)

Die Entfernung von Knorpelzellen bzw. das künstliche Ersetzen zerstörter Knorpel ist laut einem im März 2016 veröffentlichten Artikel zur Behandlung von Kieferarthrose auf apotheken.de, einer vom Netzwerk deutscher Apotheker betriebenen Webseite, einer der ersten chirurgischen Eingriffe bei Kieferarthrose:

Oft wird eine Kiefergelenkarthrose zufällig festgestellt, da sie bereits lange ohne Beschwerden vorliegen kann. Behandelt wird sie mit Schienen, die auf die Zahnreihen gesetzt werden und das Gelenk entlasten. Oft ist allerdings eine Operation der einzige Weg zur Besserung. Als erster Eingriff findet meist eine Gelenkspülung statt, bei der abgestorbene Knorpelzellen aus dem Gelenk gespült werden. Wenn das nicht hilft, wird in einem weiteren Eingriff die Gelenkinnenhaut entfernt (Synovektomie) oder der zerstörte Knorpel durch einen künstlichen ersetzt.“ (Apotheken.de, 29. März 2016)

Es konnten keine weiteren Informationen spezifisch zu Behandlungsmöglichkeiten von Kieferarthrose gefunden werden. Die folgenden Informationen beziehen sich generell auf die zahnmedizinische Versorgung in Afghanistan:

 

Die WHO veröffentlicht auf ihrer Webseite Daten zum zahnmedizinischen Personal in verschiedenen Ländern. Die Daten wurden im Jänner 2019 zuletzt aktualisiert und enthalten Informationen zu Afghanistan für die Jahre 2006, 2007, 2008, 2014, 2015 und 2016. Während die Zahnarztdicht (Anzahl der ZahnärztInnen pro 10.000 BewohnerInnen) zwischen 2006 und 2008 zwischen 0,117 und 0,14 geschwankt habe, sei diese den WHO-Daten zufolge 2014 nur noch bei 0,034, 2015 bei 0,036 und 2016 bei 0,035 gelegen. Die Anzahl der ZahnärztInnen in Afghanistan war mit insgesamt 382 im Jahr 2008 am Höchsten und sei im Jahr 2016 bei 120 ZahnärztInnen gelegen. (WHO, Stand: 15. Jänner 2019)

 

Das Afghanistan Dental Relief Project (ADRPinc.) sei laut seinen Leitlinien gegründet worden, um Zahnbehandlungseinrichtungen in unterversorgten Gebieten Afghanistans bereitzustellen, diese Einrichtungen mit Freiwilligen zu besetzen, die afghanische Bevölkerung im Bereich der Zahnmedizin und Zahntechnik auszubilden und Bedürftigen kostenlos Zahnbehandlungen anzubieten. Auf der Startseite der Webseite des ADRPinc. findet sich eine Bekanntmachung des Gründers und Präsidenten der Organisation ohne nähere Datumsangabe. Diesem zufolge habe die Organisation eine neue Klinik in Kabul fertiggestellt und biete nun moderne zahnärztliche Behandlungsmöglichkeiten für PatientInnen, die sich die Behandlung leisten könnten, an. Die neue Klinik verfüge über digitale Röntgen- und andere moderne Geräte. Das Afghanistan Dental Relief Project biete weiterhin jedes Jahr über 20.000 armen AfghanInnen kostenlose zahnmedizinische Grundversorgung. Darüber hinaus würden im Rahmen des Projekts ZahntechnikerInnen und ZahnarzthelferInnen ausgebildet. Das Ziel sei, die zahntechnische Infrastruktur in Afghanistan so weiterzuentwickeln, dass AfghanInnen Zugang zu zahnärztlicher Versorgung erhalten würden. Laut der Bekanntmachung hätten 90 Prozent der AfghanInnen nicht die Möglichkeit, einen Zahnarzt in ihrer Nähe aufzusuchen:

