Anfragebeantwortung zum Kosovo: Behandlungsmöglichkeiten für Drogenabhängigkeit [a-10150-1]

4. Mai 2017

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Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction, EMCDDA), eine Einrichtung der Europäischen Union, die der EU und den Mitgliedsländern Informationen über die Drogen- und Drogensuchtproblematik und ihre Folgen liefert, veröffentlicht 2014 einen Staatenbericht des Kosovo, der auf Daten von 2012 basiert. Laut dem Bericht werde die Behandlung für Drogenabhängigkeit im Kosovo vorwiegend von zwei Einrichtungen durchgeführt: der psychiatrischen Klinik des Universitätszentrums Kosovo und der NGO Labyrinth. Die Behandlungen dieser beiden Einrichtungen würden die Entgiftung, eine psychosoziale Behandlung und eine medikamentöse Therapie mit Methadon beinhalten. Seit 2012 werde in drei öffentlichen Gesundheitseinrichtungen Substitutionstherapie angeboten: in der psychiatrischen Klinik des Universitätszentrums Kosovo in Prishtina sowie in zwei regionalen Krankenhäusern in Gjilan und Gjakova. Obwohl die Gesundheitsversorgung für alle kostenfrei sei und minimale Behandlungsoptionen für Drogenabhängigkeit (beispielsweise die Entgiftung) umsonst durchgeführt würden, müssten PatientInnen eine Zuzahlung an die Stelle leisten, die die Behandlung durchführe. Die psychiatrische Klinik des Universitätszentrums Kosovo in Prishtina habe 2008 eine spezielle Station für die Behandlung Drogenabhängiger eingerichtet. Die Behandlung dort basiere nur auf Programmen zur Entgiftung mittels Medikamenten, die auf der Liste der wichtigsten Arzneimittel (Essential Drug List) stünden. Psychosoziale Maßnahmen seien selten Teil der Behandlung.

Die in Prishtina ansässige NGO Labyrinth biete seit 2005 Programme zur Reduzierung der gesundheitsschädlichen Folgen des Drogenkonsums an. Diese Programme seien nun auch in Prizren und Gjilan verfügbar. Die Aktivitäten der NGO würden Nadel- und Spritzenaustauschprogramme, freiwillige Beratung und Tests auf HIV, Hepatitis B und C, Ausgabe von Kondomen, psychologische Beratung, Selbsthilfegruppen sowie Bereitstellung von Informationsmaterial umfassen:

„Drug treatment in Kosovo is primarily provided by two organisations: the Psychiatric Clinic of the University Clinical Centre of Kosovo, and the NGO Labyrinth. Drug treatment options provided by these two agencies include detoxification services, psychosocial treatment and pharmacotherapy with methadone.

Since 2012, opioid substitution treatment is provided in three public health settings, UCCK – Psychiatry Clinic in Prishtina, and two regional hospitals in Gjilan and Gjakova. Although healthcare is free for all Kosovars and minimum drug treatment options (e.g. detoxification) are provided free of charge, patients have to pay a co-payment towards a detoxification service. Methadone maintenance treatment is financed by the Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria (GFATM), and is being expanded in terms of both the number of clients and its geographical coverage.

In 2008 the Psychiatric Clinic of the University Clinical Centre of Kosovo created a special inpatient ward to treat addiction. An inpatient treatment protocol was adopted the same year. To date, the treatment was solely based on detoxification programmes using medicines from the Essential Drug List, funded by the Ministry of Health. Psychosocial interventions are very rare in the treatment process.

The NGO Labyrinth in Pristina first offered harm reduction programmes in 2005. These programmes are now also available in Prizren and Gjilan, with financial support from the Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria.

Harm reduction activities include a needle and syringe exchange program, voluntary counselling and testing for HIV, HCV (Hepatitis C Virus) and HBV (Hepatitis B Virus), distribution of condoms, psychological counselling, self-help groups and provision of information materials. The needle and syringe exchange program was introduced in 2009 in Labyrinth’s drop-in centre in Pristina, shortly followed by two other drop-in centres in Prizren and Gjilan.“ (EMCDDA, 2014, S. 6-7)

Eine Anfragebeantwortung der International Organization for Migration (IOM) vom September 2015 zu Substitutionsbehandlung mit Methadon im Kosovo an die Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) enthält folgende Informationen:

„Der 44-jährige Migrant befindet sich in ambulanter Substitutionsbehandlung mit Methadon (derzeit 30 mg/Tag).

