Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Iraq

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Republik Irak
Staatsoberhaupt: Fuad Masum
Regierungschef: Haider al-Abadi

Im Zuge des internen bewaffneten Konflikts begingen Regierungskräfte, paramilitärische Milizen und die bewaffnete Gruppe Islamischer Staat (IS) 2016 Kriegsverbrechen, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und schwere Menschenrechtsverletzungen. Angehörige des IS richteten Kritiker und Zivilpersonen, die vom IS kontrollierte Gebiete verlassen wollten, regelrecht hin und vergewaltigten und folterten Menschen, die sie gefangen genommen hatten. Der IS benutzte Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde und setzte Kindersoldaten ein. Milizen verübten außergerichtliche Hinrichtungen, ließen Gefangene "verschwinden", folterten Zivilpersonen, die dem Konflikt zu entkommen suchten, und zerstörten Wohnhäuser und anderes Privateigentum. Die Regierungsbehörden hielten Tausende Gefangene, denen Verbindungen zum IS nachgesagt wurden, ohne Anklageerhebung fest. Folter und andere Misshandlungen von Häftlingen waren an der Tagesordnung. Gerichte verhängten nach häufig unfairen Prozessen Todesurteile gegen Personen, die im Verdacht standen, terroristische Straftaten begangen zu haben. Es wurden weiterhin zahlreiche Hinrichtungen vollstreckt.

HINTERGRUND

Der bewaffnete Konflikt ging 2016 unvermindert weiter. Dabei standen sich IS-Kämpfer auf der einen Seite und eine Koalition aus irakischer Armee, paramilitärischen Milizen und kurdischen Peschmerga-Kämpfern auf der anderen Seite gegenüber, die von einer US-geführten internationalen Koalition mit Luftschlägen unterstützt wurden. Der IS kontrollierte vor allem Gebiete im Nordwesten und Westen des Landes, verlor im Laufe des Jahres jedoch erheblich an Boden. Im Juni 2016 eroberten die irakischen Truppen und ihre Verbündeten Falludscha vom IS zurück, im August al-Qayyara und im September Shirqat. Ende 2016 war die Offensive zur Rückeroberung Mossuls, der größten verbliebenen Hochburg des IS, noch im Gange.

Nach UN-Angaben wurden 2016 im Zuge des bewaffneten Konflikts sowie durch Autobomben und andere Gewalttaten 6878 Zivilpersonen getötet und weitere 12388 verletzt.

Im Februar 2016 erließ Ministerpräsident Haider al-Abadi die Anweisung Nr. 91, und im November verabschiedete das irakische Parlament ein Gesetz, wonach die im Juni 2014 gegründeten Volksmobilisierungseinheiten, die vor allem schiitische paramilitärische Milizen umfassen, eine "militärische Einheit und einen Teil der irakischen Streitkräfte" bilden.

Im August 2016 verabschiedete das Parlament ein Allgemeines Amnestiegesetz, das jedoch bestimmte Straftaten ausschloss, wie z. B. Terroranschläge, bei denen Menschen getötet wurden oder lebenslange Beeinträchtigungen erlitten. Das Gesetz sieht allerdings vor, dass Personen, die auf der Grundlage des Antiterrorgesetzes und anderer Gesetze schuldig gesprochen wurden und deren Schuldspruch auf "Geständnissen" basierte, die unter Zwang zustande gekommen waren, ein Recht haben, diese Urteile gerichtlich prüfen zu lassen.

Regierungskritiker, die grundlegende Reformen und ein Ende der Korruption forderten, drangen in der Hauptstadt Bagdad zweimal in die stark gesicherte Grüne Zone vor, in der sich auch der Regierungssitz befindet. Bei den zweiten Protesten am 20. Mai 2016 feuerten Regierungskräfte mit Tränengas, Gummigeschossen und Blendgranaten, um die Demonstration aufzulösen. Dabei wurden vier Menschen getötet. Die Behörden kündigten eine Untersuchung des Vorfalls an, gaben aber keine Einzelheiten über deren Ergebnis oder strafrechtliche Konsequenzen bekannt. Im Juli 2016 diskutierte das Parlament einen Gesetzentwurf, der eine Einschränkung des Rechts auf Versammlungsfreiheit vorsah; nach massivem gesellschaftlichem Protest wurde der Vorschlag jedoch wieder zurückgezogen.

Die letzten noch im Camp Liberty in Bagdad befindlichen iranischen Exilanten wurden Ende September 2016 in Gebiete außerhalb des Irak umgesiedelt. Am 4. Juli 2016 war das Lager Ziel eines Raketenangriffs geworden, der zu Verletzten und Sachschäden geführt hatte.

