Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cyprus

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Republik Zypern
STAATS- UND REGIERUNGSCHEF_IN: Nikos Anastasiades

Flüchtlinge und Migranten wurden weiterhin unter unzureichenden Bedingungen in Haft gehalten. Der Menschenrechtskommissar des Europarats äußerte sich besorgt über die Auswirkungen von Sparmaßnahmen auf besonders schutzbedürftige Gruppen. Zwei Angehörige der Polizei wurden für schuldig befunden, 2014 auf einer Polizeiwache einen Inhaftierten geschlagen zu haben.

HINTERGRUND

Bei den Parlamentswahlen im Mai 2016 errang die rechtsextreme Partei “Nationale Volksfront” erstmals zwei Sitze. Im Berichtsjahr setzten die Regierungsvertreter der griechischen und der türkischen Zyprer ihre Verhandlungen über die Wiedervereinigung der Insel fort und erzielten Fortschritte in Bezug auf Regierungsführung und Machtverteilung sowie hinsichtlich EU-Angelegenheiten und Eigentumsfragen. Meinungsverschiedenheiten blieben jedoch bestehen, so dass es den beiden Verhandlungsführern im November nicht gelang, eine Einigung zu erzielen. Im Dezember 2016 vereinbarten Vertreter der beiden Seiten, die Verhandlungen wiederaufzunehmen.

RECHTE VON FLÜCHTLINGEN UND MIGRANTEN

Im Februar 2016 drängte der UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter das Land, die Bedingungen in Hafteinrichtungen für Flüchtlinge und Migranten sowie auf Polizeiwachen zu verbessern. Im selben Monat stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass Zypern das Recht auf Freiheit eines syrischen Staatsangehörigen verletzt habe, da dieser keinen Zugang zu effektiven Rechtsbehelfen erhalten habe, um gegen die Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung vorzugehen (Mefaalani gegen Zypern). Er war mit dem Ziel seiner Abschiebung von August 2010 bis Januar 2011 festgehalten und dann nach Syrien abgeschoben worden.

Im September 2016 stimmte das Bezirksgericht Nikosia der Auslieferung von Seif el-Din Mostafa zu, dem zur Last gelegt wird, im März 2016 ein Flugzeug der EgyptAir entführt und es zur Landung in Larnaka gezwungen zu haben. Es wurde die Befürchtung geäußert, dass Seif el-Din Mostafa bei seiner Rückkehr nach Ägypten in großer Gefahr sei, Folter oder anderen Misshandlungen ausgesetzt zu werden. Im Oktober legte Seif el-Din Mostafa beim Obersten Gerichtshof Rechtsmittel gegen seine Inhaftierung und Auslieferung ein.

Im September 2016 hielten etwa 30 Flüchtlinge vor dem Parlament eine Protestaktion gegen Verzögerungen ihrer Einbürgerungsverfahren ab. Die meisten der Protestierenden lebten bereits seit über zehn Jahren in Zypern. Aufgrund ihres vorläufigen Aufenthaltsstatus sind sie mit Integrationshindernissen konfrontiert, können nicht ins Ausland reisen und haben nur eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.

RECHT AUF EINEN ANGEMESSENEN LEBENSSTANDARD

Im März 2016 äußerte der Menschenrechtskommissar des Europarats seine Bedenken über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der im Rahmen des Europäischen Wirtschaftlichen Anpassungsprogramms (European Economic Adjustment Programme) getroffenen Maßnahmen auf besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Frauen und Migrantenfamilien.

VERSCHWINDENLASSEN

Im Jahr 2016 organisierte der Ausschuss für die Vermissten in Zypern die Exhumierung der sterblichen Überreste von 96 Personen, wodurch sich die Gesamtzahl der Exhumierungen seit 2006 auf 1192 erhöhte. Zwischen 2007 und 2016 wurden die Leichname von 740 Vermissten (556 griechische Zyprer und 184 türkische Zyprer) identifiziert. Da die Informationen von Privatpersonen zurückgingen und dem Ausschuss der Zugang zu türkischen Militärakten weiter verschlossen blieb, begann die Zahl der exhumierten und identifizierten Personen abzunehmen.

FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN

Im Mai 2016 sprach ein Gericht in Paphos zwei Polizisten schuldig, einem im Februar 2014 auf der Polizeiwache in Chrysochous inhaftierten Mann schwere Körperverletzungen zugefügt und ihn unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu haben. Die Misshandlungen waren auf Überwachungskameras festgehalten und im August 2015 aufgedeckt worden. Nach dem Gerichtsverfahren äußerte sich die Kommissarin für Verwaltung und Menschenrechte besorgt über die Haltung von Polizisten, welche die Handlungen der Täter gutgeheißen hatten.

Im August 2016 wurde eine Polizistin bei einem rassistischen Übergriff auf einen in der Hafteinrichtung für Asylsuchende und Migranten in Menogia inhaftierten Migranten gefilmt. Bezüglich des Vorfalls wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

MENSCHENRECHTSVERTEIDIGER

Im September 2016 sprach ein Gericht in Nikosia Doros Polykarpou, den Leiter der NGO KISA, die sich für Migranten und Flüchtlinge einsetzt, vom Vorwurf frei, im April 2013 einen Polizisten tätlich angegriffen zu haben. Kurz zuvor war der Polizist für schuldig befunden worden, Doros Polykarpou verbal angegriffen zu haben.

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