„The dental project in Kabul has completed its new clinic in Kabul, and is now providing modern dental treatment options to patients who can afford to pay for treatment. The new clinic offers patients digital x-rays and modern equipment used in the outside world. The project continues to provide free basic treatment at no cost to over 20,000 poor Afghans each year. In addition, the dental technician school is currently training dental assistants, and soon will be opening a new class of dental laboratory technicians, training students to make porcelain and metal crowns. Soon, we will begin construction of a large full-service dental laboratory school building, in which we will train dental laboratory technicians in all phases of traditional dental prosthesis manufacture. We have all of the equipment now in Kabul, and an instructor/manager to take over this operation. For the first time, Afghan dentists will access crowns, bridges, and dentures made in Afghanistan by Afghan technicians, rather than the poor quality work coming from Pakistan. We expect graduates from this program to establish private laboratories in Afghanistan and allow dentists to use Afghan dental labs for the first time. Our goal is to help develop the technical dental infrastructure within Afghanistan so that Afghans can access dental care; at this time, ninety percent of Afghans cannot access a dentist in their area.“ (ADRPinc., ohne Datum)

Shelter Now, ein internationales, unter anderem in Afghanistan tätiges christliches Hilfswerk, stellt auf ihrer Webseite Hilfsprojekte im Bereich Zahngesundheit in Afghanistan vor. Seit dem Sommer 2009 habe Shelter Now eine Zahnklinik in Herat betrieben, die lange Zeit von einem iranischen Zahnarzt geführt worden sei. Im Laufe der Zeit habe das Zentrum in Afghanistan einen ausgezeichneten Ruf als Klinik nach europäischen medizinischen und hygienischen Standards erworben. Jeder Patient habe für seine Behandlung eine kleine Gebühr, abhängig von seiner individuellen finanziellen Situation, bezahlt. Weiters seien afghanische ZahnärztInnen und AssistentInnen in der Klinik ausgebildet worden. Im Mai 2014 sei die Zahnklinik in einem offiziellen Akt an die afghanische Regierung übergeben worden.

Nach einer längeren Vorbereitungszeit habe Shelter Now im Jänner 2016 eine neue Zahnklinik, ein „Trainingszentrum für Zahngesundheit“ eröffnet. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Universität würden ZahnärztInnen hier ihre praktische Ausbildung absolvieren. Da die Zahnarztdicht in Afghanistan besonders niedrig sei, habe die afghanische Regierung vor zwei Jahren auch eine neue zahnmedizinische Fakultät in Herat eingerichtet, die jedes Jahr 120 neue Studierende aufnehme. Die Regierung strebe an, die Zahl der ZahnärztInnen in Afghanistan innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln, ein Ziel, das durch zwei neue zahnärztliche Fakultäten in Herat und in Kunduz erreicht werden solle. Shelter Now habe mit der Eröffnung seiner Ausbildungsklinik den ersten Schritt getan, um den Studierenden praktische Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten. Das Projekt befinde sich laut den Informationen auf der Webseite von Shelter Now noch in der Anfangsphase, weshalb Spenden erbeten werden:

„Since the summer of 2009 Shelter Now maintains a Dental Clinic in Herat, West Afghanistan, lead for a long time by an Iranian Dentist. With much energy and great perserverance Dr. Azar Eyni has been successful in establishing the Shelter Now Dental Clinic.

In the meantime this institution has gained an excellent reputation in Afghanistan as a clinic that meets European medical and hygienic standards. Each patient pays a small fee for his or her treatment, depending upon the individual financial situation. Afghan Dentists and Assistants are trained here.

In May 2014, our previous dental clinic was handed over to the Afghan government in an official act. We wish the new sponsors every success!” (Shelter Now, ohne Datum (a))

„In January 2016 we were able to open the new dental clinic after a lengthy period of preparation. It would be more apt to call it ‘Training center for dental health’. Because we have completely reworked our concept. Working together with the local university, dental students are receiving their practical training here. They previously had no way of doing any practical training.

Germany has 8.5 dentists for every 10,000 residents, in Afghanistan there are less than 0.5 dentists for the same number of residents!

