Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Liberia

Häusliche Gewalt und sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen waren nach wie vor weit verbreitet. Es herrschte weiterhin Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen. Die Haftbedingungen entsprachen nicht den internationalen Standards, und viele Menschen saßen über lange Zeiträume hinweg in Untersuchungshaft.

Hintergrund

Im Oktober 2017 begannen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. George Weah von der Partei Congress for Democratic Change wurde am 26. Dezember zum Präsidenten gewählt. Sein Amtsantritt war für Januar 2018 anberaumt.

Die Praxis, staatliche Schulen unter die Kontrolle einer Privatfirma zu stellen, schränkte den Zugang von Kindern zu angemessener Bildung ein. Diese Sorge hatte der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung bereits 2016 geäußert.

Straflosigkeit

Die meisten Empfehlungen, die die liberianische Wahrheits- und Versöhnungskommission 2009 vorgelegt hatte, waren nach wie vor nicht umgesetzt worden. Dies betraf u. a. die Einrichtung eines Sondergerichtshofs für die strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen unter dem Völkerrecht sowie Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht und zur Entschädigung von Opfern. Eingerichtet wurde die Kommission nach Menschenrechtsverletzungen und -verstößen während des 14-jährigen internen bewaffneten Konflikts, der 2003 endete.

Niemand wurde in Liberia für die während des internen bewaffneten Konflikts begangenen Menschenrechtsverletzungen strafrechtlich verfolgt. Ein Gericht in den USA sprach jedoch Mohammed Jabbateh im Zusammenhang mit seiner Rolle bei mutmaßlichen Kriegsverbrechen wegen Meineid und Einwanderungsbetrug schuldig. Auch in der Schweiz und in Belgien gab es weitere Ermittlungen hinsichtlich mutmaßlicher Kriegsverbrechen durch die Rebellenführer Alieu Kosiah und Martina Johnson, die 2014 in der Schweiz bzw. in Belgien festgenommen worden waren.

Inhaftierungen

Die Gefängnisse waren nach wie vor überfüllt, u. a. weil Hunderte von Menschen über lange Zeiträume in Untersuchungshaft gehalten wurden. Häftlinge hatten nur unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung und Betätigungsmöglichkeiten. Im Juni 2017 wurde eine Insassin im Zentralgefängnis Tubmanburg von einem männlichen Gefangenen schwanger, nachdem sie zum Sex gezwungen worden war. Die Tat wurde von Angehörigen des Gefängnispersonals ermöglicht, die die Frau dann ohne ihre Zustimmung zu einem Schwangerschaftsabbruch brachten. Nach einer Ermittlung wurden mehrere Gefängnisangestellte entlassen, über eine strafrechtliche Verfolgung ist jedoch nichts bekannt.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Im Repräsentantenhaus wurde ein Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung von Pressevergehen, insbesondere im Zusammenhang mit Verleumdungen, eingebracht. Er war zum Jahresende noch anhängig.

Recht auf Bildung

Im August 2017 riefen 174 nationale und internationale Organisationen Investoren dazu auf, die Unterstützung von Bridge International Academies, einem privaten Unternehmen, das 25 Schulen in Liberia und anderen afrikanischen Ländern betreibt, einzustellen. Bereits im März hatte die Koalition für Transparenz und Rechenschaftspflicht im Bildungswesen Bedenken gegen die Praktiken des Unternehmens geäußert, wie z. B. die Begrenzung der Klassengrößen in staatlichen Schulen, eine Praxis, die dazu führte, dass Kinder keinen Zugang zu einer Schule vor Ort hatten. Die Leitung dieser Schulen war 2016 an Bridge International Academies ausgelagert worden.

Frauenrechte

Häusliche Gewalt, Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich weiblicher Genitalverstümmelung und Frühverheiratung, blieben weit verbreitet. Nach wie vor herrschte weitgehende Straflosigkeit für Vergewaltigung und andere Formen der Gewalt gegen Frauen. Allerdings wurde im Juli 2017 von der Legislative ein Gesetz über häusliche Gewalt verabschiedet, das zum Jahresende noch auf die Unterzeichnung durch den Präsidenten wartete. Regierung, Vereinte Nationen und Entwicklungspartner investierten weiter in auf Polizeiwachen und in Ministerien stationierte Einheiten gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt, um sexuellen Missbrauch und Gewalt zu untersuchen, sowie in ein Sondergericht in der Region Montserrado im Nordwesten, das für Verfahren wegen derartiger Straftaten zuständig sein sollte. Die Behörden unterhielten auch weiterhin zwölf Zentren in sieben Bezirken, um Überlebenden sexualisierter Gewalt eine zentrale Anlaufstelle für medizinische und andere Unterstützung zu bieten.

Erschwingliche und zugängliche Schwangerschaftsabbrüche waren für Überlebende von Vergewaltigungen nach wie vor weitgehend nicht verfügbar, trotz der Gesetzgebung, die einen Schwangerschaftsabbruch in Fällen sexualisierter Gewalt zulässt, in denen der Übergriff von der Polizei erfasst und der Abbruch von zwei medizinischen Fachleuten genehmigt wird. Unsichere Schwangerschaftsabbrüche trugen auch weiterhin dazu bei, dass Liberia eine der höchsten Sterblichkeits- und Verletzungsraten bei Müttern in Afrika verzeichnete.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche sahen sich Diskriminierung, Drangsalierungen und Drohungen ausgesetzt. Das Strafgesetzbuch stellte gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen unter Strafe. Ein Mann, der im Juni 2012 festgenommen und „freiwilliger homosexueller Handlungen“ verdächtigt worden war, befand sich zum Jahresende 2017 noch im Zentralgefängnis von Monrovia.

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