Anfrage:

1) Ist eine Fortsetzung der Behandlung mit Methadon im Kosovo möglich und wenn ja, wo genau? Bitte geben Sie Kontaktdaten (Name, Adresse etc.) der Krankenhäuser und Ärzte an.

2) Wie hoch sind die monatlichen Kosten?

3) Sind die Behandlung und die Medikamente von einem staatlichen Krankenversicherungssystem abgedeckt? Wie viel muss der Patient bzw. seine Familie zahlen, welche Leistungen sind kostenlos? Wie ist der Zugang, die Kosten, Leistungen etc.?

4) Ist der Einfuhr von Methadon bei der Einreise in den Kosovo (eine Tagesdosis und mit ärztlicher Bescheinigung) erlaubt?

Antwort:

1) Eine Fortsetzung er Behandlung mit Methadon ist im Kosovo möglich, in der staatlichen Neuropsychiatrischen Klinik in Priština.

Kontaktdaten:

QKUK Priština, Neuropsychiatrische Klinik

Zuständiger Arzt: Dr. Afrim Drevinja, Tel.: +377 44 502 508

Die NGO ‚Labyrinth‘ unterstützt Drogenabhängige und ambulante Patienten ebenfalls mit Methadon und anderen damit zusammenhängende Dienstleistungen.

Kontaktdaten:

Medico-Psychotherapeutische Center ‚Labyrinth‘

Str. Gazmend Zajmi-42

Tel.: +381 38 230 104; +377 44 131-409; Email: Labirinti@gmail.com

Zuständiger Arzt: Dr. Safet Blakaj

2) Die Patienten, die die Universitätsklinik, Neuropsychiatrische Klinik aufsuchen, müssen eine Krankenhausgebühr in Höhe von 40 Euro bezahlen, die für diesen Behandlungszyklus gilt. Wenn ein neuer Behandlungszyklus notwendig ist, muss die 40 Euro Gebühr erneut entrichtet werden. Wohingegen treatment an der NGO ‚Labyrinth‘ ist expensiver, müssen die Patienten eine 65 € pro 100 mg Methadondosis und zehn Euro pro jedes Beratungsgespräch zu zahlen. Wichtiger Hinweis sollte in Betracht gezogen werden, Methadon im Kosovo wird als Fluid nicht in Pillen serviert, aus diesem Grund gibt es eine zusätzliche Substanz, die Praktiker in den Behandlung und kostet zusätzliche 5 Euro.

3) Am Universitätsklinikum/Neuropsychiatrische Klinik ist die Methadon-Behandlung in der Regel kostenlos, jedoch gibt es sehr oft Engpässe bei der Versorgung der Klinik, wie es im gesamten Land häufig vorkommt. In diesen Fällen müssen die Patienten das Methadon selbst kaufen; es ist in den meisten der Apotheken mit einem ärztlichen Rezept erhältlich.

4) Laut Dr. Afrim Dervinja (Universitätsklinikum/Neuropsychiatrische Klinik) kann ein Patient eine Dosis von Methadon bei sich tragen, wenn es ein ärztliches Rezept gibt, jedoch empfiehlt er es, große Dosen zu vermeiden um jede Überdosierung zu vermeiden.“ (IOM, 18. September 2015, S. 1-2)

Die Europäische Kommission erwähnt in ihrem im November 2015 veröffentlichten Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen für die EU-Mitgliedschaft, dass Stellen zur Behandlung von Drogenabhängigen und für die Methadontherapie in fünf Krankenhäusern und zwei Gefängnissen eingerichtet worden seien:

„Addiction treatment services and methadone therapy services were set up in five hospitals and two prisons, strengthening drug abuse prevention and harm reduction strategies.“ (Europäische Kommission, 10. November 2015, S. 59)

Eine Anfragebeantwortung von IOM vom August 2016 an die ZIRF des BAMF enthält folgende Informationen:

„Der Klient reiste 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte gemeinsam mit ihrer Familie einen Asylantrag. Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 04.06.2002 abgelehnt.

