Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation: Behandelbarkeit von Drogensucht [a-10046]

2. März 2017

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In einem Entscheidungstext des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 23. September 2016 finden sich unter anderem folgende Informationen aus einer Anfragebeantwortung von International SOS via MedCOI vom Februar 2016:

„Behandlungsmöglichkeiten Drogensucht

Es gibt in der Russischen Föderation ein Drogenersatzprogramm, das zwar nicht mit Methadon erfolgt, sondern durch Alternativen, wie z. B. Buprenorphin, Naloxon, Naltrexon Hydrochlorid, und weitere (BMA 7750).

Quellen:

International SOS via MedCOI (29.2.2016): BMA 7750“ (BVwG, 23. September 2016)

Eine Anfragebeantwortung der International Organization for Migration (IOM) vom September 2014 zur medizinischen Versorgung in der Region Altai an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) enthält folgende Informationen:

„Substitutionstherapie Opioidabhängiger ist in Russland verboten. Es gibt daher im ganzen Land keine Methadonkliniken, auch nicht in Altajskij Kraj. Methadon ist daher nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Es gibt allerdings Entzugskliniken, wo andere Behandlungsmethoden angewendet werden. Es gibt außerdem Treffen der Narcotics Anonymous, wo sich der Rückkehrer mit anderen Drogenabhängigen austauschen kann und dort Unterstützung erhalten kann.“ (IOM, 10. September 2014, S. 3)

Die deutsche Tageszeitung taz meldet im Jänner 2016 Folgendes:

„Trotz der drakonischen Strafen für Drogendelikte ist keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil: In den letzten fünfzehn Jahren hat sich die Zahl der Suchtkranken in Russland beinahe verdoppelt.

Geholfen wird ihnen kaum. Drogenersatztherapie ist in Russland verboten. Die Rückfallquote bei einigen wenigen Suchthilfeprogrammen beträgt 90 bis 95 Prozent. Die Drogenabhängigen werden wie andere marginalisierte Bevölkerungsschichten, unter ihnen Behinderte und Waisenkinder, aus der Öffentlichkeit verbannt. Nach Schätzung der russischen Drogenbehörde gibt es in Russland acht Millionen Drogenabhängige.“ (taz, 18. Jänner 2016)

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), die Landesrundfunkanstalt für das Land Sachsen-Anhalt sowie für die Freistaaten Sachsen und Thüringen, berichtet im Dezember 2016 Folgendes:

„Ungenügende Präventionsmaßnahmen

Ein Aspekt, den auch Anton Krasovsky hervorhebt. Er ist Journalist, Leiter der privaten Moskauer Stiftung ‚AIDS-Zentrum‘ und kämpft schon seit Jahren für einen anderen Umgang des Staats mit dem Problem HIV. Besonders große Defizite sieht Krasovsky in den staatlichen Präventionsmaßnahmen: ‚Die weltweit einzigartige Besonderheit der offiziellen russischen Medizin besteht tatsächlich darin, dass diese gegen den Einsatz von Drogenersatztherapien ist. Es gibt natürlich viele Länder, in denen es diese Therapien nicht gibt, aber dort ist es die Exekutive, die dagegen ist, bei uns aber ist es das Gesundheitsministerium.‘“ (MDR, 1. Dezember 2016)

Die britischen Tageszeitung The Guardian berichtet im April 2016, dass bei den Vereinten Nationen eine von Russland gesponserte Gesprächsrunde zum Thema Behandlung von Heroinabhängigkeit stattgefunden habe. Dabei sei deutlich geworden, wie unterschiedlich die Herangehensweisen der Länder bei der Behandlung Drogenabhängiger seien. Zunächst habe eine Gruppe internationaler Wissenschaftler und Diplomaten die Wichtigkeit evidenzbasierter Behandlungen erläutert, dann habe eine russische Ärztin erklärt, dass in Russland ein „drogenfreies Umfeld“ bevorzugt werde, da man davon ausgehe, dass es sich bei Methadon um die gleich Droge handle wie bei Heroin. In Russland werde die Entgiftung mithilfe eines kalten Entzugs durchgeführt, wobei das Medikament Naloxon zum Einsatz komme, das Opioidrezeptoren im Gehirn blockiere. Statt einer herkömmlichen Drogenersatztherapie würden russische Drogenabhängige eine Sozialtherapie und Bildung erhalten, so die russische Ärztin:

„As international leaders debated global drug law at the United Nations, a bizarre panel on heroin treatment showed just how divided countries are over how to treat addicts. The panel, sponsored by the Russian Federation, began with an international group of scientists and diplomats explaining the importance of evidence-based drug treatment, before a Russian doctor veered into addiction science denialism. ‘We prefer to treat people in a drug-free setting,’ Dr Oxana Guseva, a medical representative of the Russian Federation, told the Guardian afterward, ‘because methadone is the same narcotic drug as heroin.’ In Russia, heroin addicts are given ‘cold turkey’ detoxification treatment using the medication Naloxone, which blocks opioid receptors in the brain. Typically, this medication is used to stop overdoses. Then, Guseva said, Russian addicts are given social therapy and education as a substitute for conventional opioid replacement therapies, such as methadone clinics, which are common in the United States.” (The Guardian, 20. April 2016)

Daniel Wolfe, Direktor des International Harm Reduction Program der Open Society Foundations schreibt in einem Beitrag vom April 2016, dass Russland zu den Staaten gehöre, die wissenschaftliche Nachweise einer effektiven Therapie für Drogenabhängigkeit bestreiten würden. In dem Land seien Methadon und Buprenorphin verboten, weithin erforschte Medikamente, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO als wesentlich bei der Behandlung von Personen angesehen würden, die von Heroin oder anderen Opiaten abhängig seien. Die russische „Narkologie“, eine Unterdisziplin der Psychiatrie, deren Aufgabe die Behandlung von Drogenabhängigkeit sei, habe stattdessen Ansätze gefördert, bei denen PatientInnen hypnotisiert oder ins Koma versetzt und dann mit Elektroschocks behandelt würden. Wissenschaftler in Sankt Petersburg hätten einen Ansatz verfolgt, bei dem Löcher in den Schädel gebohrt und Teile des Gehirns zerstört würden, bei denen man davon ausgehe, dass sie mit Sucht zu tun hätten.

MenschenrechtsaktivistInnen in Russland hätten die Auswirkungen der russischen Drogenpolitik sorgsam dokumentiert und die Ergebnisse seien schrecklich. Mehrere PatientInnen, denen eine Methadon-Therapie verweigert worden sei, würden nun gegen Russland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen. Andere russische Gruppen hätten Verstöße, das Vorenthalten medizinischer Behandlung und Weiteres in Einrichtungen zur Behandlung von Drogenabhängigkeit, Gefängnissen und Hafteinrichtungen der Polizei dokumentiert:

„Russia has been among the nations most committed to denying scientific evidence on effective drug dependence treatment. The country has banned methadone and buprenorphine, widely researched medicines that the World Health Organization deems essential in the treatment of dependence on heroin and other opiates. Russian ‘narcology’the sub-discipline of psychiatry charged with treating drug dependencehas instead promoted such approaches as coding, where patients are hypnotized and told that they will fatally poison themselves if they use alcohol or drugs, or induction of comas in drug-dependent patients followed by administration of electroconvulsive shock. St. Petersburg scientists piloted an approach - adapted and practiced in China - that involves drilling holes in the skull and destroying portions of the brain thought to be associated with craving. This ‘neurosurgery’ is irreversible, and has raised the same ethical questions as lobotomies performed on mentally ill patients in the Europe and the United States in the 1930s and 1940s. […]

Human rights defenders in Russia have indeed produced careful documentation of the effects of Russian drug policy, and the results are ugly. Several patients denied methadone treatment are now suing the Russian government in the European Court of Human Rights. Other Russian groupsforced by law to declare themselves foreign agents if they receive financial support from abroad, but nonetheless continuing their work to counter official government narrativeshave documented abuses, deprivation of medical treatment, and other abuses in drug treatment institutions, prisons and police detention facilities. This is evidence that Russian officials, who urged attendees at a recent Moscow AIDS conference to pursue ‘approaches that would not counter Russia’s ideology,’ would prefer to exclude from the public record.” (Wolfe, 21. April 2016)

