Anfragebeantwortung zu China: Psychische Gesundheitsversorgung (posttraumatische Belastungsstörungen, dissoziative Störungen) [a-10949-1]

4. April 2019

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Chee-Ruey Hsieh, Professor im Bereich Gesundheitsökonomie an der School of Economics der Universität von Nottingham Ningbo (in China befindlicher „Übersee-Campus“ der Universität von Nottingham) und Ko-Autor einer wissenschaftlichen Arbeit zum Thema psychische Gesundheitsversorgung in China ist, wurde zum Thema Behandlung von dissoziativen Störungen und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) befragt. Hsieh leitete die Frage an seine PhD-Studentin Fei Deng weiter, die laut Hsieh die School of Public Health der Universität Fudan (Shanghai) absolviert habe und im Shanghai Mental Health Center tätig sei. Frau Deng schreibt auf die Frage, ob dissoziative Störungen und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) in China behandelt werden können, dass dies der Fall sei. Sie merkt jedoch weiters an, dass es in China nur PsychiaterInnen gestattet sei, Medikamente zur Behandlung psychischer Störungen zu verschreiben, daher sei ein solcher Service nur an jenen Stellen verfügbar, an denen PsychiaterInnen beschäftigt seien. In China gebe es allerdings keine gleichmäßige Abdeckung von PsychiaterInnen. In den großen Städten an der Ostküste sei die durchschnittliche Zahl an PsychiaterInnen höher als 13 pro 100.000 Einwohner, während diese Zahl in den westlichen Provinzen niedriger als eine(r) pro 100.000 Einwohner sei. Personen, die in einem Bezirk ohne PsychiaterInnen leben würden, müssten für eine psychiatrische Behandlung in die übergeordnete Gemeinde gebracht werden.

Auf die Frage, ob die Behandlung leistbar sei, gebe es laut Deng keine einfache Antwort. Bezüglich ambulant verschriebener Medikamente sei zu sagen, dass für solche Behandlungen normalerweise Medikamentenkosten von weniger als 100 US-Dollar [entspricht etwa 89 EURO, Anmerkung ACCORD] pro Monat anfallen würden, und dass die Auslagen des Patienten innerhalb des Rahmens des staatlichen Krankenversicherungsprogramms, das mehr als 95 Prozent der Bevölkerung abdecke, nur einen kleinen Prozentsatz der Medikamentenkosten ausmache. Die Erschwinglichkeit einer stationären Versorgung zu beurteilen sei schwieriger, da eine solche sehr unterschiedlich gestaltet sein könne. Für bedürftige Teile der Bevölkerung gebe es zusätzliche Regelungen zur Deckung der für die Behandlung psychischer Erkrankungen anfallenden Gebühren. Diese Regelungen würden jedoch von Region zu Region stark variieren:

„Yes, it could be treated in China. In China, only psychiatrists are allowed to prescribe any medication treating mental disorders, so service is only available where you have psychiatrists. The distribution of psychiatrists in China is not that evenly. In the large east-coast cities, the average number of psychiatrists exceeds 13 per 100,000 population, whereas that number is below 1 per 100,000 population in the western provinces. If you live in a county without psychiatrists, you have to take the patient to the upper-level municipal to seek mental health treatment.

There is not a simple answer whether the treatment is affordable. Let's limit the cost to direct outpatient medication cost first. Usually, medication cost is less than 100 USD per month, and under public medical insurance program that covers more than 95% population, the out-of-pocket expense only accounts for a small percentage of the medication fees. It is harder to judge the affordability of inpatient service because it is more heterogeneous. For the destitute population, there is additional policy to cover their treatment fees for mental illness but the policy varies dramatically across different regions.” (Deng, 3. April 2019)

Es konnten keine weiteren Informationen konkret zur Behandlung von PTBS und dissoziativen Störungen in China gefunden werden. Im Folgenden finden sich Informationen zur Behandlung psychischer Erkrankungen in China:

 