BEWAFFNETER KONFLIKT - VERSTÖSSE DURCH MILIZEN UND REGIERUNGSTRUPPEN

Paramilitärische Milizen und Regierungstruppen verübten 2016 Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht sowie Menschenrechtsverletzungen, die sich vor allem gegen sunnitische Araber richteten. Sie waren für außergerichtliche Hinrichtungen, andere rechtswidrige Tötungen und Folter verantwortlich, ließen Hunderte Männer und Jungen "verschwinden" und zerstörten gezielt Häuser und Privateigentum.

Nach einem Selbstmordanschlag am 11. Januar 2016 in Muqdadiya, bei dem 27 Männer getötet und 41 weitere verletzt worden waren, verübten Milizen Vergeltungsangriffe gegen Sunniten. Sie entführten und töteten zahlreiche Männer und brannten sunnitische Moscheen, Läden und andere Besitztümer nieder.

Am 3. Juni 2016 entführten Milizen nach Schätzungen etwa 1300 Männer und Jungen, die aus Saqlawiyah, einem Ort nördlich von Falludscha, fliehen wollten. 605 von ihnen tauchten drei Tage später wieder auf und trugen Folterspuren, das Schicksal von 643 Personen blieb ungeklärt. Eine vom Gouverneur von Anbar eingesetzte Untersuchungskommission fand heraus, dass 49 Personen getötet worden waren. Man hatte sie erschossen, zu Tode gefoltert oder verbrannt. Am 30. Mai 2016 wurden mindestens zwölf Männer und vier Jungen außergerichtlich hingerichtet, die aus al-Sijir nördlich von Falludscha fliehen wollten. Ministerpräsident al-Abadi setzte eine Untersuchungskommission ein, um die Verstöße aufzuklären. Die Behörden machten jedoch keinerlei Angaben zum Ausgang der Ermittlungen oder zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter.

Sowohl Einheiten der Volksmobilisierung als auch Milizen, die sich aus sunnitischen Kämpfern zusammensetzen, sollen Kinder als Soldaten rekrutiert und im Kampf gegen den IS eingesetzt haben.

Die Behörden unternahmen nichts, um den Aufenthaltsort und das Schicksal Tausender sunnitischer arabischer Männer und Jungen zu klären, die Milizen und Regierungstruppen in den vergangenen Jahren in Wohnhäusern, an Kontrollpunkten und in Lagern für Binnenvertriebene ergriffen hatten und die seitdem "verschwunden" sind.

VERSTÖSSE BEWAFFNETER GRUPPEN

Die bewaffnete Gruppe IS verübte 2016 im gesamten Land Selbstmordattentate und andere Anschläge, bei denen Zivilpersonen verletzt oder getötet wurden. Die Anschläge richteten sich wahllos und teils gezielt gegen Zivilpersonen auf belebten Märkten und öffentlichen Plätzen oder beim Besuch schiitischer Schreine. Viele der IS-Anschläge erfolgten in Bagdad.

Im Mai 2016 wurden bei einer Anschlagserie auf überwiegend schiitische Wohnviertel in Bagdad nach offiziellen Angaben und Medienberichten 150 Menschen getötet und 214 weitere verletzt, die meisten von ihnen Zivilpersonen.

In Gebieten unter seiner Kontrolle verübte der IS regelrechte Hinrichtungen. Die Opfer waren mutmaßliche Gegner oder Personen, die im Verdacht standen, mit den Regierungstruppen zusammenzuarbeiten. IS-Kämpfer entführten Menschen, darunter Zivilpersonen, und folterten gefangen genommene Personen systematisch. Den Bewohnern von Gebieten unter IS-Kontrolle wurden drakonische Verhaltensregeln auferlegt und Verstöße dagegen wurden hart bestraft. Selbsternannte "Gerichte" verurteilten Personen zu Steinigung wegen "Ehebruchs" und zu Peitschenhieben und anderen Körperstrafen, weil sie gegen das Rauchverbot, Bekleidungsvorschriften oder andere IS-Regeln verstoßen hatten. Die Nutzung von Telefonen und Internet wurde ebenso massiv beschnitten wie das Recht von Frauen auf Bewegungsfreiheit. Der IS hinderte Zivilpersonen daran, Gebiete unter seiner Kontrolle zu verlassen, und missbrauchte Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde. IS-Kämpfer schossen auf Personen, die fliehen wollten, zerstörten ihr Eigentum und verübten Racheakte an Familienangehörigen, die zurückgeblieben waren. Männliche Jugendliche, darunter auch gefangen genommene Jesiden, wurden vom IS einer Gehirnwäsche unterzogen und bei Kampfhandlungen und Selbstmordanschlägen eingesetzt. Bei einem Angriff auf die von irakischen Regierungstruppen zurückeroberte Stadt al-Qayyara im Oktober 2016 verwendete der IS chemische Kampfmittel, die bei der Zivilbevölkerung zu Verbrennungen und anderen Verletzungen führten.

