Anfragebeantwortung zum Irak: Diyala: Sicherheitslage, Zugang, Niederlassungsmöglichkeit [a-10951-1]

10. April 2019

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Sicherheitslage

Der folgenden undatierten Karte zu ethnischen Verschiebungen im Irak zwischen 1947 und 2017, erstellt von dem in den USA ansässigen Kartografen und Nahost-Experten Michael Izady im Rahmen des Gulf/2000 Project, können sunnitische, schiitische und gemischte Siedlungsgebiete in der Provinz Diyala mit Stand 2017 entnommen werden:

 

Dem Text neben der Karte ist zu entnehmen, dass Diyala mehr als die Hälfte seiner sunnitisch-arabischen Bevölkerung verloren habe. Außer den Städten Baquba und Buhriz sowie ihren Umgebungen sei der südöstliche Teil Diyalas vorwiegend („basically“) schiitisch. Im nordöstlichen Teil gebe es viele Gebiete („counties“), die komplett schiitisch seien, ein Trend, der sich fortsetze:

„Meanwhile, the restive Diyala province has lost over half of its Sunni Arab population. Except for the cities of Baquba and Buhriz and their environs, the southeastern part of Diyala is now basically Shia in its composition, while the northwestern half now spots many fully Shia counties, such as Khalis – a trend that is continuing.” (Izady, ohne Datum)

Bitte beachten Sie, dass die folgende Übersetzung aus dem Norwegischen unter Verwendung von technischen Übersetzungshilfen erstellt wurde. Es besteht daher ein erhöhtes Risiko, dass diese Arbeitsübersetzung Ungenauigkeiten enthält.

 

In einem im Jänner 2019 veröffentlichten Bericht zur Sicherheitslage in Diyala mit Stand November 2018 schreibt das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo zu Sunniten in der Provinz, dass diese, seitdem der IS in der Provinz Fuß gefasst habe, verdächtigt würden, mit ihm unter einer Decke zu stecken oder zu sympathisieren. Landinfo finde keine neuen Berichte zu den Bedingungen für Sunniten in Baquba, was darauf hindeute, dass sie Übergriffen von Seiten der Volksmobilisierungseinheiten ausgesetzt seien. Dies könne mehrere Gründe haben, aber vor allem könne es ein Zeichen dafür sein, dass die Volksmobilisierungseinheiten und andere Ordnungsmächte die Stadt selbst fest unter ihrer Kontrolle hätten. Dennoch würden die ländlichen Gebiete in der Nähe der Stadt zu den anfälligsten für IS-Angriffe zählen, was wahrscheinlich bedeute, dass die irakischen Sicherheitskräfte und Volksmobilisierungseinheiten in diesen Gebieten nach IS-Anhängern suchen würden, was oft nicht nur sunnitische Araber betreffe. Da die Badr-Organisation (eine vom Iran unterstützte schiitische Miliz, die zu den Volksmobilisierungseinheiten gehört, Anm. ACCORD) eine derart starke Präsenz und Kontrolle in Diyala habe, könne man vermuten, dass die Presse sich stark selbst zensiere, wenn sie über das Vorgehen der Volksmobilisierungseinheiten in der Provinz berichte. Basnews habe im April 2018 die Stellungnahme eines politischen Führers aus dem Distrikt Kifri wiedergegeben, dem zufolge die Volksmobilisierungseinheiten kurdische und arabische ZivilistInnen angreifen würden. Laut dem Politiker würden die Volksmobilisierungseinheiten auf die Häuser von ZivilistInnen schießen und sie bedrohen, damit sie die Dörfer räumen würden, weil sie anderenfalls getötet würden. Der Politiker, der die Demokratische Partei Kurdistans repräsentiere, habe angenommen, die Volksmobilisierungseinheiten hätten ein Interesse daran gehabt vor den Wahlen vom Mai 2018 die Kurden und Araber, die in dieser Gegend sunnitisch seien, aus dem Gebiet zu entfernen. Auch das USDOS habe in seinem 2018 veröffentlichten Jahresbericht zur Religionsfreiheit angegeben, dass die irakischen Streitkräfte und zu den Volksmobilisierungseinheiten gehörende Milizen in verschiedenen irakischen Provinzen mutmaßliche IS-Sympathisanten dazu gezwungen hätten, ihre Häuser zu verlassen. In diesem Bericht werde auch erwähnt, dass die Kata’ib Hizballah hinter Entführungen von Sunniten und anderen Übergriffen ihnen gegenüber in Diyala gesteckt habe. Die Miliz habe sunnitischen Arabern auch die Rückkehr in ihre Häuser verweigert. Im November 2018 habe die Quelle Kirkuk Now aber berichtet, dass sich immer mehr Familien in Diyala offiziell von ihren nahen Verwandten im IS distanzieren würden. Auf langfristige Sicht könne das das Verhältnis zwischen der sunnitischen lokalen Bevölkerung und den Sicherheitskräften verbessern:

„SUNNIMUSLIMER

Sunnimuslimske arabere har helt siden ISIS slo rot i Diyala, blitt mistenkt for å stå i ledtog med gruppen, eller for å sympatisere med den. Etter at flere tusen sivile flyktet fra ISIS, og som følge av kamphandlingene mellom ISF/PMU og ISIS, har mange sunnier blitt nektet retur. Det er i dag uvisst hvor mange som fortsatt ikke har returnert til Baquba og Muqdadiya. Men REACH og RWG [Returns Working Group] sin (2018a) undersøkelse blant internt fordrevne og returnerte i Muqdadiya tilsier at det er problematisk for sunnimuslimske arabere å returnere dit.

Landinfo finner ingen ny rapportering om forholdene for sunnimuslimer i Baquba som tilsier at de utsettes for overgrep fra PMU. Det kan skyldes flere forhold, men først og fremst så kan det være et tegn på at PMU og annen ordensmakt har god kontroll på situasjonen i selve byen. Likevel er det slik at rurale områder nær byen er blant de mest utsatte for ISIS-angrep, og det betyr antakelig at ISF og PMU-ene leter etter ISIS-støttespillere i disse områdene. Det går gjerne utover arabiske sunnimuslimer.

Da Badr har såpass omfattende tilstedeværelse og kontroll i Diyala, kan det være grunn til å tro at pressen utøver stor grad av selvsensur når den rapporterer om PMU-enes handlingsmønster i provinsen. Basnews (som gjengitt i Daesh Daily6 2018) skal likevel i april 2018 ha publisert en uttalelse fra en politisk leder i underdistriktet Qara Tapa i Kifri-distriktet, der han hevder at PMU-ene angriper sivile kurdere og arabere. Ifølge politikeren, som representerer KDP, skyter PMU-ene på sivile hus og truer befolkningen til å evakuere landsbyen med mindre de vil bli drept. Politikeren antok at PMU-ene hadde interesse av å fjerne kurdere og arabere, som i dette området er sunnier, fra stedet før parlamentsvalget i mai.

Også det amerikanske utenriksdepartementet (U.S. Department of State 2018) hevder at irakiske styrker og militser innen PMU har tvunget antatte ISIS-sympatisører fra sine hjem i flere av Iraks provinser. Dette fremkommer i religionsfrihetsrapporten som dekker 2017. Rapporten sier videre at Kata’ib Hizballah har stått bak kidnappinger og andre overgrep mot sunnimuslimske arabere i Diyala. Militsen skal også ha nektet sunnimuslimske arabere å returnere til sine hjemsteder.

