Anfragebeantwortung zum Irak: Religiös begründete Regelungen bezüglich Tätowierungen; Gesellschaftliche Einstellung; Lage von Tätowierern [a‑10810]

29. November 2018

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

Religiös begründete Regelungen bezüglich Tätowierungen

Qantara, das vom deutschen Außenministerium finanzierte Internetportal der Deutschen Welle mit Informationen zur Islamischen Welt, informiert in einem Artikel vom März 2017 über islamische Bestimmungen bezüglich Tattoos:

„Sind Tattoos ‘haram’?

In arabischen Gesellschaften herrscht die Ansicht vor, dass Tattoos ‘haram’ sind, verboten im Islam. Denn Tätowierungen, so die Mehrheitsmeinung, veränderten die Schöpfung Gottes. Nur vorübergehende Tattoos – mit Henna zum Beispiel – sind demnach erlaubt. Für Alaeddin hat es nichts mit Religion zu tun, wenn sich jemand eine arabische Kalligrafie tätowieren lässt. ‘Es hat aber alles zu tun mit arabischer Kultur und einer Generation junger Araber, die sich ausdrücken will.’ […]

Auch zu Zeiten des Propheten Mohammed hatten Menschen den Überlieferungen zufolge Tattoos. Doch soll der Prophet gesagt haben, dass Allah eine Frau verfluche, die tätowiere oder tätowiert werde. Auf diese Hadith beziehen sich konservative Sunniten – und Extremisten. Der Anführer des Terrornetzwerks Al-Qaida im Irak, Abu Musab al-Zarqawi, hatte einst so viele Tattoos, dass ihn Nachbarn den ‘grünen Mann’ nannten. Im Gefängnis wurde aus dem Kriminellen ein religiöser Fanatiker. Er beschaffte sich eine Rasierklinge und schnitt sich die Tattoos nach und nach aus dem Körper.” (Qantara, 17. März 2017)

Göran Larsson von der Universität Göteborg schreibt in einem Artikel, der 2011 in der religionswissenschaftlichen Zeitschrift Scripta Instituti Donneriani Aboensis veröffentlicht wurde, dass muslimische Theologen ein Verbot von Tätowierungen oftmals mit einer Textpassage im Koran rechtfertigen würden. Sure 4, Vers 119 laute: „[Satan] wird (seinen Anhängern) befehlen, zu verändern, was Allah geschaffen hat.“ Jedoch fänden außer diesem vagen und indirekten Verweis „washm“ oder Tätowierungen keine Erwähnung im Koran. Um dieses Thema zu diskutieren müsse man sich der Hadith-Literatur (Überlieferungen über Aussprüche und Handlungen des Propheten Mohammed, Anmerkung ACCORD) zuwenden. Larsson stellt auf den Seiten 242 und 243 des Artikels eine Tabelle zur Verfügung, die einen Teil der 14 „Treffer“ für den Suchbegriff „tätowieren“ in der Hadith-Datenbank der Muslimischen Studentenvereinigung (Muslim Student Association) aufliste. 13 der Suchergebnisse zu „tätowieren“ würden sich im aī Bukhārī [Sammlung authentischer Hadithe] des islamischen Gelehrten al-Buchārī aus dem 9. Jahrhundert finden:

„Muslim theologians often justify their prohibition of tattooing by citing the following Quranic passage: ‘[Satan] will command them (his devotees) to change what Allah has created’ (Q4:119). However, apart from this rather vague and indirect reference, there is no mention of washm or tattooing in the Qur’ān - that is to say, the Arabic root consonant w-sh-m cannot be found in this seminal text. Thus for a primary historical discussion on this topic, one must turn instead to the adīth-literature.“ (Larsson, 2011, S. 240)

„In a search conducted on the Muslim Student Association’s online adīthdatabase, the query ‘tattooing’ generated thirteen ‘hits’ in aī Bukhārī and one ‘hit’ in the partial translation of the Sunan Abū Dā’ūd; the query ‘tattoos’ generated one ‘hit’ in aī Muslim and four ‘hits’ in aī Bukhārī. Regardless of the possibility that this search engine contains some errors and that its Arabic-to-English translation is questionable, it is nevertheless a useful tool for locating specific topical discussions in the vast body of adīthliterature. As a further measure, the findings in the search engine were compared with A. J. Wensinck’s A Handbook of Early Muhammadan Tradition (1927: 227, s.v. ‘tattooing’). Since most of the aadīth references to tattooing are found in al-Bukhārī, I include a table (see pp. 242–3), which provides an overview of the topic under discussion. The numbering of the books (which varies between different editions) and the English translation used to create this table are taken from the Arabic–English edition of the aī Bukhārī, published by the Darussalam in Riyad Saudi Arabia (1997).” (Larsson, 2011, S. 241)

