Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - North Korea

Die Regierung unternahm Schritte, um ihre Beziehungen zu internationalen Menschenrechtsgremien zu verbessern, im Land selbst war jedoch kein echter Fortschritt erkennbar. Bis zu 120000 Menschen waren nach wie vor willkürlich in Straflagern für politische Gefangene inhaftiert, unter Bedingungen, die nicht annähernd internationale Standards erfüllten. Die Rechte auf Meinungs- und Bewegungsfreiheit waren weiterhin strikt eingeschränkt. Ins Ausland entsandte nordkoreanische Arbeitskräfte waren mit harten Arbeitsbedingungen konfrontiert.

Hintergrund

Am 3. September 2017 unternahm die Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea) den sechsten Atomtest in ihrer Geschichte. Außerdem fanden im Laufe des Jahres 2017 zahlreiche Tests von Mittel- und Langstreckenraketen statt. Die militärischen Provokationen führten dazu, dass die Vereinten Nationen beispiellos harte Sanktionen gegen das Land verhängten. Gegenseitige militärische und politische Drohungen der Regierungen Nordkoreas und der USA verschärften die Spannungen. Die Besorgnis über Sicherheitsrisiken im Zusammenhang mit den Atomtests wuchs, nachdem Medien über Erdrutsche in der Nähe des Atomtestgeländes berichtet hatten und Personen, die früher in der Nähe solcher Gelände gewohnt hatten, Symptome aufwiesen, die auf eine Strahlenbelastung hindeuteten. Am 13. Februar 2017 starb Kim Jong-nam, ein Halbbruder von Staatschef Kim Jong-un, in Malaysia, nachdem zwei Frauen ihn mit Nervengift angegriffen hatten. Es wurde vermutet, dass nordkoreanische Agenten hinter dem Anschlag steckten.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Die systematischen, weitverbreiteten und schweren Menschenrechtsverletzungen setzten sich 2017 fort. So waren nach wie vor bis zu 120000 Personen in den vier bekannten Straflagern für politische Gefangene inhaftiert, in denen sie gefoltert und anderweitig misshandelt wurden und Zwangsarbeit leisten mussten. Einige der Menschenrechtsverletzungen kamen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich, doch wurden keine Maßnahmen in die Wege geleitet, um die Menschenrechtsverletzungen zu ahnden. Viele derjenigen, die in diesen Lagern festgehalten wurden, waren nicht wegen einer international als Straftat anerkannten Handlung verurteilt, sondern willkürlich in Sippenhaft genommen worden, weil sie mit Personen in Verbindung standen, die als Staatsfeinde eingestuft wurden.

Auch ausländische Staatsangehörige wurden weiterhin festgenommen und blieben für lange Zeit in Haft. Die beiden US-amerikanischen Wissenschaftler Tony Kim und Kim Hak-song, die als Dozenten an der vom Ausland finanzierten Universität für Wissenschaft und Technik in Pjöngjang tätig waren, wurden am 22. April bzw. 6. Mai 2017 wegen „feindlicher Handlungen gegenüber Nordkorea” festgenommen. Im Juni 2017 erhielt ein US-Diplomat die Erlaubnis, sie zu besuchen. Die nordkoreanischen Behörden erklärten, die Ermittlungen dauerten an und die Urteile und Strafzumessungen seien noch bei Gericht anhängig. Ende 2017 befanden sich die beiden Männer noch immer in Haft. Der US-Bürger Frederick Otto Warmbier, der im Jahr 2016 wegen der Entwendung eines Propagandaplakats inhaftiert worden war, starb am 19. Juni, sechs Tage, nachdem man ihn, im Koma liegend, in die USA zurückgeschickt hatte. Die nordkoreanischen Behörden gaben keine hinreichend glaubhafte Erklärung für seinen schlechten Gesundheitszustand. Am 27. September wurde in Warmbiers Heimatstaat Ohio der Bericht einer Gerichtsmedizinerin veröffentlicht, in dem es hieß, es gebe keine Beweise für Folter und andere Misshandlungen, doch sei dies auch nicht auszuschließen. 

Der kanadische Geistliche Lim Hyeon-soo, der im Jahr 2015 zu lebenslanger Haft mit Zwangsarbeit verurteilt worden war, wurde am 9. August aus „humanitären Gründen” freigelassen. Er hatte mehr als zwei Jahre ohne angemessene medizinische Behandlung in Haft verbracht.

Arbeitnehmerrechte – Arbeitsmigranten

Die nordkoreanischen Behörden entsandten 2017 weiterhin Arbeitskräfte nach China, Russland und in andere Länder. Um wie viele es sich handelte, ließ sich nur schwer schätzen, es war jedoch davon auszugehen, dass ihre Zahl zurückging, da Länder wie China, Katar, Kuwait, Polen und Sri Lanka die Verlängerung oder Neuausstellung von Arbeitsvisa für Nordkoreaner im Einklang mit den neuen UN-Sanktionen, die Nordkoreas wirtschaftliche Aktivitäten im Ausland betrafen, einstellten. Nordkorea erzielte einen Teil seiner Staatseinnahmen durch diese Arbeitskräfte, da sie ihre Löhne nicht direkt von ihren Arbeitgebern, sondern von der Regierung Nordkoreas bekamen, die einen hohen Anteil einbehielt. Die Behörden übten auch im Ausland eine strikte Kontrolle über die Kommunikation und die Bewegungsfreiheit der Arbeiter aus und verhinderten, dass diese Informationen über Arbeitnehmerrechte in den Gastländern erhielten. 