I november 2018 melder imidlertid Kirkuk Now (2018c) at flere og flere familier i Diyala nå tar offisielt avstand fra sine nære slektninger i ISIS. Det kan på sikt føre til et bedret forhold mellom den sunnimuslimske lokalbefolkningen og sikkerhetsstyrkene.” (Landinfo, 8. Jänner 2019, S. 18-19)

In einem Entscheidungstext des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom Jänner 2019 finden sich folgende Informationen aus dem Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes (AA) vom Februar 2018:

Im Zusammenhang mit der Rückeroberung von Gebieten aus IS-Hand wurden problematische Versuche einer ethnisch-konfessionellen Neuordnung unternommen, besonders in der ethnischkonfessionell sehr heterogenen Provinz Diyala (AA 12.2.2018).” (BVwG, 8. Jänner 2019)

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage in der Stadt Al-Muqdadiyya sowie zur humanitären Lage in der Stadt entnehmen Sie bitte auch der folgenden ACCORD-Anfragebeantwortung vom Februar 2019:

  • ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Irak: Provinz Diyala: Sicherheitslage in der Stadt Al-Muqdadiyya; Humanitäre Lage in der Stadt Al-Muqdadiyya, insbesondere von Kindern; Sicherheitslage von Sunniten in Bagdad [a-10859], 28. Februar 2019
    https://www.ecoi.net/de/dokument/2003477.html

 

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO), eine Agentur der Europäischen Union, führt in einem im März 2019 veröffentlichten Bericht zur Sicherheitslage im Irak die Zahlen der UN-Unterstützungsmission für den Iraq (UN Assistance Mission in Iraq, UNAMI) für die Jahre 2014 bis 2018 an. Für das Jahr 2017 gibt es von UNAMI keine Angaben zu zivilen Toten und Verletzten in der Provinz Diyala, 2018 habe es 45 zivile Tote und 97 Verletzte gegeben. Iraq Body Count (IBC), eine Datenbank, die von der in London ansässigen Firma Conflict Casualties Monitor betrieben wird und die auf Basis von Berichten verschiedener Quellen zu Vorfällen und Opfern des Konflikts im Irak Statistiken zu den einzelnen Provinzen erstellt, habe 2018 in Diyala 170 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, die zu 265 getöteten ZivilistInnen geführt hätten. Dies sei ein leichter Rückgang gegenüber 2017, als 180 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet worden seien, die zu 276 getöteten ZivilistInnen geführt hätten. Die Distrikte mit der höchsten Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle, die zu getöteten ZivilistInnen geführt hätten, seien Al-Muqdadiya, Khanaqin und Baladrooz gewesen. Die höchste Gewaltintensität (Anzahl der Getöteten pro 100.000 EinwohnerInnen) sei in Al-Muqdadiya gemessen worden, gefolgt von Kifri und Khanaqin. Die meisten von IBC in Diyala verzeichneten Vorfälle hätten Schusswaffen beinhaltet (49,4 Prozent), gefolgt von improvisierten Spreng- und Brandvorrichtungen (25,9 Prozent) und Hinrichtungen / summarischen Tötungen (19,4 Prozent). Michael Knights vom Washington Institute for Near East Policy habe in einer Analyse zum IS vom Dezember 2018 bestätigt, dass die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Diyala 2018 zurückgegangen sei. Laut Knights habe die durchschnittliche Anzahl von IS-Angriffen im Jahr 2018 bei 26,2 pro Monat gelegen, was einen starken Rückgang gegenüber 2017 darstelle, als diese Zahl bei 79,6 gelegen habe. Knights habe 31 gezielte Tötungen von Mitgliedern von Distrikträten, Dorfvorständen, Stammesführern und sunnitischen Anführern der Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilization Forces, PMF) registriert. Angriffe auf ZivilistInnen hätten Tötungen, Entführungen und die Zerstörung agrarischer Infrastruktur auf dem Land beinhaltet. Knights habe zudem angegeben, dass der Rückgang der IS-Angriffe vielleicht darauf zurückzuführen sein könne, dass seine Brutalität die vorwiegend sunnitischen Stämme dazu bringe, mit den schiitischen Volksmobilisierungseinheiten und den irakischen Sicherheitskräften zusammenzuarbeiten, was sie auch müssten, um in ihre Städte zurückkehren zu können. Die Sicherheitslage in Diyala sei im Jahr 2018 schwankend gewesen. Trotz des Rückgangs der sicherheitsrelevanten Vorfälle habe der IS weiterhin Mitglieder der irakischen Sicherheitskräfte und der Volksmobilisierungseinheiten in Diyala angegriffen. Joel Wing, Irak-Experte und Herausgeber des Internetblogs Musings on Iraq habe vermutet, dass der IS die Kontrolle über die meisten ländlichen Gebiete von Diyala übernommen habe:


„UNAMI [United Nations Assistance Mission for Iraq] casualty figures 2014-2018

[Bild entfernt]

[…]

IBC [Iraq Body Count] data for Diyala governorate indicated that the overall raw incidents, deaths, and level of violence in Diyala remained similar in both 2017 and 2018. In 2018, IBC data for Diyala governorate recorded 170 security-related incidents leading to 265 civilian deaths during 2018, a slight decrease compared to 2017 when they reported 180 incidents involving 276 civilian deaths. The intensity of violence (civilians killed/100k) was almost the same year to year, with 17.1/100k in 2017 and 16.4/100k in 2018.

The districts with the highest number of security-related incidents leading to civilian deaths were Al-Muqdadiya – 82 leading to 112 civilian deaths, Khanaqin – 36 security incidents leading to 61 civilian deaths and Baladrooz – 20 incidents leading to 30 civilian deaths. The highest intensity violence against civilians (deaths per 100k of the population) was recorded in Al-Muqdadiya (46.37), followed by Kifri (33.77) and Khanaqin (26.14).

Most incidents recorded by IBC during in Diyala governorate involved gunfire (49.4 %) followed by IEDs [Improvised Explosive Device] (25.9 %) and executions/summary killing (19.4 %).

Security incidents and activity

A December 2018 analysis on ISIL [Islamic State of Iraq and the Levant] published by Michael Knights, Senior Fellow at the Washington Institute for Near East Policy in the Combating Terrorism Center of West Point (CTC), confirms the decrease in the number of security incidents in Diyala in 2018. According to Michael Knights, the average number of ISIL attacks in Diyala in 2018 was 26.2 per month, which suggests a sharp decline in comparison to 2017 that witnessed an average 79.6 ISIL attacks per month, and 50.3 in 2013. During 2018 M. Knights recorded ‘31 targeted killings of district council members, mukhtars (village headman), tribal leaders, and Sunni PMF [Popular Mobilization Forces] commanders’. Attacks on civilians included killings, kidnappings, and destruction of rural farming infrastructure.

Dr. Knights further maintained that the decrease in ISIL attacks could be due to the fact that ‘ISIL’s brutality is driving predominately local Sunni tribes into partnership with Shi`a PMF and Iraqi military forces, though such tribes have to cooperate with PMF in order to be allowed to resettle in their towns in any case.’

