Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Portugal

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Portugiesische Republik
STAATSOBERHAUPT: Marcelo Rebelo de Sousa (löste im März 2016 Aníbal António Cavaco Silva im Amt ab
STAATS- UND REGIERUNGSCHEF_IN: António Luís Santos da Costa

Sparmaßnahmen führten zu Einschränkungen der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Es gab Berichte über Misshandlungen in Gefängnissen und unzureichende Haftbedingungen. Die Diskriminierung von Angehörigen der Roma setzte sich unvermindert fort.

DISKRIMINIERUNG

Portugal hatte nach wie vor nicht für ein gesetzliches Verbot von Hasskriminalität gesorgt und noch immer kein nationales System zur Erfassung von Daten über vorurteilsmotivierte Straftaten geschaffen.

MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN

Im April 2016 forderte der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen Portugal auf, Sparmaßnahmen zu überprüfen, die zur Reduzierung der Verfügbarkeit von Leistungen für Menschen mit Behinderungen geführt und damit bewirkt hatten, dass viele von ihnen in Armut oder extremer Armut lebten. Der Ausschuss äußerte seine Besorgnis angesichts der Kürzungen bei den Mitteln für die Bildungsinklusion von Kindern mit Beeinträchtigungen und für die Unterstützung ihrer Familien. Besonders negative Folgen hatten diese Maßnahmen für die Betreuerinnen, die sich zumeist um Kinder mit Beeinträchtigungen kümmerten.

ROMA

Im Juni berichtete die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, dass Portugal die 2013 empfohlenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung gegen Roma-Gemeinschaften noch nicht vollständig umgesetzt habe. Dabei ging es vor allem um die Datenerfassung und die Vereinfachung von Verfahren zur Meldung von Diskriminierungsfällen an den portugiesischen Hochkommissar für Einwanderung.

RECHT AUF GESUNDHEIT

Im Juni 2016 meldete die portugiesische Beobachtungsstelle für das Gesundheitssystem (Observatório Português dos Sistemas de Saúde), dass die Ungleichheit beim Zugang zur Gesundheitsfürsorge fortbestehe, insbesondere für besonders marginalisierte Personen.

FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN

Das ganze Jahr über gab es Berichte über exzessive und unnötige Gewaltanwendung durch die Polizei.

Im Oktober 2016 wurden einer portugiesischen Nichtregierungsorganisation zufolge 13 Häftlinge bei der Inspektion ihrer Zellen im Gefängnis von Carregueira im Gerichtsbezirk der Hauptstadt Lissabon von Gefängniswärtern geschlagen. Mindestens drei von ihnen mussten danach im Krankenhaus behandelt werden.

HAFTBEDINGUNGEN

Die Haftbedingungen waren nach wie vor unzureichend, in einigen Gefängnissen sogar erniedrigend. Es herrschten Mängel hinsichtlich Hygiene, Nahrungsqualität und medizinischer Versorgung.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

Im Februar 2016 wies das Parlament ein Veto des Präsidenten gegen ein Gesetz ab, das es gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt, Kinder zu adoptieren. Das Gesetz war ursprünglich im November 2015 verabschiedet worden und trat im März 2016 in Kraft.

RECHTE VON FLÜCHTLINGEN UND MIGRANTEN

39 Flüchtlinge, die im Rahmen des Resettlement-Programms zwischen 2014 und 2016 nach Portugal kommen sollten, waren Ende 2015 in Portugal eingetroffen. Die Regierung verpflichtete sich, 2016/17 mehr als 260 Flüchtlinge im Rahmen des Resettlement-Programms aufzunehmen.

Von den 1742 Asylsuchenden, zu deren Aufnahme sich Portugal im Rahmen des Umverteilungsprogramms innerhalb der EU verpflichtet hatte, waren bis Ende 2016 erst 781 von Griechenland und Italien nach Portugal gebracht worden.

Im Oktober veranlassten die städtischen Behörden von Amadora die rechtswidrige Zwangsräumung von mindestens vier Migrantenfamilien, ohne diese vorher entsprechend konsultiert oder ihnen eine angemessene alternative Unterkunft bereitgestellt zu haben.

SEXUELLE UND REPRODUKTIVE RECHTE

Im Februar 2016 genehmigte das Parlament gesetzliche Änderungen für den Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsleistungen. Das neue Gesetz hob die bisher obligatorische psychologische und soziale Beratung als Bedingung für den Zugang von Frauen zu Schwangerschaftsabbrüchen auf.

Im Mai 2016 wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das allen Frauen unabhängig von ihrem Familienstand oder ihrer sexuellen Orientierung das Recht auf Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung zuspricht – einschließlich In-vitro-Fertilisation und anderer Methoden. Damit entfiel die bisherige Beschränkung für Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung auf verheiratete Frauen bzw. Frauen in einer eingetragenen Partnerschaft mit einem Mann.

GEWALT GEGEN FRAUEN UND MÄDCHEN

Im November 2016 gab die Regierung ihre Absicht bekannt, Opfer von sexueller Belästigung, Vergewaltigung, weiblicher Genitalverstümmelung, Sklaverei und Menschenhandel von der Pflicht zur Zahlung von Gerichtskosten auszunehmen.

Nach Angaben der NGO União de Mulheres Alternativa e Resposta wurden bis November 2016 in Portugal 22 Frauen getötet; außerdem gab es 23 versuchte Morde.

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