Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Peru

2017 wurden erneut gesetzliche Bestimmungen verabschiedet, die die Landrechte indigener Bevölkerungsgruppen bedrohten, indem sie rechtliche Schutzbestimmungen aufweichten und das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung untergruben. Die Regierung ergriff keine wirksamen Maßnahmen, um die zunehmende Gewalt gegen Frauen und die steigende Zahl von Teenager-Schwangerschaften einzudämmen. Nach der Begnadigung des ehemaligen Präsidenten Alberto Fujimori aus humanitären Gründen durch den amtierenden Präsidenten wurden ernsthafte Bedenken angesichts der Straflosigkeit und Nichteinhaltung rechtsstaatlicher Garantien geäußert.

Menschenrechtsverteidiger

Sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure bedrohten und schikanierten Menschenrechtsverteidiger, insbesondere diejenigen, die sich für Landrechte und den Umweltschutz einsetzten. Es gab weder politische Maßnahmen, um Menschenrechtsverteidiger wirksam zu schützen, noch wurde die Bedeutung ihrer Arbeit öffentlich anerkannt. Sie wurden durch Gerichtsverfahren kriminalisiert, zu hohen Strafen verurteilt und konnten sich oft keine angemessene Rechtsvertretung leisten. 

Im Mai 2017 bestätigte das Oberste Gericht den Freispruch von Máxima Acuña Atalaya. Nach mehr als fünf Jahren endete damit das unbegründete Verfahren gegen sie wegen „Landbesetzung“. Máxima Acuña Atalaya und ihre Familie berichteten jedoch weiterhin über Einschüchterungsversuche, während eine gerichtliche Entscheidung in Bezug auf den Eigentumsstreit über das von ihr und ihrer Familie bewohnte Grundstück noch ausstand.

Rechte indigener Bevölkerungsgruppen

Eine Reihe neuer Bestimmungen, die Umweltstandards lockerten und Genehmigungsverfahren für die Landnutzung erleichterten, um Bergbau- und Infrastrukturprojekte zu fördern, standen im Widerspruch zu Regelungen, die die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen schützten. 

Die indigene Bevölkerung der Gemeinde Cuninico (Region Loreto) und mehrerer Gemeinden in der Provinz Espinar (Region Cusco) litt noch immer unter akuten Gesundheitsproblemen, da ihre einzigen Wasserquellen durch giftige Metalle verseucht waren. Die Regierung unternahm nichts, um eine fachärztliche Versorgung der Betroffenen und den Zugang zu sauberem und sicherem Trinkwasser sicherzustellen.

Die Ermittlungen zum Tod von vier Sprechern der indigenen Gemeinschaft der Asháninka machten 2017 keine nennenswerten Fortschritte. Sie waren 2014 in der Region Ucayali getötet worden, nachdem sie bei den Behörden Anzeige erstattet hatten, weil sie Morddrohungen von illegalen Holzfällern erhalten hatten.

Straflosigkeit

Am 24. Dezember 2017 gewährte Staatspräsident Pedro Pablo Kuczynski dem ehemaligen Präsidenten Alberto Fujimori, der seit 2009 eine 25-jährige Haftstrafe wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verbüßte, die Begnadigung aus humanitären Gründen. Die Entscheidung stieß angesichts der Schwere der dem ehemaligen Präsidenten zur Last gelegten völkerrechtlichen Verbrechen wegen der mangelnden Transparenz und Unabhängigkeit sowie des fehlenden Respekts für rechtsstaatliche Verfahren und der Nichtbeteiligung der Familien der Opfer auf massive Kritik.

Ein Jahr nach der Verabschiedung des Nationalen Plans zur Suche nach „verschwundenen“ Personen (Plan Nacional de Búsqueda de Personas Desaparecidas) war dieser noch immer nicht umgesetzt worden.

Das Oberste Gericht Chiles bestätigte im Juni 2017 die Ausweitung des Auslieferungsgesuchs von Peru für den ehemaligen Präsidenten Alberto Fujimori auf die Tötung von sechs Einwohnern des Bezirks Pativilca (Region Lima) im Januar 1992. Im Juli 2017 erhob die zuständige peruanische Staatsanwaltschaft Anklage gegen Alberto Fujimori wegen seiner Mitverantwortung für dieses Verbrechen, das von seinen Untergebenen gemeinsam mit weiteren Personen begangen worden war. Die Begnadigung von Alberto Fujimori bedeutete jedoch die Einstellung sämtlicher strafrechtlicher Ermittlungen gegen ihn, was die Befürchtung weckte, die Tötungen von Pativilca könnten straffrei bleiben.

Im August 2017 wurden mehrere Armeeangehörige wegen Folter, Verschwindenlassens und der außergerichtlichen Hinrichtung von 53 Personen in der Kaserne Los Cabitos in Ayacucho im Jahr 1983 schuldig befunden. 

Im September 2017 begann das Verfahren gegen ehemalige Angehörige der Marine, denen vorgeworfen wurde, 1986 während eines Aufruhrs im Gefängnis El Frontón mehr als 100 Menschen getötet zu haben, was ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnte.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Von Januar bis September 2017 registrierte die Generalstaatsanwaltschaft 17182 Anzeigen wegen „Straftaten gegen die sexuelle Freiheit“, zu denen Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt zählten. Lediglich 2008 (12 %) der Anzeigen wurden von der Justiz weiterverfolgt. Das Geschlecht derjenigen, die Anzeige erstatteten, wurde im Beschwerderegister nicht erfasst. 

Das Frauenministerium dokumentierte für denselben Zeitraum 94 Femizide. 

Was gesetzliche Regelungen oder andere politische Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen betraf, waren keinerlei Fortschritte zu verzeichnen. 

Sexuelle und reproduktive Rechte

Die Zahl der Teenager-Schwangerschaften war weiterhin hoch. Offiziellen Angaben zufolge brachten von Januar bis März 2017 mindestens zwölf Mädchen im Alter von bis zu elf Jahren und 6516 Mädchen im Alter von zwölf bis 17 Jahren Kinder zur Welt. 

Schwangerschaftsabbrüche waren weiterhin strafbar, es sei denn, das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren war in Gefahr. Die Parlamentsdebatte über einen Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen im Falle einer Vergewaltigung stand immer noch aus.

Im Register der Opfer von Zwangssterilisierungen waren 2017 mehr als 5000 Frauen erfasst. Es wurden jedoch keine Maßnahmen ergriffen, um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer zu gewährleisten.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen

Es gab weiterhin keine spezifische Gesetzgebung, um die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen anzuerkennen und zu schützen. Sie waren weiterhin Diskriminierung und Gewalt aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität ausgesetzt.

Im Mai 2017 hob das Parlament die Rechtsverordnung 1323 teilweise auf. Gestrichen wurde u. a. eine Bestimmung, wonach es als strafverschärfend zu bewerten war, wenn eine Straftat wegen der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität des Opfers verübt wurde. Das Parlament votierte außerdem dagegen, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität als Kategorien zu definieren, für die ein Diskriminierungsverbot gelten solle. 

Transgeschlechtliche Personen wurden in ihrer Geschlechtsidentität weiterhin weder sozial noch rechtlich anerkannt. Ihnen wurden u. a. ihre Rechte auf Freizügigkeit, Gesundheit, Arbeit, Wohnen und Bildung vorenthalten.

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