Die Andrey Rylkov Foundation for Social Justice and Health, eine 2009 in Moskau gegründete NGO, die sich für Drogenabhängige einsetzt, schreibt in einem 2016 veröffentlichten Bericht, dass die Behörden die Empfehlung des UNO-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, einen menschenrechtsbasierten Ansatz in Bezug auf Drogenkonsumenten anzuwenden, ignoriert hätten. Internationale Daten würden darauf hindeuten, dass Russland hinter afrikanischen Ländern liege, was die Behandlung und Pflege von HIV-PatientInnen anlange. In Russland könne das darauf zurückgeführt werden, dass es an der von der WHO vorgeschlagenen HIV-Prävention, -Behandlung und -Versorgung in Bezug auf Drogenkonsumenten mangele. Da bei Drogenkonsum und der Behandlung von Drogenabhängigkeit eher die Strafjustiz als ein gesundheitspolitischer Ansatz zum Einsatz komme, seien Menschenrechtsverletzungen gegenüber Drogenkonsumenten in Russland weit verbreitet. Während die Gesamtzahl der Häftlinge zurückgehe, steige die Anzahl derer, die wegen Drogendelikten verurteilt würden. 25 Prozent aller Häftlinge in Russland seien wegen Drogendelikten verurteilt worden, 40 Prozent aller Frauen in Gefängnissen seien wegen Drogendelikten verurteilt worden. Die DrogenkonsumentInnen, nicht die Drogenhändler seien das Hauptziel bei der Drogenbekämpfung. Die Behörden würden weiterhin Strafgesetze und eine Politik der Stigmatisierung und Diskriminierung einsetzen, um Personen dazu zu zwingen, den Drogenkonsum ohne Zugang zu einer evidenzbasierten Behandlung einzustellen oder sich einer verpflichtenden Drogenbehandlung von sehr zweifelhafter Qualität zu unterziehen. Zwischen 2013 und 2015 hätten die russischen Behörden das Föderale Gesetz „Über Drogen und psychotrope Substanzen“, das Strafgesetzbuch, das Gesetzbuch über Ordnungswidrigkeiten sowie die Strafprozessordnung abgeändert, um Gerichte in die Lage zu versetzen, Drogenkonsumenten unter Androhung einer strafrechtlichen oder administrativen Strafe zur Drogenbehandlung zu schicken. Diese Form der verpflichtenden Behandlung, die mittels des Strafjustizsystems durchgesetzt werde, stehe in Konflikt zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, da es keine Möglichkeit gebe, die Behandlung abzubrechen:

„2. 1 The state authorities ignored the CESCR [Committee on Economic, Social and Cultural Rights] recommendation to apply human rights-based approach to drug users.

Nearly two-thirds of European HIV cases are now in Russia. The number of new HIV diagnoses in Russia has increased 15% in one year (2015), 57% since 2010, and 133% since 2006. Russia admitted this year that more than a million of its citizens have HIV. This is 0.8% of its adult population and is at least the same number as the US in a country with 45% of the US population. The lack of government support to harm reduction and the prohibition of undermines those timid efforts of the government to prevent HIV among people who use drugs, as without harm reduction interventions, including OST [opioid substitution therapy], people who use drugs remain extremely vulnerable to fall out of the continuum (cascade) of HIV test-treat-retain interventions. The government does not have data related to the continuum (cascade). International research data suggest that Eastern Europe, including Russia, lags behind African countries when it comes to the HIV continuum of treatment and care. In Russia this can be attributed to the lack of WHO recommended HIV prevention, treatment and care with respect to people who use drugs. As a result of applying the criminal justice, rather than public health approach to drug use and drug dependence treatment, human rights violations against people who use drugs are widespread in Russia, which was a matter of concern of the recent review of the Russia’s periodic report by the UN Human Rights Committee (HRCttee). […]

Whist the overall number of prisoners is declining, the number of prisoners convicted for drug crimes is growing; 25% of all prisoners in Russia are convicted for drug crimes, 40% of all women in prisons are convicted for drug crimes. Drug users, not drug traffickers, are the main target for drug enforcement. In 2015 the number of people convicted to imprisonment for drug possession was 7,6 thousand higher than the number of people convicted to imprisonment for drug trafficking.

The state authorities continue using punitive laws and the policy of stigma and discrimination to force people who use drugs to stop using drugs with no access to evidence based treatment or to undergo mandatory drug dependence treatment of a very dubious quality. ,

Between 2013 and 2015, the Russian authorities amended the Federal Law ‘On Narcotic Drugs and Psychotropic Substances’, the Criminal Code of the Russian Federation, the Code of Administrative Offences of the Russian Federation and the Criminal Procedural Code of the Russian Federation to further enable courts to send drug users to drug dependence treatment under the threat of criminal of administrative punishment. This form of mandatory treatment enforced by the criminal justice system, is in conflict with the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights as it does not allow for the ability to withdraw from treatment.