The security situation in Diyala governorate has fluctuated during 2018. […] Despite the decline in security incidents at the end of the year (see IBC data), ISIL continued to target ISF [Iraqi Security Forces] and PMU [Popular Mobilization Units] members in the governorate. In December 2018 Joel Wing assessed that ISIL established ‘control of most of the rural areas of Diyala, southern Kirkuk, and central and northern Salahaddin’.” (EASO, März 2019a, S. 90-93)

Das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW), das sich selbst als überparteiliche Forschungsorganisation im Bereich Militärangelegenheiten bezeichnet, veröffentlicht mit Stand 7. März 2019 folgende Karte zum Wiedererstarken des IS im Irak. ISW erwähnt darin zwei Gebiete in der Provinz Diyala: im nördlichen Diyala-Flusstal (Ziffer 2), wo der IS eine beständige Unterstützungszone einrichte, und südlich von Baquba (Ziffer 3), wo der IS einen Angriffs-und Transitkorridor („attack and transit vector“) aufbaue:

[Bild entfernt]

(ISW, 7. März 2019)

In einem weiteren Bericht von EASO vom März 2019 zum Vorgehen staatlicher und nicht-staatlicher Akteure gegen Einzelpersonen wird erwähnt, dass die meisten Übergriffe in den Jahren 2014 bis 2017 laut USDOS vom IS begangen worden seien. Es seien aber auch Teile der Volksmobilisierungseinheiten an unrechtmäßigen Tötungen, Fällen von Verschwindenlassen, Entführungen, Erpressungen und Vergeltungsangriffen im Rahmen des Kampfes gegen den IS beteiligt gewesen. 2015 habe es Berichte über Fälle gegeben, in denen Milizen und bewaffnete Gruppen, die die Regierung unterstützt hätten, beispielsweise an gezielten Tötungen, der Entführung von ZivilistInnen und anderen Übergriffen beteiligt gewesen seien. Insbesondere in der Provinz Diyala gebe es eine hohe Anzahl von Entführungen, von denen behauptet werde, dass sie von Milizen ausgeführt würden und sich auch gegen Sunniten richten würden:

„Most abuses in the 2014-2017 period were by ISIL [The Islamic State of Iraq and al-Sham (the Levant)], according to USDOS [United States Department of State], though elements of the PMU [Popular Mobilization Units]were engaged in unlawful killings, disappearances, kidnappings, extortion, and revenge attacks in the course of the fighting against ISIL. In 2015, there were reports of instances of militia and armed groups supporting the government being involved in, for example:

·         perpetrating ‘targeted killings, abducting civilians and committing other abuses’. Especially in Diyala province there is a high number of abductions, purportedly carried out by militias, also targeting Sunnis; […]” (EASO, März 2019b, S. 20-21)

Zudem führt EASO aus, dass laut einem Bericht der dänischen Einwanderungsbehörde (DIS) und Landinfo vom November 2018 insbesondere Personen, die irgendwelcher Verbindungen zum IS verdächtigt würden, von allen irakischen Sicherheitsakteuren ins Visier genommen würden, was zu Behinderungen und Einschränkungen wie Verhaftungen, Übergriffen, einer verweigerten Rückkehr in die ursprünglichen Wohngebiete, zur Beschlagnahmung von Ausweisdokumenten, zu eingeschränkten Sozialleistungen etc. führen könne. Zudem dürften Personen, die in Gebieten unter IS-Kontrolle gelebt hätten, mehr von Diskriminierung und Übergriffen betroffen sein, als Personen, die außerhalb solcher Gebiete gelebt hätten. Zwischen 2014 und 2017 seien Racheakte wie Anhaltungen („interceptions“), Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen und Tötungen von Sunniten durch irakische Sicherheitskräfte und mit ihnen verbündete Kräfte registriert worden. Im Jänner 2016 hätten Angreifer, die von Zeugen als Mitglieder von Milizen unter Kontrolle der Volksmobilisierungseinheiten identifiziert worden seien, mindestens sechs sunnitische Moscheen in Muqdadiya [Provinz Diyala] nordöstlich von Baquba in Brand gesteckt und mit Sprengkörpern beworfen. Es sei auch über Entführungen und Tötungen berichtet worden. Im März 2016 hätten Männer, die Behauptungen zufolge zu den Volksmobilisierungseinheiten gehört hätten, in einem Dorf westlich von Muqdadiya drei Häuser gestürmt und drei sunnitische Zivilisten getötet. Im Juli 2016 hätten bewaffnete Männer, die von Zeugen als schiitische Milizmitglieder identifiziert worden seien, im Distrikt Baquba einen schiitischen Zivilisten getötet. Im August 2016 hätten Mitglieder der Volksmobilisierungseinheiten Razzien in Dörfern im Nordosten von Baquba ausgeführt und dabei mindestens vier Sunniten entführt. Die Leichen von zwei der Entführten seien später in der Nähe aufgefunden worden. Im August 2015 hätten Peschmerga-Einheiten eine unbekannte Anzahl von Häusern und Einrichtungen in von Sunniten bewohnten Gebieten in Jalawla zerstört:

„According to the November 2018 report by DIS [Danish Immigration Service]/Landinfo the primary profile that is targeted by all security actors present in Iraq is people suspected to have some kind of affiliation with ISIL who as a result ‘may face impediments and limitations, such as arrests, abuses, refusals to return to the areas of origin, confiscation of documents, limitations of social services etc.’. The same source further observes that ‘people, who lived in areas under ISIS’ control, seem to suffer more from discrimination and abuses than people who lived outside of ISIS’ control.’ […]

Acts of revenge in the form of interceptions, enforced disappearances and killings Sunnis committed by ISF [Iraqi Security Forces] and affiliated forces were recorded during 2014-2017. […]” (EASO, März 2019b, S. 26-27)

„On 11 January 2016, attackers alleged by witnesses to be militia members operating under PMU [Popular Mobilization Units] – detonated explosives against and set fire to at least six Sunni mosques in Muqdadiya district, north-east of Baquba. Abductions and killings were also reported.

On 2 March 2016, gunmen allegedly belonging to the PMU stormed three houses in al-Ahemar village, west of Muqdadiya. Three adult male civilians, belonging to the Sunni Arab community, were killed.

On 18 July 2016, in Diyala, gunmen, alleged by witnesses to be Shia militia members, shot and killed one civilian near his home in eastern Kan’an sub-district, in Baquba district. The victim was an employee of a health clinic in Kan’an, who was also a civil society activist from the Sunni Arab community.

On 13 August 2016, PMU members conducted a raid in villages of Zaghniya Kabira and Zaghniya Saghira, in Abbara sub-district, north-east of Baquba, abducting at least four Sunni residents. The bodies of two abductees with gunshot wounds were later found in a nearby farm.” (EASO, März 2019b, S. 31)

„On 16 August 2015, Peshmerga forces demolished an unknown number of houses and structures in Sunni-inhabited areas in Jalawla, Diyala Governorate.(EASO, März 2019b, S. 38)

In der Zusammenfassung des im Jänner 2019 veröffentlichten Berichts zur Sicherheitslage in der Provinz Diyala mit Stand November 2018 schreibt Landinfo, dass der IS Ende 2015 die Kontrolle über die Dörfer und Städte in Diyala verloren habe. Dennoch habe die Gruppe weiterhin Angriffe in der Provinz ausgeführt und ZivilistInnen eingeschüchtert. Viele der Operationen des IS in den letzten Jahren seien von den ländlichen Hamrin-Bergen, die unter anderem an Diyala grenzen würden, und dem Delta des Flusses Diyala in Muqdadiya aus gelenkt worden. In diesen Gebieten verstecke sich der IS und es sei den irakischen Kräften nicht gelungen, ihn dort auszumerzen. Wie im Rest des Landes sei die Anzahl der getöteten ZivilistInnen in Diyala 2018 im Vergleich zum Jahr davor zurückgegangen, dennoch gebe es in der Provinz nach wie vor ernste sicherheitsrelevante Herausforderungen. Am prekärsten sei die Lage in den „umstrittenen Gebieten“, die sich vom Nordwesten bis zum Südosten der Provinz ziehen würden. Seit dem Abzug der Peschmerga 2017 habe sich die Lage hier offenbar verschlechtert. Alle Distrikte der Provinz seien anfällig für Angriffe und Einschüchterungsversuche des IS. Allerdings seien die ländlichen Gebiete, in denen die Regierungskräfte und mit ihnen verbündete Kräfte wenig präsent seien, anfälliger für Gewalt und Einschüchterungen als die Städte, die besser beschützt würden:

„SUMMARY

By the end of January 2015, ISIS [The Islamic State of Iraq and al-Sham] had lost control of the villages and towns they had overtaken in Diyala. The group, nevertheless, continued to carry out attacks and intimidation tactics against civilians in the province. Much of ISIS’ operations in Iraq during the past year have been steered from the rural Hamrin mountain areas bordering Kirkuk, Salah al-Din and Diyala and from the delta-areas of the Diyala river in Muqdadiya. These areas serve as hiding places for ISIS, and Iraqi forces have not succeeded in weeding them out.

