Dokument #1395385
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor)
Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.
Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.
Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Bericht zur Menschenrechtslage vom April 2016 (Berichtszeitraum: 2015), dass soziale Diskriminierung von Frauen und Misshandlung von Kindern weiter bestanden hätten. Das usbekische Gesetz verbiete die Vergewaltigung, darunter die Vergewaltigung eines „nahen Verwandten“, das Strafgesetzbuch verbiete jedoch nicht spezifisch Vergewaltigung in der Ehe. Es seien keine derartigen Fälle gerichtlich entschieden worden. Kulturelle Normen würden Frauen und deren Familien davon abhalten, offen über Vergewaltigung zu sprechen und die Presse berichte nur selten darüber. Das Gesetz verbiete häusliche Gewalt nicht speziell, die nach wie vor weit verbreitet gewesen sei. Obwohl körperliche Angriffe gesetzlich verboten seien, hätten Polizisten häufig Frauen davon abgeraten, Missbrauch durch den Ehepartner anzuzeigen, und Mitarbeiter der Behörden hätten nur selten den Täter aus seiner Wohnung geholt oder festgenommen. Die Gesellschaft sehe körperlichen Missbrauch von Frauen eher als eine persönliche Angelegenheit und nicht als eine Straftat. Trotzdem hätten Menschenrechtsquellen in Usbekistan angegeben, dass die lokale Polizei und Beamte eine größere Bereitschaft gezeigt hätten, Anzeigen wegen häuslicher Gewalt nachzugehen, darunter auch in der Provinz Jizzakh und im traditionell konservativen Fergana-Tal. Normalerweise hätten sich allerdings Familienmitglieder und Älteste dieser Fälle angenommen und sie seien nur selten gerichtlich verhandelt worden. Lokale Behörden hätten eher die Versöhnung von Ehemann und Frau betont, als den Missbrauch zu thematisieren. Es gebe keine von der Regierung zur Verfügung gestellte Unterbringungen oder Hotlines für Opfer häuslicher Gewalt und nur sehr wenige NGOs mit Fokus auf häuslicher Gewalt. Was Kindesmisshandlung anlange, so nehme die Gesellschaft diese als eine familieninterne Angelegenheit wahr und daher gebe es nur sehr wenige offizielle Informationen zu diesem Thema:
„The law and constitution prohibit discrimination on the basis of race, gender, disability, language, and social status. Nonetheless, societal discrimination against women and persons with disabilities existed, and child abuse persisted.
Rape and Domestic Violence: The law prohibits rape, including rape of a ‘close relative‘, but the criminal code does not specifically prohibit spousal rape, and the courts did not try any known cases. Cultural norms discouraged women and their families from speaking openly about rape, and the press rarely reported it.
The law does not specifically prohibit domestic violence, which remained common. While the law punishes physical assault, police often discouraged women from making complaints against abusive partners, and officials rarely removed abusers from their homes or took them into custody. Society considered the physical abuse of women to be a personal rather than criminal matter. Human rights contacts, however, reported greater willingness by local police and officials to address reports of domestic violence, including in Jizzakh Province and in the traditionally conservative Fergana Valley. Family members or elders usually handled such cases, and they rarely came to court. Local authorities emphasized reconciling husband and wife, rather than addressing the abuse. […]
There were no government-run shelters or hotlines for victims of domestic abuse, and very few NGOs focused on domestic violence. […]
Child Abuse: Society generally considered child abuse to be an internal family matter; little official information was available on the subject.“ (USDOS, 13. April 2016, Section 6)