In einem im Jänner 2018 veröffentlichten Journal, herausgegeben von der Oxford University Press und der London School of Hygiyene & Tropical Medicine, findet sich ein mit Oktober 2017 datierter Artikel zum Thema psychische Gesundheitsversorgung in China. Darin halten die Autoren Di Lang, Vickie M. Mays und Wei-Chin Hwang unter Verweis auf verschiedene Quellen fest, dass China bezüglich der Eliminierung von Versorgungslücken im Bereich psychischer Erkrankungen nach wie vor großen Herausforderungen stehe. Bei häufig vorkommenden psychischen Erkrankungen sei der Kontakt zwischen Patienten und Anbietern psychischer Gesundheitsversorgung - oder auch zu allgemeinem medizinischen Personal - gering, ebenso wie die Bereitstellung von psychologischen Dienstleistungen wie evidenzbasierte Interventionen, das konsequente Fortsetzen von Behandlungen und das Dokumentieren von klinischen und sozialen Erfolgen der Pflege. Selbst bei schweren psychischen Erkrankungen sei die effektive Abdeckung gering. Bei der Abdeckung der psychischen Gesundheitsversorgung würden darüber hinaus weiterhin große Unterschiede zwischen ländlichen und urbanen Gebieten und zwischen den verschiedenen Regionen bestehen. Um den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verbessern, auch um das Problem der Stigmatisierung im Bereich psychischer Gesundheit zu reduzieren und Begleiterkrankungen im Bereich der physischen und psychischen Gesundheit zu bewältigen, sei argumentiert worden, dass die Integration von psychischen Gesundheitsdiensten in das allgemeine Gesundheitssystem Chinas, insbesondere in den Bereich der primären Gesundheitsversorgung, eine oberste Priorität darstellen müsse.

Die psychische Gesundheitsversorgung Chinas leide nicht nur unter Ressourcenmangel, sondern auch unter einer ungleichmäßigen Verteilung dieser Ressourcen in den städtischen und ländlichen Gebieten. Im Jahr 2006 seien Gebiete aufgedeckt worden, in denen es keine zur Verfügung stehenden Krankenhausbetten gegeben habe, davon seien etwa 41,9 Millionen Menschen betroffen gewesen. Es handle sich dabei vorwiegend um abgelegene ärmliche Regionen, in denen es nur wenige bis keine Fachkräfte für psychische Gesundheit gebe. In diesen nicht abgedeckten Gebieten würden vorwiegend ethnische Minderheiten wie beispielsweise Uiguren, Mongolen, Hui, Hmong und Tibeter leben. Im Zeitraum 2006 bis 2015 habe es in zwei Drittel der Bezirke Chinas nach wie vor keine PsychiaterInnen gegeben. Mit anderen Worten würden die Menschen in zwei Drittel der Bezirke Chinas, von denen die meisten Landbewohner seien, in andere Bezirke reisen müssen, um Leistungen der psychischen Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen zu können.

Die Kosten für die Leistungen der psychischen Gesundheitsversorgung würden direkt von den staatlichen Krankenkassen sowie durch Auslagen der Patienten getragen. Obwohl China derzeit über eine flächendeckende Gesundheitsversicherung verfüge, könne es weiterhin Probleme durch die Unterschiede bei den Versicherungsleistungen, durch die andauernden finanziellen Belastungen von Patienten und durch die Unsicherheiten über die zukünftige Abdeckung von Leistungen geben, die die Bemühungen um eine integrierte Versorgung behindern würden.

Derzeit erhalte nur ein kleiner Teil der einkommensschwachen Patienten eine kostenlose ambulante oder kostenlose stationäre Behandlung. Die Verbesserung der Erschwinglichkeit der Leistungen sowie die Reduzierung der Auslagen der Patienten müsse eine Priorität darstellen, wenn China es mit der Verbesserung des Zugangs und dem Abbau von Versorgungshindernissen ernst meine:

„Many challenges still exist in closing treatment gaps for both serious and common mental illnesses. For common mental disorders, contact (i.e. patients having contact with any general or mental healthcare providers) is low, as is provision of mental health services (i.e. delivery of evidence-based interventions, patient adherence to treatment and retention in care and clinical and social outcomes). Even for serious mental illnesses, the effective coverage is low. Large disparities also remain in mental health coverage between rural and urban areas and across regions (Patel et al. 2016). To improve access to care, reduce stigma, and manage physical and mental health comorbidities, it has been argued that integrating mental health services into China’s general healthcare system, especially the primary care sphere, needs to be a top priority (Tse et al. 2013; The Lancet 2015; Wong et al. 2014). […]

Mental health services in China suffer not only from a lack of resources, but also from inequitable distribution of those resources in urban vs rural areas (Chen et al. 2004; Xiao 2009; Hu et al. 2011; Liu et al. 2011a; Luo et al. 2014; Yang et al. 2015; Wang et al. 2016b). In 2006, ‘blank areas’ were uncovered in which no beds were available, affecting 41.9 million people (Ministry of Health of the PRC [People's Republic of China] 2008b). These regions are usually remote and poor and have few to no mental health professionals [e.g. in the Tibet Autonomous Region (TAR), no psychiatrists were available] (Cyranoski 2010). These uncovered areas are home to mainly ethnic minority groups (e.g. Uyghur, Mongolian, Hui, Hmong, Tibetan). From 2006 to 2015, although the number of mental health facilities (including psychiatric departments located in general hospitals) had grown from 1124 to 1650, two-thirds of counties in China still did not have psychiatrists (Ministry of Health of the PRC 2008b; Wei et al. 2008; NHFPC [National Health and Family Planning Commission] 2015a). In other words, people in two-thirds of China’s counties, most of whom are rural residents, must travel to other counties to obtain mental health services. […]