As in the rest of the country, the number of civilian casualties has declined in Diyala during 2018, compared to the year before. Diyala, nevertheless, still suffers from serious security challenges. The situation is most precarious in the disputed areas that stretch diagonally from North-West to Southeast of the province. Here it seems that the situation has deteriorated after the withdrawal of the Kurdish Peshmerga forces in 2017.

All districts of the province are vulnerable to ISIS intimidation and attacks. However, the rural areas where the governmental and government-aligned forces have little presence, are more prone to violence and intimidation than the cities that are better protected.“ (Landinfo, 8. Jänner 2019, S. 4)

Die Nachrichtenagentur Reuters schreibt in einem Artikel vom Juli 2018, dass es Monate, nachdem der Irak den Sieg über den IS erklärt habe, zu einem Comeback der IS-Kämpfer komme, die ungezielte Entführungen und Tötungen durchführen würden. Es sei seit den Wahlen vom Mai 2018 zu einem Anstieg der Entführungen und Tötungen im Irak gekommen, vor allem in den Provinzen Kirkuk, Diyala und Salahuddin, was darauf hindeute, dass die Regierung wieder durch den IS unter Druck gerate. Der Vorsitzende des Provinzrates von Diyala habe angegeben, dass der IS derzeit im Vorteil sei. Die Terroristen würden sich in kleinen Gruppen bewegen, die schwer aufzuspüren seien. Der IS habe sich in den Hemrin-Bergen neu formiert, die sich von Diyala über das nördliche Salahuddin bis ins südliche Kirkuk erstrecken würden. Diese Gegend werde als Dreieck des Todes bezeichnet:

„Months after Iraq declared victory over Islamic State, its fighters are making a comeback with a scatter-gun campaign of kidnap and killing. […]

Iraq has now seen an increase in kidnappings and killings, mainly in the provinces of Kirkuk, Diyala, and Salahuddin, since it held an election in May, indicating the government will come under renewed pressure from a group that once occupied a third of the country during a three-year reign of terror. […]

Diyala Provincial Council Chairman Ali al-Dani said the advantage currently lay with Islamic State. ‘The terrorists now are moving in small groups that are hard to track. Intelligence work is needed,’ he said. […]

The militants have regrouped in the Hemrin mountain range in the northeast, which extends from Diyala, on the border with Iran, crossing northern Salahuddin and southern Kirkuk, and overlooks Iraq’s main highway. Officials describe the area as a ‘triangle of death’.“ (Reuters, 24. Juli 2018)

Die International Review, ein laut eigenen Angaben Non-Profit-Projekt von Freiwilligen mit internationalem Fokus veröffentlicht im März 2019 einen Artikel von Trent Schoenborn, der auf den Irak und den Krieg in Syrien spezialisiert ist, zur Sicherheitslage in Diyala. Laut Schoenborn sei Diyala früher eine ruhige und ziemlich sichere Provinz gewesen, seit 2017 sei es jedoch nach der Rückeroberung von Hawija und der Krise in Kirkuk zu einem beträchtlichen Anstieg an terroristischen Vorfällen in den ländlichen Gebieten gekommen. Das Gebiet sei zuvor von der kurdischen Regionalregierung verwaltet und von Sicherheitskräften der Demokratischen Partei Kurdistans beschützt worden, aber diese Personen seien alle geflohen, als die föderalen Truppen zur gleichen Zeit wie in Kirkuk einmarschiert seien. Das Weggehen der kurdischen Sicherheitskräfte habe ein Vakuum zurückgelassen, das nur langsam und teilweise von den irakischen Sicherheitskräften gefüllt worden sei. Es sei eine klare Chance für aufständische Gruppen gewesen, sich zu etablieren. Seit dem Sommer 2018 sei es zu einer Serie von Bombenanschlägen, Ermordungen und Scharmützeln mit lokalen Sicherheitskräften gekommen („a campaign of bombings, assassinations, and skirmishes against local security forces have escalated“), da sich Zellen des IS in der Gegend zwischen Jalawla und Khanaqin sowie in den Bergen zwischen Tuz Khurma und Sulayman Bek angesiedelt hätten. Diese Serie habe sich bis in den Jänner 2019 gezogen und habe sich in Diyala, wo das Sicherheitsvakuum nach wie vor ein wichtiges Thema sei, sogar noch weiter verstärkt. Das Gebiet um Khanaqin sei ein Zufluchtsort für IS-Zellen geworden, die sich dort eingenistet hätten („have dug in“) und wegen des Mangels an Sicherheitskräften die Berge fest im Griff hätten. Die Auswirkungen dieser Angriffe seien begrenzt und sie würden nur zu wenigen Opfern führen, aber die Häufigkeit, mit der sie vorkämen, sei im Steigen begriffen. Die EinwohnerInnen von Jalawla und Khanaqin würden sich in den sozialen Medien und lokalen Nachrichtensendern über die zunehmende Regelmäßigkeit von Angriffen beklagen und fordern, dass kurdische Sicherheitskräfte unabhängig von den föderalen Kräften Maßnahmen ergreifen sollten, weil nach Ansicht der EinwohnerInnen die föderalen Kräfte nicht in der Lage seien, das Problem zu bewältigen. Es habe Behauptungen gegeben, dass mehrere Dörfer unter die physische Kontrolle des IS geraten sein, und diejenigen, die in die größeren Städte geflohen seien, hätten Angst um ihre Sicherheit und ihr Leben angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage geäußert. Ein paar lokale EinwohnerInnen, mit denen International Review gesprochen habe, die aber anonym hätten bleiben wollen, hätten mitgeteilt, dass Angriffe der Aufständischen mit leichten Waffen und Mörser üblicher geworden seien und sich die Art und Weise von Entführungen verändert habe. Während früher Entführer oft Lösegeld von den Familien der Opfer verlangt hätten, seien die Opfer bei den jüngsten Fällen häufiger tot aufgetaucht. Die Quellen hätten berichtet, dass viele derer, die exekutiert worden seien, aus prominenten lokalen Familien oder aus Familien von Sicherheitsbediensteten stammen würden, die wegen ihrer Verbindungen angreifbar seien. Angriffe auf Sicherheitskräfte seien auch immer kühner geworden, in Khanaqin selbst habe es Angriffe auf Sicherheitskräfte gegeben, die oft mit leichten Waffen und kleinen Sprengkörpern ausgeführt worden seien. Ähnlich habe sich die Situation in der Gegend von Sulayman Bek entwickelt, obwohl es in den letzten Wochen etwas weniger Angriffe durch den IS gegeben habe, was vielleicht auch darauf zurückgeführt werden könnte, dass Verstärkung aus Bagdad in die Gegend verlegt worden sei. Die irakischen Sicherheitskräfte in Diyala dürften nicht angemessen ausgestattet und vorbereitet sein für die Aufgabe, Zellen der Aufständischen auszumerzen. Lokale EinwohnerInenn hätten sich beständig über das Fehlen von Sicherheitspatrouillen beschwert, selbst auf stärker befahrenen Straßen, und hätten damit begonnen, mit eigenen improvisierten Milizen zu kämpfen. Viele würden die Rückkehr der Peschmerga fordern und seien der Ansicht, dass diesen Kräften eine Schlüsselrolle dabei zukomme, wieder Sicherheit in die Region zu bringen. Das Maß an Vertrauen zwischen den lokalen EinwohnerInnen und den irakischen Sicherheitskräften zusammen mit den sie unterstützenden Volksmobilisierungseinheiten („Hash’d al-Shaabi“) sei gering, und das fehlende Vertrauen trage fast mit Sicherheit zu der Atmosphäre der Unsicherheit bei:

„Previously a quiet and fairly secure province, Diyala has seen a significant increase in terror incidents in its rural regions since 2017, following the recapturing of Hawija and the crisis in Kirkuk. The territory was previously administered by KRG [Kurdistan Regional Government] officials and protected by KDP security forces [Kurdistan Democratic Party], but these elements fled when federal troops entered the province simultaneously as they did so in Kirkuk. The departing Kurdish security forces left behind a vacuum that was slowly, only partially filled by Iraqi Security Forces (ISF) brigades, and the opportunity for insurgent groups to establish themselves was clear. Operations against IS elements in rural Kirkuk province continue to the present day, waxing and waning in intensity.

