Anfragebeantwortung zum Iran: Rechtsvorschriften zu Eheschließung zweier afghanischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens; Registrierung bei afghanischer Botschaft als Indiz für Gültigkeit im Iran; Dokumentation, Personenstandsregister; traditionelle Hochzeitsfeier als Voraussetzung für die Gültigkeit der Ehe (2010 und aktuell) [a-10969-1]

17. Mai 2019

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Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo, ein unabhängiges Organ der norwegischen Migrationsbehörden, das verschiedenen AkteurInnen innerhalb der Migrationsbehörden Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellt, veröffentlicht im November 2017 einen Bericht, der vorwiegend auf Informationen basiert, die im Zuge einer im November 2017 von Landinfo und dem Zentrum für Länderinformationen der schwedischen Einwanderungsbehörde (Migrationsverket) durchgeführten Fact Finding Mission in den Iran erhalten wurden. Unter Verweis auf verschiedene Quellen hält der Bericht fest, dass es im Iran einer Afghanin und einem Afghanen nach iranischem Recht nicht möglich sei zu heiraten, selbst dann nicht, wenn sie sich legal im Iran aufhalten würden. AfghanInnen im Iran müssten nach traditionellem, religiösem Prozedere heiraten, indem sie einen Heiratsvertrag („Nikah“-Vertrag) unterzeichnen, der im Rahmen einer Zeremonie darüber hinaus von einem Geistlichen und zwei männlichen Zeugen unterschrieben werden müsse. Sobald der Vertrag unterzeichnet sei, sei das Paar nach dem islamischen Recht verheiratet. Gemäß Angaben der afghanischen Botschaft gegenüber der norwegisch-schwedischen Delegation vom November 2017 würde die Botschaft auf Anfrage offizielle Heiratsurkunden ausstellen, die eine solche religiöse Heirat bestätigen würden. Die Heiratszeremonie würde zwar in solchen Fällen nicht in der Botschaft durchgeführt werden, aber das Paar und die Zeugen (Vater oder andere Verwandte) könnten zur Botschaft kommen und dort die Heiratsurkunde erhalten. Nach Angaben der Botschaft sei es nicht notwendig, den Ehevertrag zur Botschaft mitzubringen, um eine Heiratsurkunde zu erhalten, da die mündlichen Aussagen der Zeugen ausreichen würden. Die Nachfrage, ob Heiratsurkunden, die im Iran ausgestellt worden seien, in Kabul registriert würden, sei bejaht worden. Laut der Botschaft würde alle drei Monate ein Bericht an Kabul geschickt, im Zuge dessen alle Dokumente, die von der Botschaft ausgestellt worden seien, registriert würden, einschließlich Heiratsurkunden.

Zur Registrierung einer nach islamischem Recht im Iran vollzogenen Heirat zwischen zwei AfghanInnen bei den iranischen Behörden schreibt Landinfo, dass es für einige AfghanInnen möglich sei, eine solche bei den iranischen Behörden zu registrieren. Laut einem Vertreter des iranischen Amtes für Fremdenwesen und Immigration (Bureau for Alien and Foreign Immigrant Affairs, BAFIA) in Maschad müssten zwei Bedingungen erfüllt sein, damit eine solche Registrierung stattfinden könne. Beide Parteien müssten einen legalen Aufenthalt im Land haben und bereits vor Unterzeichnung des Ehevertrages beim BAFIA um eine Heiratsgenehmigung ansuchen. Dann könne sich das Paar als BAFIA-bewilligtes Ehepaar anmelden und eine gemeinsame Familiennummer erhalten:

„Registrering hos afghansk myndighet

Afghanere kan ikke inngå ekteskap etter iransk lovgivning, og det gjelder også når begge parter har lovlig opphold. Afghanere må gifte seg på tradisjonelt religiøst vis ved undertegning av en ekteskapskontrakt (nikah-kontrakt, som undertegnes av en geistlig og to mannlige vitner under seremonien). Når kontrakten er undertegnet, er paret juridisk gift etter islamsk lov. I et møte med den norsk-svenske delegasjonen bekreftet den afghanske ambassaden at den på anmodning utsteder offisiell bekreftelse på at det er inngått et ekteskap (ekteskapsattest). Det ble videre opplyst at det ikke utføres nikah-seremonier ved ambassaden, men at paret og vitner (fedre eller andre slektninger) kan møte ved ambassaden og få en bekreftelse på at paret er gift. Ifølge ambassaden er det ikke nødvendig å ha med ekteskapskontrakten for å få utstedt bekreftelse på ekteskapet, det er tilstrekkelig med muntlig bekreftelse fra vitner. På spørsmål om ekteskapsattester utstedt i Iran blir registrert i Kabul, ble det svart bekreftende. Ifølge ambassaden oversendes det hver tredje måned en rapport til Kabul hvor alle dokumenter utstedt ved ambassaden er registrert, inkludert ekteskapsattester (den afghanske ambassaden, møte november 2017). […]

Registrering hos iransk myndighet

For noen afghanere er det mulig å registrere et inngått ekteskap hos iransk myndighet. Ifølge en representant for BAFIA [Bureau for Aliens and Foreign Immigrants Affairs] i Mashad (møte november 2017) er det to vilkår som må være oppfylt for at det skal kunne skje. Begge parter må på forhånd ha lovlig opphold i landet, og de må søke BAFIA om tillatelse til å gifte seg før ekteskapskontrakten undertegnes. Deretter kan paret registrere seg som gift hos BAFIA og få et felles familienummer.” (Landinfo, 28. September 2018, S. 3)

In einem älteren Bericht vom März 2011 hält Landinfo fest, dass afghanische BürgerInnen untereinander nicht nach iranischem Recht heiraten dürften, unabhängig davon, ob sie registriert seien oder nicht. Eheschließungen zwischen afghanischen BürgerInnen würden daher nicht in den staatlichen Heiratsregistern eingetragen. Infolgedessen würden afghanische Ehepaare auch keine Urkunden von den iranischen Behörden erhalten können, die ihre Eheschließung dokumentieren würden. AfghanInnen im Iran seien häufig durch Mullahs verheiratet worden. Afghanische Auslandsvertretungen im Iran könnten laut Landinfo eine Bestätigung der Ehe zwischen afghanischen BürgerInnen ausstellen. Gemäß einer telefonischen Auskunft der afghanischen Botschaft in Oslo gegenüber Landinfo vom Februar 2011 habe der oberste Gerichtshof in Afghanistan alle Auslandsvertretungen des Landes dazu ermächtigt, Eheschließungen feierlich zu begehen und Bestätigungen von geschlossenen Ehen auszustellen. Wie es bei afghanischen Dokumenten generell der Fall sei, hätten solche Bestätigungen einen schlechten Ruf („low notoriety“), unter anderem aufgrund fehlender Unterlagen, die der Bestätigung zugrunde liegen, sowie aufgrund der weit verbreiteten Korruption in der afghanischen Verwaltung:

„Afghan citizens cannot marry each other pursuant to Iranian law, regardless of whether or not they are registered. Marriages between Afghan citizens will thus not be registered in public marriage records. Nor, as a result, will Afghan married couples be able to obtain documentation from the Iranian authorities that they have entered into marriage. Afghans in Iran are often married by a mullah. Afghan foreign service missions in Iran can issue confirmation of a marriage between Afghan citizens. According to the Afghan embassy in Oslo (telephone conversation, February 2011), the Supreme Court in Afghanistan has authorised all the country's foreign service missions to solemnise marriages and to issue confirmation of marriages that have been entered into. As is the case for Afghan documents in general, such documents will have low notoriety, among other things because of a lack of underlying documentation for the confirmations and because of widespread corruption in the Afghan government administration (Landinfo 2010).” (Landinfo, 14. März 2011, S. 11)

In einem Bericht vom Februar 2019 hält die schwedische Einwanderungsbehörde Migrationsverket ihrerseits die im Zuge der oben erwähnten Fact Finding Mission gesammelten Informationen zum Thema Heirat zweier AfghanInnen im Iran fest. Unter Verweis auf ein Gespräch in Maschad mit einer Auskunftsperson des BAFIA vom November 2017 schreibt Migrationsverket, dass es zusätzlich zu der Möglichkeit, sich einer religiösen Trauung zu unterziehen und die Ehe dann offiziell bei der afghanischen Botschaft zu registrieren, auch noch die Möglichkeit gebe, die Ehe bei den iranischen Behörden registrieren zu lassen. Gemäß BAFIA sei es AfghanInnen mit Aufenthaltserlaubnis im Iran möglich, sich an die BAFIA zu wenden um eine Heiratsbewilligung zu beantragen. Wenn die BAFIA eine solche Bewilligung erteilt habe, könne sich das Paar religiös heiraten und die Ehe somit in das iranische Zivilstandsregister eintragen lassen:

Utöver möjligheten för afghaner att genomgå religiös äktenskapsceremoni och sedan låta registrera sitt äktenskap formellt på afghansk beskickning finns också en möjlighet att registrera sitt äktenskap hos iranska myndigheter. Enligt samtal med BAFIA [Bureau for Aliens and Foreign Immigrants Affairs] i Mashad i november 2017, kan afghaner med uppehållstillstånd i landet vända sig till dem och ansöka om tillstånd för att ingå äktenskap. När BAFIA gett sitt tillstånd kan paret genomgå en religiös vigselceremoni och därefter få äktenskapet registrerat i det iranska folk bokföringsregistret (National Organization for Civil Registration).“ (Migrationsverket, 18. Februar 2019, S. 32)

Im Folgenden finden sich Auszüge aus dem iranischen Zivilgesetzbuch vom 23. Mai 1928 inklusive einigen Novellierungen (Stand Oktober 2002).[1] In einem Kommentar von Bergmann/Ferid/Henrich wird allerdings davor gewarnt, den Gesetzestext des iranischen Zivilgesetzes isoliert zu betrachten, da es eine Reihe von weiteren Gesetzen, sowie das Gewohnheitsrecht gebe, welche einen Einfluss auf die Rechtsprechung haben könnten (Bergmann/Ferid/Henrich, 1. Oktober 2002a, Abschnitt Iran/III/A). Die im Folgenden zitierten Gesetzestextstellen sind inhaltlich ident mit einer auf Refworld verfügbaren englischen Übersetzung des Zivilgesetzbuchs. Laut Refworld sei das Zivilgesetzbuch aus dem Jahr 1928 zuletzt im Juli 2006 novelliert worden, die letzte Novellierung, die in der englischsprachigen Version enthalten ist, stamme vom Dezember 1985 (Refworld, ohne Datum).

 

Aus Paragraph 7 des ersten Bandes des iranischen Zivilgesetzbuchs, in deutscher Übersetzung verfügbar bei Bergmann/Ferid/Henrich, einer Sammlung von Rechtstexten, ergibt sich, dass im Iran lebende Nicht-IranerInnen in Bezug auf Personenstandsangelegenheiten den Gesetzen und Normen ihres eigenen Staates unterworfen seien:

„Ausländische Staatsangehörige, die auf iranischem Boden leben, unterliegen im Rahmen der [völkerrechtlichen] Verträge hinsichtlich der Fragen die persönlichen Angelegenheiten oder ihre [Geschäfts- oder Rechts-] Fähigkeit betreffend wie auch hinsichtlich des Erbrechts den Gesetzen und Normen des eigenen Staates.“ (Zivilgesetzbuch der Islamischen Republik Iran, 23. Mai 1928, §7)

Paragraph 970 des zweiten Bandes des iranischen Zivilgesetzbuchs, in deutscher Übersetzung verfügbar bei Bergmann/Ferid/Henrich, behandelt die Befugnisse ausländischer Vertretungen in Bezug auf Eheschließungen im Iran:

Politische oder konsularische Amtsträger ausländischer Staaten im Iran können dann die Durchführung einer Eheschließung vornehmen, wenn die zwei Parteien der Eheschließung alle beide Staatsangehörige ihres Staates sind und die Gesetze des betreffenden Staates ihnen diese Erlaubnis auch eingeräumt haben. In jedem Falle muss die Eheschließung bei den Standesämtern registriert werden.“ (Zivilgesetzbuch der Islamischen Republik Iran, 23. Mai 1928, §970)