GEWALT GEGEN FRAUEN UND MÄDCHEN

Frauen und Mädchen wurden durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert und waren nicht ausreichend gegen sexualisierte und andere geschlechtsspezifische Gewalt geschützt. Etwa 3500 jesidische Frauen und Kinder, die der IS im Irak gefangen genommen hatte, befanden sich noch immer in der Hand des IS im Irak und in Syrien und wurden Opfer von Vergewaltigungen und anderer Folter, tätlichen Angriffen und Versklavung. Diejenigen Frauen, denen die Flucht gelang oder die von Verwandten durch Zahlung eines Lösegeldes freigekauft wurden, erhielten weder angemessene psychologische Hilfe noch ausreichende materielle Unterstützung. Mehrere Frauen verübten Suizid oder unternahmen Suizidversuche.

WILLKÜRLICHE FESTNAHMEN UND INHAFTIERUNGEN

Regierungskräfte unterzogen alle männlichen Personen im kampffähigen Alter (etwa zwischen 15 und 65 Jahren), die aus Gebieten unter IS-Kontrolle geflohen waren, einer Sicherheitsüberprüfung. Sie wurden in behelfsmäßige Hafteinrichtungen oder provisorische Auffanglager gebracht, in denen sie Tage oder sogar Monate ausharren mussten, häufig unter extrem harten Bedingungen. Terrorverdächtige wurden an Sicherheitsbehörden wie die Abteilung für Verbrechensbekämpfung, die Abteilung für Terrorismusbekämpfung oder die Geheimdienstabteilung des Innenministeriums überstellt, wo ihnen Folter und andere Misshandlungen drohten, und regelmäßig wurde ihnen der Kontakt zu ihren Familien oder Rechtsbeiständen verwehrt.

Sicherheitskräfte und Milizen nahmen mutmaßliche Terrorverdächtige ohne Haftbefehl in ihren Wohnungen, an Kontrollpunkten und in Lagern für Binnenvertriebene fest und informierten weder die Betroffenen noch deren Angehörige über die Gründe für die Festnahme. Viele von ihnen waren über lange Zeiträume hinweg ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert, was in einigen Fällen den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllte. Sie befanden sich in Gefängnissen des Innen- und des Verteidigungsministeriums oder in Geheimgefängnissen und wurden von Sicherheitskräften verhört, ohne dass ein Rechtsbeistand anwesend war. Tausende waren weiterhin in Haft, ohne den Justizbehörden vorgeführt oder vor Gericht gestellt worden zu sein.

FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN

In den Gefängnissen und Hafteinrichtungen, die vom Innen- und Verteidigungsministerium betrieben oder von Milizen kontrolliert wurden, waren Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen weiterhin an der Tagesordnung. Zu den häufigsten Foltermethoden zählten Schläge mit Metallstangen und Kabeln auf den Kopf oder andere Körperstellen der Inhaftierten, das Aufhängen an Armen oder Beinen in schmerzhaften Positionen, Elektroschocks sowie die Drohung, weibliche Verwandte zu vergewaltigen. Die Folter sollte dazu dienen, "Geständnisse" zu erpressen, Informationen zu erhalten oder die Häftlinge zu bestrafen. Mehrere Gefangene starben in Gewahrsam an den Folgen der Folter.

Südlich von Mossul schlugen Mitglieder von Milizen im Oktober 2016 Dorfbewohner, denen eine Verbindung zum IS nachgesagt wurde, mit Metallkabeln, demütigten sie in aller Öffentlichkeit und verabreichten ihnen Stromschläge mit Elektroschockwaffen.

UNFAIRE GERICHTSVERFAHREN

Das Strafjustizwesen wies weiterhin gravierende Mängel auf, Verfahren waren systematisch unfair. Angeklagten wurde ihr Recht auf angemessene Verteidigung, Aussageverweigerung und die Vernehmung von Zeugen im Kreuzverhör vorenthalten. Dies galt insbesondere für Angeklagte, denen terroristische Straftaten zur Last gelegt wurden. Gerichte sprachen Angeklagte weiterhin aufgrund von "Geständnissen" schuldig, die unter Folter erpresst worden waren. Von Angeklagten erhobene Foltervorwürfe führten weder zu Ermittlungen noch zu einer gerichtsmedizinischen Untersuchung der Opfer. In einigen Fällen wurde nach unfairen Verfahren die Todesstrafe verhängt.