Since this past summer, a campaign of bombings, assassinations, and skirmishes against local security forces have escalated as IS cells have established themselves in the countryside between Jalawla and Khanaqin, as well as the mountains around Tuz Khurma and Sulayman Bek. This insurgency has continued into January, and has intensified even further in Diyala, where the security vacuum continues to be a significant issue. The countryside of Khanaqin has become a haven for IS cells, who have dug in and have a firm grip on the mountains due to the lack of security personnel. While the effects of these attacks are limited and cause relatively few casualties, the rate at which incidents are occurring is rising.

Residents of Jalawla and Khanaqin have taken to social media and local news channels, complaining about the increasing regularity of attacks and demanding that Kurdish security forces take action independent of federal forces, claiming that federal forces are incapable of dealing with the problem. Claims that several villages have come under the physical control of IS forces have floated around, and those fleeing to the larger towns have expressed fears for their safety and their lives with the worsening security situation. Speaking to a couple of local residents, who expressed a wish to remain anonymous, International Review has been told that small arms and mortar attacks by the insurgents have become more common, and that the nature of kidnappings has changed. Whereas previous kidnapping perpetrators would often demand a ransom from the victims’ families, recent kidnapping victims have more often than not been turning up dead. The sources report that many of those executed are either from prominent local families or from the families of security agents, who are vulnerable due to their connections. Attacks on security forces have also become increasingly bold, as Khanaqin itself has seen attacks on security forces, often perpetrated with small arms and small explosives. A similar scene has played out in the countryside of Sulayman Bek, though recent weeks have seen somewhat fewer IS attacks, owing perhaps to reinforcements moving into the region from Baghdad.

ISF [Iraqi Security Forces] and police forces in Diyala seem underequipped and underprepared for the task of rooting out insurgent cells. Locals have consistently complained about the lack of security patrols even on the more heavily-trafficked roads, and have resorted to fighting back on their own terms with their own impromptu militias. As previously stated, many demand the return of peshmerga forces, believing that the peshmerga are the key to reintroducing security into the region. The level of trust between locals and the ISF along with Hash’d al-Shaabi auxiliaries is low, and the lack of trust almost certainly contributes to the atmosphere of insecurity.“ (International Review, 22. März 2019)

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iMMAP, eine internationale NGO, die mit der Erstellung von Karten und Grafiken humanitäre Partner und Entwicklungsorganisationen unterstützt, veröffentlicht im Februar 2019 eine Karte, auf der das Risiko des Vorkommens von Sicherheitsvorfällen auf Straßen und in Camps in verschiedenen Provinzen dargestellt ist, unter anderem in der Provinz Diyala. Auf der Karte ist auch eine Straße von Erbil nach Diyala zu erkennen, die keine als „Risk Road“ bezeichneten Abschnitte aufweist:

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(iMMAP, 5. Februar 2019)

In dem oben bereits zitierten Bericht zur Sicherheitslage vom März 2019 schreibt EASO, dass der IS Berichten zufolge 2018 falsche Checkpoints in Diyala errichtet habe, um Personen zu entführen und Lösegeld zu fordern oder um sie hinzurichten:

„During the year ISIL [Islamic State of Iraq and the Levant] was reported to set up fake checkpoints in Diyala which it used to kidnap people for ransom or execute them.(EASO, März 2019a, S. 96)

Reuters schreibt in dem bereits erwähnten Artikel vom Juli 2018, dass es im Irak zu einem Anstieg von Tötungen und Entführungen gekommen sei, insbesondere in den Provinzen Kirkuk, Diyala, und Salahuddin. Im Juni 2018 sei es zu 83 Fällen von Entführung, Ermordung oder beidem in den drei Provinzen gekommen, wobei sich die meisten auf einer Schnellstraße („highway“) ereignet hätten, die Bagdad mit der Provinz Kirkuk verbinde. Bei einem solchen Vorfall im Juni 2017 seien drei Schiiten von Angehörigen des IS, die sich als Polizisten verkleidet hätten, bei einem Checkpoint auf der Straße entführt worden. Zehn Tage später seien ihre verstümmelten Leichen entdeckt worden, an denen Sprengstoff befestigt gewesen sei, um jene zu töten, die sie finden:

„Iraq has now seen an increase in kidnappings and killings, mainly in the provinces of Kirkuk, Diyala, and Salahuddin, since it held an election in May, indicating the government will come under renewed pressure from a group that once occupied a third of the country during a three-year reign of terror.

Last month saw at least 83 cases of kidnap, murder or both in the three provinces. Most occurred on a highway connecting Baghdad to Kirkuk province. In May, the number of such incidents in that area was 30, while in March it was seven, according to Hisham al-Hashimi, an expert on Islamic State who advises the Iraqi government.

In one incident on June 17, three Shi’ite men were kidnapped by Islamic State militants disguised as policemen at a checkpoint on the highway. Ten days later their mutilated corpses were discovered, rigged with explosives to kill anyone who found them.” (Reuters, 24. Juli 2018)

The National, eine von der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate aufgekaufte Tageszeitung aus Abu Dhabi, schreibt in einem Artikel vom Juli 2018, dass die Unfähigkeit der Sicherheitskräfte, eine Schnellstraße („highway”) zwischen Bagdad und den nördlichen Provinzen abzusichern, verdeutliche, wie militante Schläferzellen die Sicherheit untergraben könnten, selbst wenn in großen Teilen des Landes relativer Frieden wieder einziehe. Über Monate hätten fliegende Checkpoints, Hinterhalte und Entführungen von Aufständischen auf der Straße, die Bagdad und Kirkuk verbinde, Reisende terrorisiert und zu einer größeren Militäroperation in der Woche vor Veröffentlichung des Artikels geführt. Ein Taxifahrer, der täglich von Bagdad nach Kirkuk fahre, habe angegeben, dass es immer riskanter werde, nach Bagdad zu fahren und er nur noch bei Tageslicht fahre. Man höre immer mehr von Entführungen und falschen Checkpoints des IS:

Nearly a year after the Iraqi prime minister declared victory over ISIS in Mosul, the inability of security forces to secure a major highway linking Baghdad to northern provinces is highlighting how militant sleeper cells can undermine security even as relative peace returns to much of the country. For months an ongoing campaign of flying checkpoints, ambushes and kidnappings by militants on the highway linking the capital to the northern oil city of Kirkuk has terrorised travellers, and prompted the launch of a major military operation last week. […]

‘Driving to Baghdad is getting riskier every day and we only drive during daylight because now it is impossible to drive after sunset,’ said Hussain, a 56-year-old taxi driver who makes daily journeys between Baghdad and Kirkuk. ‘We hear about more and more kidnappings and fake checkpoints by Daesh, we don't know how long it will go on like this and at what point it becomes the Highway of Death again.’” (The National, 7. Juli 2018)