Punitive law enforcement strategies have serious health implications such as increasing risky behaviors by ‘discouraging carrying clean needles, prompting rushed and unsafe injections in riskier environments and keeping PWID [People Who Inject Drugs] from service structures.’ Harm reduction programs involving provisions of clean needles and syringes and dispensing the opioid agonists and in some cases antagonist - naloxone, has shown to be effective in minimizing HIV transmission and intensity of drug use. While the WHO had emphasized the cost effective nature of such operations there have been numerous reports that people who use drugs have been arrested for possession of needles and syringes, which is not illegal.“ (Andrey Rylkov Foundation for Social Justice and Health, 2016, S. 3-5)

Public Mechanism for Monitoring Drug Policy Reform in the Russian Federation, ein Konsortium von russischen NGOs, AktivistInnen, WissenschaftlerInnen und Fachpersonen im Bereich HIV und Drogenpolitik, schreibt in einem 2015 veröffentlichten Bericht, dass es kein einziges öffentliches oder kommunales Rehabilitationszentrum in Russland gebe, das Programme anbiete, die den Erfordernissen drogenabhängiger Frauen entsprechen würden. Es gebe beispielsweise kein Zentrum, das Frauen den Besuch eines Drogenrehabilitationsprogrammes zusammen mit ihren Kindern ermögliche. Zudem gelte Drogenabhängigkeit als legitimer Grund für die Entziehung der elterlichen Rechte. Der Zugang von Frauen zu Drogenbehandlung und Rehabilitation werde also durch das fehlende Eingehen auf die Bedürfnisse von Frauen stark behindert. In einem Bericht, der 2015 vom Frauennetzwerk E.V.A veröffentlicht worden sei, hätten 88 Prozent der drogenabhängigen Frauen angegeben, dass sie selbst versucht hätten ihren Drogenkonsum zu beenden oder einzuschränken. Dafür seien mehrere Gründe angegeben worden: 1) Misstrauen in die Wirksamkeit öffentlicher und kommunaler Drogenbehandlungs- und Rehabilitationsprogramme; 2) Die Anforderung, sich offiziell als Drogenkonsument in freien Behandlungs- und Rehabilitationsprogrammen zu registrieren (was den Entzug der elterlichen Rechte nach sich ziehen könne); oder 3) fehlende Mittel, um für andere Behandlungsprogramme bezahlen zu können. Die Behandlung mit Methadon oder Buprenorphin sei in Russland grundsätzlich verboten:

„There is not a single public or municipal rehabilitation center in Russia to offer programs which meet the needs of drug using women. For example, there is not a single such center allowing women to attend a drug rehabilitation program together with their children. Moreover, drug addiction is considered legitimate ground for termination of parental rights. Thus, women’s access to drug treatment and rehabilitation is greatly hindered by the providers’ failure to meet women’s special needs. In a report published by the E.V.A. Women’s Network in 2015, 88% of women who inject drugs involved in the study reported that they had tried to discontinue or decrease their drug use independently. Respondents chose this independent approach for several reasons, such as

The distrust in the efficacy of public and municipal drug treatment and rehabilitation programs,

The requirement to officially register as drug user in free treatment and rehabilitation programs (which can result in the loss of parental rights), or

The lack of funds to pay for other treatment programs.

The World Health Organization recommends that ‘pregnant patients with opioid dependence should be advised to continue or commence opioid maintenance therapy with either methadone or buprenorphine’. However this type of therapy is under the blanket legal ban in the Russian Federation. There is not a single harm reduction program for women who use drugs in Russia. This is despite of the fact that in about 59% of all newly registered HIV cases in 2014 the unsafe injecting of narcotic drugs was reported as a cause of HIV transmission; and that the number of new cases among women is growing fast in Russia, which includes women who use drugs.“ (Public Mechanism for Monitoring Drug Policy Reform in the Russian Federation, 2015, S. 3-4)

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem im April 2016 veröffentlichten Jahresbericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2015), dass es in den meisten Gebieten der Russischen Föderation einen Mangel an oder gar keine Behandlungen für Drogenabhängige gegeben habe:

„Regional AIDS centers often demanded that drug users complete drug addiction treatment, which was severely lacking or nonexistent in most areas, before starting antiretroviral treatment.“ (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

EurasiaNet, eine vom Central Eurasia Project des Open Society Institute betriebene Website, die Informationen und Analysen zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen zur Verfügung stellt, erwähnt in einem Beitrag von Mai 2016, dass es geschätzt drei Millionen Drogenabhängige gebe. Die aktuelle russische Politik scheine mehr darauf abzuzielen, das Drogenproblem in Russland einzudämmen, statt es zu lösen. Nach Angaben von TalkingDrugs, einer Onlineplattform, die Informationen rund um das Thema Drogen zur Verfügung stellt, weigere sich die russische Regierung weiterhin, ihr Verbot der Drogenersatztherapie zu überdenken. Außerdem sei die Regierung gegen Programme zum Umtausch von Nadeln, obwohl die Anzahl der HIV-Fälle alarmierend ansteige:

„Russia right now is grappling with a burgeoning addiction crisis, with an estimated three million citizens currently addicted to drugs; millions more are estimated to be abusing alcohol. Ella Paneyakh, a lecturer at the Institute for the Rule of Law at European University of St. Petersburg, wrote in Slon that under the Interior Ministry, despite clear problems associated with authorities’ reliance on a criminalizing approach to drug use, the Drug Control Service is unlikely to undergo reforms.