In seiner Schlussfolgerung schreibt Larsson, dass alle in seinem Artikel besprochenen muslimischen Autoritäten Tätowierungen und Tätowieren strikt ablehnen würden. Laut Anhängern der schafiitischen Rechtsschule gebe es drei Gründe für die Unrechtmäßigkeit von Tätowierungen: erstens verursache die Nadel, die die Haut durchdringe, unnötigen Schmerz. Zweitens seien Tätowierungen wegen Mischens von Tinte und Blut schmutzig. Drittens würden Tätowierungen die Schöpfung Allahs ohne Notwendigkeit verändern. Trotz der prohibitiven Erklärungen der Ulama [islamische Rechtsgelehrte, Anmerkung ACCORD] sei klar, dass einige muslimische Gruppen und Stämme aus verschiedenen Gründen Tätowierungen als gesellschaftliche Praxis akzeptiert hätten:

„In conclusion, it is clear that all of the Muslim authorities discussed in this brief overview strongly disapprove of tattoos and tattooing. According to the followers of the shāfi‘ī school of law there are three reasons that tattoos are unlawful (arām): 1. The needle that penetrates the skin causes unnecessary infliction of pain. 2. By the mixing of the dye with the blood that exits after the needle’s penetration tattoos are affected by filth. 3. Tattoos alter Allāh’s creation without necessity. (Rasheed 2007.) Despite the prohibitive declarations of the ‘ulamā’, it is clear that a number of Muslim groups and tribes have, for various reasons, acknowledged tattooing as an accepted social practice.” (Larsson, 2011, S. 251)

Mit der Ankunft von tätowierten amerikanischen und westlichen Soldaten im Irak nach Saddam Hussein hätten Tätowierungen im Irak eine neue Popularität erreicht, so Larsson weiters. Jedoch sei es auch zur Provozierung von Feindseligkeiten gekommen. Ein amerikanischer Soldat, James Stevens, habe sich das Wort „Ungläubiger” in arabischer Sprache auf seinen Körper tätowieren lassen. Darauf hätten verschiedene muslimische Theologen Rechtsauskünfte [Fatwas] veröffentlicht, die Tätowierungen verbieten würden und diese Praxis als unislamisch einstufen würden:

„This development is indicated, for example, by Joshua Partlow’s report that after the arrival of tattooed American and Western troops, tattoos gained a new popularity among Iraqis in post-Saddam Iraq (Partlow 2006). While the sight of tattooed Westerners may have indeed inspired certain Iraqis to also wear tattoos, it is evident that tattoos can be used to provoke Muslim resentment as well. This is said to have been the case with James Stevens, an American soldier who, in an environment peopled by so-called Islamic extremists, tattooed the Arabic word kāfir (infidel) on his body so as to proclaim his atheistic worldview and provoke believing Muslims (Udelson 2008: 98–9). It should come as no surprise then that to curb the manifold influences of Western pop-culture, various Muslim theologians have eagerly issued legal answers that ban tattooing, labelling the practice as un-Islamic.” (Larsson, 2011, S. 251-252)

Die Autorin Christine Huda Dodge, die 2003 ein Buch über den Islam veröffentlicht hat, schreibt in einem Artikel zu Tätowierungen und Islam auf der Website About.com, dass zum Thema Tätowierungen verschiedene Meinungen unter Muslimen vorherrschen würden. Die Mehrheit der Muslime stufe permanente Tattoos auf Grundlage der Hadithe als „haram“ (Sünde) ein. Die Autorin zitiert einen von Buchari aufgezeichneten Hadith, laut dem der Prophet jenen verflucht habe, der Tätowierungen anfertige, und jenen, der Tätowierungen anfertigen lasse. Obwohl keine Gründe für das Verfluchen erwähnt würden, hätten Gelehrte verschiedene Möglichkeiten und Argumente geliefert. Tätowieren werde als „Verstümmelung“ des Körpers eingestuft, die Allahs Schöpfung verändere. Neben der Zufügung unnötigen Schmerzes und der Möglichkeit einer Infektion seien Tätowierungen zudem eine Form der „Täuschung“, da sie den natürlichen Körper bedecken würden. Solange es nicht permanent sei, könne der Körper verschönert werden, jedoch werde die permanente Beschädigung des Körpers aus einem eitlen Grund als haram eingestuft:

As with many aspects of daily life, you may find differing opinions among Muslims on the topic of tattoos. The majority of Muslims consider permanent tattoos to be haram, based on an oral tradition (hadith) of the Prophet Muhammad. One would need to look at the details of this tradition in order to evaluate its validity and relevance to tattoos and other forms of body art as they are known today. The scholars and individuals who believe all permanent tattoos to be forbidden base this opinion on the following hadith, recorded by Bukhari: ‘It was narrated that Abu Juhayfah (may Allah be pleased with him) said: ‘The Prophet (peace and blessings of Allah be upon him) cursed the one who does tattoos, and the one who has a tattoo done.’ Although the reasons for the prohibition are not mentioned, scholars have outlined various possibilities and arguments: Tattooing is considered ‘mutilating’ the body, changing Allah's creation It inflicts unnecessary pain, and introduces the possibility of infection It covers the natural body, and is therefore a form of ‘deception’ Non-believers often adorn themselves this way, so it is ‘imitating the kuffar’ Others question, however, how far these arguments can be taken. Is it ‘changing God’s creation’ to pierce one's ears? Dye one’s hair? Get orthodontic braces on one’s teeth? Wear colored contact lenses? Have rhinoplasty? Get a tan (or use ‘whitening cream’)? Most scholars would say that it is permissible for women to wear jewelry (thus it’s acceptable for women to pierce the ears). Elective procedures are allowed when done for medical benefit (braces, rhinoplasty, etc.). And as long as it's not permanent, one may beautify the body (tanning, colored contacts, etc.) But damaging the body permanently for a vain reason is considered haram.” (About.com, ohne Datum)

Im Dezember 2010 erwähnt die britische Tageszeitung Daily Mail in einem Artikel über Fatwas (Antworten auf religiöse Fragen), dass ein Zentrum der Religionsbehörde der Vereinigten Arabischen Emirate (Awqaf) allein im Jahr 2010 bis zum 1. November bereits 298 277 Fatwas veröffentlicht habe. Als Beispiele für Fatwas wird unter anderem angeführt, dass Körperbemalungen, Henna und Make-Up erlaubt seien, Tätowierungen hingegen verboten, weil diese permanent seien:

„Body paint, henna and make-up are allowed because they are deemed to be temporary, but tattoos are ruled out because they are permanent. By November 1 Awqaf had issued 298,277 fatwas this year, with most inquiries made by phone. The centre was averaging about 1,000 fatwas a day.“ (Daily Mail, 28. Dezember 2010)

Eine kurze Beschreibung der Bedeutung von Fatwas und der Frage ihrer Verbindlichkeit für Muslime findet sich in folgendem Text der Islamwissenschaftlerin Dr. Christine Schirrmacher:

·      Schirrmacher, Dr. Christine: Was ist eine Fatwa?, 2004
www.islaminstitut.de/uploads/media/WasisteineFatwa.pdf

Gesellschaftliche Einstellungen zum Tätowieren und Lage von Tätowierern/Tätowierten im Irak

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schreibt im März 2012, dass im Februar 2012 in Bagdad Schilder und Flugblätter aufgetaucht seien, die Personen namentlich mit „dem Zorn Gottes“ bedroht hätten, wenn sie nicht unter anderem ihre Tätowierungen verstecken würden:

„Iraqi human rights activists told the three organizations that in early February, signs and fliers appeared in the Baghdad neighborhoods of Sadr City, al-Hababiya, and Hay al-‘Amal that threatened people by name with ‘the wrath of god’ unless they cropped their hair short, gave up wearing so-called ‘satanic clothing’ – styles critics associate with emos, metal music, and rap – hide their tattoos, and ‘maintain complete manhood.’ Other names appeared on similar posters in different neighborhoods.” (HRW, 16. März 2012)

Das Online Kunst-Magazin Fawn Review schreibt im April 2013 in einem Artikel zu Tätowierungen in Bagdad, dass aufgrund des islamischen Glaubens weiterhin ein bestimmtes Risiko in Bezug auf Tätowierungen existiere:

Yet even now a certain level of risk and secrecy persists surrounding tattoos, stemming from its contentious status in the Islamic faith. Some members of the faith believe that the process is haram; prohibited by the religion due to it being a desecration of God’s creation.” (Fawn Review, 3. April 2013)

Die britische Tageszeitung The Guardian schreibt in einem Artikel vom 22. März 2013, dass unter anderem „Hautkunst“ für junge und modische BewohnerInnen Bagdads in vermehrtem Ausmaß eine Frage des Lebensstils sei. Der Artikel erwähnt zudem ein Tattoo-Studio namens al-Mansour, das von Salmed al-Zubaidi und drei Freunden betrieben werde. Der Betreiber habe angegeben, dass einige Personen Tätowierungen als verboten einstufen würden und es nicht als Teil der eigenen Kultur sehen würden. Im Irak unter Saddam Hussein hätten Tätowierungen in einem rechtlichen Graugebiet existiert und Tattoo-Studios seien verboten gewesen. Einige Personen mit Tätowierungen seien schikaniert und geschlagen worden. Der Betreiber von al-Mansour habe angegeben, er verfüge über eine Erlaubnis des Gesundheitsministeriums und des Bürgermeisters von Bagdad. Junge Männer mit Körperkunst würden bei der Arbeitssuche als öffentliche Bedienstete, Polizisten oder Soldaten diskriminiert werden. Ein Lehrer habe angegeben, dass vor der Invasion Tattoos nicht alltäglich gewesen seien. Innerhalb der drei oder vier Jahre nach der Invasion seien sie populär geworden. Terroristen hätten laut Angaben des Lehrers Menschen getötet, die Tätowierungen getragen hätten:

These days, skin art and body piercing are increasingly a lifestyle choice of young and fashionable Baghdadis. In al-Mansour tattoo parlour, run by Salmed al-Zubaidi, 29, and three friends, he sees sometimes a dozen customers a day. The day before the Guardian's visit, that included a number of young women, among whom body art is becoming ever more popular. […]

‘Things changed after the US forces came and people saw the tattoos they had,’ he says. Not everyone is happy with Iraqis getting inked, admits Zubaidi. ‘Some people say that it's forbidden. It's not part of our civilisation. I've had people say it's Jewish or Christian. I learned from a US army friend who showed me how to ink. He said that it wasn't hard, so I bought the stuff to do it.’ It's all a far cry from the Saddam era, when tattoos existed in a legal grey area and tattoo shops were banned. Some people with tattoos were harassed and beaten. Zubaidi's shop, he says, has the approval of the ministry of health and the mayor of Baghdad. […]

Because young men with body art are discriminated against when seeking employment as public servants, police officers or soldiers, many tattoos are hidden under the T-shirt line. Some young men even come to Zubaidi and his colleagues to have them removed, after discovering it is prohibited in their employment. […]

‘Before the invasion, tattoo shops weren't common,’ he [Jafar al-Dalef, teacher] said. ‘People used to do it discreetly with a pin and ink. In the three to four years after the invasion it started becoming popular. It felt modern and I wanted to express how I loved Iraq. But my father is a tribal sheikh. He doesn't understand it. He thinks it is part of the 'invasion culture'. ‘I also kept it out of sight because I'm being careful. Terrorists have killed people for having tattoos.’” (The Guardian, 22. März 2013)

Der oben bereits erwähnte Artikel von Qantara vom März 2017 schreibt Folgendes zur Tattoo-Szene in Bagdad:

„In Bagdad, wo in den vergangenen Jahren eine kleine Tattoo-Szene entstanden ist, arbeitet Ibrahim gemeinsam mit einem Partner. Er ist Schiit, sein Partner Christ, ihre Farben, Nadeln und Geräte lassen sie aus den USA einfliegen. ‘Gott gab uns einen Körper, mit dem wir machen können, was wir wollen’, sagt Ibrahim. Junge Schiiten verweisen gerne auch auf ihren wichtigsten Geistlichen im Irak, Ayatollah Ali al-Sistani. Ihm zufolge gibt es im Islam kein allgemeingültiges Tattooverbot. Im Irak liefert derzeit der Krieg die Motive für Tattoos. ‘Wir stechen viele Porträts’, sagt Ibrahim. ‘Gesichter getöteter Soldaten, die deren Angehörige unter ihrer Haut tragen wollen – oft auch mit Namen und Todesdaten.’ Bei Männern seien Tätowierungen in Schwarz und Grau beliebt. Frauen ließen sich häufig die Augenbrauen tätowieren und Bilder von Vögeln oder Schmetterlingen. Neukunden fangen meist ganz klein an, mit einem Motiv, das weltweit gerne genommen wird: ‘Mutter’ in arabischer oder in englischer Schrift.” (Qantara, 17. März 2017)