Or put differently: There’s 1 dentist in Germany for every 1200 residents but 1 dentist in Afghanistan for 20,000!

this reason the Afghan government also set up a new dental faculty in Herat two years ago, which takes on 120 new students every year. The government is aiming to double the number of dentists in Afghanistan within five years, a goal which should be achieved thanks to two new dental faculties – in Herat and in Kunduz. By opening this training clinic, Shelter Now has taken the first step in offering the students practical training opportunities.

[…]

We are only just beginning and are excited to see this project unfold. It will of course involve considerable cost. If you would like to support us, mark your donation “for the dental clinic” or ‘Project No. 6510’.”(Shelter Now, ohne Datum (b))

Das Sina Afghan Tajik Dental Hospital ist laut eigen Angaben eine moderne Zahnklinik, die sich auf fortschrittliche Diagnostik und Behandlung von Zahnerkrankungen spezialisiere und auch chirurgische Eingriffe durchführe. Die Zahnklinik befinde sich in Kabul und biete laut ihrer Webseite kostenlose Erstgespräche für ihre PatientInnen an:

„Complimentary Consultation: Your smile matters to us, so your first oral health consultation at our hospital is completely free of charge.” (Sina Afghan Tajik, ohne Datum)

Zu den weiteren Behandlungskosten am Sina Afghan Tajik Dental Hospital konnten keine Informationen gefunden werden.

 

Auf der Webseite des SS Dental Medical Centre, eines eigentlich in Neu-Delhi ansässigen zahnmedizinischen Zentrums, wird darüber informiert, dass in Kabul eine neue „SS Dental Clinic“ eröffnet worden sei. Dabei handle es sich um eine erstklassige zahnärztliche Einrichtung mit den besten und neuesten Verfahren zur effektiven und dauerhaften Behandlung aller Arten von Zahnbeschwerden und -erkrankungen. Dies umfasse unter anderem auch chirurgische Eingriffe im Bereich des Kiefers. Weiters heißt es auf der Webseite, dass die Bewohner Afghanistans nun nicht länger ins Ausland reisen müssten, um eine zahnmedizinische Behandlung zu erhalten. Viel mehr könne man nun das gesamte Geld, das für die Hin- und Rückreise zur Behandlung im Ausland ausgegeben werde, sparen und dieses Geld investieren, um die beste Zahnbehandlung im eigenen Land, in Kabul zu erhalten:

„The reason behind this is the opening of SS Dental Clinic in Kabul, a top class dental facility offering the best and the latest dental procedures for effective and lasting treatment of all kinds of dental ailments and diseases. With the opening of this dental facility, the masses in this region are going to benefit the most as they would not need to travel abroad for availing top class dental treatment procedures. […]

Apart from all the common dental procedures offered at this facility, it also offers surgeries of the maxillofacial region, including the Diagnosis & treatment of impacted and wisdom teeth, tooth extraction and dentoalveolar surgery, Reconstructive jaw surgery, surgical placement of permanent dental implants, removal of impacted teeth and complex buried dental roots, Temporomandibular (jaw) joint surgeries as well. All in all, with the opening of a well equipped, top class dental facility in Afghanistan’s capital city of Kabul, the people of this region have no need to go to other countries for undertaking their desired dental treatments. They can save all the money they will be spending on travelling back and forth for treatment to other countries, and invest the same money to get the best dental treatment in their own country in Kabul.” (SS Dental Medical Centre, ohne Datum)

Es konnten keine näheren Informationen zu den Behandlungskosten in der SS Dental Clinic in Kabul gefunden werden.

Krankenversicherung

In einem Entscheidungstext des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom Juli 2018 findet sich folgender Ausschnitt aus dem Länderinformationsblatt (LIB) der BFA Staatendokumentation zum Versicherungssystem in Afghanistan:

„Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) bietet zwei Grundversorgungsmöglichkeiten an: das ‚Essential Package of Health Services‘ (EPHS) und das ‚Basic Package of Health Services‘ (BPHS), die im Jahr 2003 eingerichtet wurden (MoPH 7.2005; vgl. MedCOI 4.1.2018). Beide Programme sollen standardisierte Behandlungsmöglichkeiten in gesundheitlichen Einrichtungen und Krankenhäusern garantieren. Die im BPHS vorgesehenen Gesundheitsdienstleistungen und einige medizinische Versorgungsmöglichkeiten des EPHS sind kostenfrei. Jedoch zahlen Afghanen und Afghaninnen oft aus eigener Tasche, weil sie private medizinische Versorgungsmöglichkeiten bevorzugen, oder weil die öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen die Kosten nicht ausreichend decken (MedCOI 24.2.2017). Es gibt keine staatliche Unterstützung für den Erwerb von Medikamenten. Die Kosten dafür müssen von den Patienten getragen werden. Nur privat versicherten Patienten können die Medikamentenkosten zurückerstattet werden (IOM 5.2.2018).“ (BVwG, 18. Juli 2018)

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schreibt in ihrem Länderinformationsblatt 2018 zur Krankenversicherung in Afghanistan Folgendes:

„Es gibt in Afghanistan keine öffentliche Krankenversicherung, sondern nur private Versicherungsgesellschaften. Allerdings sind ihre Gebühren sehr hoch und die Mehrheit der Einheimischen kann sich diese nicht leisten. Die wenigen staatlichen Krankenhäuser bieten kostenlose Behandlungen an, dennoch kommt es manchmal zu einem Mangel an Medikamenten. Deshalb werden Patienten an private Apotheken verwiesen, um diverse Medikamente selbst zu kaufen. Untersuchungen und Laborleistungen sind in den staatlichen Krankenhäusern generell kostenlos. Private Krankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat, und Kandahar. Die Höhe der Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren.

Anmeldeverfahren: Es gibt keine besondere Vorgehensweise. BürgerInnen haben grundsätzlich Anspruch auf medizinische Behandlung und Medikamente. In den Fällen von körperlich und/oder geistig Behinderten und Missbrauchsopfern ist man in Ermanglung ausreichender Programme oftmals die Unterstützung durch Familie und Gemeinschaft angewiesen.

Leistungen: Die private Afghan National Insurance Company übernimmt für ihre Begünstigten bis zu 50.000 USD, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind.

Kosten: Der Jahresbeitrag ebenjener Afghan National Insurance Company beträgt 1.000 USD.“ (IOM, 2018, S. 4)

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) nimmt in einer im April 2017 veröffentlichten Auskunft zu psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung in Afghanistan Bezug auf ein Dokument des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom Oktober 2016 und führt Folgendes zum afghanischen Versicherungssystem an:

„Keine staatliche Krankenversicherung, private Gesundheitsdienstleistungen unerschwinglich, auch in staatlichen Einrichtungen müssen Medikamente oft selbst bezahlt werden. Gemäss dem deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gibt es in Afghanistan keine staatliche Krankenversicherung. Private Gesundheitseinrichtungen bieten Behandlungen an, sind jedoch für einheimische Patientinnen und Patienten unerschwinglich. Behandlungen, Labortests und Routineuntersuchungen in öffentlichen Krankenhäusern sind kostenlos. Medikamente sind dort allerdings oft nicht verfügbar, so dass Patientinnen und Patienten diese in privaten Apotheken selbst kaufen und bezahlen müssen.“ (SFH, 5. April 2017, S. 4)

Allgemeine Informationen zur medizinischen Versorgungslage

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (Europe an Asylum Support Office, EASO) veröffentlicht im April 2019 einen Bericht, der sich wichtigen sozioökonomische Faktoren in den afghanischen Großstädten Kabul, Herat und Masar-e Scharif widmet. Auf den Seiten 44-53 wird auf die medizinische Versorgung eingegangen:

 

Im Dezember 2018 veröffentliche ACCORD einen Bericht zur Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Masar-e Scharif und Kabul. Darin finden sich unter anderem Informationen zum Zugang zur Gesundheitsversorgung von besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppen, allen voran von Binnenvertriebenen und RückkehrerInnen:

 

Allgemeine Informationen zur medizinischen Versorgung und zu Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten in Afghanistan finden sich außerdem in den bereits erwähnten Länderinformationsblättern der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und der BFA Staatendokumentation (zitiert in einem Entscheidungstext des Bundesverwaltungsgerichts, verfügbar über RIS):

 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. Juni 2019)