Mental health services costs are directly paid by public health insurance plans, as well as by out-of-pocket expenditures. Although China currently has universal healthcare coverage, disparities in insurance benefits, persistent financial burdens among patients, and the uncertainty of future funding may continue to be a problem that stymies efforts to create integrated care (The World Bank Group 2016). […]

Currently, only a small proportion of low-income patients receive free outpatient and inpatient treatment (The State Council 2015a). Improving affordability of care and reducing out-of-pocket expenditures has to be a priority if China is serious about improving access and decreasing impediments to care.” (Liang, 13. Oktober 2017)

Das China Briefing Magazine veröffentlicht Informationen zu verschiedenen China-bezogenen Themen und hat nach eigenen Angaben das Ziel, potentiellen chinesischen Investoren für sie relevante Informationen anzubieten. Auf der Webseite des Magazins findet sich ein Artikel, der die hinter der psychischen Gesundheitsversorgung Chinas stehende Branche näher beleuchtet. Die Autorin des Artikels, Rechercheurin I-Ting Shelly Lin, schreibt, dass sich China bezüglich der psychischen Gesundheitsversorgung in einer Krise befinde, Millionen von Menschen würden an unbehandelten psychischen Erkrankungen und psychiatrischen Störungen leiden.

Die Leistungen der psychischen Gesundheitsversorgung würden sich in China in zwei Kategorien einteilen lassen. In der ersten Kategorie befänden sich Dienstleistungen für PatientInnen mit schweren Erkrankungen, die oft medizinische Hilfe und Medikamente benötigen würden, diese würden von PsychiaterInnen verschrieben werden. Ein Beispiel aus dieser Kategorie wären die Leistungen des Wenzhou-Kangning-Krankenhauses, Chinas größtem privaten Krankenhaus für psychische Erkrankungen, das psychiatrische Behandlungen mit psychologischer Beratung kombiniere. In der zweiten Kategorie befänden sich Leistungen für Menschen mit relativ leichten Symptomen, die unter Umständen nur eine psychologische Beratung benötigen würden. Diese Leistungen könnten in Schulen, Firmen, Gemeinden und Privatpraxen genutzt werden. Eine solche Einzelberatung zu durchschnittlichen Kosten von zwischen 300 Yuan (etwa 40 EURO, Anmerkung ACCORD) und 700 Yuan (etwa 93 EURO, Anmerkung ACCORD) würde dort von den meisten Menschen als teuer angesehen werden.

Laut einem Bericht von Jiandan Xinli, einer Onlineplattform für psychologische Beratung, und der Universität von Peking habe es im Jahr 2016 schätzungsweise 700 psychosomatische Beratungseinrichtungen gegeben, ein Plus von 50 Prozent gegenüber 2013, sowie 64 internetbasierte psychologische Beratungsplattformen, verglichen mit nur einer solchen Plattform im Jahr 2014.

Eine der großen Herausforderungen im psychischen Gesundheitsversorgungssystem sei die gesellschaftliche Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen und die Passivität der Regierung bei der Entwicklung des Systems. Weitere Probleme seien die viel zu geringe Zahl der in dieser Branche beschäftigten Fachleute im Verhältnis zu der vorherrschenden Nachfrage, sowie das uneinheitliche Leistungsniveau der Anbieter von Leistungen in diesem Bereich. Darüber hinaus würden Experten prognostizieren, dass die hinter der psychischen Gesundheitsversorgung stehende Branche aufgrund der hohen Kosten für Beratungsleistungen und Behandlungen, sowie der Tatsache, dass die Behandlungen nicht von der Krankenkasse übernommen würden, auch in Zukunft nur langsam wachsen werde. Einige Anbieter von Leistungen der psychischen Gesundheitsversorgung würden mit privaten Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten, um eine spezielle Versicherung zu schaffen, die die Kosten für psychologische Beratungsleistungen übernehme:

„China is in the throes of a mental health crisis, with millions suffering from untreated mental illnesses and psychiatric disorders. […]

