Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Czech Republic

Die Regierung weigerte sich, ein von der EU vorgeschriebenes Kontingent von Flüchtlingen aufzunehmen, die umverteilt und neu angesiedelt werden sollten. Trotz Reformen wurden Roma-Kinder in Schulen weiterhin von anderen Kindern getrennt. 2017 trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die es Kommunen erlaubt, Gebiete „mit sozialpathologischen Verhaltensweisen“ auszuweisen, deren Bewohner nur eingeschränkten Zugang zu Wohnbeihilfen erhalten.

Diskriminierung – Roma

Recht auf Bildung

Ein Jahr nach der Reform des Grundschulsystems, die die Inklusion von benachteiligten Schülern in Regelschulen zum Ziel hatte, wurden Roma-Kinder beim Zugang zu Bildung weiterhin diskriminiert. Nach offiziellen Statistiken, die von der Regierung im Juli 2017 veröffentlicht wurden, besuchten mehr als 24 % der Roma-Schüler nach wie vor Schulen, in denen die Kinder nach ethnischer Herkunft getrennt wurden.

Im März 2017 verfügte ein Bezirksgericht in Ostrava, dass sich eine Grundschule bei zwei Roma-Schülern entschuldigen müsse, da sie sich im Jahr 2014 geweigert hatte, die beiden Schüler aufzunehmen, und dies mit fehlenden Plätzen begründet hatte. Die Erziehungsberechtigten hatten gegen den Schuldirektor Beschwerde eingelegt, weil dieser seine Entscheidung damit begründet hatte, dass Eltern, die nicht zur Bevölkerungsgruppe der Roma gehörten, möglicherweise ihre Kinder von der Schule nehmen würden, weil es in dieser Jahrgangsstufe bereits neun Roma-Schüler gebe. Das Gericht befand, die Befürchtung, Schüler „weißer Hautfarbe“ könnten die Schule verlassen, rechtfertige keine Behandlung von Schülern aufgrund ihrer ethnischen Herkunft.

Recht auf Wohnen

Im Juli 2017 trat eine Novelle des Sozialhilfegesetzes in Kraft, die dazu führte, dass zahlreiche Kommunen ankündigten, den Zugang zu Wohnbeihilfen einzuschränken. Die Reform erlaubte Kommunen, Gebiete mit „sozialpathologischen Verhaltensweisen“ auszuweisen, deren Bewohner bestimmte Wohnbeihilfen nicht beantragen dürfen. Betroffen waren neue Mieter bzw. Personen, die in diese Gebiete zogen oder innerhalb dieser Gebiete umzogen. NGOs befürchteten, dass die neuen Bestimmungen unverhältnismäßig stark Roma und in Armut lebende Menschen treffen würden.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Tschechien nahm bis Ende 2017 nur zwölf der 2691 Flüchtlinge auf, die dem Land nach dem EU-Umverteilungsprogramm von 2015 zugewiesen worden waren, um EU-Mitgliedstaaten wie Griechenland und Italien zu entlasten. Im Juni leitete die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Tschechien, Polen und Ungarn ein, weil die drei Länder sich weigerten, sich an dem Umverteilungsprogramm zu beteiligen. Die Regierung erklärte im Juli, sie werde keine weiteren Asylsuchenden aufnehmen. Die Europäische Kommission entschied im Dezember, die Maßnahmen gegen die drei Staaten zu verschärfen, und verwies den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union.

Bis zum Jahresende wurden in Tschechien 974 Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Im Fall von 13 Personen war der Antrag erfolgreich, 79 Anträge wurden abgelehnt. Bei 16 Asylbewerbern aus Afghanistan wurde der vorübergehende Schutz nicht verlängert. Die Regierung legte für diese Asylentscheidungen weiterhin eine willkürliche Einstufung bestimmter Teile Afghanistans als „sicher“ zugrunde, obwohl es Beweise dafür gab, dass dies nicht zutraf, und ungeachtet der Tatsache, dass die Gewalt in Afghanistan 2017 weiter zunahm.

Rassismus

Der Staatspräsident und hochrangige Regierungsvertreter äußerten sich rassistisch über Flüchtlinge und Migranten. Im Wahlkampf bezeichnete der Innenminister die restriktiven Maßnahmen des Landes als Erfolg, weil sie dazu geführt hätten, dass Flüchtlinge Tschechien meiden würden.

Die Polizei stellte im Februar 2017 ihre Ermittlungen zum Tod eines Rom in einer Pizzeria in Žatec ein und kam zu dem Schluss, dass keine Straftat verübt worden sei. Der Mann war 2016 gestorben, nachdem ihn städtische Polizisten mit Hilfe einiger Gäste wegen seines mutmaßlich aggressiven Verhaltens mit Gewalt festgehalten hatten. Die Familie des Opfers hatte im Januar eine Beschwerde gegen die Polizei eingereicht, weil die Ermittlungen ihrer Ansicht nach nicht gründlich genug durchgeführt worden waren. Ihr Anwalt bemängelte, dass die Polizei den Tatort und die Beweismittel nicht ordnungsgemäß gesichert hatte.

Im Mai 2017 forderte der Menschenrechtskommissar des Europarats die tschechischen Behörden nachdrücklich auf, in dem Ort Lety (Bezirk Písek) einen Schweinemastbetrieb auf dem Gelände eines ehemaligen NS-Konzentrationslager, in dem überwiegend Roma inhaftiert waren, zu schließen. Der Menschenrechtskommissar begrüßte zwar die Bemühungen der Regierung, das Grundstück zu kaufen, zeigte sich aber besorgt darüber, dass sich das Verfahren so lange hinzog. Er beanstandete, dass die Regierung es wiederholt versäumt habe, den Schweinemastbetrieb zu schließen und als Reparationsmaßnahme für Roma, die dort während des Zweiten Weltkriegs gelitten hatten und gestorben waren, an dem Ort eine Gedenkstätte zu errichten. Im November unterzeichnete die Regierung einen Kaufvertrag zum Erwerb des Grundstücks und kündigte an, auf dem Gelände eine Gedenkstätte zu errichten.

Sicherheit und Menschenrechte

Tschechien exportierte weiterhin Waffen in Länder, in denen eine erhebliche Gefahr bestand, dass mit diesen Waffen schwere Menschenrechtsverletzungen verübt werden könnten, wie z. B. rechtswidrige Gewalteinsätze gegen Demonstrierende oder Oppositionsgruppen. Im Mai 2017 erklärte der Staatspräsident bei einer Messe für Rüstungsgüter in Brünn, dass die tschechische Rüstungsindustrie auf „Ausfuhren in die ganze Welt“ angewiesen sei. Er bestritt, dass das Land für den Re-Export von Gütern in „unsichere“ Länder verantwortlich sei.

Verknüpfte Dokumente