Current policies seem to be aimed more at containing the drug problem in Russia, rather than actually solving it. According to TalkingDrugs, the Russian government continues to refuse to reconsider its ban on opioid substitution therapy and opposes needle exchange programs, even though the number of HIV cases is growing at an alarming rate. By moving the Drug Control Service to the country’s main policing organization, the Russian government is sending the signal that it will disregard alternative therapies and continue on the current path of conviction and punishment for drug users.“ (EurasiaNet, 9. Mai 2016)

Der UNO-Menschenrechtsausschuss merkt in einem Bericht vom April 2015 an, dass es ein gesetzliches Verbot von Substitutionstherapien gebe. Man sei besorgt wegen Behauptungen, dass Polizisten bei inhaftierten Drogenabhängigen manchmal absichtlich Entzugserscheinungen verursachen würden, um letztere zu Geständnissen oder einer Zusammenarbeit mit der Polizei zu zwingen:

„Drug users

16. The Committee, noting the legal ban on opioid substitution therapy, is concerned about allegations that the police sometimes deliberately cause arrested drug users to suffer withdrawal symptoms in order to elicit forced confessions or coerce them into cooperating with the police – actions that would also ultimately lead to violation of their rights under article 14 of the Covenant. The Committee notes that such physical and mental pain and suffering associated with withdrawal symptoms may amount to torture or ill-treatment and is concerned that the State party’s approach to the treatment of drug-dependent individuals deprived of their liberty does not seem to adequately protect them against such suffering (arts. 7, 9, 10 and 14).“ (UN Human Rights Committee, 28. April 2015, S. 6-7)

[Teilfrage entfernt]

 

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 2. März 2017)

·      Andrey Rylkov Foundation for Social Justice and Health: Shadow Report to the Committee on Economic, Social and Cultural Rights in relation to the review of the 6th Periodic Report of the Russian Federation (E/C.12/RUS/6), 2016 (veröffentlicht von CESCR, verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1484829570_int-cescr-ico-rus-26242-e.doc

·      BVwG - Bundesverwaltungsgericht: Entscheidungstext W237 1439115-2/7E, 23. September 2016
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20160923_W237_1439115_2_00/BVWGT_20160923_W237_1439115_2_00.html

·      EurasiaNet: Russia: What Interior Ministry Reform Means for the Migration and Drug Control Services, 9. Mai 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/324380/464013_de.html

·      IOM - International Organization for Migration: Altaiskij Krai - Medizinische Versorgung [Beantwortete Rückkehrfrage (ZIRF-Counselling) ZC 146], 10. September 2014 (verfügbar auf ZIRF/BAMF)
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698619/17129252/17046926/Altaiskij%2DKrai_%2D_Medizinische_Versorgung%2C_10%2E09.2014.pdf?nodeid=17375802&vernum=-2

·      MDR – Mitteldeutscher Rundfunk: Russland: HIV breitet sich aus, 1. Dezember 2016
http://www.mdr.de/heute-im-osten/aids-in-russland-100.html

·      Public Mechanism for Monitoring Drug Policy Reform in the Russian Federation: Report to the Committee on the Elimination of Discrimination against Women (CEDAW) on the implementation by the Russian Federation of the Convention on the Elimination of Discrimination against Women (Convention) as it relates to women who use drugs and drug dependent women, 2015 (veröffentlicht von CEDAW, verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1447851851_int-cedaw-ngo-rus-21843-e.pdf

·      taz: Die Heroin-Preise steigen, 18. Jänner 2016
http://www.taz.de/!5268890/

·      The Guardian: Russia's 'cold turkey' approach highlights global divide over drug treatment at UN, 20. April 2016
https://www.theguardian.com/world/2016/apr/20/ungass-russia-drug-treatment-heroin-methadone?CMP=share_btn_tw

·      UN Human Rights Committee: Concluding observations on the seventh periodic report of the Russian Federation [CCPR/C/RUS/CO/7], 28. April 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1437490602_g1508426.pdf

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2015 - Russia, 13. April 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/322455/461932_de.html

·      Wolfe, Daniel: Russia, Science, and the Global War on Drugs, 21. April 2016 (verfügbar auf medium.com)
https://medium.com/@wolfenyc/russia-science-and-the-global-war-on-drugs-c7ea951194d0#.ad5fh3xdr