Die Arbeitsmigranten hatten übermäßig lange Arbeitszeiten und waren der Gefahr von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen ausgesetzt. In Russland, wo mindestens 20000 Nordkoreaner beschäftigt waren, starben Medienberichten zufolge mehrere Personen während ihres Arbeitseinsatzes. Im Mai 2017 starben zwei Bauarbeiter in der russischen Hauptstadt Moskau, nachdem sie über Atemprobleme geklagt hatten, vermutlich an Herzversagen. Bereits im November 2016 war ein Arbeiter, der in Sankt Petersburg beim Bau eines Stadions für die Fußballweltmeisterschaft 2018 eingesetzt worden war, an Herzversagen gestorben. Ein Subunternehmer erklärte in einem Interview, dass viele Arbeiter an schwerer Erschöpfung litten, weil sie monatelang kontinuierlich und ohne freie Tage übermäßig lange arbeiten mussten.

Recht auf Freizügigkeit

2017 verließen 1127 Personen Nordkorea und fanden Zuflucht in Südkorea. Dies war die niedrigste Zahl seit 2002. Für den Rückgang waren möglicherweise die verschärften Sicherheitsmaßnahmen auf beiden Seiten der chinesisch-nordkoreanischen Grenze verantwortlich. Einige Nordkoreanerinnen gelangten mit Hilfe von Menschenhändlern außer Landes. Sie wurden jedoch direkt nach ihrer Ankunft auf der chinesischen Seite der Grenze Opfer physischer Gewalt, sexuellen Missbrauchs und ausbeuterischer Arbeitsbedingungen. 

Im Verlauf des Jahres wurden zahlreiche nordkoreanische Staatsangehörige in China inhaftiert oder nach Nordkorea abgeschoben, wo sie Gefahr liefen, mit Zwangsarbeit bestraft, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Medienberichten zufolge soll die nordkoreanische Regierung China ausdrücklich dazu aufgefordert haben, Personen nach Nordkorea zurückzuschicken, die im Verdacht standen, das Land ohne Erlaubnis verlassen zu haben.

Mehrere Quellen, darunter der UN-Sonderberichterstatter über die Menschenrechtssituation in der Demokratischen Volksrepublik Korea, berichteten über Fälle von Nordkoreanern, die ihr Land ohne Genehmigung verlassen hatten, jedoch nach ihrer Ankunft in Südkorea wieder zurückkehrten oder den Wunsch nach Rückkehr äußerten. Einige der Rückkehrer traten in staatlichen Medien auf und schilderten die großen Schwierigkeiten, denen sie außerhalb Nordkoreas ausgesetzt waren. Da unklar war, auf welche Weise die Personen wieder nach Nordkorea zurückgekehrt waren, wurde darüber spekuliert, ob sie die Rückkehr freiwillig angetreten hatten oder entführt worden waren, und ob die nordkoreanischen Behörden sie genötigt hatten, fingierte Erklärungen abzugeben.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Die Regierung schränkte die Kommunikation zwischen Nordkoreanern und dem Rest der Welt weiterhin drastisch ein. Telekommunikation, Post und Rundfunk befanden sich in der Hand des Staates. Es gab weder unabhängige Zeitungen oder andere Medien noch zivilgesellschaftliche Organisationen. Nur einige wenige Personen, die zur herrschenden Elite gehörten, hatten Zugang zum Internet und zu internationalen Mobilfunkdiensten. 

Trotz des Risikos von Festnahme und Inhaftierung nahmen Personen, die nahe der chinesischen Grenze lebten, weiterhin Kontakt mit im Ausland lebenden Menschen auf, indem sie mit geschmuggelten Mobiltelefonen auf das chinesische Mobilfunknetz zugriffen. Medienberichten zufolge verstärkten die Behörden ihre Anstrengungen, um Mobilfunkaktivitäten nordkoreanischer Bürger in chinesischen Netzen zu verfolgen und die Mobilfunksignale durch die Installation neuer Radardetektoren im Grenzgebiet zu stören.

Internationale Kontrolle

Nachdem die Regierung im Dezember 2016 das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert hatte, stattete die Sonderberichterstatterin über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Nordkorea vom 3. bis 8. Mai 2017 einen offiziellen Besuch ab. Es war das erste Mal, dass eine vom UN-Menschenrechtsrat ernannte unabhängige Expertin Nordkorea besuchte. 2017 überprüften auch der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau und der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes die Menschenrechtssituation in Nordkorea. Das Land legte den beiden Ausschüssen erstmals nach 14 bzw. neun Jahren wieder Berichte vor und beantwortete während der Ausschusssitzungen Fragen. In seinem Prüfbericht wies der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes darauf hin, dass nordkoreanische Minderjährige, deren Eltern und Familienmitglieder im Ausland lebten, keine Möglichkeit zu einem regelmäßigen Kontakt hätten. Der Ausschuss merkte zudem an, dass das nordkoreanische Gesetz zum Schutz der Rechte des Kindes nicht für Minderjährige im Alter von 16 und 17 Jahren gelte und dass einige Minderjährige ein unangemessen hohes Pensum anstrengender Arbeit verrichten müssten.

Berichte von Amnesty International

North Korea: Pastor Lim Hyeon-soo released after more than two years of imprisonment (ASA 24/6921/2017)

China: Eight North Koreans at risk of forcible return (ASA 17/6652/2017)

North Korea: Amnesty International’s submission to the United Nations Committee on the Rights of the Child (ASA 24/6500/2017)

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