FLÜCHTLINGE UND BINNENVERTRIEBENE

Mehr als 3,1 Mio. Menschen waren 2016 weiterhin innerhalb des Landes vertrieben und suchten Zuflucht an anderen Orten, in Lagern für Binnenvertriebene, in informellen Siedlungen oder in Rohbauten. Viele von ihnen waren verarmt und lebten unter erbärmlichen Bedingungen. Gleichzeitig beklagten humanitäre Hilfsorganisationen einen starken Rückgang internationaler Finanzhilfen. Tausende Menschen flohen über die Grenze nach Syrien.

Die Behörden des Irak sowie der teilautonomen Region Kurdistan schränkten die Bewegungsfreiheit vertriebener arabischer Sunniten willkürlich und in diskriminierender Weise ein. Zehntausende mussten in Lagern ausharren und hatten keinen Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu grundlegenden Versorgungsleistungen, weil sie vor Ort keine Bürgen hatten, die ihnen die notwendigen offiziellen Aufenthaltsgenehmigungen für die Städte besorgen konnten.

Nachdem die Regierung und ihre Verbündeten Gebiete vom IS zurückerobert hatten, darunter die Städte Ramadi und Falludscha, konnten Zehntausende Binnenvertriebene nach langwierigen Sicherheitsüberprüfungen wieder in ihre Heimat zurückkehren. Zehntausenden arabischen Sunniten, die aus zurückeroberten Gebieten in den Provinzen Babil, Diyala und Salah al-Din stammten, wurde die Rückkehr jedoch unmöglich gemacht, einerseits durch aufwändige bürokratische Prozeduren und andererseits durch eine Einschüchterungstaktik von Milizen, die Rückkehrern mit Entführung, willkürlicher Inhaftierung und außergerichtlicher Hinrichtung drohten. Familienangehörige mutmaßlicher IS-Kämpfer durften nicht mehr nach Hause zurück, ihre Häuser wurden gezielt zerstört oder enteignet. Peschmerga-Kämpfer und andere kurdische Sicherheitskräfte verwehrten Zehntausenden arabischen Bewohnern der teilautonomen Region Kurdistan, die im Zuge des Konflikts vertrieben worden waren, ebenfalls eine Rückkehr in ihre Heimat.

MEINUNGSFREIHEIT - MEDIENSCHAFFENDE

Die Arbeitsbedingungen für Journalisten waren 2016 äußerst schwierig und teilweise lebensgefährlich. Journalisten, die über heikle Themen wie Korruption oder Menschenrechtsverstöße von Milizen berichteten, mussten damit rechnen, tätlich angegriffen, entführt, eingeschüchtert, schikaniert und mit dem Tode bedroht zu werden.

Am 12. Januar 2016 wurden der Reporter Saif Talal und der Kameramann Hassan al-Anbaki, die für den Fernsehsender al-Sharkia arbeiteten, im Nordwesten der Provinz Diyala erschossen, nachdem sie über einen Selbstmordanschlag in Muqdadiya und Vergeltungsschläge von Milizen gegen arabische Sunniten berichtet hatten. Der Sender machte unbekannte Milizionäre für die Tat verantwortlich, die Behörden leiteten jedoch keine gründlichen Untersuchungen ein, um die Tat aufzuklären.

Im April 2016 schloss die irakische Kommunikations- und Medienbehörde das Büro des Fernsehsenders Al-Jazeera in Bagdad. Zur Begründung hieß es, der Sender habe "Konflikte zwischen ethnisch-religiösen Gruppen und Gewalt geschürt". Im März 2016 schlossen die Behörden das Büro des Fernsehsenders Baghdadia, weil er angeblich nicht über die notwendigen Genehmigungen für seine Arbeit verfügte. Der Sender hatte über Korruption auf Regierungsebene und über regierungskritische Proteste berichtet. Er war in den vergangenen Jahren bereits mehrfach geschlossen worden.

REGION KURDISTAN

Journalisten, Aktivisten und Politiker, die der regierenden Demokratischen Partei Kurdistans kritisch gegenüberstanden, wurden schikaniert und bedroht, und einige von ihnen wurden aus der Provinz Erbil vertrieben. Fälle von getöteten Journalisten und Kritikern oder Gegnern der kurdischen Behörden aus den vergangenen Jahren waren immer noch nicht untersucht worden.