Mental health services in China can be separated into two categories. In the first category are services for patients with severe conditions, who often need medical attention and medication prescribed by a psychiatrist. An example in this category would be the services provided by Wenzhou Kangning Hospital, China’s largest private mental health care hospital, which combines psychiatric treatments with psychological counseling. In the second category are services that provide for those with relatively mild symptoms, who may require only psychological counseling. These services can be accessed in schools, corporations, communities, and private practices. In China, counseling sessions are similar to coaching — patients tend to look for direct and immediate suggestions to help solve their mental health problems. A single one-on-one counseling session on average costs between RMB [Renminbi] 300 (US$47) and RMB 700 (US$110), fees that are considered high by most people. […]

According to the jiandanxinli and Peking University report, by 2016 there were an estimated 700 physical psychological counseling institutions, a 50 percent increase over 2013, and 64 internet-based psychological counseling platforms, compared to only one in 2014. […]

Major challenges in China’s mental health care industry include the social stigma of mental illness and the government’s passiveness in developing the industry. Other problems are the number of professionals employed in this industry being far too low for the demand and the inconsistent level of performance of mental health service providers. The latter is due to the fact that the threshold for obtaining a national certificate is too low and that the professional training system is still somewhat disorganized. In addition, analysts predict that China’s mental healthcare industry will continue to grow at a slow pace in the future because of the high costs of counseling services and treatment not being covered by health insurance. Some mental healthcare providers are working with private insurers to create special insurance that covers the cost of psychological counseling.” (Lin, 12. Juni 2018)

Auf der Webseite der Universität von Nottingham findet sich eine mit Dezember 2017 datierte wissenschaftliche Arbeit zum Thema psychische Gesundheitsversorgung in China, verfasst von dem oben bereits erwähnten Chee-Ruey Hsieh, Professor im Bereich Gesundheitsökonomie an der School of Economics der Universität von Nottingham Ningbo und Xuezheng Qin, Professor an der School of Economics der Universität von Peking. Unter Verweis auf verschiedene Quellen schreiben die Autoren, dass der Versicherungsschutz und die Erstattung der Kosten für psychische Gesundheitsversorgung vor dem Jahr 2012 in der Regel eingeschränkt gewesen sei und darüber hinaus abhängig von der Finanzkraft der jeweiligen Provinzregierung gewesen sei. Im Jahr 2012 habe die chinesische Zentralregierung die Entscheidung angekündigt, die Abdeckung des Krankenversicherungssystems Chinas auf die Behandlung wichtiger Erkrankungen, einschließlich schwerer psychischer Erkrankungen, auszuweiten. Unterdessen sei im Jahr 2013 das Gesetz für psychische Gesundheitsversorgung verabschiedet worden, das den rechtlichen Schutz und die Behandlung von Menschen mit psychischen Störungen formalisiere. Nach diesen Meilensteinen bezüglich der Stärkung der psychischen Gesundheitsversorgung würden sowohl die ambulanten als auch die stationären Gesundheitsausgaben der psychisch Erkrankten schrittweise vom staatlichen Krankenversicherungssystem übernommen. So habe Peking im Jahr 2014 beispielsweise sechs Arten von schweren psychischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenie, Paranoia, bipolare Erkrankung) in seinen Versicherungsplan aufgenommen und die Erstattungssätze für die stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung für diese Erkrankungen von 60 auf 70 Prozent (ohne Obergrenzen) erhöht. Darüber hinaus würden die für die Behandlung dieser schweren psychischen Erkrankungen notwendigen Medikamente in der ambulanten Betreuung gratis ausgegeben, was bis zum Jahr 2016 mehr als 12.000 Patienten zugutegekommen sei. Die Stadt Shanghai habe im Jahr 2015 vier psychische Erkrankungen in seine Liste für kritische Erkrankungen aufgenommen, die einen Erstattungssatz von 50 Prozent (im Jahr 2017 auf 55 Prozent erhöht) - als Ergänzung zur Grundversicherung - vorsehe. In mehreren Städten der östlichen Küstenprovinzen Chinas, darunter Jinan, Zhanjiang, Foshan und Dongguan, seien im Jahr 2015 ebenfalls psychische Erkrankungen in die Krankenversicherung aufgenommen worden. Die Stadt Shenzhen habe im Jahr 2016 sechs psychische Erkrankungen mit maximalen Erstattungssätzen von bis zu 90 Prozent abgedeckt. Im ländlichen Sektor habe das NCMS (New Cooperative Medical Scheme), ein staatlicher Plan zur gemeinsamen Vorgehensweise im medizinischen Bereich, im Jahr 2013 Pilotprogramme zur Behandlung von psychischen Erkrankungen und anderen kritischen Krankheiten gestartet. Unterdessen sei die durchschnittliche staatliche finanzielle Unterstützung für das NCMS-Programm von 320 Yuan (etwa 42 EURO, Anmerkung ACCORD) pro Person im Jahr 2013 auf 450 Yuan (etwa 60 EURO, Anmerkung ACCORD) pro Person im Jahr 2017 angewachsen.