Der UNO-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau erwähnt in seinen abschließenden Beobachtungen zum Staatenbericht Usbekistans vom November 2015, dass der Ausschuss weiterhin sehr besorgt sei über die Häufigkeit der Gewalt gegen Frauen in Usbekistan, darunter speziell häusliche und sexuelle Gewalt, und den Mangel an statistischen Erhebungen über die Gewalt gegen Frauen in Bezug auf Alter und Verhältnis zwischen Opfer und Täter. Fälle von häuslicher Gewalt gegen Frauen würden nur selten angezeigt, da diese als private Angelegenheit betrachtet würden. Schutzanordnungen würden selten erteilt und Fälle häuslicher Gewalt würden meistens in den Mahallas [Nachbarschaften, Anm. ACCORD] mit dem Ziel der Aussöhnung verhandelt. Trotz dem Bemühen der Regierung, 2015 eine Einrichtung für berufliche Weiterbildung für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden seien, zu gründen, seien Dienste zur Hilfe und zum Schutz von Opfern unzureichend. Es gebe nur zwei Zentren für weibliche Opfer von Gewalt. Die Vorlage zum Gesetz zur Prävention von Gewalt in der Familie enthalte eine Definition von Gewalt gegen Frauen, darunter auch häusliche Gewalt, der UNO-Ausschuss sei jedoch besorgt über die Verzögerung bei der Verabschiedung dieses Gesetzes:
„The Committee remains deeply concerned at the high prevalence of violence against women, in particular domestic and sexual violence, in the State party and at the lack of statistical information on violence against women, disaggregated by age and relationship between the victim and the perpetrator. The Committee notes with concern that cases of domestic violence against women are underreported as it is considered a private matter and that there is a limited use of protection orders and cases are taken mainly to mahallas for reconciliation. It further notes that notwithstanding the State party’s efforts to establish a facility in 2015 for vocational training for women victims of violence, victim assistance and protection services are insufficient, as there are only two shelters for women victims of violence. The Committee further notes that the draft law on prevention of violence in the family contains a definition of violence against women, including domestic violence, however, it remains concerned at the delay in the adoption of this draft law.“ (CEDAW, 20. November 2015, S. 4)
Die Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children, ein 2001 in Genf gegründeter Interessensverband, der zum Ziel hat, auf Regierungen einzuwirken, die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes zu implementieren, führt in einem Bericht zu Gewalt in der Familie in Usbekistan vom September 2015 an, dass das usbekische Familiengesetzbuch von 1998 bestimme, dass Kindern das Recht zukomme, vor Misshandlung durch die Eltern geschützt zu werden. Erziehungsmethoden dürften keine vernachlässigende, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung beinhalten. Schwere körperliche Züchtigung sei nach dem Strafgesetzbuch von 1995 strafbar. Laut Artikel 10 des Gesetzes zur Sicherung der Rechte des Kindes von 2008 habe der Staat die Aufgabe, das Kind vor allen Formen der Ausbeutung, darunter körperliche, seelische und sexuelle Gewalt, sowie vor brutaler oder erniedrigender Behandlung zu schützen. Artikel 11 lege fest, dass das Kind das Recht habe, vor Misshandlung durch Eltern oder Personen, die die Eltern ersetzen würden, geschützt zu werden. Es sei allerdings nicht klar, ob das Gesetz dahingehend ausgelegt werde, dass jegliche Art körperlicher Züchtigung bei der Kindeserziehung verboten sei. Die Regierung habe 2013 infolge einer Untersuchung hinsichtlich der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes zwar angegeben, dass körperliche Züchtigung im „privaten Raum“ verboten sei, habe aber nicht bestätigt, dass dies auch die Eltern einschließe:
„1.2 The Family Code 1998 states that the child has the rights ‘to education by their parents, ensuring its interests, full development and respect for human dignity‘ (art. 65) and ‘to be protected from abuse by parents‘ (art. 67); article 75 states: ‘In the exercise of parental rights, parents have no right to harm the physical and mental health of children, or their moral development. Methods of educating children must exclude neglectful, cruel or degrading treatment, abuse and exploitation.‘ Failure by parents or guardians with regarding to childrearing and educational responsibilities for their children is punishable under the Code on Administrative Responsibility 1994 (art. 47); more severe corporal punishment is punishable under and the Criminal Code 1995. According to article 10 of the Law On Guarantees of the Rights of the Child 2008, the state shall protect the child from ‘all forms of exploitation, including physical, mental and sexual abuse, torture or other cruel, brutal or degrading treatment‘; article 11 states that the child ‘has the right to be protected from abuse by parents or persons replacing the parents‘ (unofficial translation).