In einem Kommentar merken Bergmann/Ferid/Henrich zu diesem Paragraphen (§970) an, dass anstatt des hier benutzen Wortes „Standesämter“ auch eine andere Übersetzung möglich sei. Es könne auch der Begriff „Ausweishefte“ gemeint sein, wahrscheinlicher sei jedoch, dass ersterer gemeint sei, da es der Sinn der Vorschrift - siehe dazu auch Paragraph 1 Absatz 1 und 2 des Eheschließungsgesetzes - sei, dass eine Kontrolle durch den iranischen Staat eingeführt werden solle und Eheschließungen spätestens bei der Eintragung durch staatliche Behörden einer Genehmigung unterworfen sein sollten. (Bergmann/Ferid/Henrich, 1. Oktober 2002b, Abschnitt Iran/III/B)

 

In einer Emailauskunft vom Mai 2019 antwortet die iranische Botschaft in Wien auf die Frage, ob die Heirat zweier im Iran lebender AfghanInnen, die ihre Eheschließung bei der afghanischen Botschaft haben registrieren lassen, von den iranischen Behörden als gültig angesehen wird, beziehungsweise ob sie bei den iranischen Behörden registriert werden könne, wie folgt: Entsprechend den Regelungen der Islamischen Republik Iran müsse die Heirat von zwei im Iran wohnhaften AusländerInnen bei den zuständigen Behörden jenes Landes, dem die betreffenden Personen angehören, oder bei ihrer jeweiligen Botschaft im Iran eingereicht werden:

“In accordance with the rules of the Islamic Republic of Iran, the marriage of two foreign nationals residing in Iran must be filed with the competent authorities of the country of the relevant nationals or their respective embassy in Iran.” (Iranische Botschaft in Wien, 7. Mai 2019)

Allgemeine Bestimmungen zum Thema Registrierung von Eheschließungen

Zum Thema Registrierung von Eheschließungen finden sich in der Gesetzestextsammlung von Bergmann/Ferid/Henrich folgende Informationen, die auf die oben erwähnten Bestimmungen des Eheschließungsgesetzes eingehen. Diese behandeln das Thema allerdings allgemein und gehen nicht auf Eheschließungen zwischen Nicht-IranerInnen ein:

„Die Ehe muss zu ihrer Gültigkeit nicht eingetragen werden. § 1 EheschlG [Eheschließungsgesetz] schreibt zwar zwingend die Eintragung der Ehe vor, sieht aber als Rechtsfolge bei Missachtung einer Eintragung nur eine strafrechtliche Ahndung und keine zivilrechtliche Aufhebbarkeit vor. In vielen kleineren Dörfern wird bis zum heutigen Tage die Ehe aus einem religiösrechtlichen Verständnis heraus seitens der Ehegatten nicht einer Eintragung zugeführt, was im Konfliktfalle erhebliche Beweisschwierigkeiten mit sich bringt. Zivilrechtlich sind jedoch alle diese Ehen nach wie vor wirksam. Wird eine Ehe demgegenüber im Einklang mit § 1 EheschlG eingetragen, müssen Zeugen die Eheschließung bezeugen, damit die Urkunde über die Eheschließung als offizielles Dokument anerkannt wird. Auf die Gültigkeit der Ehe hat die Anwesenheit der Zeugen somit keinen Einfluss. Gemäß einer Verordnung aus dem Jahre 1931 betreffend § 2 des Gesetzes über die Eintragung von Eheschließung und Scheidung sind zwar für die Eintragung einer Ehe die Anwesenheit zweier Zeugen erforderlich. Dies jedoch nur, damit später die Eintragungsurkunde ihren Sinn als offizielle Urkunde erfüllen kann. (Bergmann/Ferid/Henrich, 1. Oktober 2002c, Abschnitt Iran/III/A/6)

Im Folgenden findet sich eine deutsche Übersetzung der beiden Paragraphen 1 und 2 des Eheschließungsgesetzes, zitiert aus Bergmann/Ferid/Henrich:

㤠1

An den Orten, die das Justizministerium bestimmt und bekannt gibt, muss jede Eheschließung und Scheidung und Rückkehr in einem der Notariate, die nach den Verordnungen des Justizministeriums eingerichtet werden, stattfinden und eingetragen werden. Jeder Mann, der in den betreffenden Orten außerhalb der offiziellen Eheschließungs- und Scheidungsnotariate Maßnahmen für eine Eheschließung oder Scheidung oder Rückkehr unternimmt, wird zu Besserungshaft von einem bis zu sechs Monaten verurteilt, während dieselbe Strafe hinsichtlich derjenigen [die Trauung vollziehenden Person] anwendbar ist, die an diesen Orten, ohne ein offizielles Notariat zu haben, Schritte zur Durchführung der Formel für eine Eheschließung oder Scheidung oder Rückkehr einleitet.

