Tausende wegen neuer Kämpfe im Nordosten Syriens zur Flucht gezwungen

Starkregen, Überschwemmungen und Schneefall erschweren Situation syrischer Flüchtlinge in der Region zusätzlich

Von: UNHCR | 11 Jan 2019

UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, zeigt sich zutiefst besorgt über Berichte von immer mehr zivilen Toten – darunter viele Frauen und Kinder – und großen Fluchtbewegungen wegen wieder aufgeflammter Kämpfe in der Enklave Hajin im Gouvernement Deir-ez-Zor im Osten Syriens. In den letzten sechs Monaten zwangen Zusammenstöße und Luftangriffe im südöstlichen Teil des Gouvernementes etwa 25.000 Menschen zur Flucht.

Neben den Frauen und Kindern sind auch viele ältere Menschen gefährdet.

Geschätzte 2.000 Menschen halten sich noch im vom Konflikt betroffenen Gebiet Hajin auf. Die Flüchtlinge berichten von immer schwierigeren Bedingungen, ausbleibender Versorgung und extrem hohen Preisen für Grundnahrungsmittel. Wir sind beunruhigt über Zivilisten, die immer noch in von ISIS kontrollierten Gebieten gefangen sind.

Geflüchtete Familien, die das Lager Al Hol im Nordosten Syriens erreicht haben, berichten unseren MitarbeiterInnen wie schwer es ist, als Zivilist das Konfliktgebiet zu verlassen. UNHCR fordert von alle Konfliktparteien und diejenigen, die Einfluss auf diese üben können, die Bewegungsfreiheit und sichere Durchreise zu gewährleisten.

Die Mehrheit der jüngst Vertriebenen hat im Lager Al Hol Zuflucht gesucht. Dort sind in den letzten fünf Wochen mehr als 8.500 Menschen angekommen. Einige der Vertriebenen wohnen auch in der informellen Siedlung Abu Khashab oder bei der lokalen Bevölkerung. Viele sind erschöpft, sind zu Fuß geflohen und leiden deutlich an den Folgen ihrer Flucht. Einige haben viele Nächte unter offenem Himmel in der Wüste verbracht, bei starkem Regen und kaltem Wetter, mit kaum Essen oder Wasser. Es wird berichtet, dass die gefährliche und schwierige Reise und die Bedingungen innerhalb der Enklave zum Tod von sechs Kindern geführt haben – alle unter 12 Monate alt. Tragischerweise sind die meisten von ihnen nach ihrer Ankunft in Al Hol gestorben, zu geschwächt, um zu überleben.

Notfallteams in Al Hol führen direkt vor Ort medizinische Untersuchungen durch und helfen PatientInnen zur für die jeweilige Behandlung geeigneter Stellen. Prioritär werden Menschen mit frischen Verletzungen, amputierten Gliedmaßen und Erfrierungen behandelt. Akute Atemwegsinfektionen, Erkältung und Grippe sind ebenfalls ein Problem. Die Menschen sind verwirrt, erschöpft und verzweifelt, nicht zuletzt weil sie Familienmitglieder zurücklassen mussten.

UNHCR und seine Partnerorganisationen sind täglich vor Ort, um den Bedarf an Hilfsgütern zu ermitteln und Schutzmaßnahmen zu ergreifen, insbesondere für unbegleitete Kinder und solche, die medizinische Hilfe benötigen. Unsere Teams verteilen Zelte, grundlegende Hilfsgüter, Decken und Planen an alle Neuankömmlinge. Wir bereiten neue Zeltplätze vor und vergrößern die Gemeinschaftsunterkünfte in Al Hol für den zu erwartenden Anstieg der Geflüchteten aus Hajin.

Wir bekräftigen unsere Forderung nach einem sicheren humanitären Zugang, sodass diesen Winter lebensrettende humanitäre Hilfe alle Bedürftigen erreicht.

Im Gouvernement Hassakeh droht der provisorischen Siedlung Al-Areesha, die mehr als 9.600 Vertriebene beherbergt, eine Überschwemmung durch den nahegelegenen Stausee. Mehr als zwei Drittel des Lagers stehen bereits unter Wasser. Tausende BewohnerInnen mussten ihre Zelte mithilfe von Freiwilligen und humanitären HelferInnen in höhereliegenden Bereichen des Lagers wieder aufbauen.

Unterdessen hatte der Sturm Norma diese Woche verheerende Folgen für Einheimische wie Flüchtlinge im Libanon. Mehrere Tage starker Wind, starker Regen und Schnee haben zu Überschwemmungen und Schäden in Städten und Dörfern im gesamten Land geführt, in dem fast eine Million syrische Flüchtlinge leben. Mehr als 360 Standorte mit 11.300 Flüchtlingen waren betroffen.

In Minieh im Nordlibanon forderte der Sturm das Leben von Fatima, einem achtjährigen syrischen Flüchtlingsmädchen, das wegen Überschwemmungen ertrunken ist. Wir geben unser Bestes, ihre Eltern und Geschwister in dieser sehr schwierigen Zeit zu unterstützen. Am meisten betroffen von Starkregen und Überschwemmungen waren provisorische Siedlungen. Allein im Bekaa-Tal mussten mindestens 600 syrische Flüchtlinge aus ihren Unterkünften umziehen.

Im gesamten Libanon unterstützt UNHCR im Rahmen seines Winterhilfeprogramms 166.000 bedürftige Familien, damit sie sich warm und trocken durch den Winter kommen. Plastikplanen und Bauholz werden verteilt, damit Flüchtlinge ihre Unterkünfte stabilisieren und besser vor der Witterung schützen können. Außerdem stellt UNHCR in den fünf kalten Monaten eine monatliche Bargeldhilfe von 75 US-Dollar pro Familie zur Verfügung, um ihnen zu helfen, zusätzliche Kosten im Winter zu decken, etwa für Heizöl, Medikamente und Kleidung.

In der gesamten Region möchte UNHCR diesen Winter 3,5 Millionen gefährdete syrische und irakische Binnenvertriebene und Flüchtlinge in Syrien, Libanon, Jordanien, Irak und Ägypten unterstützen. Mehr als zwei Millionen syrische und irakische Binnenvertriebene und Flüchtlinge hat die Winterhilfe schon erreicht.

Zur Winterhilfe des UNHCR gehört die Bargeldhilfe für bedürftige Familien im Winter, die Verteilung von speziellen Hilfsgütern für die kalte Jahreszeit sowie die Vorbereitung der Unterkünfte für den Winter und die Verbesserung von Abwassersystemen und anderer Infrastruktur in Camps und informellen Siedlungen.

Das Gesamtbudget für den “Regional Winterization Plan” beträgt 180 Mio. USD, für den Zeitraum von September 2018 bis März 2019.