Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Molova

Die Regierung zog den Entwurf eines NGO-Gesetzes zurück, das unzulässige Einschränkungen für Organisationen enthielt, die aus dem Ausland finanziell unterstützt werden. Neun Aktivisten wurden wegen versuchter „Anstiftung zu Massenunruhen“ im Jahr 2015 schuldig gesprochen und erhielten in einer unfairen Gerichtsverhandlung zur Bewährung ausgesetzte Gefängnisstrafen. Im Mai 2017 stoppte die Polizei die LGBTI-Pride-Parade in der Hauptstadt Chişinău wegen vermeintlicher Sicherheitsbedenken. Währenddessen gab Präsident Igor Dodon homofeindliche Stellungnahmen ab. Die öffentlichen Ausgaben für Gesundheit, Bildung und soziale Sicherheit nahmen weiterhin ab. Die Diskriminierung der Roma hielt an.

Hintergrund

Im Juli 2017 verabschiedete das Parlament trotz öffentlicher Proteste und internationaler Verurteilung umstrittene Änderungen des Wahlgesetzes. Die Änderungen wurden weithin als Begünstigung der beiden größten Parteien im Parlament – der regierenden Demokratischen Partei von Moldau und der oppositionellen Sozialistischen Partei von Moldau – verstanden. Am 19. Juni 2017 gab die Venedig-Kommission des Europarats eine äußerst kritische Stellungnahme zu diesen Änderungen ab. Die meisten Mainstream-Medien wurden weiterhin von der Demokratischen Partei von Moldau kontrolliert und beeinflusst.

Recht auf Vereinigungsfreiheit

Eine Arbeitsgruppe, der Vertreter des Justizministeriums, des Amts des UN-Hochkommissars für Menschenrechte sowie mehrere NGOs angehörten, einigte sich auf den Entwurf eines NGO-Gesetzes. Weite Kreise der Zivilgesellschaft begrüßten das geplante Gesetz. Im Juli 2017 fügte das Justizministerium jedoch unerwartet drei weitere Paragraphen in den Entwurf ein, ohne die Arbeitsgruppe zu konsultieren. Bei Inkrafttreten dieser Paragraphen würden NGOs, die im Gesetz nur allgemein umrissenen „politischen Aktivitäten“ nachgehen, u. a. dazu gezwungen, Finanzberichte zu veröffentlichen und die Herkunft und Verwendung ihrer finanziellen Unterstützung offenzulegen. Die Nichtbefolgung dieser Auflagen würde harte Sanktionen nach sich ziehen, wie z. B. hohe Geldstrafen und Ausschluss aus dem der Regierung unterstehenden Finanzmechanismus, der freiwillige Zuwendungen an NGOs durch die Steuerzahler ermöglicht und fördert. Sogar die Schließung der NGOs wäre möglich. Die Änderungen stießen auf heftigen Widerstand vonseiten der Zivilgesellschaft und internationaler Organisationen, die darin unzulässige Einschränkungen für NGOs sahen, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Kritiker des Gesetzentwurfs wiesen darauf hin, dass die darin enthaltenen Einschränkungen Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft stigmatisieren könnten, und zwar insbesondere Personen, die sich kritisch über die Behörden äußern. Im September 2017 zog die Regierung den Gesetzentwurf zurück.

Unfaire Gerichtsverfahren

Im Juni 2017 wurden der ehemalige Vorsitzende der politischen Partei „Unser Haus – Moldau“, Grigore Petrenko, sowie acht politische Gefolgsleute schuldig gesprochen, am 6. September 2015 den Versuch unternommen zu haben, Massenunruhen zu organisieren. Sie erhielten Gefängnisstrafen zur Bewährung, und ihnen wurde untersagt, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Die Höhe ihrer Freiheitsstrafen bewegte sich zwischen drei und viereinhalb Jahren. Am Tag der vermeintlichen Straftat hatten sie versucht, während einer ansonsten friedlich verlaufenden Kundgebung gewaltsam in ein Regierungsgebäude einzudringen. Ihr Verfahren wurde mehrmals verschoben und war durch zahlreiche Verfahrensfehler gekennzeichnet.

Grigore Petrenkos Anwälte, Ana Ursachi und Eduard Rudenco, die auch andere prominente Klienten in politisch heiklen Fällen verteidigten, waren weiterhin Schmutzkampagnen in regierungsnahen Medien ausgesetzt und berichteten über Schikanen durch die Behörden im Zusammenhang mit ihrer Arbeit. 

Folter und andere Misshandlungen

Es gab auch 2017 Berichte über Folter und andere Misshandlungen in Hafteinrichtungen und im Strafjustizsystem.

In der Nacht vom 26. auf den 27. August starb Andrei Braguta im Polizeigewahrsam. Er war wegen zu schnellen Fahrens festgenommen worden. Die Behörden gaben an, er sei an einer Lungenentzündung gestorben, räumten jedoch später ein, er sei von zwei Mitinsassen in der Gefängniszelle verprügelt worden. Drei Polizeibeamte, die in der fraglichen Nacht Dienst taten, sowie die beiden Zellengenossen wurden als Tatverdächtige festgenommen. Einer der Mitinsassen sagte, Andrei Braguta sei bereits heftig geschlagen worden, bevor er in ihre Gefängniszelle gebracht wurde. Er beteuerte, dass er und sein Zellengenosse unschuldig seien. Ende 2017 war das strafrechtliche Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen

Die Polizei stoppte die am 21. Mai 2017 von der LGBTI-Gemeinschaft durchgeführte Pride-Parade, als die Demonstrierenden erst wenige hundert Meter zurückgelegt hatten. Die Maßnahme wurde von der Polizei damit begründet, dass sie die Sicherheit der Paradeteilnehmenden im Falle gewalttätiger Angriffe durch Gegendemonstrierende nicht garantieren könne.

Der Präsident kritisierte die LGBTI-Gemeinschaft öffentlich und erklärte, dass die Pride-Parade den „traditionellen Werten“ des Landes widerspreche. Er nahm an einer als „Traditionelles Familienfestival“ bezeichneten Paralleldemonstration teil.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Im September 2017 begutachtete der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte den dritten regelmäßigen Bericht Moldaus über die Umsetzung des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Bei der Überprüfung des Berichts wurden die stetig sinkende Rate der öffentlichen Ausgaben für Gesundheit, Bildung und soziale Sicherheit sowie die anhaltende Diskriminierung und Marginalisierung der Roma bewertet. Der Ausschuss bezeichnete die Situation der Roma als ein „eklatantes Problem“ und vertrat die Ansicht, die „in vielen Aspekten vorhandenen Unzulänglichkeiten“ des Nationalen Aktionsplans für Roma 2011–15 gäben „Anlass zu großer Besorgnis.“

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