Er ist seit mehreren Jahren drogen- und alkoholabhängig einhergehend mit psychotischen Symptomen (Erlebens- und Wahrnehmungsstörungen wie Stimmenhören und Verfolgungswahn). Seit 2011 befindet er sich in ständiger fachärztlich-psychiatrischer Behandlung und erhält unter strenger fachärztlicher Kontrolle ein täglich einzunehmendes Medikament zum Drogenersatz sowie weitere Psychopharmaka. Seit 2013 besteht für den Klienten eine gesetzliche Betreuung. Erkrankungsbedingt wurde ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt.

Dauermedikamente:

- Subutex 12 mg (Wirkstoff: Buprenorphin-HCI) 8,64 mg – 1 Tablette täglich

- Risperdal consta 50 mg (je 1 Durchstechfl. Pulver mit 50 mg Risperidon, 1 Fertigspritze mit 2 ml Lsgm. und 1 Alaris Smart Side Adapter) – alle 14 Tage als intramusk. Injektion –

Amineurin 50 mg (Wirkstoff: Amitriptylin-HCI 56,6 mg) – 1 Filmtablette z. Nacht

Anfrage: […]

2. Kann im Kosovo die umgehende Fortführung der fachärztlich-psychiatrischen Behandlung für die zu überwachende Drogenersatzmedikation gewährleistet werden und wenn ja, wo genau? Bitte geben Sie die Kontaktdaten (Name, Adresse etc.) der Krankenhäuser und Ärzte an.

3. Sind die o.g. Medikamente oder ihre Wirkstoffe im Kosovo erhältlich? Bitte nennen Sie die offizielle Handelsbezeichnung, den Preis pro Packung und die Anzahl der darin enthaltenen Tabletten/Produkte.

4. Entstehen für die fachärztlich-psychiatrische Behandlung sowie für die Medikamente Kosten? Wenn ja, in welcher Höhe? Sind die Behandlung und die Medikamente von einem staatlichen Krankenversicherungssystem abgedeckt? Wie viel muss der Patient zahlen, welche Leistungen sind kostenlos? Wie sind der Zugang, die Kosten, Leistungen, etc.? Bitte geben Sie Kontaktdaten (Name, Adresse, Webseite, etc.) von Anlaufstellen an?

5. Gibt es im Kosovo finanzielle Unterstützung in solchen Fällen?

6. Gibt es im Kosovo soziale Einrichtungen für Drogen- und Alkoholabhängige? […]

2. Unter Einbeziehung Dr. Shaban Mecinajs, Direktor der Psychiatrischen Klinik von KUCCQCUK (Klinisches Zentrum der Kosovo Universität. Qendra Klinike Universitare e Kosoves), die Patienten mit den angegebenen Problemen behandelt, haben wir erfahren, dass es die Politike der Gesundheitsbehörden ist jeden Patienten in Drogenabhängikeit miteinzubeziehen. Jedoch sind die Kapazitäten der Klinik im Sinne der medizischen Versorgung und der technischen Fähigkeiten begrenzt und schafft es häufig nicht die Patienten ausreichend zu behandeln. Dr Mecinaj hat uns zusätzlich noch darüber informiert, dass die Behandlung dieser Anfrage teilweise verfügbar ist, z.B. Subutex ist in Form von Tabletten erhältlich, aber keine anderen der verschriebenen Medikamente. Folglich wird der Patient mit Methadon behandelt warden, in Abwesenheit der oben angegebenen Behandlung.

Kontaktperson der Klinik: Dr Shaban Mecinaj oder Dr Afrim Dervinja, Tel: +381 38 500 600.

3. Keines der Medikamente aus der Anfrage ist in Apotheken im Kosovo erhältlich. Diese Information wurde in der größten und bestausgestattesten Apotheke im Kosovo, Rexall, die unter +377 44 700 177 zu erreichen ist. Die Medikamente können aber mit Rezept eines Arztes und einer Kopie der ID bestellt werden. Sie sollten dann innerhalb von 10 Tagen in der Apotheke abzuholen sein.