Als Familienangehörigen des Journalisten Wedad Hussein Ali am 13. August 2016 dessen Leichnam übergeben wurde, wies dieser Verletzungen auf, die auf Folter hindeuteten, u. a. tiefe Schnittwunden am Kopf. Der Journalist hatte für ein Medium gearbeitet, dem eine Nähe zur Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) nachgesagt wird. Zeugen sagten der Familie, Wedad Hussein Ali sei am selben Tag lebend in einem Dorf westlich von Dohuk gesehen worden, bevor ihn unbekannte Männer auf der Straße mit einer Waffe bedroht und mitgenommen hätten. Seine Familie und Kollegen berichteten, er sei zuvor vom kurdischen Sicherheitsdienst Asayish in Dohuk verhört worden und habe Morddrohungen erhalten. Die Behörden leiteten zwei Tage nach seinem Tod eine Untersuchung ein. Ende 2016 waren jedoch noch keine Ergebnisse bekannt gegeben worden.

Der Sicherheitsdienst Asayish und andere kurdische Sicherheitskräfte nahmen Tausende Menschen wegen Terrorverdachts fest, vor allem sunnitische arabische Männer und Jungen. Die Behörden verstießen in mehrfacher Weise gegen deren Recht auf ein faires Verfahren, u. a. indem sie die Überstellung der Inhaftierten an die Justizbehörden extrem verschleppten und ihnen über lange Zeiträume keinen Zugang zu ihren Familienangehörigen gewährten. Im Oktober 2016 gaben die Behörden der Regionalregierung bekannt, dass der allgemeine Sicherheitsdienst Asayish Ghishti und die Asayish-Abteilung in Erbil seit Anfang des Jahres 2801 Terrorverdächtige festgenommen hätten.

Die Jesidin Bassema Darwish war 2016 nach wie vor ohne Gerichtsverfahren in Erbil inhaftiert. Sie hatte die IS-Gefangenschaft überlebt und war im Oktober 2014 in Zummar festgenommen worden, als Peschmerga-Kämpfer die Stadt vom IS befreiten. Die Behörden warfen ihr vor, an der Tötung von drei Peschmerga beteiligt gewesen zu sein, verweigerten ihr jedoch das Recht auf einen Rechtsbeistand ihrer Wahl. Außerdem leiteten sie keine unabhängige Untersuchung der von Bassema Darwish erhobenen Vorwürfe ein, sie sei nach ihrer Festnahme von Angehörigen des allgemeinen Sicherheitsdienstes gefoltert worden.

Gerichte in der teilautonomen Region Kurdistan verhängten weiterhin Todesurteile für terroristische Straftaten. 2016 gab es jedoch keine Hinrichtungen.

TODESSTRAFE

Die Gerichte verurteilten Dutzende Menschen zum Tod durch den Strang und richteten zahlreiche Menschen hin. Der öffentliche und der politische Druck auf die Behörden, "Terroristen" hinzurichten, erhöhte sich nach einem Selbstmordanschlag im Karrada-Viertel von Bagdad in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2016, bei dem fast 300 Menschen getötet wurden, die meisten von ihnen Zivilpersonen. Der Anführer einer Miliz drohte, zum Tode verurteilte Häftlinge im Nasriya-Gefängnis zu töten, sollte die Regierung nicht tätig werden. Am 12. Juli 2016 unterzeichnete Präsident Fuad Masum eine Reform des Strafverfahrensrechts, die Einschränkungen für Wiederaufnahmeverfahren vorsah, um auf diese Weise den Vollzug von Hinrichtungen zu beschleunigen.

Am 21. August 2016 ließ die Regierung die Hinrichtung von 36 Männern vollstrecken, nachdem Präsident Masum ihre Todesurteile unterzeichnet hatte. Sie waren für schuldig befunden worden, an dem Massaker beteiligt gewesen zu sein, bei dem IS-Kämpfer im Juni 2014 im Militärstützpunkt Camp Speicher rund 1700 schiitische Kadetten getötet hatten. Die Angeklagten waren nach einem Prozess verurteilt worden, der nur wenige Stunden gedauert hatte und Verstöße gegen das Recht auf ein faires Verfahren aufwies. Unter anderem ignorierte das Gericht die Vorwürfe der Angeklagten, ihre "Geständnisse" seien während der Untersuchungshaft unter Folter erpresst worden.

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