In denjenigen Bezirken, in denen die oben erwähnte Bekanntmachung seitens des Justizministeriums nicht erfolgt ist, ist ein Ehemann verpflichtet, falls er außerhalb der offiziellen Notariate zur Scheidung und Eheschließung Schritte für eine Eheschließung oder Scheidung oder Rückkehr unternimmt, sich bis 20 Tage nach Stattfinden einer Eheschließung oder Scheidung oder Rückkehr an eines der offiziellen Notariate für Scheidung und Eheschließung zu wenden und das Schriftstück der Eheschließung oder Scheidung oder Rückkehr einer Eintragung zuzuführen, andernfalls wird er zu einer Besserungshaft von ein bis zu sechs Monaten verurteilt werden.

§ 2

Die Urkunde der Eheschließung oder Scheidung wird, falls sie gemäß den Verordnungen des Justizministeriums einer Eintragung zugeführt wurde, als offizielles Dokument, andernfalls als gewöhnliches Dokument angesehen werden.

Für die Eintragung einer Eheschließung oder Scheidung wird der Staat keine Eintragungsgebühr fordern.“ (Gesetz betreffend die Eheschließung, September/Oktober 1931, §§1-2)

Erfordernis einer traditionellen Hochzeitsfeier für die Gültigkeit einer Ehe

Zur Frage, ob im Iran das Stattfinden einer traditionellen Hochzeitsfeier für die Gültigkeit einer Ehe erforderlich ist, konnten keine konkreten Informationen gefunden werden. Zur Frage, wie sich die Situation in islamischen Gemeinschaften allgemein darstellt, wurden teils unklare, teils widersprüchliche Informationen gefunden:

 

Dawoud el-Alami, Dozent am Institut für Theologie und religiöse Studien an der Universität Wales, Lampeter, verfasste für ein vom Verlag Marshall Cavendish im Jahr 2011 veröffentlichtes Buch zum Thema moderne muslimische Gesellschaften ein Kapitel zu Heiratstraditionen im Islam. Laut el-Alami müssten dem Abschluss des Heiratsvertrages zwei erwachsene männliche Zeugen oder in manchen Fällen ein männlicher und zwei weibliche ZeugInnen beiwohnen. Diese Praxis verhindere, dass keiner der Vermählten im Nachhinein die Eheschließung leugnen könne, um sich der damit verbundenen Verpflichtungen zu entziehen. Darüber hinaus diene diese Praxis auch dazu, sicherzustellen, dass die Ehe von der gesamten Gemeinschaft als gültig anerkannt werde.

Die Hochzeitstraditionen würden je nach muslimischem Land variieren, im Zentrum der Traditionen würden jedoch tendenziell jeweils die drei Hauptstufen des Eheprozesses stehen: die Verlobung, das Abschließen des Ehevertrags und der Vollzug der Ehe. Es könne sein, dass diese drei Stufen zeitlich sehr eng beieinander liegen, es könne aber auch sein, dass Monate oder Jahre zwischen ihnen liegen würden. Nach der Zeremonie selbst sei der wichtigste Teil jeder islamischen Eheschließung das Hochzeitsbankett (Walima). Das Abhalten dieser Feier werde von islamischen Gelehrten stark gefördert und von einigen sogar als wesentlich für die Gültigkeit der Ehe angesehen. Das Einladen von FreundInnen, NachbarInnen und Verwandten zu einem Hochzeitsbankett stelle sicher, dass die Ehe von der Gemeinschaft anerkannt werde. Dies garantiere, dass die Rechte des Paares respektiert würden und verhindere, dass eine der Parteien versuchen könne, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Nach Ansicht der meisten JuristInnen hätten MuslimInnen, die zu solchen Banketten eingeladen wurden, die Pflicht daran teilzunehmen:

„The contract must be witnessed by two adult male witnesses, or occasionally one male and two female witnesses. This practice prevents either the bride or groom from later denying that the marriage had taken place in order to avoid the responsibilities that go with it. […] Witnessing also serves to ensure that the marriage is acknowledged as valid by the community as a whole.” (El-Alami, 2011, S. 46-47)