4. Die stationäre Behandlung in KUCC-QKUK kostet 40 € für 15 Tage Behandlungszyklus. Methadon wird von der Klinik bereitgestellt. Beim Universitätszentrum der Klinik, in der Neuropsychiatrie ist die Behandlung mit Methadon normalerweise umsonst, aber wie jede Klinik im Kosovo sind Engpässe an der Tagesordnung. In diesen Fällen müssen die Patienten das Methadon selbst kaufen, welches in den meisten Apotheken vorhanden und mit einem ärztlichen Rezept erhältlich. Der Kosovo hat noch kein Gesundheitssystem installiert und wenn Medikamente und Behandlungen zu kriegen sind, müssen Patienten dies selbst bezahlen.

5. Auf Basis einer Befragung von Menschen mit den gleichen Problemen, medizinischen Angestellten, Apotheken und Organisationen etc., sind wir zu dem Schluss gekommen, dass keine Einrichtungen, die eine solche finanzielle Unterstützung für diese Patientenkategorie gibt.

6. Es gibt eine NGO mit dem Namen ‚Labyrinth‘, die Drogenabhängige und Patienten in ambulanter Methadon-Behandlung. Die Behandlung bei der NGO ist teurer im Vergleich zur KUCC-QKUK, da Patienten 65 € pro 100mg Methadon Dosis und 10 € pro Beratungsgespräch zahlen müssen.

Es ist wichtig zu wissen, dass Methadon im Kosovo als Flüssigkeit und nicht in Pillenform verabreich wird, d.h. es gibt eine zusätzliche Substanz, welche Ärzte zum Methadon hinzufügen und welche 5 € kostet.

Medizinisch-Psychotherapeutisches Zentrum ‚Labyrinth‘

Str. Gazmend Zajmi-42

Tel: +381 38 230 104; +377 44 131-409 E-mail: Labirinti@gmail.com

behandelnder Arzt: Safet Blakaj“ (IOM, 3. August 2016, S. 1-3)

Das Schweizer Staatssekretariat für Migration (SEM, ehemals: Bundesamt für Migration), eine Bundesbehörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft, erwähnt in einem im Oktober 2016 veröffentlichten Bericht zu Behandlungsangeboten bei psychischen Erkrankungen Folgendes:

„Die Universitätsklinik Pristina verfügt über eine Abteilung für Psychiatrie und eine Abteilung für Neurologie. […] Daneben bestehen eine Abteilung für Menschen mit Drogen und Alkoholproblemen, eine für Kinder und Jugendliche sowie eine für Tages-Patienten.“ (SEM, 25. Oktober 2016, S. 21)

In ihrem im November 2016 veröffentlichten Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen für die EU-Mitgliedschaft erwähnt die Europäische Kommission, dass Behandlungen von Drogenabhängigen und Methadon-Therapien angeboten würden:

image001.gif„Addiction treatment and methadone therapy is being offered, strengthening drug abuse prevention and harm reduction strategies.“ (Europäische Kommission, 9. November 2016 S. 69)

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. Mai 2017)

·      EMCDDA - European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction: National Report - Kosovo, 2014
http://www.emcdda.europa.eu/system/files/publications/847/National_Report_Kosovo_2014_EN_483865.pdf

·      Europäische Kommission: Kosovo 2015 Report [SWD(2015) 215 final], 10. November 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1447156524_20151110-report-kosovo.pdf

·      Europäische Kommission: Kosovo* 2016 Report, 9. November 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1480930535_20161109-report-kosovo.pdf

·      IOM - International Organization for Migration: Kosovo - Allgemein - Medizinische Versorgung [Beantwortete Rückkehrfrage (ZIRF-Counselling) ZC 128], 18. September 2015 (verfügbar auf ZIRF/BAMF)
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/12111421/17126860/17486179/Allgemein_%2D_Medizinische_Versorgung%2C_18%2E09.2015.pdf?nodeid=17908814&vernum=-2

·      IOM - International Organization for Migration: Pristina - Medizinische Versorgung [Beantwortete Rückkehrfrage (ZIRF-Counselling) ZC 167], 3. August 2016 (verfügbar auf ZIRF/BAMF)
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/12111421/17995503/Pristina_%2D_Medizinische_Versorgung%2C_03%2E08.2016.pdf?nodeid=18345228&vernum=-2

·      SEM - Staatssekretariat für Migration: Focus Kosovo; Behandlungsangebote bei psychischen Erkrankungen, 25. Oktober 2016
https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/europa-gus/kos/KOS-behandlung-psych-d.pdf