Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Bolivia

Es wurde eine Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit und Versöhnung zur Aufarbeitung der schweren Menschenrechtsverletzungen unter den Militärregierungen (1964–82) eingerichtet. Beim Schutz der Rechte von Transgeschlechtlichen waren Fortschritte zu verzeichnen. Anlass zur Sorge boten jedoch nach wie vor die Drohungen und Schikanen gegen Menschenrechtsorganisationen sowie der unzureichende Schutz der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen.

Hintergrund

Im November 2017 hob das Verfassungsgericht die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf. Damit kann der derzeitige Präsident Evo Morales im Jahr 2019 für eine vierte Amtszeit in Folge kandidieren.

Das Landesbüro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte wurde am 31. Dezember geschlossen, nachdem die Regierung entschieden hatte, das Mandat nicht zu verlängern.

Straflosigkeit

Im August 2017 wurde eine Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit und Versöhnung zur Aufarbeitung der schweren Menschenrechtsverletzungen unter den Militärregierungen der Jahre 1964 bis 1982 eingerichtet. Sie soll in zwei Jahren einen Bericht vorlegen. Das Militär bildete zur Unterstützung der Kommission eine Arbeitsgruppe aus Militärangehörigen, die auch den Zugang zu den Militärarchiven gewährleistet.

Rechte von Menschen mit Behinderungen

Im August 2017 verabschiedete die Plurinationale Legislative Versammlung ein Gesetz zur Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt und zur Bereitstellung finanzieller Unterstützung für Menschen mit schweren Behinderungen. Aktivisten fordern seit Jahren eine monatliche Beihilfe für Menschen mit Behinderungen, die bisher jedoch noch nicht gewährt wurde.

Rechte indigener Bevölkerungsgruppen

Im August 2017 verkündete der Präsident Gesetz Nr. 969, das den Bau einer Straße erlaubt, die das Indigenengebiet Isiboro-Sécure und den dortigen Nationalpark (Territorio Indígena y Parque Nacional Isiboro-Sécure – TIPNIS) durchqueren soll. Das Gebiet ist eine der wichtigsten Wasserreserven des Landes und Heimat von etwa 14000 zumeist indigenen Menschen. Mit dem Gesetz wurde der Rechtsstatus von TIPNIS als Schutzgebiet aufgehoben. Dies gab Anlass zur Sorge, dass in dem Gebiet möglicherweise noch weitere Infrastruktur- und Bergbauprojekte angestoßen werden könnten.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen

Im Juni 2017 gewährte die oberste Wahlbehörde (Tribunal Supremo Electoral) Menschen, die ihr Geschlecht in offiziellen Dokumenten hatten ändern lassen, das Recht auf Eheschließung. Die Eheschließung unter gleichgeschlechtlichen Partnern war jedoch nach wie vor offiziell nicht anerkannt. Im gleichen Monat legte der Ombudsmann einen Entwurf zur Änderung des Strafgesetzbuchs vor, um Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LGBTI) zur Straftat zu erklären. In den vergangenen zehn Jahren hatten die Behörden nicht sichergestellt, Personen für die Tötung von LGBTI zur Rechenschaft zu ziehen.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Unsichere Schwangerschaftsabbrüche waren nach wie vor eine der Hauptursachen für die Müttersterblichkeit.

Menschenrechtsverteidiger

Am 6. Februar 2017 besetzten Sprecher der Gewerkschaft der bolivianischen Minenarbeiter in La Paz für mehrere Stunden die Büroräume der Organisation Ständige Menschenrechtsversammlung Boliviens (Asamblea Permanente de Derechos Humanos de Bolivia) und forderten die Absetzung von deren Präsidentin. Unterdessen hielten Menschenrechtsorganisationen und Indigenensprecher dort eine Pressekonferenz ab, in der sie bekanntgaben, dass die Interamerikanische Menschenrechtskommission die Regierung aufgefordert habe, Informationen bezüglich geforderter Schutzmaßnahmen vorzulegen. Die Organisationen hatten die Schutzmaßnahmen im Namen indigener Bevölkerungsgruppen in freiwilliger Isolation gefordert, deren Überleben ihren Angaben zufolge durch die geplante Ölförderung auf ihrem Territorium gefährdet war.

Im März 2017 erklärte das bolivianische Dokumentations- und Informationszentrum (Centro de Documentación e Información Bolivia – CEDIB), eine an der öffentlichen Universität Mayor de San Simón in Cochabamba ansässige NGO, dass der Dekan der Universität sie schikaniert und ihnen mit Räumung gedroht habe. Der CEDIB-Direktor bat darum, die Sicherheit der Mitarbeiter und Archive zu gewährleisten, erhielt jedoch von den Behörden keine Antwort. Im November 2017 berichtete CEDIB, dass der Dekan mittels eines gerichtlichen Verwaltungsverfahrens das Einfrieren der Bankkonten der Organisation veranlasst habe.

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