Allerdings gebe es erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen Chinas in Bezug auf die Erstattungssätze, die gemäß des NCMS bei psychischen Erkrankungen gelten würden. Trotz der oben genannten Fortschritte bei der Ausweitung der Krankenversicherung für psychische Erkrankungen leide China nach wie vor unter einer massiven Fehlverteilung bezüglich der Deckung und Erstattung von Behandlungskosten von psychischen Erkrankungen. In einkommensstarken Gebieten wie den östlichen Küstenregionen und in Großstädten würde es in der Regel eine bessere Abdeckung und höhere Erstattungssätze geben.

Ein Großteil der Zugangsbarrieren zur psychischen Gesundheitsversorgung sei auf das begrenzte Angebot und die ungleiche Verteilung der Ressourcen in diesem Bereich zurückzuführen. So habe es im Jahr 2010 in China nur 1,46 PsychiaterInnen pro 100.000 Einwohner gegeben, was stark unter dem weltweiten Durchschnitt (4,5 PsychiaterInnen) liege:

„Before 2012, the insurance coverage and reimbursement for mental healthcare are usually limited and dependent on the provincial government’s financial capacity. In 2012, the Chinese central government announced the decision to expand the coverage of the country's healthcare insurance system to include the treatment of critical illnesses including major mental diseases. Meanwhile, the Mental Health Law of China was launched in 2013, which formalizes the legal protection and treatment of people with mental disorders. After these milestone steps in strengthening the mental healthcare system, both the outpatient and inpatient medical expenses of mental health patients are gradually covered in China’s national health insurance system. For example, Beijing included six types of major mental diseases (e.g. Schizophrenia, Paranoia, Bipolar disorder, etc.) into its insurance plan in 2014 and increased the reimbursement rates for the inpatient and outpatient healthcare for these conditions from 60% to 70% with no maximum payment limits; in addition, the essential drugs for the treatment of these major mental diseases are also made free to outpatients, which has benefited more than 12,000 mental health patients by 2016. Shanghai included four mental disease into its Critical Disease Insurance Plan in 2015, which provides a 50% reimbursement rate (increased to 55% in 2017) in supplement to the basic health insurance coverage. Several cities in China’s eastern coastal provinces, including Jinan, Zhanjiang, Foshan and Dongguan also witnessed an inclusion of mental diseases into their health insurance plan in 2015. The city of Shenzhen covered six mental diseases in 2016 with maximum reimbursement rates of up to 90%. In the rural sector, NCMS [New Cooperative Medical Scheme] started to launch pilot programs to cover mental diseases and other critical illnesses in 2013. Meanwhile, the average government financial support for the NCMS program increased from 320 RMB (about $ 53) per person in 2013 to 450 RMB (about $75) per person in 2017. However, there is substantial variation across regions in the time and rates of reimbursement for the mental illnesses within NCMS. Despite the above-mentioned progress in extending health insurance coverage for mental illnesses, China still suffers from serious maldistribution in the coverage and reimbursement rate for mental diseases. High-income areas such as the eastern coastal region s and major urban cities usually enjoy better coverage as well as higher reimbursement rates.. […]

Much of the access barrier for mental healthcare in China is due to the limited supply and unequal distribution of professional mental healthcare resources. For example, China only had 1.46 psychiatrists per 100,000 population in 2010, which was substantially below the global average mental health workforce (4.15 psychiatrists per 100,000 population)” (Qin, Dezember 2017, S. 10-12)

Allgemeine Informationen zur psychischen Gesundheitsversorgung finden sich auch im Mental Health Atlas der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) für das Jahr 2018, der unter diesem Link abrufbar ist:

 

Unter dem folgenden Link findet sich ein Artikel der internationalen Nachrichtenagentur Reuters vom Juli 2016 zum Thema hohe Gesundheitsversorgungskosten in China, durch die Patienten gezwungen seien, sich zu verschulden:

 

Unter dem folgenden Link findet sich ein Artikel der US-amerikanischen Tageszeitung New York Times (NYT) vom September 2018, in dem von einer Krise des chinesischen Gesundheitssystems die Rede ist, und in dem angegeben wird, dass das Gesundheitssystem die Bevölkerung - nicht zuletzt aufgrund von Ungerechtigkeiten in der chinesischen Gesellschaft - nicht adäquat versorgen könne:

 

 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. April 2019)