1.3 It is unclear as to whether or not the law is interpreted as prohibiting all corporal punishment in childrearing. Under examination by the Committee on the Rights of the Child in 2013, the Government stated that corporal punishment is prohibited ‘in the private sphere‘ but did not confirm that this includes by parents in the home: the Committee went on to recommend that Uzbekistan ‘ensure that its legislation explicitly prohibits corporal punishment in all settings, including in the home and alternative care‘ (emphasis added). In May 2014, the Government informed the Committee on Economic, Social and Cultural Rights that corporal punishment was prohibited in all settings, including the home, but gave no details and similarly the Committee went on to recommend prohibition. In reporting to the Human Rights Committee in 2015, the Government stated that Uzbekistan ‘follows a policy of prohibiting the corporal punishment of children‘ but in terms of law referred only to regulations for schools and institutions and to provisions in the Guardianship and Custody Act of 2 January 2014 on monitoring the conditions of care and upbringing of children. This Act protects children from situations which pose a risk to their life or health or when parents do not fulfil their obligations towards their children, and sets out the rights and obligations if guardians and custodians and the rights of wards – including the rights to ‘respectful and humane treatment‘ and to ‘care of their maintenance, upbringing, education and health‘ (art. 33, unofficial translation) – but there is no clear prohibition of all corporal punishment in childrearing.“ (Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children, September 2015)
Der Menschenrechtsausschuss, ein UNO-Gremium von 18 von Mitgliedsstaaten gewählten ExpertInnen, das Berichte von Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen hinsichtlich ihrer Einhaltung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte prüft, schreibt in seinen abschließenden Beobachtungen zum Staatenbericht Usbekistans vom August 2015, dass der Ausschuss weiterhin darüber besorgt sei, dass Gewalt gegen Frauen, darunter häusliche Gewalt, nach wie vor als Familienangelegenheit angesehen werde. Gewalt dieser Form werde meist besonders deshalb nicht angezeigt, da Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden solche Anzeigen nicht mit angemessener Sorgfalt erfassen und untersuchen würden und es keine adäquaten und ausreichenden Schutzmaßnahmen, medizinische, soziale und rechtliche Unterstützungsdienste für Opfer sowie Unterbringungsmöglichkeiten gebe. Darüber hinaus gebe es keine spezifische Gesetzgebung, die häusliche Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe kriminalisiere:
„The Committee remains concerned (see CCPR/C/UZB/CO/3, para. 13) that violence against women, including domestic violence, continues to be regarded as a family matter. Such violence remains largely underreported particularly because of the lack of due diligence of law enforcement officers in registering and investigating such complaints and owing to the absence of adequate and sufficient protection measures and support services for victims, including medical, social and legal services, as well as accommodation or shelters. The Committee is further concerned about the lack of specific legislation criminalizing domestic violence and marital rape (arts. 2, 3, 7 and 26).“ (UN Human Rights Committee , 17. August 2015, S. 3)
Die US-amerikanische Online-Zeitung Huffington Post berichtet im April 2016, dass in Usbekistan ein System, das auf ländlicher Tradition basiere, die Suche nach Gerechtigkeit für Opfer häuslicher Gewalt noch zusätzlich erschwere. Es handle sich dabei um das Mahalla-System, bei dem eine Gruppe von Ältesten aus der Gemeinschaft versuche, im Falle häuslicher Gewalt zu urteilen, meist mit dem Ziel, die Ehe zu erhalten. Die Ältesten, die zumeist eine konservative Einstellung vertreten würden, würden gewöhnlich dem Opfer dazu raten, die Gewalt weiterhin der Familie zuliebe zu ertragen oder noch gravierender, das Verhalten, das die Schläge des Ehemannes provoziert habe, zu ändern. Das Mahalla-System ergreife also in den meisten Fällen die Partei des Täters gegen das Opfer. Da die Mehrheit der usbekischen Frauen nicht die Möglichkeiten habe, ihr Leben allein zu führen, und es nur wenige Schutzhäuser für Frauen gebe, würden die Frauen weiterhin geschlagen:
„Uzbekistan has a practice rooted in village tradition that adds an additional layer of difficulty to a domestic-abuse victim’s search for justice. This is the Mahalla system, under which a group of community elders tries to adjudicate a domestic-abuse situation with an eye toward preserving the marriage. The elders, typically conservative, usually advise the victim to continue bearing the abuse for the sake of the family and - worse - to change whatever behavior she engages in that provokes her batterer. In other words, the vast majority of the time, the Mahalla system sides with the abuser against the abused. Since most Uzbek women have no resources to start a life of their own, and few battered-women shelters are available, they continue to get battered, wondering when it will get so bad that they are killed or maimed.“ (Huffington Post, 8. April 2016)
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 21. Dezember 2016)
· CEDAW - UN Committee on the Elimination of Discrimination Against Women: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan [CEDAW/C/UZB/CO/5], 20. November 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1464078191_cedaw-c-uzb-co-5-20588-e.doc
· Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children: Ending family violence in Uzbekistan - confronting physical punishment of girls and boys, September 2015 (veröffentlicht von UNHCR, verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1447929472_int-cedaw-ngo-uzb-21762-e.pdf
· Huffington Post: The Widespread Problem of Domestic Abuse in the Former Soviet Union, 8. April 2016
http://www.huffingtonpost.com/armine-sahakyan/the-widespread-problem-of_b_9640986.html
· UN Human Rights Committee: Concluding observations on the fourth periodic report of Uzbekistan [CCPR/C/UZB/CO/4], 17. August 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1455110165_g1518238.pdf
· USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2015 - Uzbekistan, 13. April 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/322539/462016_de.html