„Wedding customs vary throughout the Muslim countries but tend to focus around the three main stages of the process of marriage: the betrothal or engagement, the conclusion of the marriage contract, and the commencement of married life. These three stages may be very close together, or they may be separated by periods of month or years. […] After the ceremony itself, the most important part of any Islamic marriage is the walima, or wedding banquet. The walima is strongly encouraged by Islamic scholars and is considered by some to be essential for marriage to be considered valid. Inviting friends, neighbours, and relatives to a wedding banquet ensures that the marriage will be acknowledged and recognized by the community. This ensures that the couple’s rights are respected and prevents either party from trying to escape from responsibilities. According to most jurists, Muslims have a duty to attend such banquets if invited.” (Marshall Cavendish, 2011, S. 53-54)

Learn Religions ist eine zur US-amerikanischen Onlinemedienagentur Dotdash gehörende Webseite, die Informationen zu Traditionen aus verschiedenen Religionen veröffentlicht, die nach eigenen Angaben von AutorInnen, KlerikerInnen und LehrerInnen verfasst werden. In einem Artikel vom April 2018 zu Eheverträgen im Islam wird erwähnt, dass das Paar nach Unterzeichnung des Vertrags, einer üblicherweise privat gehaltenen Zeremonie im kleinen familiären Kreis, rechtlich gesehen verheiratet sei. In vielen islamischen Kulturen würde das Paar allerdings erst nach der öffentlich veranstalteten Hochzeitsfeier (walimah) in einen gemeinsamen Haushalt ziehen. Je nach Tradition sei es möglich, dass die Feier Stunden, Tage, Wochen oder sogar erst Monate nach der Unterzeichnung des Ehevertrags stattfinde:

„In Islam, marriage is considered both a social agreement and a legal contract. In modern times, the marriage contract is signed in the presence of an Islamic judge, imam, or trusted community elder who is familiar with Islamic law. The process of signing the contract is usually a private affair, involving only the immediate families of the bride and groom. The contract itself is known as nikah. […]

After the contract is signed, a couple is legally married and enjoy all the rights and responsibilities of marriage. In many cultures, however, the couple do not formally share a household until after the public wedding celebration (walimah). Depending on the culture, this celebration may be held hours, days, weeks, or even months after the marriage contract itself is formalized.” (Learn Religions, 30. April 2018)

In einer Anfragebeantwortung der kanadischen Einwanderungsbehörde (Immigration and Refugee Board, IRB) vom Dezember 2001 finden sich unter Verweis auf verschiedene Quellen Informationen zu Hochzeitsfeiern und religiösen Heiratszeremonien im Iran. Die Unterzeichnung des Ehevertrages erfolge gemäß IRB zeitgleich mit der religiösen Zeremonie, die eigentliche Hochzeitsfeier finde erst um sechs bis zwölf Monate später statt. Nach der religiösen Zeremonie - aber vor der Hochzeitsfeier – werde der Ehevertrag von einem Vertreter des Standesamtes erfasst.

Weiter findet sich in der Anfragebeantwortung die Information, dass das Abhalten einer islamischen Zeremonie im Iran für die Gültigkeit einer Ehe unerlässlich sei:

„According to an article by a professor of sociology at Fayetteville State University, marriage in Iran generally involves a matchmaking process (Aghajanian Dec. 1997) with extensive negotiations between the two families before resulting in a marriage contract (ibid.). The signing of the marriage contract is performed at the same time as the religious ceremony, both of which pre-date the actual wedding celebration by between six to twelve months (ibid.). Following the religious ceremony (but before the wedding reception), the marriage contract is recorded by a representative of the Civil Registration Organization (ibid.). […]

Civil marriages performed outside of Iran are never recognized by the Iranian authorities, and an Islamic ceremony in Iran is essential to deem the marriage valid.” (IRB, 5. Dezember 2001)

 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 17. Mai 2019)

 

 

[1] Informationen aus dem Werk von Bergmann/Ferid/Henrich werden ausschließlich zur Verwendung im gegenständlichen Verfahren zur Verfügung gestellt. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die beiliegenden Informationen und Materialien weder an nicht verfahrensbeteiligte Dritte weiterzugeben noch in irgendeiner Form zu veröffentlichen sind.