Allgemeine Informationen zum Zugang von Provinzen und zur Straßensicherheit

In einem im Februar 2019 veröffentlichen Bericht zur Binnenmobilität schreibt EASO unter Bezug auf unterschiedliche Quellen aus den Jahren 2017 und 2018, dass das Passieren von Checkpoints Alltag im Irak sei. Man benötige dafür Ausweispapiere, um seine Identität nachweisen zu können. Checkpoints würden häufig von verschiedenen bewaffneten, der Regierung nahestehenden Akteuren betrieben, wobei die Regeln unklar seien und die „Willkür“ derjenigen, die den Checkpoint betreiben würden, vorherrsche. Laut Angaben des Welternährungsprogramms vom Mai 2018 werde die Straßensicherheit vom andauernden Konflikt beeinflusst und es komme zu nicht vorhersagbaren Änderungen bezüglich der Zugänglichkeit. Bei der Review des EASO-Berichts habe Geraldine Chatelard vom Institut français du Proche-Orient angemerkt, dass es permanente Checkpoints beim Zugang zu allen Provinzen und auf allen Hauptstraßen gebe. Im Zentral- und Südirak würden diese Checkpoints von der föderalen irakischen Polizei betrieben. Zwischen den Provinzen der Autonomen Region Kurdistan würden die Checkpoints von der kurdischen Asayesh [Inlandsgeheimdienst der Autonomen Region Kurdistan, Anm. ACCORD] betrieben. Weitere permanente Checkpoints gebe es bei der Zufahrt aller größeren Städte, die von der lokalen Polizei betrieben würden. Es gebe weitere permanente oder temporäre Checkpoints an verschiedenen Durchgangsstraßen innerhalb von Städten und beim Betreten von Verwaltungsgebäuden und Komplexen (etwa Flughäfen). In Bagdad und anderen Städten werde der Zugang zu ganzen Nachbarschaften möglicherweise durch eine Reihe von Checkpoints kontrolliert, wobei manchmal nur den Inhabern spezieller Genehmigungen der Zugang gestattet werde. Identitätsüberprüfungen würden nicht systematisch durchgeführt und würden vom Sicherheitslevel abhängen. Sollten sie durchgeführt werden, müssten Reisende verschiedene Ausweispapiere vorweisen. Für Regierungsangestellte sei vielleicht ein Berufsausweis („professional card“) ausreichend, in anderen Fällen müssten Reisende möglicherweise verschiedene Ausweisdokumente vorweisen, zumindest ihren irakischen Personalausweis und ihre Staatsbürgerschaftskarte. Bei Reisen zwischen Provinzen könnte von Reisenden die Vorlage eines Rechtfertigungsschreibens („written justification“) mit der Angabe des Grundes für die Fahrt in eine bestimmte Provinz gefordert werden, etwa von ihrem Arbeitgeber, ein Bescheinigung eines Krankenhauses, oder besser noch, ein Brief der Organisation oder öffentlichen Einrichtung, die sie in der Provinz, in die sie fahren wollten, besuchen würden. Dies sei im ganzen Irak der Fall und unabhängig von ethnischer und religiöser Zugehörigkeit. Es gebe Bewegungen von Sunniten in Gebiete mit schiitischer Mehrheit und umgekehrt. Es gebe auch Bewegungen zwischen der Autonomen Region Kurdistan und dem Rest des Iraks. Allerdings sei das Reisen ohne ordnungsgemäße Papiere riskant. Wenn man der gleichen ethnisch-religiösen Gruppe angehöre wie die bewaffnete Gruppe, die den Checkpoint betreibe, sei das für das Passieren des Checkpoints ohne ordnungsgemäße Papiere förderlich. In den Provinzen, die vom IS zurückerobert worden seien, sei die Situation besonders, da verschiedene Volksmobilisierungseinheiten Checkpoints an den Haupt- und Nebenstraßen errichtet hätten, um die Kontrolle über das Gebiet und die Bewegungen darin zu erlangen. Außerdem würden zwischen der Autonomen Region Kurdistan und Ninewah, Kirkuk, Salah el-Din und Diyala Checkpoints von der Asayesh betrieben, um den Zugang zur Autonomen Region zu kontrollieren. In Sichtweite seien andere Checkpoints, die von der föderalen irakischen Polizei betrieben würden, um den Zugang zu den aufgezählten Provinzen zu kontrollieren. Hier seien die Identitätsüberprüfungen systematisch. Laut Informationen des Direktors der Minority Rights Group International (MRGI) vom April 2017 könnten Checkpoints von einer Vielzahl von verschiedenen Milizen betrieben werden, die oftmals verschiedene „konfessionelle oder ethnische Identitäten“ hätten. Er habe die Meinung vertreten, dass es nicht möglich sei, sich im Land zu bewegen, außer wenn die Ausweispapiere in Ordnung seien und man in vielen Fällen der richtigen ethnischen oder religiösen Gruppe angehöre, was einem den Zugang zu einer bestimmten Region oder Provinz des Irak ermögliche und direkte Auswirkungen auf die Sicherheit der Einzelpersonen habe. Die Sicherheitskräfte an den Checkpoints würden die Namen der Menschen mit Datenbanken von Personen abgleichen, die wegen mutmaßlicher Verbindungen zum IS gesucht würden. Die Personen könnten nach Angaben von HRW festgenommen oder Opfer von Verschwindenlassen werden und würden Inhaftierung riskieren. Ein lokaler Polizist in Ninewa habe 2018 erklärt, dass eine Person, die eine Nachbarschaft besuchen wolle, nach ihrem Personalausweis gefragt werde, der von der Polizei einbehalten werde, bis die Person wieder gehe. Wenn die Person keinen Personalausweis habe, werde die Familie angerufen, um die Ausweispapiere zu bringen. Sollte dies nicht erfolgen, werde die Person als „verdächtig“ angesehen, der Muchtar [ein Beamter auf lokaler Ebene, Anm. ACCORD] werde zur Rate gezogen und die Polizei könne der Person den Zutritt gewähren. Es gebe offizielle Anweisungen, diese würden aber nur selten in der Praxis umgesetzt. Ein Mitarbeiter der norwegischen Botschaft, der für einen Bericht von Landinfo 2017 interviewt worden sei, habe angegeben, dass Sunniten größere Schwierigkeiten hätten, Checkpoints zu passieren, da sie wegen des Verdachts, mit dem IS zu sympathisieren, das Ziel willkürlicher Verhaftungen werden könnten und dadurch Opfer von Übergriffen werden könnten. UNHCR habe im April 2017 die Einschätzung getroffen, dass sunnitische Araber und sunnitische Turkmenen aus vormaligen Gebieten des IS Berichten zufolge insbesondere dem Risiko ausgesetzt seien, beim Passieren von Checkpoints auf Straßen zwischen Provinzen und auf der Straße zwischen dem Flughafen von Bagdad und der Stadt selbst Opfer von diskriminierender Behandlung zu werden. Korruption und Bestechungsgelder an Grenzübergängen und größeren Checkpoints im Landesinneren seien Berichten zufolge sehr weit verbreitet. Ein paar politische Parteien und paramilitärische Gruppen seien in Menschenhandel und Drogenschmuggel involviert. Offizielle Sicherheitskräfte und private Gruppen würden Berichten zufolge häufig Deals aushandeln, um Checkpoints zu kontrollieren und damit an „informelle Steuern“ zu gelangen. Das UK Foreign Office beschreibe das Fahren auf Straßen wegen Bomben am Straßenrand, Angriffen auf Fahrzeuge, falschen Checkpoints und Raubüberfällen als höchst gefährlich. Die Schnellstraße („highway“) zwischen Bagdad und Kirkuk werde von verschiedenen Quellen als besonders gefährlich beschrieben, mit falschen Checkpoints des IS und Berichten über Entführungen von ZivilistInnen und Sicherheitskräften im Jahr 2018:

„Crossing checkpoints is a daily fact of life in Iraq; passing through checkpoints requires giving one’s identity by providing identification papers. Checkpoints are frequently run by different armed actors aligned with the government with unclear rules and subject to the ‘whims’ of those running the checkpoint. According to the World Food Programme (WFP), road security is impacted by the ongoing conflict and ‘unpredictable variations on accessibility’ occur, with ISF [Iraqi Security Forces] and Kurdish forces controlling areas with various checkpoints. Geraldine Chatelard noted in her review of this report that:

‘Permanent check points are set at the entrance of all governorates on all main roads. In the Central and Southern regions, they are manned by the Federal Iraqi Police. Between governorates of KRI [Kurdistan Region of Iraq], they are manned by the Kurdish Asayesh. Other permanent checkpoints are set at the entrance of all major cities, manned by the local police. There are other permanent or temporary checkpoints on several thoroughfares inside cities, and to enter administrative buildings or complexes (such as airports). In Baghdad and other cities, access to entire neighbourhoods may be controlled through series of checkpoints, at times with access restricted to special permit holders as in Baghdad’s International Zone. Identity controls are not systematic and depend on the level of security. If and when prompted, travellers need to present identity papers which may be of different kinds: for government employees, a professional card may be enough. In other cases, travellers may be asked to provide several identity documents, at the least their national ID and their citizenship card. In case of travel between provinces, travellers may be asked to present a written justification (such as a letter from their employer, a certificate from a hospital, or, better, a letter from the organisation or public body they will visit in the governorate they are seeking to enter into) of their reason for traveling to a certain province. This is the case throughout Iraq and regardless of ethno-religious affiliation. There are movements of Sunnis to Shiite majority areas, and vice versa. There are also movements between KRI and the rest of Iraq. However, moving without the proper documentation is risky and being from the same ethno-religious group as the armed forces manning a particular check-point does facilitate passage in the case of absence of proper documentation.

There is a specific situation in the governorates retaken from ISIS [The Islamic State of Iraq and al-Sham], where several PMU [Popular Mobilization Units] militias have set checkpoints on main and secondary roads as a way to establish control on the territory and movements. Remarks below are most relevant in that specific context.

Furthermore, between KRI and Ninewah, Kirkuk, Salah el-Din and Diyala, the Asayesh (Kurdish security police) man checkpoints controlling access to KRI, and within visual distance there are other checkpoints manned by the Iraqi Federal Police to control access into these governorates. There, identity controls are systematic’.

According to the Director of Minority Rights Group International (MRG) who spoke at an EASO meeting of Iraq COI experts in April 2017, checkpoints may be run by a variety of different militias, often with ‘different sectarian or ethnic identities’ and giving the opinion that ‘it has become impossible to move around in the country unless your paperwork is in order and unless in many cases you are from the right ethnic or religious group that enables you to have access to that particular region or governorate of Iraq’ and having ‘immediate consequences for the safety of individuals’. Security forces at checkpoints reportedly run people’s names through names databases of wanted persons suspected of IS affiliation, and according to Human Rights Watch can be detained and disappeared or risk detention. A local Ninewa police officer interviewed by the conflict monitoring organisation, the Ceasefire Centre for Civilian Rights, in 2018 gave a similar explanation that when a new person visits the neighbourhood, police ask for their ID and retain it until the person leaves again. If they do not have an ID, their family will be called to bring ID documents; if they do not, they are seen as a ‘suspect’ and the local mukhtar will be consulted and police may bring the person in. These are official instructions, but they are rarely implemented in practice.

A Norwegian Embassy official interviewed by Landinfo for a 2017 report stated that at checkpoints, Sunnis have more difficulty crossing checkpoints as they can be particularly targeted for arbitrary arrest on suspicion of sympathy with ISIL and as such may be subjected to abuse. UNHCR gives the assessment that Sunni Arabs and Sunni Turkmen from former ISIL-areas are reportedly particularly ‘at risk of discriminatory treatment’ when crossing checkpoints through road movements between governorates and between Baghdad airport and the city.

Corruption and bribery at border control points and major internal checkpoints is reportedly ‘rampant’ with some political parties and paramilitary groups being involved in human trafficking and drug smuggling. Official security forces and private groups reportedly often make deals to control checkpoints in order to extract ‘informal taxation’.

Road travel in Iraq is described by the UK Foreign Office as highly dangerous, due to continued road side bombings and attacks on vehicles, false checkpoints, and robbery. The highway between Baghdad and Kirkuk is described by sources as particularly dangerous, with fake ISIL checkpoints and incidents of kidnappings of civilians and security forces reported during 2018.” (EASO, Februar 2019, S. 17-19)

Rückkehr und Niederlassungsmöglichkeit

Im Rahmen ihrer Displacement Tracking Matrix (DTM) veröffentlicht die Internationale Organisation für Migration (IOM) Zahlen zu registrierten Binnenvertriebenen und Rückkehrern im Irak, aufgeschlüsselt nach Provinzen und Distrikten. Mit Stand 28. Februar 2019 gebe es in der Provinz Diyala 58.254 intern Vertriebene (IDPs), insbesondere in den Distrikten Baquba (24.084) und Khanaqin (17.406). Ca. 50.000 der IDPs stammten aus Diyala selbst, und ungefähr 20.000 der IDPs seien im Juni und Juli 2014, 8.000 im August 2014 und 23.000 im Zeitraum September 2014 bis März 2015 vertrieben worden.

Mit Stand Februar 2019 gebe es 223.326 Rückkehrer in die Provinz, insbesondere in die Distrikte Khanaqin, Al-Khalis und Al-Muqdadiya. In den Distrikten Baladrooz und Baquba habe es keinerlei Rückkehr gegeben.

Insgesamt seien noch 86.688 Personen aus Diyala als vertrieben registriert. Neben den bereits erwähnten 49.932 IDPs, die in Diyala selbst verblieben seien, gebe es auch 27.738 aus Diyala in Sulaymanniah, 4.506 in Kirkuk, 1.476 in Bagdad, 1.416 in Salah-al-Din, 504 in Wassit, 426 in Erbil, 216 in Basra, 150 in Kerbala, 96 in Missan, 66 in Qadissiya, 54 in Thi-Qar, 42 in Najaf, 30 in Muthanna, 24 Personen in Babel und 12 in Ninewa:

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(IOM, Stand 28. Februar 2019a)

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(IOM, Stand 28. Februar 2019b)

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(IOM, Stand 28. Februar 2019c)

In dem im Jänner 2019 veröffentlichten Bericht zur Sicherheitslage in Diyala mit Stand November 2018 schreibt Landinfo, dass sunnitische Araber, seitdem der IS in der Provinz Fuß gefasst habe, verdächtigt würden, mit ihm unter einer Decke zu stecken oder zu sympathisieren. Nach der Flucht Tausender ZivilistInnen vor dem IS und nach den Kampfhandlungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und den Volksmobilisierungseinheiten und dem IS sei vielen Sunniten die Rückkehr verweigert worden. Mit Stand 2018 sei unklar, wie viele immer noch nicht nach Baquba und Muqdadiya zurückgekehrt seien. Eine Umfrage aus dem Jahr 2018 von Reach und der Returns Working Group unter Binnenvertriebenen und Rückkehrern in Muqdadiya habe darauf hingewiesen, dass es für sunnitische Araber problematisch sei, dorthin zurückzukehren:

„SUNNIMUSLIMER

Sunnimuslimske arabere har helt siden ISIS slo rot i Diyala, blitt mistenkt for å stå i ledtog med gruppen, eller for å sympatisere med den. Etter at flere tusen sivile flyktet fra ISIS, og som følge av kamphandlingene mellom ISF/PMU og ISIS, har mange sunnier blitt nektet retur. Det er i dag uvisst hvor mange som fortsatt ikke har returnert til Baquba og Muqdadiya. Men REACH og RWG [Returns Working Group] sin (2018a) undersøkelse blant internt fordrevne og returnerte i Muqdadiya tilsier at det er problematisk for sunnimuslimske arabere å returnere dit. (Landinfo, 8. Jänner 2019, S. 18-19)