Al Araby Al Jadeed, ein 2014 in London gegründetes Medienunternehmen, schreibt in einem Artikel auf seiner Nachrichtenwebseite vom Juli 2017, dass laut Berichten der Polizei in Bagdad eine Gruppe namens „Förderung der Tugendhaftigkeit“ [Islamischer Grundsatz, Anm. ACCORD], die zur irantreuen Miliz Asa’ib Ahl al-Haqq gehöre, für mindestens 50 Übergriffe auf ZivilistInnen, darunter sechs Morde, verantwortlich sei. Die Gruppe habe in der Stadt Flyer verteilt, auf denen Frauen dazu aufgefordert würden, das Kopftuch zu tragen und auf aufreizende Kleidung zu verpflichten. Männer seien dazu aufgefordert worden, nicht Frauen zu imitieren, keine bunte Kleidung zu tragen oder sich die Haare lang wachsen zu lassen. Die Gruppe habe in etwa 200 Mitglieder, die insbesondere in den Stadtteilen Karch und Rusafa präsent seien. Im Juni 2017 hätten Kämpfer der Gruppe einen Beauty-Salon für Frauen gestürmt und diesen unter dem Vorwurf geschlossen, dass dort Frauen tätowiert würden. (Al-Araby Al-Jadid, 4. Juli 2017)

 

Amnesty International berichtet im Februar 2018 über ein Tattoostudio in Mossul, das nach der Vertreibung des IS seine Arbeit wieder aufgenommen habe:

„Amar Hamdiyehs Tattoostudio liegt in einer kleinen Seitenstraße im Viertel Karama. Es ist nicht viel mehr als eine Einbuchtung in der Wand, heiß und stickig. Ein Dutzend junger Männer in Trainingsanzügen drängt sich auf den abgewetzten Sofas im Raum. Sie zeigen einander ihre Tattoos und rauchen Kette. In der Ecke liegen Hunderte Zigarettenstummel. Gerade sind keine Kunden da. Der Osten Mossuls wurde schon im Januar 2017 befreit, der große Ansturm auf das Studio ist vorbei.“ (AI, 5. Februar 2018)

Al-Monitor, eine auf Berichterstattung zum Nahen Osten spezialisierte Medienplattform, schreibt im August 2017 über dasselbe Tatoostudio in Mossul sowie über eine zunehmende Kundschaft, die sich nach der Befreiung von der IS-Herrschaft nun Tattoos stechen lasse:

„Mosul's first tattoo parlor is hidden behind a simple sheet metal wall. Tattoo artist Amar, 29, has a thin mustache and a big smile. He opened his shop four months ago in the neighborhood of Karamah, which, though impoverished, was spared from much of the fighting between the Islamic State (IS) and the Iraqi army. […] But in the eastern part of the city, which was recaptured by pro-government forces in January, business has resumed for some: Amar has already tattooed nearly 300 customers since he opened for business, charging anywhere from $5 to $200 a piece. […]

The home of Hussein's uncle, which serves as a tattoo parlor for young artists like Hussein, is packed. Every day, more and more relatives, soldiers and strangers arrive to get their first tattoos. 'People are no longer afraid,‘ Hussein said. 'Freedom is on the move. It changes very slowly, but society is better now than it was before the arrival of IS. Now we have our eyes open.‘ Meanwhile, in Amar's parlor, many customers are arriving to get their first tattoos. Ahmed, 19, arrives with a special request. Arrested by IS militants and held for several days, Ahmed was terrified at the thought of being executed. On his shoulder, he cut the shape of a heart, in honor of his mother. Now, he wants to turn the scar into a drawing. ‚The time of IS is gone. Now is the time to get a professional tattoo!‘ Ahmed yelled.“ (Al-Monitor, 22. August 2017)

 

 

 
  image001.gif
 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 29. November 2018)