In dem bereits zitierten Bericht zur Sicherheitslage vom März 2019 schreibt EASO, dass das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, UN OCHA) im November 2018 angemerkt habe, dass viele RückkehrerInnen, unter anderem in Diyala, denen Verbindungen zu Extremisten nachgesagt würden, bei ihrer Rückkehr gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben worden seien, was zu einer sekundären Vertreibung geführt habe, wobei ihre Besitztümer zerstört oder beschlagnahmt worden seien. Ein leitender Forscher für Human Rights Watch (HRW) zum Irak habe im Jänner 2019 angegeben, dass in manchen sunnitischen Gebieten von Diyala Personen mit unterstellten Verbindungen zum IS eine Rückkehr durch die schiitischen Volksmobilisierungseinheiten verweigert werde. Das sei nicht weit verbreitet, sei aber in den IS-anfälligen Gebieten („ISIL-insecure pockets“) um Muqdadiyah, Saadiyah und Jalawla vorgekommen, wo eine Rückkehr manchmal an eine zwangsweise Rekrutierung in Stammeseinheiten („to tribal forces“) geknüpft sei, die sich an Patrouillen und Nachbarschaftswachen beteiligen würden. Diejenigen, die sich an den täglichen Patrouillen beteiligen würden, würden kein Gehalt beziehen, sondern würden gezwungen, dies gratis zu tun. Vertreter von Kirkuk Now, die während einer Fact-Finding-Mission von DIS und Landinfo im April 2018 in die Autonome Region Kurdistan interviewt worden seien, hätten angegeben, dass Familien, die IS-Verwandte hätten, Probleme in den befreiten Gebieten hätten. Es habe insbesondere in Diyala und Salah al-Din Vorfälle gegeben, in denen Opfer von Verbrechen des IS Personen mit IS-Verbindungen in deren Familien ins Visier genommen hätten und Blut für Blut gefordert hätten. Sie hätten gedroht, Familienmitglieder aus Rache zu töten, da der IS Mitglieder ihrer Familien getötet habe. In anderen Fällen hätten die Familien der Opfer gefordert, dass die Familien von IS-Mitgliedern aus der Gegend ziehen müssten oder ihre Häuser zerstört würden:

„In November 2018 UNOCHA [United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs] noted that ‘many returnees— in Anbar, Salah al-Din, Kirkuk, Diyala and Ninewa—who are alleged to be affiliated with extremists have been forcibly evicted from their homes upon return, resulting in their secondary displacement, with their properties destroyed or confiscated.’

According to a Senior Researcher on Iraq for Human Rights Watch, in some Sunni areas of Diyala, persons with perceived ISIL links are prevented from returning by Shia PMUs [Popular Mobilization Units]. It is ‘not widespread’ but has happened in ISIL-insecure pockets around Muqdadiyah, Saadiyah, and Jalawla, where some returns are conditional on forced recruitment to tribal forces engaged in patrols and neighbourhood watch. Those who join take part in daily patrols without receiving a salary; but are ‘forced to do it for free’.

Representatives of Kirkuk Now that were interviewed during the DIS [Danish Immigration Service]/Landinfo April 2018 FFM [Fact Finding Mission] to KRI [Kurdistan Region of Iraq] stated that ‘families who have ISIS-relatives have experienced problems in the liberated areas. There have been incidents especially in Diyala and Salah al-Din where victims of ISIS [Islamic State of Iraq and Syria]’ crimes have targeted persons with ISIS-affiliation in their families in a blood-for-blood demand. They have threatened to kill members of the families as revenge, because ISIS has killed members of their families. In other cases the victims’ families have demanded that families to ISIS-members had to move away from the area, or that their homes were destroyed.’“ (EASO, März 2019a, S. 95-96)

In dem bereits zitierten Bericht vom März 2019 zum Vorgehen staatlicher und nicht-staatlicher Akteure gegen Einzelpersonen schreibt EASO, dass laut einem UNHCR-Bericht vom Juli 2018 weiterhin über Fälle von Rekrutierung von Rückkehrern in regierungstreue bewaffnete Gruppen in Teilen von Diyala und Ninewa berichtet worden sei. Mehrere Berichte würden angeben, dass Gruppen, die diese Gebiete kontrollieren würden, eine Rückkehr davon abhängig machen würden, ob die Familien ein männliches Familienmitglied oder mehrere für die Gruppen abstellen würden. Im Oktober 2016 habe Amnesty International berichtet, dass sunnitische Binnenvertriebene in Teilen von Diyala und Salah al-Din durch bürokratische Verfahren und Erfordernisse sowie Einschüchterungen, darunter Entführungen, willkürliche Verhaftungen und außergerichtliche Hinrichtungen, an einer Rückkehr in ihre Städte und Dörfer gehindert worden seien:

„In a July 2018 report UNHCR noted ‘incidents of recruitment of returnees into government-affiliated armed groups continue to be reported in parts of Diyala and Ninewa. According to some reports, groups who control the areas make returns conditional on the commitment of families to enlist one or more male family members.’ […]

In October 2016 Amnesty International reported that Sunni IDPs have been prevented from returning home: ‘In parts of Diyala and Salah al-Din governorates, Sunni IDPs have been prevented from returning to their towns and villages through a mix of complicated bureaucratic procedures and requirements, and intimidatory tactics, including abductions, arbitrary detention and, in the case of Diyala, even extrajudicial executions.’” (EASO, März 2019b, S. 39-40)

In dem im Februar 2019 veröffentlichen Bericht zur Binnenmobilität schreibt EASO, IOM habe dem Danish Immigration Service (DIS) und Landinfo im November 2018 gegenüber angegeben, dass es keine Rückkehr nach unter anderem Diyala empfehle. Quellen würden berichten, dass 2017 Hunderte Familien, die verdächtigt worden seien, Verbindungen zum IS zu haben, unter anderem in Diyala gewaltsam vertrieben worden seien. UNHCR habe im April 2018 über Fälle von Familien berichtet, die verdächtigt worden seien, Verbindungen zum IS zu haben und denen von lokalen oder ihren eigenen Stämmen nicht gestattet worden sei, zurückzukehren:

„IOM stated to DIS/Landinfo in November 2018 that it does not recommend returns to Ninewa, Anbar, Salah al-Din and Diyala.” (EASO, Februar 2019, S. 45)

„Sources report that in 2017, local officials forcibly displaced ‘hundreds’ of families with suspected links to ISIL in Anbar, Babel, Diyala, Salah al Din, and Ninewa. UNHCR reported on cases of families with suspected ISIL links being banned from returning by local tribes or their own tribes.(EASO, Februar 2019, S. 48)

Die US-amerikanische Tageszeitung Washington Post schreibt in einem Artikel vom Jänner 2019, dass Iraks große und gut bewaffnete schiitische Milizen jetzt viele der sunnitischen Gebiete kontrollieren würden, bei denen sie geholfen hätten, sie vom IS zu befreien. Die Milizen würden laut Analysten auch entscheiden, welche sunnitischen Familien nach Hause zurückkehren dürften. In verschiedenen Städten hätten Milizführer die lokalen Räte dazu gebracht, die Eigentumsrechte der Sunniten für ungültig zu erklären mit der Begründung, sie hätten den IS unterstützt. Dies habe zu größeren demographischen Verschiebungen in gemischt sunnitisch-schiitischen Gebieten geführt, wie zum Beispiel in Hilla und Diyala:

Iraq’s large and well-armed Shiite militias are now running many of the Sunni areas they helped liberate from the Islamic State, fostering local resentments that could fuel a resurgence of support for the extremist group. […]

The militias are also deciding which Sunni families are allowed to return to their homes following battles against the Islamic State, say analysts who study the groups. In several towns, militia leaders have compelled local councils to invalidate the property rights of Sunnis on the grounds that they supported the Islamic State. The practice has led to major demographic changes in traditionally mixed Sunni-Shiite areas such as Hilla and Diyala.(Washington Post, 9. Jänner 2019)

 


 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 10. April 2019)